Strategien für die Zukunft
Ein grüner Planet Erde
Die Funktionsfähigkeit natürlicher
Ökosysteme erhalten
Funktionsfähige Ökosysteme sind das
"Lebenserhaltungssystem" der Erde. Sie versorgen uns mit sauberer
Luft und sauberem Wasser und sind damit die Grundlage unseres
Lebens. Auch unser Wohlbefinden und unser wirtschaftlicher Wohlstand
hängen von natürlichen Ökosystemen ab. Dennoch haben wir diese in
großem Ausmaß zerstört. Daher geht es in Zukunft darum, die
Funktionsfähigkeit der verbliebenen natürlichen Ökosysteme zu
schützen und die zerstörter Ökosysteme wiederherzustellen.
Naturnaher Nadelwald im
Waterton Lakes National Park, Kanada: Wälder sind unter anderem
wichtige Wasser- und Kohlenstoffspeicher, sie schützen insbesondere
an steilen Berghängen den Boden vor Erosion und produzieren
Sauerstoff. Der Aufenthalt in Wäldern ist zudem für viele Menschen
erholsam und inspirierend. Foto: Jürgen Paeger.
Die Zukunft der Ökosysteme
Dass es auf der Erde höheres Leben als einzellige Bakterien gibt,
ist eine Folge des >> Lebens
selbst: Erst der von einzelligen Cyanobakterien produzierte
Sauerstoff machte >> die
Entwicklung höheren Lebens möglich. Damit begann eine
Geschichte, die bis heute anhält: über die gesamte Geschichte des
Lebens erwiesen sich die Ökosysteme als "Lebenserhaltungssysteme",
die dafür sorgten, dass das Leben auf der Erde auch bei erheblichen
Veränderungen – etwa >> globalen
Vereisungen – erhalten blieb. Aber mit der >> industriellen
Revolution hat der Mensch (ungewollt) begonnen, die
Funktionsfähigkeit der natürlichen Ökosysteme in >> globalem
Maßstab zu beeinträchtigen. So nutzen wir bereits >> über 40
Prozent der biologischen Produktion der Erde für uns. Das hat
Folgen: Die Vernichtung von Lebensraum ist die wichtigste Ursache
für den Verlust an biologischer Vielfalt und die wichtigste
Gefährdung der Fähigkeit natürlicher Ökosysteme, ihre für uns
lebenswichtigen Dienstleistungen zu erbringen. Der Schutz von
Ökosystemen kollidiert oft mit kurzfristigen wirtschaftlichen
Interessen, mittel- und langfristig gehen aber unverzichtbare oder
technisch nur viel teurer zu erzeugende Dienstleistungen (>>
hier) verloren. Auch unser wirtschaftlicher Wohlstand kann
ohne funktionsfähige natürliche Ökosysteme – das "natürliche
Kapital" – nicht langfristig aufrechterhalten werden. Denken wir nur
an den Wasserbedarf auch in Landwirtschaft und Industrie.
Geradezu ein Lehrbuchbeispiel für die Wirtschaftlichkeit
ökologischer Dienstleistungen ist die Wasserversorgung der
Stadt New York: Als New York im Jahr 1989 die Grenzwerte
für Trinkwasser kaum noch einhalten konnte, hätte die Stadt für
sechs bis acht Milliarden Dollar eine riesige
Trinkwasseraufbereitungsanlage bauen können, der Betrieb jedes Jahr
viele Millionen Dollar gekostet hätte. Die Stadt entschied sich
stattdessen für Maßnahmen zu Schutz ihres Wassereinzugsgebietes:
Flussläufe und Trinkwassergewinnungsgebiete wurden mit Zäunen vor
Rindern geschützt; die Verwendung von chemischen Düngern und
Pestiziden eingeschränkt; Häuser außerhalb der Orte zur
Abwasserbehandlung gezwungen. Die Maßnahmen und Entschädigungen
kosteten 1,5 Milliarden Dollar, die Investition in die
Aufbereitungsanlage wurde unnötig. (Die Fehlentwicklungen im
Wassereinzugsgebiet von vornherein zu verhindern, hätte noch weniger
gekostet...)
Die Lebenserhaltungssysteme
der Erde werden auch mit dem Menschen fertig werden: Tatsächlich
geht es beim "Umweltschutz" weniger um den Schutz von "Mutter Erde",
sondern um den Erhalt der Grundlagen für das menschliche
Wohlbefinden und unseren (wie auch immer definierten) Wohlstand.
Die Erde braucht den Menschen nicht, wohl aber der Mensch die Erde.
Ein Maß für die Gesundheit und Funktionsfähigkeit von Ökosystemen
ist die Vielfalt und Vielzahl
von Tieren, Pflanzen, Pilzen und anderen Lebewesen. Die Vielfalt –
die >> Biodiversität – und
die Vielzahl sind sozusagen der Motor der Ökosysteme: Die Vielfalt
bestimmt, was der Motor alles kann, die Vielfalt, wie schnell er
läuft (siehe Anm.).
Die Untersuchung vier verschiedener Zukunftsszenarien im Rahmen
des
Millennium Ecosystem Assessments zeigte: Die zukünftige
Funktionsfähigkeit von Ökosystemen wird umso leichter zu erhalten
sein, je besser wir verstehen und berücksichtigen, dass
- Ökosysteme wertvolle Dienstleistungen
erbringen, von denen unser Überleben und unsere Wirtschaft
abhängen und die daher auch einen finanziellen Wert
haben (der bisher bei Investitionsentscheidungen oder bei der
Erteilung von Genehmigungen nicht berücksichtigt wird),
Beispiele für Dienstleistungen von Ökosystemen
Speicherung des Treibhausgases Kohlendioxid: Pflanzen
nehmen während des Wachstums Kohlendioxid auf und bauen den
Kohlenstoff in pflanzliche Strukturen ein. Bei der Nutzung als Bau-
oder Möbelholz wird dieser der Atmosphäre entzogen, bei der
Verbrennung anstelle fossiler Brennstoffe die Freisetzung geologisch
gespeicherten Kohlendioxids verhindert.
Sauberes Trinkwasser: Wasser wird von Pflanzen,
im Boden und von Mikroorganismen gereinigt.
Billigere Wasserkraft: Wälder im
Wassereinzugsgebiet von Staudämmen bremsen die Verlandung von
Stauseen.
Schutz vor Überschwemmungen und Erdrutschen: Die
Vegetation an Berghängen schützt den Boden vor Abrutschen, Auwälder
in Flusstälern schützen vor Überschwemmungen.
Bestäubung von Obst- und Gemüsepflanzen: Obstbäume
werden von Bienen bestäubt, ebenso viele andere Kulturpflanzen –
eine Welt ohne Bienen wäre ärmer.
Traumziele für den Urlaub ...
- biologische Vielfalt und Lebensräume eine Vorsorge für
unvorhergesehene Anforderungen in der Zukunft darstellen, die die
Widerstands- und Anpassungsfähigkeit natürlicher Ökosysteme
erhöhen (siehe auch >>
hier),
- biologische Vielfalt ein Wert an sich ist: Nicht nur Menschen
haben ein Recht, auf der Erde zu leben, sondern auch alle anderen
Arten – selbst wenn wir ihren Wert nicht kennen.
Bei der Auswertung der Szenarien zeigte sich, dass analog zur
Erfahrung der Stadt New York der vorbeugende Schutz von
Ökosystemen effektiver ist als die Reaktion auf bereits
aufgetretene Probleme. Die beiden untersuchten proaktiven Szenarien
unterschieden sich kaum in den Auswirkungen auf die biologische
Vielfalt, aber auf andere Bereiche: Das Szenario “TechnoGarden”,
das auf das regionale Management von Ökosystemen in der Größe von Wassereinzugsgebieten durch Fachleute setzte,
erreichte höheren materiellen Wohlstand auf Kosten sozialer
Beziehungen (und daraus folgend etwas weniger Sicherheit); das
Szenario “Adapting Mosaic”, das auf die Schulung und
Einbindung der örtlichen Bevölkerung setzte, erreichte weniger
materiellen Wohlstand, aber gute soziale Beziehungen:
Auswirkungen verschiedener
Szenarien zum Schutz von Ökosystemen auf die Gesellschaft:
Je weiter außen die Linie in dem Bewertungsrahmen liegt,
desto positiver die Auswirkung.
Deutlich wird, dass das Szenario “Adapting Mosaic” (siehe
Text oben) bessere soziale
Beziehungen hervorbringt, das Szenario “TechnoGarden”
dagegen mehr materiellen
Wohlstand. Abbildung aus Millennium Ecosystem Assessment:
Biodiversity Synthesis,
eigene Übersetzung.
Welches Szenario also “besser” ist, hängt von unseren
gesellschaftlichen Vorstellungen von zukünftigem Wohlstand ab
(>> Eine
neue Definition von Reichtum und Lebensqualität).
Ökosysteme dauerhaft sichern
Die klassische – und angesichts des zunehmenden Nutzungsdrucks
durch die zahlenmäßig weiter zunehmende und immer anspruchsvoller
werdende Menschheit weiterhin unverzichtbare – Strategie zum Schutz
der biologischen Vielfalt und der Vielzahl von Lebewesen, ist der
Schutz gefährdeter Arten in Schutzgebieten.
Insbesondere große, bekannte Arten wie Tiger und Panda übernahmen
dabei die Funktion von “Paten” für gefährdete Lebensräume, in denen
auch andere Arten überleben können. Artenvielfalt schützt Ökosysteme
bei Veränderungen: Ändern sich die äußeren Bedingungen, ist bei
großer Artenvielfalt die Chance viel höher, dass es Arten gibt, die
mit den geänderten Bedingungen zurechtkommen und ökologische Rollen
innerhalb des Ökosystems weiterhin ausfüllen können. Ist die
Artenvielfalt dagegen verringert (sog. "vereinfachte Ökosysteme"),
ist diese Chance viel kleiner.
Verbesserung und Ausweitung des Systems von Schutzgebieten
Ohne Gebiete, in denen der Schutz von Lebensräumen und Arten
Vorrang vor allen anderen möglichen Nutzungen hat, wird es zumindest
solange nicht gehen, bis wir flächendeckend eine naturverträgliche
Wirtschafts- und Lebensweise entwickelt haben. Heute sind etwa 10
Prozent der Landfläche als Schutzgebiete ausgewiesen – trotz großer
Anstrengungen sind aber viele dieser Schutzgebiete das Papier kaum
wert, auf dem sie ausgewiesen sind. Indonesien etwa besitzt die
weltweit zweitgrößten geschützten Waldgebiete, in denen große
Holzkonzerne trotzdem kräftig abholzen – Indonesien gehört auch zu
den weltweit korruptesten Ländern. Die Schutzgebiete müssen soweit
gestärkt werden, dass sie ihrer Aufgabe – Lebensräume und Arten zu
schützen – auch tatsächlich nachkommen können. Dies schließt eine
Nutzung durch den Menschen nicht aus, solange diese den Schutzzweck
nicht gefährdet (nebenbei: gerade dadurch können die Schutzgebiete
zu Räumen werden, in denen Modelle wirklich zukunftsfähigen
Wirtschaftens und Lebens erprobt werden).
Die bestehenden Schutzgebiete reichen jedoch selbst bei bestem
Schutz nicht aus, die wichtigsten Lebensräume und die heutige
biologische Vielfalt zu erhalten. Eine Ausweitung der Schutzgebiete
ist daher erforderlich. Am wichtigsten ist dabei:
- Der Schutz der verbliebenen Großlandschaften, die bisher vom
Menschen noch nicht flächendeckend zerstört wurden. Nach Angaben
der Naturschutzorganisation Conservation International sind dies:
- das Amazonas-Gebiet
- der Kongo-Regenwald in Zentralafrika
- Neuguinea
- die nordamerikanischen Wüsten (im Südwesten der USA und
Nordmexiko)
- die Miombo-Mopane-Wälder und Savannen Südafrikas,
- Die globalen hotspots der Artenvielfalt (>>
mehr), jene Gebiete mit hoher Artenvielfalt, in denen die
natürliche Vegetation bereits erheblich reduziert wurde: Wenn die
Vernichtung von Lebensräumen hier nicht gebremst wird, trägt die
Zerstörung dieser Gebiete in besonderem Umfang zum Verlust an
Biodiversität bei,
Das Konzept der “hotspots” geht auf die Naturschutzorganisation
Conservation International (CI) zurück. Daneben gibt es andere
Konzepte: Die Organisation Wildlife Conservation Society (WCS, www.wcs.org), deren Schwerpunkt
der Tierschutz ist, schlägt 568 der ursprünglichsten Naturregionen
als Schwerpunkt vor, während der World Wide Fund for Nature (WWF,
) eine Initiative “Global 200” initiiert hat, die 238 Ökoregionen
aufführt (Weblink am Ende dieser Seite).
Die Hotspots der Artenvielfalt
nach Angaben von Conservation International. Eigene Abbildung.
- Schutz der Urwälder und alter Waldbestände auch außerhalb der
artenreichen Tropen und der hotspots,
- Schutz der Seen, Flüsse und anderer Feuchtgebiete: Diese sind
auch außerhalb der hotspots oft besonders artenreich und spielen
eine wichtige Rolle im >>
Wasserkreislauf der Erde,
- Schutz der Korallenriffe als der artenreichsten und am stärksten
gefährdeten Meeresökosysteme.
Wie groß Schutzgebiete sein müssen und wie groß der Anteil
geschützter Fläche insgesamt sein sollte, um eine wirkungsvollen
Schutz der Ökosysteme und ihrer Arten sicherstellen zu können, ist
von Region zu Region unterschiedlich. Neben der Ausweitung von
Schutzgebieten kommt es auch darauf an, die bestehenden
Schutzgebiete durch Korridore naturnaher Gebiete miteinander zu
verbinden: Nur so ist sichergestellt, dass diese nicht zu “Inseln”
in einer lebensfeindlichen Umwelt werden, sondern das Lebewesen zu-
und abwandern können und auf diese Weise von Zeit zu Zeit eine
genetische “Auffrischung” stattfindet. Ihre Bedeutung nimmt durch
den Klimawandel noch zu: Nur durch Korridore können Tiere und
Pflanzen gegebenenfalls in andere Lebensräume “ausweichen”.
Neben den Schutzgebieten auf dem Land brauchen wir >> Meeresschutzgebiete,
die unter anderem die Folgen der >>
Überfischung der Weltmeere mildern.
Naturschutz muss sich lohnen
Der Schutz dieser Ökosysteme trifft insbesondere in tropischen
Ländern auf politischen Widerstand: Warum, so fragen sich dort
viele, wollen die Industrieländer, die ihre natürlichen Lebensräume
weitgehend vernichtet haben und damit reich geworden sind, nun
ausgerechnet bei uns die Natur schützen? Viele dieser Staaten sehen
etwa ihren Wald denn auch eher als Einkommensquelle und nicht als
künftiges Naturschutzgebiet. Oft werden die Wälder aber auch von
armen Menschen gerodet, die Acker- oder Weideland zum Überleben
brauchen. Die Schutzstrategien für die Ökosysteme muss daher einen
Gegenwert für die Menschen einschließen, die nahe am Wald leben –
sei es, dass sie auf traditionelle Weise Nahrung und Arzneipflanzen
nutzten und auch verkaufen dürfen, sei es, dass sie als bezahlte
Naturführer arbeiten können oder ihnen Eintrittsgelder aus
Schutzgebieten zukommen. Aus diesem Grund müssen die
Schutzstrategien unbedingt gemeinsam mit Fachkräften vor Ort
erarbeitet werden, die mit den politischen, religiösen und
kulturellen Bedingungen vor Ort vertraut sind.
Aber auch die Industrieländer können
einiges tun, um armen Ländern etwa den Erhalt von Wäldern zu
erleichtern: Wälder stellen Senken für das Treibhausgas Kohlendioxid
dar; die Rodung setzt dieses Treibhausgas frei. Wenn
Entwicklungsländer in den Handel mit Lizenzen für
Kohlendioxid-Emissionen einbezogen würden, gäbe dieses Anreize für
die Erhaltung der Wälder. Ein anderer Ansatz ist die Förderung des
Ökotourismus: Gerade Regionen mit hoher Artenvielfalt wie
Tropenwälder, Korallenriffe oder Feuchtgebiete sind oft auch als
Reiseziele interessant.
Ökosysteme, Wirtschaft und Lebensweise
Ökosystemare Dienstleistungen werden aber nicht nur in
Schutzgebieten gebraucht: Es reicht also nicht aus, dort bedrohte
Arten zu schützen – vielmehr muss die Funktionsfähigkeit von
Ökosystemen auch außerhalb von Schutzgebieten erhalten – und ggf.
wiederhergestellt – werden. Eine besondere Rolle spielen dabei wegen
ihres hohen Anteils an der Flächennutzung Land- und Forstwirtschaft
sowie die Fischerei. Aber auch darüber hinaus tragen zukunftsfähige
Wirtschafts- und Konsumweisen auch zum Erhalt der Ökosysteme und
Artenvielfalt bei.
Die Landwirtschaft hat in den vergangenen
Jahrzehnten vor allem auf die Ertragssteigerung mit wenigen
besonders ertragreichen Sorten gesetzt (>>
Industrielle Landwirtschaft). Diese Strategie hat den Vorteil,
dass damit die Nutzung von natürlichen Ökosystemen beschränkt wird.
Andererseits hat sie aber zu einer Abnahme der Vielfalt sowohl bei
Nutz- wie bei Wildpflanzen geführt. Eine zukunftsfähige
Landwirtschaft (siehe >> hier)
setzt auf eine größere Vielfalt von Nutzpflanzen und reduziert den
Dünger- und Chemikalieneinsatz; beides ein Beitrag zur biologischen
Vielfalt auch der Wildpflanzen. Dieser positive Beitrag kann durch
gezielte Programme zum Artenschutz (etwa dem Schutz der artenreichen
Ackerrandstreifen) weiter verstärkt werden.
Ebenso stellt eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder
insbesondere in den Tropen eine Chance für die Artenvielfalt dar,
zumal eine vielfältige Nutzung von Nahrungsmitteln und
Arzneipflanzen oftmals der lokalen Bevölkerung höhere und
dauerhaftere Einnahmen verschafft als eine Rodung. In den Weltmeeren
ist die Fischerei verantwortlich für einen großen
Teil der Abnahme der biologischen Vielfalt, und diese >> Überfischung
ist nur mit öffentlichen Subventionen überhaupt lohnend.
Zugleich führen diese dazu, dass die Küstenfischerei, ein wichtige
Nahrungsquelle in armen Ländern, immer schwieriger wird. Diese
Subventionen sind ein Musterbeispiel für Subventionen, die mit
Gewinn eingespart werden können.
Achtung – Etikettenschwindel!
In den Weltmeeren gibt es zahlreiche Modellversuche zur
Wiederherstellung von Ökosystemen – insbesondere das Anlegen künstlicher
Riffe. In vielen Fällen verbirgt sich dahinter nichts
anderes als eine wohlklingende Bezeichnung für Abfallbeseitigung: Im
Golf von Mexiko wurden beispielsweise ausgediente Kampfpanzer der
US-Army versenkt, auch ausgediente New Yorker U-Bahn-Waggons wurden
hierzu genutzt, ebenso wie alte Autobahnbrücken. Argumentiert wird
gerne mit dem Fischreichtum, den Taucher mitunter an alten
Schiffswracks antreffen (wobei auch nach langer Forschung nicht
geklärt ist, ob sich hier nicht nur ohnehin vorhandene Fische
ansammeln, Vielfalt und Vielzahl also in Wirklichkeit gar nicht
zunehmen). Im Unterschied zu natürlichen Riffen zerfallen diese
künstlichen Riffe aber nach einiger Zeit, und dann ist der
Meeresboden weiträumig mit Abfall übersäht.
Eine echte Wiederherstellung von Ökosystemen beruht
daher immer auf der Förderung natürlicher Prozesse – man kann
beispielsweise die Entstehung von Austernbänken beschleunigen, indem
man Austern verpflanzt (so geschehen in der nordamerikanischen
Delaware Bay) oder Mangroven neu pflanzen. Mitunter ist es auch
ausreichend, zerstörerische Nutzungsformen zu beenden – wenn die
Ökosysteme nicht bereits irreparabel geschädigt sind, regenerieren
sie sich von alleine.
Nachhaltige Wirtschafts- und Konsumweisen tragen
das ihre zum Erhalt der Artenvielfalt bei: Eine langsamer wachsende
(und in ferner Zukunft gar wieder zurückgehende) Weltbevölkerung
lindert den Druck auf Flächenumwandlung, um Nahrungsmittel anzubauen
und Rohstoffe zu gewinnen; eine wesentlich rohstoffeffizienter
Wirtschaft reduziert ebenfalls die Vernichtung natürlicher
Lebensräume durch den Abbau von Rohstoffen. Ein sorgsamer Umgang mit
Wasser vermindert den Druck auf Flüsse, Seen und Feuchtgebiete durch
Wasserentnahme und Wasserverschmutzung, ein sparsamer Umgang mit
Energie und der Ersatz fossiler durch erneuerbarer Energien mindert
den Klimawandel (siehe Kasten).
Webtipp: Strategien zur wirtschaftlichen
Anerkennung ökosystemarer Dienstleistungen entwickelt das >> Natural Capital
Project von Universität Stanford, WWF und Nature Conservancy
(englischsprachig).
Webtipps
>> WWF Deutschland:
Webseite der deutschen Sektion des World Wide Fund for Nature, eine
der größten Naturschutzorganisationen
>> Der NABU
(Naturschutzbund Deutschland e.V.) ist eine wichtige, aus dem Bund
für Vogelschutz hervorgegangene deutsche Naturschutzorganisation
>> Green
Facts on Biodiversity: Übersichtliche Zusammenfassung des
Millennium Ecosystem Assessment (siehe unten), der auch Strategien
zum Schutz der Ökosysteme umfasst (englischsprachig)
>> Millennium
Ecosystem Assessmant: Alle Materialien der bisher größten
internationalen Studie über die globalen Ökosysteme als
Lebensgrundlage für den Menschen zum Download (englischsprachig)
>> Conservation
International: Webseite einer großen amerikanischen
Naturschutzorganisation (englischsprachig)
>>
Biodiversity Hotspots: Webseite der internationalen
Naturschutzorganisation Conservation International zu den Hotspots
zum Schutz der biologischen Vielfalt (englischsprachig)
>> Global 200
Ecoregions: Webseite des WWF und der National Geographic
Society, die diese Regionen im Detail darstellen (englischsprachig).
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Wirtschaften auf einem endlichen Planeten – Eine neue
Definition von Reichtum und Lebensqualität
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