Strategien für die Zukunft
Strategien gegen den Klimawandel
Auf dieser Seite erfahren Sie, was getan werden
muss, um den Klimawandel zu stoppen: Wir brauchen in erster Linie
effiziente Energiedienstleistungen – Energie muss also effizient
erzeugt, verteilt und genutzt werden -, erneuerbare Energiequellen
und den Schutz von Wäldern und Böden, damit diese Kohlendioxid
aufnehmen können.
Eine notwendige Vorbemerkung
Den Klimawandel auf ein unvermeidbares Mindestmaß zu verringern,
ist eine anspruchsvolle Aufgabe – es geht um nicht weniger, als
unseren Ausstoß an Treibhausgasen in den nächsten 40 Jahren auf ein
Zehntel zu verringern (siehe >> hier).
Die technischen Konzepte hierfür stehen, sie sind im Folgenden
dargestellt. Aber ebenso sicher ist, dass es ganz anders kommen
kann: Technischer Fortschritt lässt sich nicht prognostizieren.
Dieses zeigt zum einen die Geschichte der Zukunftsforschung – die
früheren Vermutungen über das Leben im Jahr 2000 etwa waren ganz
anders als die Wirklichkeit; zum anderen die Philosophie: Könnten
wir künftige Entdeckungen vorhersagen, gäbe es nichts mehr zu
entdecken (Karl Popper). Die folgenden Überlegungen zeugen also
“nur”, wie wir mit heutigem Wissen anfangen können. Aus den
gemachten Schritten werden wir lernen, neue Möglichkeiten werden
hinzukommen: Wie es weitergeht, wird die Zukunft zeigen. Die
Menschheit hat enorme Leistungen erbracht, vom Eisenbahnbau in der
Schweiz bis zum Flug zum Mond. Wenn sie will, kann sie
auch die Treibhausgase zähmen, soviel ist sicher. Und die
notwendigen Aktivitäten werden – wie die Schweizer Eisenbahn – nicht
nur vorübergehende Opfer erfordern, sondern am Ende wird eine
bessere Welt herauskommen: Eine Welt ohne Kriege ums Öl und
Luftverschmutzung durch Kohlekraftwerke, aber mit Regenwäldern, die
gut geschützt sein werden.
Kohlendioxid aus fossilen Brennstoffen
Fossile Brennstoffe (Kohle, Öl, Gas) erzeugen fast 60 Prozent des
wichtigsten Treibhausgases Kohlendioxid (>> hier).
Seit Beginn der Industriellen Revolution hat der Verbrauch fossiler
Brennstoffe stark zugenommen (>> mehr),
auch wenn ihr Anteil an der weltweiten Stromerzeugung von 1970 bis
2004 von 86 auf 81 Prozent fiel. Mit dem zunehmenden Verbrauch stieg
auch der Ausstoß an Kohlendioxid (>> hier).
Um den Ausstoß durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe zu
beenden, müssen auf der einen Seite der Energieverbrauch gesenkt und
auf der anderen Seite andere Energiequellen genutzt werden oder muss
Kohlendioxid aus dem Rauchgas abgeschieden und sicher aus der
Atmosphäre ferngehalten werden.
Massive Effizienzsteigerungen
Um den Energieverbrauch zu senken, gibt es eine sichere, saubere,
preiswerte und schnelle Möglichkeit: Die bessere Ausnutzung der
Energie. Der größte Teil der verbrannten Brennstoffe wird gar nicht
genutzt, sondern als Abwärme in die Umwelt abgegeben! Effiziente
Energienutzung vermeidet diese Abwärme, und kann dadurch die gleiche
Energiedienstleistung mit deutlich weniger Energie und damit
geringerem Verbrauch an fossilen Brennstoffen erbringen: Der Nutzer
erhält die gleiche Leistung, die Umwelt wird entlastet. Und: “Es ist
oft kosteneffektiver, in die Verbesserung der Energieeffizienz ...
zu investieren, als die Energiebereitstellung zu erhöhen.” (>>
IPCC,
4. Klimareport)
>>
mehr zur Effizienzstrategie auf der Seite >> Saubere
Energie
Die Energieversorgung (Stromerzeugung) war 2004
mit 12,7 Milliarden Tonnen Kohlendioxid-Äquivalent pro Jahr für die
Emission von über einem Viertel aller Treibhausgase verantwortlich.
Zahlreiche Vorhersagen gehen davon aus, dass sich der weltweite
Strombedarf bis 2030 verdoppeln, bis 2050 verdreifachen könnte: Dazu
trägt die rasch wachsende Nachfrage in Schwellenländern, aber auch
Elektroautos, elektrische Wärmepumpen, mehr Klimaanlagen und
Informations- und Kommunikationstechnologien in Industrieländern
bei. Effizientere Kraftwerke und Energieverteilung sowie eine
verstärkte Nutzung der Kraft-Wärme-Koppelung könnten die Verluste
bei der Stromerzeugung und -verteilung deutlich verringern (>>
mehr).
Weltweit verursachen beispielsweise Gebäude durch
ihre Heizung, Klimaanlagen, Beleuchtung und technische
Installationen jährlich 33 Prozent der energiebedingten
Treibhausgasemissionen (8,6 Milliarden Tonnen
Kohlendioxid-Äquivalent pro Jahr); dazu kommen weitere 2 Milliarden
Tonnen vor allem durch die Freisetzung von Treibhausgasen aus Klima-
und Kälteanlagen. 30 Prozent des Energieverbrauchs können weltweit
mit wirtschaftlichem Nettogewinn vermieden werden (IPCC, 4.
Klimareport). Zu den wirksamsten Techniken zur Effizienzsteigerung
gehören effiziente Beleuchtung, gute Isolierung von Wänden, Dächern
und Fenstern, und effizientere Klimaanlagen in warmen Ländern. In
neuen Gebäuden können nach einer Schätzung des IPCC etwa drei
Viertel der Energie mit praxiserprobten Technologien und höchstens
geringen Mehrkosten eingespart werden. Mit fortschrittlichen
Techniken, etwa besseren Fenstern und passiver Solararchitektur
(Häuser, die so gebaut sind, dass sie in kalten Ländern möglichst
viel Wärme durch die Sonne aufnehmen, in warmen Ländern dagegen
möglichst wenig) kann dieser Anteil noch gesteigert werden. In armen
Ländern kommt effizienten Herden eine besondere Bedeutung dar –
offene Feuer verschwenden nicht nur Energie, sondern sind eine
Hauptquelle für Luftverschmutzung. Eine bessere Wartung von
Klimaanlagen und -geräten kann die Emission von Treibhausgasen
vermindern, die dort als Kältemittel eingesetzt werden.
Die Industrie verursacht Treibhausgasemissionen
von 7,2 Milliarden Tonnen Kohlendioxid- Äquivalent pro Jahr, unter
Einbeziehung ihres Stromverbrauchs sogar von 12 Milliarden Tonnen.
Dieser Anteil kann durch Effizienztechnologien gesenkt werden, die
allgemein anwendbar sind (etwa die Verwendung effizienter
Elektromotoren), viele sind aber auch branchenspezifisch. Ein großes
Potenzial liegt in der Nachrüstung älterer Anlagen auf neueste
Technologie mit niedrigen Emissionen. Zu Kosten von 25 US-$ pro
Tonne Kohlendioxid können laut IPCC (4. Klimareport) knapp ein
Viertel der Industrieemissionen eingespart werden.
Im Verkehr werden 26 Prozent der Energie
verbraucht, er ist für etwa 23 Prozent (6,3 Milliarden Tonnen
Kohlendioxid-Äquivalent pro Jahr) der energiebedingten Kohlendioxid-
Emissionen verantwortlich. Davon gehen drei Viertel auf den
Straßentransport zurück. Da insbesondere in Schwellenländern die
Motorisierung rasch zunimmt, erwartet der IPCC (4. Klimareport),
dass ohne eine andere Politik der verkehrsbedingte Energieverbrauch
und die damit verbundenen Kohlendioxidemissionen bis 2030 um 80
Prozent zunehmen. Techniken zur Verbrauchsreduzierung sind
erhältlich und teilweise schon im Markt verbreitet (sparsame
Dieselmotoren), teilweise noch wenig verbreitet (Hybridfahrzeuge).
Andere Techniken sind bekannt, aber noch nicht erhältlich (leichtere
Karosserien, rollwiderstandsarme Reifen, effizientere Pumpen). Bei
konsequenter Nutzung dieser Techniken könnten Neuwagen mit
konventionellem Antrieb bis 2030 ihren Energieverbrauch halbieren.
(Ob es so kommt, ist schwer abzuschätzen, da beim Autokauf der
Energieverbrauch nur eines von vielen Kriterien ist.) Das Potenzial
effizienter Elektroautos hängt von der Weiterentwicklung der
Batterietechnologie ab; ihre Klimafreundlichkeit von der Art der
Stromerzeugung. Dies gilt auch für die Erzeugung von Wasserstoff für
Brennstoffzellenfahrzeuge, die ebenfalls noch nicht marktreif sind.
Zu Verbesserungspotenzialen bei schweren LKW liegen laut IPCC
unzureichende Daten vor. Ein erhebliches Potenzial ist auch durch
eine Reduzierung des Mobilitätsbedarfs durch bessere
Infrastrukturplanung möglich.
>> mehr
auf der Seite Ein
nachhaltiges Verkehrskonzept
Ersatz fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energien
In Deutschland hat sich der Anteil erneuerbarer Energien innerhalb
weniger Jahre auf rund 13 Prozent der Stromerzeugung verdoppelt. Bis
zum Jahr 2020 soll der Anteil sich nach den Plänen der
Bundesregierung auf gut 27 Prozent erhöhen, auch der Anteil an der
Wärmeversorgung soll sich von heute 6 auf dann 14 Prozent erhöhen –
bei Neubauten sollen künftig 15 Prozent des Wärmebedarfs durch
Sonnenenergie gedeckt werden. Im Jahr 2050 sind laut der Studie
“Energiewende zur Nachhaltigkeit” ein Anteil erneuerbarer
Energiequellen von 50 Prozent möglich. Dagegen dürfen weltweit
höchstens 25 Prozent der Investitionen in konventionelle Kraftwerke
gesteckt werden, die fossile Brennstoffe verbrennen, wenn das
2-Grad-Klimaziel eingehalten werden soll (>> WBGU
2009).
>>
mehr auf der Seite >>
Erneuerbare Energien
In Gebäuden kann Warmwasser in vielen Bereichen
der Erde bereits heute zu einem unterschiedlichen Anteil
wirtschaftlich mit Sonnenkollektoren erhitzt werden; in heißen
Ländern kann Sonnenwärme mit Adsorptionskälteanlagen auch für die
Klimatisierung genutzt werden. Für die Deckung des Wärmebedarfs ist
in begrenztem Ausmaß auch Biomasse (etwa Biogas oder Holzpellets)
geeignet (>> mehr),
bei Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien auch Wärmepumpen.
In der Industrie können erneuerbare
Energiequellen in vielen Bereichen eingesetzt werden: Strom- und
Wärmeerzeugung mittels Biogas oder Stromerzeugung mit Solarzellen
oder Windturbinen ist branchenübergreifend möglich, bei günstiger
Lager auch die Nutzung von Wasserkraft; in vielen Branchen fällt
Biomasse als Abfall an (etwa in der Papierindustrie) und kann zur
Wärmeerzeugung genutzt werden. In der Lebensmittelindustrie können
Abfälle vergärt und daraus Biogas erzeugt werden.
Die Kohlendioxid-Emissionen im Verkehr könnte
durch den Einsatz von Biokraftstoffen reduziert werden. Die
Internationale Energieagentur schätzt, dass bei einem Kohlendioxid-
Preis von 25 US-$ pro Tonne Kohlendioxid 10 Prozent des Treibstoffs
durch Biokraftstoffe ersetzt werden könnten. Damit hieraus
tatsächlich ein Vorteil für das Klima entsteht, müssten bis dahin
jedoch Biokraftstoffe der zweiten Generation (>>
mehr) verfügbar sein. Grundsätzlich ist das Potenzial von
Bioenergie als Treibstoff beschränkt, da Bioenergie wirkungsvoller
für die Wärmeerzeugung in Industrie und Haushalten eingesetzt wird:
>> Energie
aus Biomasse.
Wie effiziente Energieerzeugung, Energienutzung und direkte
Stromerzeugung zusammenspielen können, um die Emissionen an
Treibhausgasen zu verringern, zeigt die Abbildung >>
hier.
Der Beitrag der Wälder
Neben der Verbrennung fossiler Brennstoffe ist die Rodung
von Tropenwäldern die zweite wichtige Quelle von
Kohlendioxid (>> hier).
In vielen armen Entwicklungsländern, aber auch in großen
Schwellenländern wie Brasilien, Indonesien und Malaysia ist diese
(bei der auch die Treibhausgase Lachgas und Stickoxide freigesetzt
werden) und die Umwandlung der Flächen in Acker- und Weideland, und
in den letzten Jahren auch in Palmölplantagen (>> mehr),
der größte Beitrag zum Klimawandel. Da die Entwaldung etwa für den
Soja- und Ölpalmenanbau profitabel ist, werden gerade arme Länder
darauf nur verzichten können, wenn sie für die entgangenen Einnahmen
entschädigt werden. (Es ist dies einer der blinden Punkte einer
Marktwirtschaft: Wälder werden nur nach dem Wert ihrer Rohstoffe
bewertet, ihre ökologischen Fähigkeiten – nicht nur
Kohlenstoffspeicherung, sondern auch Regulation des Wasserhaushalts
und des regionalen Klimas, Erhalt der Artenvielfalt und Schutz der
Böden – haben keinen finanziellen Wert; werden von “wirtschaftlich”
handelnden Akteuren also auch nicht wahrgenommen.)
Außerdem müssen die Staaten in die Lage versetzt werden, den
illegalen Holzeinschlag wirksam zu bekämpfen – in Südostasien werden
etwa 70 Prozent der Bäume illegal gefällt. Um die Entwaldung zu
reduzieren, müssen den armen Ländern also Anreize zum Schutz der
Wälder und Möglichkeiten für eine nachhaltige Forstpolitik gegeben
werden – etwa durch ein Emissionshandelssystem (>>
mehr). Solche Anreize zum Schutz der Tropenwälder sollen im
“Kyoto-II”-Vertrag (>>
mehr) geschaffen werden; mögliche Formen werden noch
diskutiert: Viele Entwicklungsländer schlagen vor, dass die
Emissionsziele in den reichen Ländern verschärft werden, und diese
sich notwendige Emissionszertifikate in solchen Ländern kaufen
müssen, die ihre Wälder schützen. Brasilien dagegen hätte lieber
einen Fonds, der für erreichte Emissionsminderungen zahlt.
Der WBGU rät in seinem Sondergutachten 2009 (>> hier)
davon ab, Emissionen aus fossilen Brennstoffen mit denen aus
Waldrodung miteinander zu verrechnen, da diese sich zu sehr
unterscheiden (etwa was Umkehrbarkeit, Mess- und Kontrollierbarkeit
angeht). Der WBGU schlägt eine unabhängige Regelung vor, um
natürliche Kohlenstoffspeicher vor der Abholzung und Degradierung zu
schützen. Die Finanzierung könnte aus dem Fonds stammen, mit denen
die Industrieländer ihre historische Verantwortung abgelten
(>>
hier). Abgesehen von diesen Regelungen gibt es heute schon
freiwillige Zahlungen für den Erhalt solcher “Kohlenstoffvorräte” in
Tropenwäldern oder deren Wiederaufforstung, etwa als Ausgleich für
andere Treibhausgasemissionen (“klimaneutrales Fliegen”).
Entscheidend für die Wirksamkeit ist, dass diese Zahlungen an
strenge Kriterien gebunden sind (etwa: “Gold Standard” der Gold
Standard Foundation, >> mehr).
Ein weiterer Beitrag besteht in besserem Forstmanagement,
beispielsweise besserem Schutz vor Waldbränden in subtropischen
Wäldern, und nachhaltiger Forstwirtschaft. In
einem Kubikmeter Holz sind 920 kg Kohlendioxid gebunden, insofern
trägt auch die Nutzung von Holz in langlebigen Produkten zum
Klimaschutz bei; dieser Effekt ist noch stärker, wenn Holz
energieintensive Produkte (etwa Beton im Bau) ersetzt. (Tropische
Regenwälder sind als die artenreichsten Lebensräume des Festlands
auch entscheidend für den Schutz der Biodiversität, mehr zum Thema
>> hier.)
Einen Beitrag zum Klimaschutz können auch gezielte
Aufforstungen, vor allem auf Kulturland, leisten. Dadurch
wird Kohlendioxid aus der Atmosphäre in Böden, Bäumen und anderen
Lebewesen gebunden; das Potenzial ist jedoch begrenzt, da in Zukunft
weitere Flächen zur Ernährungssicherung gebraucht werden (>>
mehr).
Gütesiegel für Holz
Das Forest
Stewardship Council ist das verbreitetste Siegel für
nachhaltige Forstwirtschaft. Betriebe müssen die jeweiligen Gesetze
und die FSC-Prinzipien einhalten; so müssen etwa die Schutzfunktion
des Waldes und seine Artenvielfalt erhalten bleiben und die Rechte
einheimischer Völker beachtet werden.
>> FSC Deutschland
>> FSC International
(englischsprachig)
Naturland umfasst die
FSC-Regeln; Betriebe dürfen aber zusätzlich keine standortfremden
Baumarten pflanzen (etwa Douglasien in Deutschland), erlaubt sind
auch keine Kahlschläge (die auch beim FSC die Ausnahme, aber nicht
grundsätzlich verboten sind). Wälder, die im öffentlichen Eigentum
sind, müssen eine 10 Prozent große unbewirtschaftete Referenzfläche
ausweisen, um die natürliche Entwicklung des Waldes nachvollziehen
zu können.
>> Naturland
Wald und Holz
Ein weiteres Gütesiegel ist das PEFC-Siegel (Programme
for the Endorsement of Forest Certification Schemes), das vor
allem von der Forstwirtschaft selbst getragen wird. Die hier nicht
einzelne Betriebe, sondern ganze Regionen begutachtet werden, gilt
es Kritikern als weniger streng. Soziale Aspekte wie der Umgang mit
einheimischen Völkern spielen zudem keine Rolle.
>> PEFC.
Der mögliche Beitrag von Aufforstungen
Welches Potenzial in Aufforstungen steckt, die
Kohlendioxidkonzentration der Luft wieder zu reduzieren,
zeigt folgende Überschlagsrechnung: Pflanzen verwandeln jedes Jahr
mindestens 55 Milliarden Tonnen Kohlenstoff aus der Luft in Biomasse
(>> hier);
das sind knapp sieben Prozent der 820 Milliarden Tonnen Kohlenstoff,
die sich in der Atmosphäre befinden (>> hier).
In den tropischen Regenwäldern sind etwa 200 Milliarden Tonnen
Kohlenstoff gebunden; ein wachsender Regenwald bindet jedes Jahr pro
Hektar etwa 10 bis 35 Tonnen Kohlenstoff, also 1.000 bis 3.500
Tonnen pro Quadratkilometer (>> hier).
Wenn wir nur fünf Prozent der im letzten
Jahrhundert gefällten Regenwälder wieder aufforsten
würden, wäre dies eine Fläche von über 425.000 Quadratkilometern,
entsprechend einer Kohlenstoffaufnahme von 425 bis 1.470 Millionen
Tonnen Kohlenstoff im Jahr; in 50 Jahren also 21 bis 72 Milliarden
Tonnen Kohlenstoff. Die Konzentration von Kohlendioxid in
der Luft würde dadurch um 10 bis 35 ppm sinken. Dauerhaft wäre
dieser Beitrag aber nur, wenn das Kohlendioxid später nicht wieder
freigesetzt würde, sondern z.B. in der Form von Baumaterial oder
Holzkohle für die Bodenverbesserung (siehe nächster Abschnitt) dem
Kreislauf länger entzogen würde.
Der Beitrag der Böden
Die Böden der Erde erhalten mindestens soviel Kohlenstoff wie Bäume
und andere Lebewesen und die Atmosphäre zusammengenommen (>> mehr),
entsprechen kann die Landwirtschaft auf zwei Wegen einen
wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten: Zum
einen, in dem sie weniger Treibhausgase, vor allem Lachgas und
Methan, produziert; zum anderen durch die Erhöhung der
Kohlenstoffspeicherung in den Böden und die Nutzung von
landwirtschaftlichen Produkten und Reststoffen zur Herstellung von
Bioenergie. Ähnlich wie beim Holz ist die stoffliche Nutzung von
Biomasse in langlebigen Produkten, etwa in Form von Kunststoffen aus
Biomasse, ein Weg, Kohlendioxid aus dem Kreislauf zu entfernen (am
Ende ihrer Lebensdauer bietet sich eine “Kaskadennutzung” als
Brennstoff an). Aus Gründen der Konkurrenz zum Nahrungsmittelanbau
ist Biomassenutzung in einer nachhaltige Gesellschaft aber vor allem
auf die Nutzung von Reststoffen beschränkt (ähnlich wie bei der
Bioenergie, >> mehr).
Die Produktion von Lachgas kann in der konventionellen
Landwirtschaft durch an speziell an den Nährstoffbedarf angepasstes
Düngeregime (“Präzisionslandwirtschaft”) vermindert werden; ebenso
durch die Anwendung von Methoden der naturnahen Landwirtschaft.
Das größte Potenzial der Landwirtschaft liegt aber im Erhalt des
Kohlenstoffgehalts der Böden und der Wiederherstellung degradierter
Böden. Die Humusschicht der Böden (>> mehr)
besteht zu einem großen Teil aus Kohlenstoff; entscheidend für ihren
Gehalt ist der Umgang mit Pflanzenresten. Große Bedeutung haben
hierbei neue Anbaumethoden, bei denen das Pflügen reduziert (conservation
tillage) oder ganz eingestellt (no tillage) wird.
Die Techniken eignen sich aber nicht für alle Ackerfrüchte; und in
der konventionellen Landwirtschaft wird die mit dem Pflügen
verbundene Eindämmung von Unkräutern oft durch erhöhten
Pestizideinsatz ausgeglichen. Im biologischen Landbau können diese
und andere Methoden zur Wiederanreicherung von Böden mit Kohlenstoff
aber dazu führen, dass der Atmosphäre in Zukunft sogar Kohlendioxid
entzogen werden kann. Zur Verbesserung der Kohlenstoffspeicherung in
den Böden wird auch das Einbringen von Bioholzkohle in Böden erprobt
(“black carbon sequestration”): Bei diesem
schon von den Ureinwohnern im Amazonasgebiet praktizierten Verfahren
(>>
hier) wird aus Biomasse Holzkohle erzeugt und in den Boden
eingebracht, wo sie Struktur und Fruchtbarkeit verbessert. Außerdem
bleibt der Kohlenstoff aus der Holzkohle für Jahrhunderte bis
Jahrtausende im Boden, und die bei der Holzkohleherstellung
entstehenden flüchtigen Substanzen können als Biogas genutzt werden.
Gemein ist diesen Maßnahmen, dass sie nicht nur den Klimawandel
bekämpfen, sondern die Bodenfruchtbarkeit wiederherstellen und damit
auch zu einer dauerhaften Landwirtschaft beitragen (siehe auch
>>
Gesunde Nahrung für alle).
Der Schutz der Böden betrifft aber nicht nur die Landwirtschaft,
sondern auch den Schutz von Naturräumen mit besonders
kohlenstoffreichen Böden. Dies sind zum einen Feuchtgebiete, aber
auch tropische Savannen und Grasländer der gemäßigten Zonen.
Allerdings werden Böden in internationalen Vereinbarungen bisher
nicht als Kohlendioxid-Speicher berücksichtigt, da es keine
international einheitliche und anerkannte Methode gibt,
Kohlenstoffspeicherung in Böden zu messen. Inzwischen gibt es aber
mehrere ausreichend zuverlässige Methoden, so dass dieses Hindernis
überwunden werden könnte – zugleich würde die Anerkennung von
Maßnahmen zur Bodenverbesserung gerade den armen Ländern am meisten
helfen und wäre damit ein Beitrag zur Gerechtigkeit bei der
Lastenverteilung.
Wie viel Kohlenstoff könnten die Böden speichern?
In den Böden sind 1.580 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gespeichert
(>> hier),
fast doppelt so viel wie in der Atmosphäre. Wie viel durch andere
Praktiken der Bodenpflege und Einbringen von Bioholzkohle dazukommen
könnte, ist noch weniger bekannt als bei den Regenwäldern. Tim
Flannery gibt in seinem Buch "Auf Gedeih und Verderb" eine Milliarde
Tonne Kohlenstoff im Jahr alleine für die Bioholzkohle an, und
insgesamt für die nächsten 25 bis 50 Jahre fast 40 Milliarden
Tonnen: Damit wäre der Beitrag der Böden etwa so groß wie der der
Aufforstungen von fünf Prozent der im letzten Jahrhundert gefällten
Regenwälder bei mittleren Zuwachsraten; der Atmosphäre würden
weitere 18 ppm Kohlendioxid entzogen.
Internationale Politik
25 Staaten sind weltweit für 83 Prozent der Treibhausgase
verantwortlich – die alten Industriestaaten sowie einige
aufstrebende Schwellenländer. Historisch haben die Industrieländer
eine besondere Verantwortung (>>
hier); sie sind für den heutigen Klimawandel verantwortlich –
aber China hat inzwischen die USA als größte Quelle von
Treibhausgasen abgelöst (wobei der Pro-Kopf-Anteil eines Amerikaners
immer noch vier Mal so hoch wie der eines Chinesen ist). Keine
Frage: Die Einbeziehung der Schwellenländer in das internationale
Klimaschutzsystem entscheidet über die Zukunft des Weltklimas ebenso
wie der entschiedene Klimaschutz in den bisherigen Industrieländern.
Dabei wird über Umverteilung geredet werden müssen: In Indien haben
die Hälfte der Einwohner noch nicht einmal einen Stromanschluss –
bei wachsender Wirtschaftskraft wird ihnen diesen aber niemand
verwehren können. Einen Vorschlag hierzu hat der Wissenschaftliche
Beirat Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung (WBGU)
erarbeitet, siehe hier: >> Strategien
gegen den Klimawandel, insbesondere >> Wer
muss handeln?).
Die Hoffnung, auf den Vertragsstaatenkonferenzen der
Klimarahmenkonvention (“Klimagipfel”) weltweit verbindliche
Emissionsziele bis zum Jahr 2050 festzulegen, ist bisher jedoch
gescheitert. Stand der Dinge ist eine freiwillige
Vereinbarung, nach der die Industriestaaten ihre Verpflichtungen zur
Emissionsreduktion bekanntgeben und ihre Einhaltung international
kontrollieren lassen. Die Entwicklungs- und Schwellenlänger können
ihre Maßnahmen in einem eigenen Anhang registrieren lassen und
werden hierbei und bei der Anpassung an den Klimawandel finanziell
unterstützt – diese Unterstützung soll 30 Milliarden US-$ für den
Zeitraum 2010 bis 2012 betragen und bis 2020 auf 100 Milliarden US-$
pro Jahr ansteigen.
Ob die Vertragsstaatenkonferenzen überhaupt der geeignete Weg sind,
den Klimaschutz entscheidend voranzubringen, ist ohnehin unklar.
Wirksame Regelungen bräuchten auch Sanktionsmöglichkeiten bei
Verstößen; dies setzt aber eine Übertragung von Befugnissen an
internationale Organisationen voraus. Manche westliche Demokratie
fühlt sich unwohl dabei, Macht an Organisationen abzugeben, in der
die Stimme eines Diktators, der nichts als seine eigenen Interessen
verfolgt, genauso viel zählt wie die eines demokratischen Staates;
und diese Angst lässt sich nachvollziehen. Der internationale
Klimaschutz braucht daher in jedem Fall und zusätzlich zu allem
internationalen Engagement Vorreiter, die mit gutem Beispiel
vorangehen, um mit Erfolgen die Schwellen- und Entwicklungsländer
zum Mitwirken zu bewegen. Viele der Technologien, die gegen den
Klimawandel helfen, sind ohnehin sinnvoll: Energieeffizienz und
erneuerbare Energiequellen bereiten uns auf das absehbare Ende der
fossilen Energiequellen vor; Bodenverbesserung mittels Bioholzkohle
kommt auch den landwirtschaftlichen Erträgen zugute. Hocheffiziente
Technologien zur Energieerzeugung, -verteilung und -nutzung, zur
Nutzung erneuerbarer Energiequellen und zum Schutz der
Leistungsfähigkeit von Ökosystemen werden sich daher ohnehin früher
oder später zum Exportschlager; zukunftsfähige Konsummodelle werden
sich durchsetzen. Das wird sicher kein Nachteil für die, die hier
vorangehen. Die Alternative wäre, dass die Entwicklungs- und
Schwellenländer mangels Alternative die historisch für die
Umweltzerstörung verantwortliche rohstoff- und energieintensive
Entwicklungsstrategie der Industrieländer nachvollziehen.
Noch ungeklärt ist auch, ob und wann es ein weltweites
Emissionshandelssystem geben wird: Damit wäre es für
private Investoren lohnend, in klimafreundliche Technologien zu
investieren. Ein solches System könnte auf den Erfahrungen mit dem
Europäischen Emissionshandel (siehe >>
hier) aufbauen. Ein solches Handelssystem würde auch zu der
oben dargestellten Unterstützung armer Länder beitragen: Diese
könnten mit den Erlösen von verkauften Emissionsrechten ihre eigene
Energieversorgung umweltfreundlich gestalten (diese Idee hatten
schon Lutz Wicke und Koautoren in ihrem Kyoto-Plus-Konzept
beschrieben: Kyoto Plus. So gelingt die Klimawende. C.H. Beck Verlag
2006). Die Einbeziehung von Waldschutz und Verbesserung von Böden in
ein Emissionshandelssystem könnte zugleich helfen, die verbliebenen
Regenwälder zu schützen und verarmte Böden vor allem in Afrika
wieder zu regenerieren. Auch Emissionshandelssysteme haben ihre
Nachteile: Wo viel Geld fließt, sind auch Betrüger am Werk, und eine
wirkungsvolle Kontrolle kostet Geld und bedeutet Bürokratie. Ein
weiteres Argument der Kritiker ist: Sind die Emissionen erst einmal
auf das Niveau der Emissionszertifikate gesenkt, gibt es keinen
Anreiz mehr, sie weiter zu senken. Eine Steuer auf Emissionen
dagegen wäre weit unbürokratischer und würde immer Anreiz bieten,
Emissionen zu senken. Alleine: In manchen Länder reagieren viele
Menschen schon auf das Wort “Steuern” allergisch, was ihre
politische Durchsetzung schwierig macht.
Websites zum Thema
Kyoto II: Ein vom
Umweltbundesamt und der EU gefördertes Portal zum Vorgehen nach
Ablauf des Kyoto-Protokolls im Jahr 2012 (englischsprachig).
Weiter mit:
Zwei Konzepte zur Bekämpfung des Klimawandels werden hier
vorgestellt:
>> Keile
gegen den Klimawandel – Die Ideen von Socolow und Pacala
>> Das
Klimaschutzkonzept des Umweltbundesamtes
>> Anpassung
an den Klimawandel