Das Zeitalter der Industrie

Wissen im Detail

Kohlenstoffkreislauf & Klimawandel

Auf der Erde gibt es etwa 75 Billiarden (= Millionen Milliarden) Tonnen Kohlenstoff. 99,8 Prozent davon befindet sich im Gestein, und davon wiederum fast alles im Kalkstein. (Der vergleichsweise kleine Rest kommt in zwei Formen vor: Zum einen als die fossilen Brennstoffe Kohle, Erdöl und Erdgas, deren Vorkommen etwa 4.100 Milliarden Tonnen Kohlenstoff enthalten; zum anderen als sogenanntes Kerogen. So nennt man fein verteiltes organisches Material, das aufgrund seiner geringen Konzentration nicht als Brennstoff nutzbar ist.) Im Vergleich zu den Mengen im Gestein scheinen die Anteile im Wasser (38.000 Milliarden Tonnen = 0,05 Prozent des gesamten Vorkommens), im Boden (1.580 Milliarden Tonnen = 0,002 Prozent des gesamten Vorkommens), in Lebewesen mit etwa 800 Milliarden Tonnen und in der Luft mit etwa 820 Milliarden Tonnen (jeweils etwa 0,001 Prozent des gesamten Vorkommens) unbedeutend zu sein.

Der globale Kohlenstoffkreislauf

Der globale Kohlenstoffkreislauf. Die Zahlen geben die Kohlenstoffspeicher (schwarz), die jährlichen Flüsse zwischen den Speichern vor der industriellen Revolution (blau) sowie die seit Beginn der industriellen Revolution durch menschliche Aktivitäten dazugekommenen Menge (rot) und die heute jedes Jahr vom Menschen verursachten zusätzlichen Kohlenstoffflüsse (rot und unterstrichen) an. Zur Erläuterung siehe den folgenden Text. (Das Hintergrundbild stammt von der NASA, http://earthobservatory.nasa.gov/Features/CarbonCycle/carbon_cycle4.php)

Sie sind es nicht, wie alleine die Diskussion um den Klimawandel zeigt, der im Wesentlichen von einer Änderung der Kohlendioxidkonzentration in der Luft ausgelöst wird (>> mehr). Kohlenstoff spielt eine zentrale Rolle auf der Erde, da er aus chemischer Sicht ungeheuer vielseitig ist: Die gesamte organische Chemie beschäftigt sich mit den Eigenschaften des Kohlenstoffs und seiner Verbindungen - das sind mehr Chemiker, als sich für irgendeinen anderen Stoff interessieren. Leben auf der Erde ist ohne Kohlenstoff unvorstellbar; früher galt Kohlenstoff sogar als Kennzeichen des Lebens (daher auch „organische“ Chemie). Die Fotosynthese, die Sonnenlicht in energiereiche Kohlenstoffformen umwandelt, ist die wohl wichtigste chemische Reaktion auf der Erde.

Kohlenstoff kommt auf der Erde in zwei unterschiedlichen Formen vor: als oxidierter, anorganischer Kohlenstoff oder als organischer Kohlenstoff (siehe Kasten). Anorganischer Kohlenstoff ist chemisch stabiler, zu dieser Gruppe gehört das Kohlendioxid in der Luft oder das Kalziumkarbonat in den Weltmeeren. Organischer Kohlenstoff ist chemisch reaktiver, was unter anderem seine Rolle für das Leben auf der Erde ausmacht. Zu dieser Gruppe gehören die Kohlenwasserstoffe (Verbindungen aus Kohlenstoff und Wasserstoff, wie die fossilen Brennstoffe Erdöl und Erdgas, aber auch Fett) und die Kohlenhydrate (Verbindungen aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, etwa Zucker).

Oxidiert und reduziert… Was war das noch mal?

Oxidieren bedeutet nach Duden: sich mit Sauerstoff verbinden (kann man sich leicht merken, wenn man Griechisch kann: dort heißt Sauerstoff Oxygenium). Bei dieser Verbindung nimmt jedes Sauerstoffatom zwei Elektronen von seinem Reaktionspartner auf und wird zum Oxid. Wenn Eisen rostet, ist dies eine Reaktion mit Sauerstoff, Rost besteht aus der Sicht des Chemikers aus Eisenoxiden. Da jedes Elektron eine negative Ladung trägt (-1 geschrieben), „fehlen“ dem Kohlenstoff im Kohlendioxid, der Verbindung von einem Atom Kohlenstoff mit zwei Atomen Sauerstoff (CO2), vier Elektronen, seine Ladung beträgt +4. Der Kohlenstoff liegt im oxidierten Zustand vor, hat also Elektronen abgegeben.

Im Gegensatz zum Sauerstoff überlässt der Wasserstoff bei Reaktionen seinen Reaktionspartnern gerne ein Elektron. Im Methan, die Verbindung eines Kohlenstoffatoms mit vier Wasserstoffatomen (CH4), beträgt die Ladung des Kohlenstoffs daher -4; der Kohlenstoff ist reduziert. Bei den Kohlenhydraten (CH2O) liegt der Kohlenstoff neutral vor, hier erhält der Sauerstoff seine Elektronen vom Wasserstoff, die Ladung des Kohlenstoffs beträgt 0. Da er nicht oxidiert ist, werden auch die Kohlenhydrate zum organischen Kohlenstoff gerechnet.

(Mehr über Redoxreaktionen.)

Kohlenstoffaustausch mit Lebewesen und Boden

Die Fotosynthese ist der Prozess, der anorganischen Kohlenstoff (Kohlendioxid) in organischen Kohlenstoff (Zucker) umwandeln kann (>> mehr). Der umgekehrte Prozess wird Atmung genannt, dabei werden Zucker zur Energiegewinnung abgebaut, wir atmen Kohlendioxid aus. Der meiste organische Kohlenstoff in Lebewesen wird auf diese Art und Weise wieder in anorganisches Kohlendioxid umgewandelt. Aber ein Teil bleibt dauerhaft in organischen Strukturen eingeschlossen. Dies kann in Torfmooren der Fall sein, wenn Pflanzenmaterial auf Grund von Sauerstoffmangel nicht zersetzt wird, vor allem aber, wenn organisches Material in das Sediment der Tiefsee absinkt und über lange Zeiträume zu Sedimentgestein wird (>> mehr).

Über Fotosynthese und Atmung steht das Kohlendioxid in der Luft also mit dem organischen Kohlenstoff in Lebewesen in Verbindung. Ähnliches gilt für den Kohlenstoff im Boden: Er besteht zum größten Teil aus totem Pflanzenmaterial; durch den Abbau wird er in Kohlendioxid umgewandelt und gelangt so wieder in die Luft. Der Kohlenstoffgehalt von Böden kann je nach Boden und Klima sehr unterschiedlich sein; in Wüsten gibt es kaum Kohlenstoff im Boden, in sommergrünen Wäldern relativ viel (in tropischem Klima eher weniger, da dort die Abbauvorgänge viel schneller sind).

Findet der Abbau unter Sauerstoffmangel statt, etwa in der Tiefsee oder in Sümpfen, reagiert organischer Kohlenstoff mit Sulfat-Ionen, dabei entsteht Schwefelwasserstoff (H2S). Sind auch keine Sulfat-Ionen (mehr) vorhanden, findet eine Gärung statt, bei der Methan (CH4) entsteht. In Süßwasser, wo Sulfat-Ionen seltener sind, geschieht dies schneller, Methan wird daher auch „Sumpfgas“ genannt. Methan ist ein hochwirksames Treibhausgas; in der Atmosphäre wird es unter Einwirkung von Sonnenlicht langsam zu Kohlendioxid oxidiert; seine mittlere Lebensdauer in der Atmosphäre beträgt 8,4 Jahre.

Kohlenstoffaustausch mit dem Meer

Im Meerwasser liegt Kohlenstoff in etwa 50fach größerer Menge als in der Luft vor, vor allem als gelöster anorganischer Kohlenstoff: in Form von Kohlendioxid, Kohlensäure (H2CO3), Karbonat- (CO32-) und Bikarbonat-Ionen (HCO3-). Daneben gibt es gelösten organischen Kohlenstoff, der ähnlich wie im Boden aus toten Lebewesen besteht, und den organischen Kohlenstoff in Meeresorganismen. Der Konzentration des gelösten anorganischen Kohlenstoffs im Meerwasser und des Kohlendioxids der Luft stehen in einem Gleichgewicht. Die Anpassung geschieht jedoch relativ langsam, da das Meerwasser nur an seiner Oberfläche in direktem Kontakt mit der Luft steht; bei Veränderungen der Konzentration kann es Hunderte von Jahren dauern, bis sich ein neues Gleichgewicht einstellt (das ist auch der Grund dafür, dass das Meerwasser weniger von den Emissionen aus fossilen Brennstoffen aufgenommen hat als die Atmosphäre, obwohl es der bei weitem größere Kohlenstoffspeicher ist). Erdgeschichtlich ist dieser Austausch von großer Bedeutung, so werden die Schwankungen des Kohlendioxid-Gehalts der Luft während der Kalt- und Warmzeiten der >> Eiszeit wesentlich von den Ozeanen verursacht.

Kohlenstoffaustausch mit dem Gestein

Auf lange Sicht nimmt auch der Kohlenstoffvorrat im Gestein am Kohlenstoffkreislauf teil. Wenn sich Wasserdampf in der Erdatmosphäre mit Kohlendioxid verbindet, entsteht Kohlensäure und damit leicht kohlensäurehaltiges Regenwasser. Trifft dieses auf  Silikatgestein, reagiert es mit diesem und es entstehen Bikarbonat-Ionen, Siliziumdioxid und ein - je nach Gestein - ein Kalzium- oder Magnesium-Ion. Am Beispiel des Silikat-Minerals Wollastonit sieht das so aus:

 CaSiO3 + 2 CO2 + H2O -> Ca2+ + 2 HCO3- + SiO2

Kalzium und Bikarbonat reagieren zu Kalziumkarbonat:

Ca2+ + 2 HCO3- -> CaCO3 + CO2 + H2O

In der Summe wurde also ein Kohlendioxid-Molekül im Kalziumkarbonat gebunden:

 CaSiO3 + CO2 -> CaCO3 + SiO2

Kalziumkarbonat sinkt im Ozean als Sediment auf den Boden und wird mit der Zeit und unter dem Druck der Wassersäule und weiterer Sedimente schließlich zu Sedimentgestein - aus dem ursprünglichen Silikatgestein ist jetzt Kalkgestein geworden. Umgekehrt wird im Erdinneren unter Hitzeeinwirkung Kohlendioxid aus Kalkstein freigesetzt – dieses Kohlendioxid kann bei Vulkanausbrüchen oder in heißen Quellen am Meeresgrund wieder in den Kreislauf gelangen. Die Mengen dieser Vorgänge sind vergleichsweise klein und liegen bei 100 Millionen Tonnen pro Jahr. In geologischen Zeiträumen tragen sie aber zur Stabilisierung des Erdklimas bei (siehe auch >> hier): Wenn das Klima wärmer wird, fällt mehr Regen, die Verwitterung nimmt zu und bindet mehr von dem Treibhausgas Kohlendioxid – es wird wieder kälter. Ist es dagegen kälter, ist die Freisetzung von Kohlendioxid größer als die Verwitterung, die Konzentration nimmt zu und es wird wärmer. Damit bildet die Silikatverwitterung einen Regelkreis, der die Kohlendioxidkonzentration immer in eine Richtung lenkt, bei der die Verwitterung genau der Freisetzung entspricht. Für das Leben auf der Erde ist diese Kohlendioxidfreisetzung von zentraler Bedeutung - ohne sie wäre der Kohlenstoff, der zentrale Baustoff des >> Lebens, längst vollständig im Gestein gebunden. Die Hitze im Erdinneren gehört damit zu den Voraussetzungen für Leben auf der Erde (>> mehr). Dieses Thermostat ist jedoch sehr langsam, so dass es Konzentrationsschwankungen durch schnelle Veränderungen, etwa im Zusammenhang mit Eiszeiten oder heute durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe, nicht ausgleichen kann.

Der Einfluss des Menschen

In jüngster Zeit hat der Mensch massiv in diesen Kreislauf eingegriffen (die roten Zahlen in der > Abbildung), indem fossile Brennstoffe verbrannt und Wälder zur Landgewinnung abgebrannt wurden. Dabei gelangte der in ihnen gebundene Kohlenstoff in die Luft, vor allem in Form des Treibhausgases Kohlendioxid (>> mehr). Der Kohlenstoffgehalt in der Luft hat sich dadurch von vorindustriellen 597 Milliarden Tonnen auf die heutigen 820 Milliarden Tonnen erhöht (oder bekannter, da regelmäßig in den Zeitungen zu lesen: die Konzentration an Kohlendioxid von 280 ppm auf heute 390 ppm); der damit verbundene Klimawandel macht den Kohlenstoffkreislauf heute zu einem Schwerpunkt der Forschung am Ökosystem Erde.

Freisetzung von Kohlendioxid

Das vom Menschen in die Atmosphäre eingebrachte Kohlendioxid geht vor allem auf zwei große Quellen zurück. Die erste war die Brandrodung von Wäldern. In einem Wald ist (in Form von Holz) mehr Kohlenstoff gespeichert als auf einem gepflügten Acker; wenn Wald abgebrannt wird, um Ackerland zu gewinnen, wird dieser freigesetzt. Die Gewinnung von Ackerland begann bald nach der Erfindung der Landwirtschaft (>> mehr), nahm aber mit den technischen Möglichkeiten der Industriellen Revolution noch einmal erheblich zu (>> mehr), und ist bis heute vor allem in den tropischen Regenwäldern nicht beendet. Auf diese Weise gelangen zur Zeit etwa 1,6 Milliarden Tonnen Kohlenstoff (oder knapp 6 Milliarden Tonnen Kohlendioxid) in die Atmosphäre.

Die andere, heute noch bedeutendere Quelle ist die Verbrennung fossiler Brennstoffe, deren Beginn auch den Anfang der Industriellen Revolution bedeutete (>> mehr). Dadurch wurden im Jahr 2006 27,3 Milliarden Tonnen Kohlendioxid (oder knapp 7,5 Milliarden Tonnen Kohlenstoff) in die Atmosphäre eingebracht. (Die Angabe in der > Abbildung ist der Durchschnittswert der Jahre 2000 bis 2005 - allen Bekenntnissen zum Klimaschutz zum Trotz nimmt der Ausstoß von Kohlendioxid weiterhin zu; im Jahr 2010 war er so hoch wie noch nie zuvor in der Geschichte der Menschheit.)

Entwicklung der Kohlendioxidemissionen von 1959 bis 2006

Entwicklung der Kohlendioxidemissionen in die Atmosphäre
von 1959 bis 2006 (“Andere Emissionen” umfassen vor allem
die Zementproduktion). Abb. nach >> Canadell et al. 2007.

Kohlenstoffsenken

Von dieser Gesamtmenge verbleibt nur ein Teil dauerhaft in der Atmosphäre, zur Zeit etwa 15 Milliarden Tonnen Kohlendioxid pro Jahr – diese Menge kennt man relativ genau, da sie über die steigende Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre errechnet werden kann. Die „fehlende“ Menge, also die Differenz aus freigesetztem Kohlendioxid und in der Atmosphäre verbleibendem Kohlendioxid, wird von den Kohlenstoffsenken aufgenommen – Ökosysteme, deren Kohlenstoffgehalt bei steigendem Angebot in der Luft steigt.

   Verbleib des freigesetzten Kohlenstoffs

Verbleib des Kohlendioxids von 1959 bis 2006. Die Aufnahme
in den Kohlenstoffsenken schwankt von Jahr zu Jahr; mit
steigenden Emissionen verbleibt ein zunehmender Anteil
in der Atmosphäre. Abb. nach >> Canadell et al. 2007.

Landökosysteme können zur Kohlenstoffsenke werden, da durch den Klimawandel in höheren Breiten die Wachstumsbedingungen für Pflanzen verbessert und die Wachstumssaison verlängert wird, und weil Pflanzen bei steigendem Kohlendioxidgehalt besser wachsen können („Kohlendioxiddüngung“) – aber nur, wenn eine Reihe anderer Bedingungen stimmen. So darf es etwa nicht zu trocken sein, und es dürfen auch keine Nährstoffe fehlen. Andererseits nimmt etwa der Abbau organischen Materials im Boden mit steigenden Temperaturen zu. Welcher Effekt wie stark ist, ist nicht einfach zu ermitteln. Der größte Anteil des Kohlenstoffs findet sich ja in den Böden, ist aber dort sehr ungleichmäßig verteilt – daher stellt sich immer die Frage nach der Aussagekraft der einzelnen Untersuchungen.

Die einfachste Abschätzung des von den Landökosystemen gebundenen Kohlenstoffs ist natürlich, einfach die Menge zu ermitteln, die im Ozean, der anderen großen Senke, bleibt und so indirekt auf die Aufnahme an Land zu schließen. Eine andere Methode besteht darin, das Kohlenstoff-/Sauerstoff-Verhältnis auszuwerten: Bei der Aufnahme in Landökosystemen mit der Fotosynthese wird ja Sauerstoff produziert - im Meer dagegen kaum, siehe unten. So wird die Netto-Aufnahme an Land heute auf etwa 900 Millionen Tonnen Kohlenstoff pro Jahr berechnet. Um den Wissenstand über die Verteilung und die Mechanismen dieser Aufnahme zu verbessern, sind zur Zeit große Forschungsprogramme in Gang (in Europa etwa ein Programm namens CarboEurope, www.carboeurope.org).

Die Aufnahme von Kohlenstoff im Ozean ist etwas leichter zu ermitteln, da die Prozesse überschaubarer sind. Etwas leichter sollte aber nicht mit leicht verwechselt werden, denn auch der Ozean ist ein komplexes System. So ist etwa das Oberflächenwasser durch Dichteunterschiede relativ stabil vom Tiefenwasser abgetrennt, eine Durchmischung findet vor allem an den Polen statt, wo das Oberflächenwasser so weit abkühlt, dass diese möglich wird (>> mehr). Gase aus der Atmosphäre werden zunächst vom Oberflächenwasser aufgenommen, das bis in eine Tiefe von etwa 100 Meter vom Wind durchmischt wird. In die Tiefe gelangen sie erst, wenn das Oberflächenwasser dorthin absinkt.

Wenn Kohlendioxid in Wasser gelangt, bildet sich Kohlensäure (H2CO3). In der Lösung spaltet diese Wasserstoff ab, so dass ein Bikarbonat-Ion (HCO3-) entsteht. Dieses wiederum steht in einem Gleichgewicht mit Karbonat-Ionen (CO32-). Das Verhältnis kann etwas vereinfacht so dargestellt werden:

 CO2 + CO32- + H20 <-> 2HCO3-

Wenn sich nun die Menge an Kohlendioxid erhöht, reagiert dieses mit Karbonat-Ionen und bildet Bikarbonat-Ionen. Da Karbonat-Ionen in größerer Menge im Meerwasser vorhanden sind, kann das Meerwasser über diesen Weg Kohlendioxid aufnehmen, wodurch es eine hohe Speicherkapazität für Kohlendioxid hat. Bis hierhin wäre die Aufnahme von Kohlendioxid einfach zu berechnen, eine unbekannte Größe wäre nur der Austausch zwischen Oberflächen- und Tiefenwasser.

Aber das Ökosystem Meer ist komplexer: Karbonat-Ionen werden von Korallen und anderen Meeresorganismen gebraucht, um Kalkstrukturen und –schalen zu bilden. Diese bestehen aus Kalziumkarbonat (CaCO3), gebildet aus Kalzium-Ionen und Karbonat-Ionen:

Ca2+ + CO32- -> CaCO3.

Beim Absterben der Organismen sinken diese zu Boden, dadurch wird Kohlenstoff aus dem Kreislauf entfernt; die Ozeanforscher nennen diesen Vorgang die „Karbonat-Pumpe“. (Zunehmender Eintrag von Kohlendioxid führt dazu, dass immer mehr Karbonat-Ionen zu Bikarbonat-Ionen umgewandelt werden, wodurch den Organismen der Baustoff für ihre Kalkstrukturen abhanden kommt: Daher leiden diese Organismen unter dem Kohlendioxid-Eintrag, der wegen der Kohlensäure-Bildung auch als >> Versauerung der Meere bekannt ist.)

Ein anderer Weg, Kohlendioxid zu binden, sind kleine, im Wasser schwebende Pflanzen, das Phytoplankton: Sie nehmen Kohlendioxid über die Fotosynthese auf, und nach ihrem Tod gelangt ein Teil dieses Kohlenstoffs durch Absinken in die Tiefsee; dies ist die „biologische Pumpe“. Die Menge des vom Ozean aufgenommenen Kohlenstoffs konnte auf verschiedenen Wegen berechnet werden. Einer besteht in der Messung der Konzentration der relevanten Substanzen wie Karbonat- und Bikarbonat-Ionen; ein anderer sind Modellrechnungen unter Einbeziehung des Austausches von Oberflächen- und Tiefenwasser, der wiederum durch Nachverfolgen seltener Chemikalien oder von radioaktiven Stoffen im Meerwasser untersucht wird (so haben Umweltverschmutzung und Atomwaffenversuche auch ihre nützliche Seite). Das Ergebnis: Bisher hat der Ozean etwa 155 Milliarden Tonnen Kohlenstoff aufgenommen, mehr als ein Drittel der gesamten vom Menschen verursachten Emissionen. Jedes Jahr nehmen die Meere netto weitere 2,2 Milliarden Tonnen Kohlenstoff auf.

Bei fortgesetztem Klimawandel könnte dieser Beitrag aber zurückgehen: Zum einen erwärmt sich das Oberflächenwasser, warmes Wasser kann aber weniger Kohlendioxid lösen. Zum anderen werden dabei Karbonat-Ionen verbraucht, so dass die „Karbonat-Pumpe“ an Wirkung verlieren könnte. Und drittens erwärmt sich das Meerwasser an den Polen am stärksten, was den Austausch von Oberflächen- und Tiefenwasser behindern könnte. Diese Annahme wird auch dadurch unterstützt, dass in den letzten Jahren erkannt wurde, dass die Schwankungen der Kohlendioxid-Konzentration in der Erdatmosphäre während der Eiszeiten entscheidend von der Kohlendioxid-Aufnahme und -Freisetzung der Weltmeere verursacht worden sind (siehe >> Die Eiszeiten).

Auch die Kohlendioxid-Aufnahme in den Landökosystemen könnte durch den Klimawandel, unter anderem durch Wassermangel, beeinträchtigt werden. Die meisten Klimaforscher gehen daher für die Zukunft von einer sinkenden Aufnahme durch die Kohlenstoffsenken aus.

Freisetzung von Methan

Durch menschliches Handeln wird das Treibhausgas Methan in größeren Mengen freigesetzt, als dies natürliche Quellen wie Sümpfe, Ozean und andere tun. Methan wird bei der Öl- und Gasförderung freigesetzt, beim Vergären von Abfällen in Mülldeponien („Deponiegas“), durch den Reisanbau und die Zucht von Wiederkäuern. Damit trägt Methan mit etwa 20 Prozent zum Klimawandel bei; da es im Laufe der Zeit in der Atmosphäre zu Kohlendioxid oxidiert, spielt es im Kohlenstoffkreislauf keine eigene Rolle.

Ein Blick in die Zukunft

In Zeiträumen von Jahrhunderten werden etwa drei Viertel des freigesetzten Kohlendioxids vom Meerwasser aufgenommen. Je nachdem, wie viel Kohlendioxid die Menschheit insgesamt freisetzt, würde eine massive Versauerung des Meerwassers dazu führen, dass Wasser mit den Sedimenten am Meeresgrund reagiert, gelöstes Kalziumkarbonat würde über Jahrtausende die Versauerung wieder ausgleichen. Das in der Luft verbleibende Viertel wird in Jahrhunderttausenden durch die Verwitterung von Gestein gebunden. Die Natur wäre – nach sicherlich schweren Verlusten – geheilt.

© Jürgen Paeger 2006 - 2015

In der Luft kommt Kohlenstoff in Form des Gases Kohlendioxid vor, daher wird die Menge oft in Tonnen Kohlendioxid angegeben. Die Umrechnung: Eine Tonne Kohlenstoff entspricht 3,667 Tonnen Kohlendioxid.

Aktuell: >> Der 5. UN-Klimareport