Strategien für die Zukunft
Ziel: Nachhaltigkeit
Was ist das und wie können wir
dahin kommen?
Als Alternative zur bisherigen Entwicklung wird immer wieder die Nachhaltigkeit genannt. Diese Seite beschreibt, woher der Begriff kommt, was er bedeutet und welche Herausforderung eine nachhaltige Entwicklung darstellt. Aber wollen wir Kriege um knapper werdende Ressourcen vermeiden und den Klimawandel in erträglichem Rahmen halten, werden Energie- und Ressourcenproduktivität, erneuerbare Energien und Schutz und Wiederherstellung des Naturkapitals die Themen der Zukunft sein.
Wenn wir auf die Entwicklung der Erde seit Beginn der Industriellen Revolution zurückblicken (>> hier), so haben unsere wissenschaftlich-technischen Mittel es uns erlaubt, einen immer größeren Anteil der natürlichen Ressourcen des Planeten für uns zu nutzen – und gleichzeitig hat die Form der Nutzung dazu geführt, die natürlichen Ökosysteme und Regelkreise tief greifend zu verändern (>> hier). Zwei Beispiele zeigen, dass diese Entwicklung so nicht weitergehen wird: Der Klimawandel (>> mehr) und der Verlust an biologischer Vielfalt (>> mehr). Wenn wir Menschen 40 Prozent aller Ressourcen nutzen, bleiben nicht genügend über, um den bisherigen Bestand an Arten, Populationen und deren Vielfalt zu versorgen – aber diese sind die Grundlage für die Dienste, von denen wir und unsere Wirtschaft abhängen. Und der Klimawandel zeigt uns, dass wir selbst bei der Entsorgung unserer Abfälle in die Atmosphäre an eine Grenze gelangt sind, wo dieses nicht mehr kostenlos ist: Wir produzieren inzwischen derartige Mengen, dass die Folgen auf uns zurückschlagen. So wie bisher kann es also nicht weitergehen. Aber wie können wir unser Leben und unsere Gesellschaft so ändern, dass es so weitergehen könnte?
Das Ziel heißt Nachhaltigkeit
Der Begriff Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft: Holz sollte nur soweit entnommen werden, dass der Wald nicht dauerhaft beeinträchtigt wurde und damit auch den nachfolgenden Generationen noch zur Verfügung stand. Im Jahr 1987 hat eine UN-Kommission unter dem Vorsitz der ehemaligen norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland (nach ihr oft auch Brundtlandt-Kommission genannt) den Begriff neu und allgemeiner definiert: “Dauerhafte Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.” In dieser allgemeinen Form findet die Idee der Nachhaltigkeit breite Zustimmung. Gerne wird sie auch in Form des sogenannten “Nachhaltigkeitsdreiecks” dargestellt:
Nachhaltigkeitsdreieck.
Diese Abbildung legt nahe, dass es bei der
Nachhaltigkeit um die Abwägung von Aspekten der Ökonomie und
des Sozialen (die für die Bedürfnisse der Gegenwart stehen) mit
denen
der Ökologie (als Basis für die Befriedigung der Bedürfnisse
künftiger Generationen)
geht. Dieses Bild ist aber falsch, siehe den folgenden Text.
Weniger Einigkeit herrscht immer dann, wenn es darum geht, wie es an die konkrete Ausgestaltung aussehen der Nachhaltigkeit geht. Da wird dann gerne in althergebrachter Weise wirtschaftliches Wachstum zur Voraussetzung der Ökologie erklärt, denn nur so ließe sich der teure Umweltschutz bezahlen. Aber andersherum wird ein Schuh daraus, wie schon der Versuch einer Definition anwendbarer ökologischer Regeln durch eine Enquete-Kommission des 13. Deutschen Bundestages zeigt. Diese lauten:
- Die Nutzung nachwachsender Rohstoffe soll deren Regenerationsrate nicht überschreiten.
- Nicht erneuerbare Naturgüter dürfen nur in dem Maße genutzt
werden, wie ihre Funktionen durch andere Materialien ersetzt
werden können.
- Die Freisetzung von Stoffen oder Energie darf auf Dauer nicht größer sein als die Anpassungsfähigkeit der Öko-Systeme.
- Unvertretbare Risiken für die menschliche Gesundheit durch anthropogene Einwirkungen sind zu vermeiden.
Angesichts der Tatsache, dass funktionsfähige Ökosysteme die Vorraussetzung für unsere Existenz und unser Wirtschaften sind, kann es ja gar nicht anders sein: Der Erhalt dieser Funktionsfähigkeit setzt die Rahmenbedingungen für alles menschliche Handeln. Es kann also nicht um “Kompromisse” zwischen Ökologie und Ökonomie und Sozialem gehen, sondern die wirtschaftliche Entwicklung kann nur in einen Rahmen stattfinden, der sicherstellt, dass sie nicht ihre eigene Grundlage zerstört.
Was heißt Nachhaltigkeit konkret?
Das Beispiel macht deutlich, wie weit wir noch von diesem Ziel entfernt sind: Durch menschliche Aktivitäten werden jedes Jahr 26,5 Milliarden Tonnen des wichtigsten Treibhausgases Kohlendioxid freigesetzt. Die Klimarahmenkonvention enthält die Verpflichtung, eine “Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau zu erreichen, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird.” Nach Meinung vieler Wissenschaftler ist die Grenze bei einem Temperaturanstieg von 2 Grad Celsius erreicht, der bei einer Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre von 400 ppm erreicht würde (>> mehr). Diese Wert würden wir bei gleichbleibenden Emissionen schon in weniger als 10 Jahren erreichen. Insgesamt müssten die Kohlendioxid-Emissionen schnell um 60 Prozent zurückgehen, wenn das Ziel erreicht werden sollte.
Ein Blick auf die gegenwärtigen Emissionen links zeigt aber auch noch, dass diese keinesfalls gleichmäßig verteilt sind: das für die sozial Nachhaltigkeit grundlegende Gebot der “Equity” (etwa: gleiches Recht für alle) führt dazu, dass die Industrieländer mehr einsparen als die heute armen Länder. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bevölkerungszahl bis 2050 vermutlich von heute 6,7 auf über 9 Milliarden Menschen ansteigen wird: Gehen wir von einem weltweit gleichen Pro-Kopf-Recht an Kohlendioxid-Emissionen aus, müssen die heutigen Industrieländer wie Deutschland zukünftig 80 bis 90 Prozent ihrer Kohlendioxid-Emissionen vermeiden. (Mehr Details zu dieser Berechnung finden Sie >> hier). Ähnliche Reduktionsziele finden sich auch in vielen anderen Bereichen (>> mehr); und damit wird deutlich: Das Ziel Nachhaltigkeit ist anspruchsvoll, es erfordert tiefgreifende Änderungen unseres Denkens und Handelns. Und wenn Sie etwa an 80 bis 90 Prozent weniger Kohlendioxid denken, ahnen Sie schon: Wenn es konkret wird, ist die allgemeine Übereinstimmung mit dem Ziel Nachhaltigkeit schnell vorbei. Kohlelobby, Energiewirtschaft, Autoindustrie, ... – sie alle werden sich neu erfinden müssen, versuchen aber, dieses so lange wie möglich hinauszuzögern.
Der Weg zur Nachhaltigkeit
Eins ist klar: Der Einfluss der Menschheit auf die Natur, der sich aus den Faktoren Anzahl der Menschen und Pro-Kopf-Verbrauch an Natur zusammensetzt, wird nicht durch eine zurückgehende Weltbevölkerung verringert werden. Im Gegenteil: Die Weltbevölkerung wird voraussichtlich auf über 9,2 Millionen Menschen im Jahr 2050 wachsen (>> mehr). (Voraussichtlich – natürlich kann niemand garantieren, dass nicht im Jahr 2042 ein Meteoriteneinschlag oder eine Seuche zwei Drittel der Weltbevölkerung umbringen – aber wollen wir unsere Handlung auf solche “Hoffnungen” gründen?) 9,2 Milliarden Menschen, die nicht nur essen müssen (was alleine schon eine Herausforderung ist, >> mehr), sondern von denen vermutlich ein größerer Anteil so leben wird, wie Mittelschichten im Jahr 2050 so leben werden – eine Vermutung, die sich aus der Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte ableitet, die von einem schnellen Anwachsen der Mittelschichten gerade in bevölkerungsreichen Schwellenländern wie China und Indien gekennzeichnet waren. Die entscheidende Frage wird also sein: Wie werden Mittelschichten (und Reiche) im Jahr 2050 leben? (Für die Ökosysteme ist diese Frage viel wichtiger als die aus Gründen der Menschlichkeit – und sozialen Nachhaltigkeit – ebenso dringliche Frage, ob es uns gelingt, die Armen aus der schlimmsten Armut zu befreien: Wenn diese mit Strom und Herden versorgt werden, werden sie zwar mehr Strom und (Bio-)Gas verbrauchen, aber andere Formen der Umweltbelastung – etwa das Sammeln von Brennholz werden zurückgehen.)
Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder ignorieren wir die Warnzeichen und versuchen, unser “bewährtes System” noch eine Weile weiterzuführen – dann werden sich die wachsenden Mittelschichten um immer knapper werdende Ressourcen streiten; und wir werden irgendwann genau wissen, ob der Weltklimarat mit seinen Befürchtungen über die Folgen des Klimawandels recht hatte. Oder wir beginnen, umzusteuern. Dieses Umsteuern erfordert Aktivitäten in drei Bereichen:
Energie- und Ressourcenproduktivität
Der Preis unserer Rohstoff- und Energienutzung ist heute schon
hoch; umso schlimmer ist, dass nur ein kleiner Teil dieser Rohstoffe
und Energie tatsächlich genutzt wird (siehe hier für >> Rohstoffe,
>> Energie).
Wir müssen – und können – die Produktivität von Materialien und
Energie vervielfachen, wenn wie einerseits absehbare Ansprüche
erfüllen, und andererseits die Leistungsfähigkeit der Ökosysteme
berücksichtigen wollen. Diese Entwicklung ist für innovative
Unternehmen (Mitarbeiter, Architekten, ...) keineswegs eine
unzumutbare Belastung, sondern bietet ihnen eine Riesenchance, mit
rohstoff- und energieeffizienten Produkten neue Märkte zu erobern.
Diese neuen Märkte entstehen bereits heute – etwa bei
Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen -, aber sie werden in
Zukunft durch andere Rahmenbedingung (etwa im Zusammenhang mit dem
Kampf gegen den Klimawandel oder die Abhängigkeit von arabischem Öl)
noch eine ganz andere Dynamik entfalten.
>> mehr
(Wirtschaften mit viel weniger Rohstoffverbrauch)
>> mehr
(Energie für morgen)
>> mehr
(Wie können wir den Klimawandel stoppen?)
Erneuerbare Energien
Die Energieversorgung ist das Lebensblut einer modernen
Gesellschaft, und gleichzeitig ist die bisher vorherrschende
Verbrennung fossiler Brennstoffe die wichtigste Ursache für den
Klimawandel (und für den Transfer enormer Geldmengen in Länder, die
davon Terrorismus finanzieren). Wir brauchen eine Energieversorgung,
bei der kein Kohlendioxid entsteht. Die Entwicklung erneuerbarer
Energien hat inzwischen einen Stand erreicht, bei dem diese je nach
Standort und Energeiform bereits heute, bald oder in absehbarer Zeit
mit fossiler Energieerzeugung konkurrenzfähig wird (>> mehr).
Dabei werden nicht nur die einen (fossilen) Energieträger gegen
andere (erneuerbare) ausgetauscht, sondern das gesamte System der
Energieerzeugung wird sich verändern: Neben einem großen,
internationalen Stromnetz, das Sonnenstrom aus der Sahara und
Windstrom von der Atlantikküste miteinander verknüpft und verteilt,
wird die Produktion von Strom und Wärme auf dem eigenen Hausdach
(Solarzellen und Sonnenkollektoren) oder im eigenen Keller (kleine
Blockheizkraftwerke oder Brennstoffzellen) und die Speicherung von
Strom in den Batterien des eigenen (Elektro-)Autos kommen (>>
mehr)
– auch hier bieten sich Chancen für innovative Unternehmen
(Mitarbeiter, Architekten, ...), die Solarzellen, Sonnenkollektoren,
Blockheizkraftwerke, Brennstoffzellen, ... anbieten.
>> mehr
(Erneuerbare Energien)
Ökologische Ethik – Schutz des Naturkapitals
Auch energieeffiziente Technologien, die mit erneuerbaren Energien
betrieben werden, sind nicht per se und in jedem Fall gut – das
zeigt etwa die Diskussion um die Nutzung der >> Bioenergie.
Sie muss ergänzt werden um eine ökologische Ethik, die den Schutz
unseres Naturkapitals ernst nimmt. Wir müssen begreifen, dass unser
(Über-)Leben und unsere Wirtschaft von diesem Naturkapital abhängen:
Die Dienstleistungen der Ökosysteme wie saubere Luft und sauberes
Wasser sind unverzichtbar. Der sorgfältige Umgang mit diesen
Dienstleistungen wird immer bedeutsamer für die Märkte werden –
Vorläufer sind etwa Zertifikate für Holz aus nachhaltigem Anbau und
für Lebensmittel aus Bio-Landbau. Über den Handel mit Lizenzen für
den Kohlendioxid-Ausstoß kann der Schutz von Wäldern in
Entwicklungsländern bezahlt werden (>>
hier). Eine zentrale Rolle beim Schutz des Naturkapitals nimmt
die Landwirtschaft ein: Sie ist die Basis aller Wirtschaft, bedroht
jedoch die Ökosysteme, von denen sie abhängt. Ansätze wie
Bio-Landbau und Aqua-Kultur zur Aufzucht von Fischen werden an
Bedeutung gewinnen. Ebenso wird der sorgsame Umgang mit dem Rohstoff
Wasser – Wasser wird in Zukunft knapper und teurer sein – zu den
Herausforderungen der Zukunft gehören.
>> mehr
(Schutz der Ökosysteme und der biologischen Vielfalt)
>> mehr
(Wasser fürs Leben, Wasser für Menschen)
Leben in einer nachhaltigen Welt
Diese Entwicklungen werden unser Leben verändern. Es wird eine
andere Welt sein, in der 9 Milliarden Menschen (gut) leben können,
ohne die Zukunftsaussichten ihrer Kinder zu zerstören. Wir werden
als Menschheit nicht unendlich weiter wachsen können, wir werden
unsere Nahrung anders erzeugen, wir werden anders wohnen und wir
werden uns mit anderen Verkehrsmitteln fortbewegen.
>> mehr
(Bevölkerung & Gesundheit)
>>
mehr (Gesunde Nahrung für alle)
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Bevölkerung und Gesundheit – Wie 9 Milliarden Menschen auf der
Erde leben können
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© Jürgen Paeger 2006 – 2020