Das Leben
Die Geschichte des Lebens auf der Erde – 1
Vom Zeitalter der Einzeller bis zu den
Ediacara-Organismen
Dickinsonia cristata
lebte vor 560 bis 540 Millionen Jahren und ist damit einer der
ältesten fossil erhaltenen Vielzeller. Er gehört zu den >> Ediacara-Organismen.
Abbildung: Smith609 in >>
wikipedia (abgerufen 19.7.2008), Lizenz cc-by-2.5.
Nachdem die Erde entstanden war (mehr: >> Die
Entstehung von Sonne und Erde), wurde sie intensiv von anderen
Himmelskörpern bombardiert. Die damit einhergehende Hitzeentwicklung
dürfte die Erde regelrecht sterilisiert haben – in der >>
geologischen Zeitskala hat dieses Zeitalter den schönen Namen
Hadaikum; das Wort leitet sich vom Hades
ab, der griechischen Unterwelt. In dieser Zeit entstand eine erste,
aber noch nicht beständige Basaltkruste, der erste Urozean und
später die ersten Proto-Kontinente aus Granit, die Vorläufer der
späteren Kontinente (diese Geschichte ist auf der Seite >> Planet Erde beschrieben). Über das Klima des
Hadaikums wird noch gerätselt: Die Sonne war nämlich damals deutlich
schwächer als heute (>>
Klimageschichte), und nach dem Ende der Aufheizung der Erde
durch die Einschläge von Himmelskörpern hat möglicherweise ein hoher
Anteil der Treibhausgase Methan und Kohlendioxid in der frühen
Atmosphäre ihr Auskühlen verhindert.
Das folgende Zeitalter der Erdgeschichte ist das vor 4 Milliarden
Jahren beginnende Archaikum, die „Erd-Antike“. Die
intensiven Meteoriten-Einschläge des >> Großen
Bombardements gingen vorüber; in dieser Zeit entstanden die
alten Kontinentalschilde – und wenn das Leben nicht bereits im
Hadaikum entstanden ist, ging es jetzt möglicherweise recht schnell.
Organismen, die heute an den Schlammlöchern des Yellowstone
Nationalparks, nahe den Kaminen des Ätna oder an kochenden
Tiefseeschloten von Schwefel leben, stehen dem Ursprung des Lebens
vermutlich sehr nahe; sie zeigen, dass das Leben bereits in einer
beinahe kochenden Umwelt entstanden sein könnte. Leben gab es
möglicherweise schon vor 3,8 Milliarden Jahren, fast sicher aber
seit 3,3 Milliarden Jahren (siehe hierzu die Seite >> Die
Entstehung des Lebens). Die ersten drei Milliarden Jahre blieb
das Leben dem Ozean (einschließlich der Gesteine unter dem Ozean)
vorbehalten.
Bakterien verändern die Welt
– der
Great Oxidation Event
Bereits die ersten Lebensformen veränderten die Welt.
Möglicherweise spielten die ersten Bakterien bereits eine zentrale
Rolle bei der Entstehung der Kontinente (mehr dazu >>
hier). Aber selbst wenn diese Hypothese nicht zutreffen
sollte: spätestens, als die Cyanobakterien die Fotosynthese erfanden
(>>
hier), begann eine Entwicklung, die die Erde tief greifend
verändern sollte: Aus einem unwirtlichen, nur für einfache
Lebensformen geeigneten Planeten wurde mit der Zeit der Planet, den
wir heute kennen. Auslöser war der Sauerstoff, ein „Abfall“ der
Fotosynthese: Vor rund 2,5 Milliarden Jahren stieg
der Sauerstoffgehalt in der Luft offenbar deutlich an, auf etwa ein
Prozent des heutigen Werts – ein Ereignis, das als "Great
Oxidation Event", auf Deutsch auch als "Große
Sauerstoffkatastrophe", bezeichnet wird. Das stürzte die Erde in
eine Krise und bedeutete das Ende des Archaikums – zum Segen wurde
der Sauerstoff erst >> später.
Den Anstieg des Sauerstoffgehalts in der Luft vor 2,5 Milliarden
Jahren zeigen die Gesteine – in älteren Gesteinen finden sich
Minerale, die von Sauerstoff leicht oxidiert worden wären; in
jüngeren Gesteinen dagegen oxidierte Minerale. Einen weiteren
Hinweis gibt die "massenunabhängige Fraktionierung" von
Schwefelverbindungen – Schwefelisotope
reagieren in fast allen chemischen und biologischen Reaktionen
abhängig von ihrer Masse, werden also "massenabhängig fraktioniert".
Zu den Ausnahmen gehört die Reaktion mit UV-Strahlung. Bis vor 2,45
Milliarden Jahren gab es in Gesteinen einen Anteil an
Schwefelverbindungen, der keine Anzeichen von massenabhängiger
Fraktionierung zeigt, also massenunabhängig reagierte – vermutlich
mit der UV-Strahlung, die vor Ausbildung einer Ozonschicht
ungebremst bis an die Erdoberfläche gelangte. Erst als der
Sauerstoff-Gehalt in der Luft stieg, bildete sich die >>
Ozonschicht in der Stratosphäre, die die Erde heute vor der
UV-Strahlung schützt – und beendete die massenunabhängige
Fraktionierung von Schwefel.
Zuvor gab es Sauerstoff in der Erdatmosphäre nur in Spuren: Er
entstand, wenn in den oberen Schichten der Atmosphäre Wasser durch
UV-Strahlung gespalten wurde. Das leichtere Wasserstoff konnte der
Erdanziehung entkommen und verschwand in das Weltall; Sauerstoff
blieb als Sauerstoffmolekül solange in der Atmosphäre, bis es
entweder von einem der frühen Lebewesen, die bereits >> die
Zellatmung beherrschten, oder mit einem – zumeist – Eisenatom
im Ozean oder im Boden reagierte und Eisenoxid bildete. (Dieser
Prozess lief auch auf dem Mars ab, auf dem durch die geringere
Schwerkraft viel mehr Wasserstoff verloren ging – dem Eisenoxid
verdankt er seine rostrote Farbe, die aber nur eine dünne Schicht
ist.) Auch Lebewesen könnten schon vor der Erfindung der
Photosynthese Sauerstoff produziert haben; so gibt es etwa
Mikroorganismen, die Sauerstoff aus Stickoxiden freisetzen können.
Da Stickoxide in der Frühzeit aber nur in kleinen Mengen in
Gewittern entstanden, dürfte die Menge ebenfalls gering gewesen
sein.
Erster Anstieg des Sauerstoffgehalts
Vor mehr als 3 Milliarden Jahren nahm die
Produktion an Sauerstoff in der Atmosphäre jedoch bereits zu: Das
Chrom-Isotop 53Cr löst sich leichter als das Isotop 52Cr, wenn es
oxidiert ist – und in Festlandsböden geht sein Anteil vor gut 3
Milliarden Jahren zurück, während er marinen Sedimenten ansteigt. Es
wird offenbar seither leichter ausgewaschen, was daran liegen
dürfte, dass bereits so viel Sauerstoff in der Atmosphäre war, dass
Chrom oxidiert wurde (80).
Damit dürften es Cyanobakterien, die bei der Fotosynthese Sauerstoff
produzieren, lange vor den ältesten bekannten fossilen
Cyanobakterien, die 2,7 Milliarden Jahre alt sind (siehe >> hier), gegeben haben. Diese
Cyanobakterien dürften in flachen Stellen der Urozeane schleimige
Matten gebildet haben, wie man sie heute noch in salzigen
Tropenlagunen finden kann.
Solche Matten wachsen, in der schleimigen Hülle werden Staub- und
Tonpartikel eingefangen, und im Laufe der Zeit entstanden unter
ihnen knollenförmige steinerne Blöcke – die Stromatolithen.
Stromatolithen, die ältesten allgemein anerkannten Fossilien, wurden
über die ganze Erde verteilt gefunden. Ob diese bereits in frühesten
Zeiten ihre Energie aus der Photosynthese bezogen haben, ist
naheliegend, aber nicht bewiesen. Aber seit in in der
westaustralischen Shark Bay lebende Stromatolithen gefunden wurden,
weiß man, dass diese das wohl erste Ökosystem der Erde waren: Unter
den Cyanobakterien der Außenseite leben Bakterien, die die
Abfallprodukte der oberen Schicht durch Gärung zur Energiegewinnung
nutzen, und die Staub- und Tonpartikel liefern notwendige
Mineralstoffe. Kooperation und Koexistenz prägten das Leben in
seiner frühen Phase. Heute sind Stromatolithen sehr selten, neben
den australischen Vorkommen wurden sie auch in der Baja California
(Mexiko) und um die Bahamas entdeckt. Sie sollten zum Opfer ihres
eigenen Erfolges werden: Durch den von ihnen bereits vor mehr als 3
Milliarden Jahren erzeugten Sauerstoff konnten Tiere entstehen (mehr
dazu >> hier),
die sie heute meistens abfressen. Nur in wenigen heißen, salzreichen
Lebensräumen, die diese Tiere fernhalten, konnten sie überleben.
Zuvor aber, nach der Erfindung der Fotosynthese, dominierten
die Stromatolithen das Leben auf der Erde. Aus dem
Archaikum sind bisher 21 Stromatolithen-Fundorte bekannt. Vor 2,6
Milliarden Jahren nahm ihre Häufigkeit zu, und nachdem sie vor 2,2
Milliarden Jahren eine – womöglich durch den von ihnen produzierten
Sauerstoff mit ausgelöste – >> Eiszeit
überstanden hatten, profitierten die Cyanobakterien von der
steigenden Konzentration an Kohlendioxid in der Atmosphäre, die die
Eiszeit beendete; vor zwei Milliarden Jahren bildeten Stromatolithen
jedenfalls ganze Wälder oder Riffe, die sich über viele hundert
Kilometer erstreckten und bis zu hundert Meter hoch waren. Sie
lebten im flachen Wasser, nie in der Tiefsee – auch dies deutet
darauf hin, dass die Fotosynthese sie mit Energie versorgte. Auch
wenn die Fotosynthese am Anfang nicht so wirkungsvoll gewesen sein
mag, wie sie heute ist: Angesichts der Ausdehnung der Stromatolithen
muss die von den Cyanobakterien produzierte Menge organischen
Materials bereits damals gigantisch gewesen sein.
Sauerstoff verändert die Erde
Damit entstanden aber auch große Mengen „Abfall“, nämlich
der freigesetzte Sauerstoff. Vor rund 2,5 Milliarden
Jahre erreichte der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre einen Wert,
der den Einfluss des Lebens unübersehbar machte – das Archaikum ging
zu Ende, es begann das nächste Erdzeitalter, das Proterozoikum
– das >> „Zeitalter der Einzeller“.
Als wichtigstes Zeugnis dieses Übergangs galten lange die mindestens
640 Milliarden Tonnen an Bändereisenerzen, die im
Zeitraum von vor 2,6 bis 1,8 Milliarden Jahren abgelagert wurden.
Bändereisenerze sind Sedimentgesteine; sie wurden als Sedimente aus
dem Meerwasser ausgefällt und kommen in nahezu jedem alten
Kontinentalschild vor (und sind heute eine überaus wichtige
Rohstoffquelle: Sie machen über 90 Prozent des wirtschaftlich
genutzten Eisenerzes aus.). Ihren Namen verdanken ihrem Aufbau aus
abwechselnden Schichten aus Eisenoxidmineralen und kieseligen
Sedimenten. In heutigem Meerwasser oxidiert Eisen sofort zu
unlöslichem >> dreiwertigem
Eisen; in sauerstofffreiem Wasser löst sich hingegen
zweiwertiges Eisen. Als sich in die Atmosphäre freigesetzter
Sauerstoff im Meerwasser löste, oxidierte er zweiwertiges Eisen zu
unlöslichem dreiwertigen Eisen (und die Schichtung könnte
Saisoneinflüsse der Sauerstoffproduktion wiederspiegeln). Diese
verbreitete Theorie hat aber Schönheitsfehler: Erstens entstanden
– wenn auch in geringem Ausmaß – Bändereisenerze schon vor 3,8
Milliarden Jahren, also bevor der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre
anstieg, und sind zweitens bestehen die meisten Eisenoxidminerale im
Bändereisenerz nicht aus reinen Eisenoxiden wie Hämatit. Eisen kann
offensichtlich auch durch andere biologische Prozesse ohne freien
Sauerstoff oxidiert werden, und diese Prozesse haben vermutlich auch
ihren Teil zur Entstehung der Erze beigetragen.
Dass der Sauerstoffgehalt in der
Atmosphäre aber spätestens beginnend vor 2,7 Millionen Jahren
anstieg, zeigte der heute an der Süddänischen Universität arbeitende
Geologe Donald Canfield: In einer sauerstofffreien Atmosphäre
entsteht auch kein Sulfat (oxidierter Schwefel), der frühe Ozean
wäre daher sulfatfrei gewesen. Schwefelbakterien, die Sulfat zu
Schwefelwasserstoff reduzieren, können daher auch erst vorkommen,
wenn es Sauerstoff in der Atmosphäre gibt. Schwefelbakterien bauen
aber einen überdurchschnittlich hohen Anteil des Isotops 32S in Schwefelwasserstoff
ein, so dass sich 34S im Meerwasser anreichert, wenn dort
Schwefelbakterien leben – und dies geschah erstmals vor 2,7
Millionen Jahren (81).
Zugleich entstanden auch Manganoxide und oxidierte Erze von Kupfer
und Nickel; Metalle wurden auch von den Lebewesen in ihrem
Stoffwechsel eingebaut (wo sie etwa als Katalysatoren biochemische
Reaktionen beschleunigen oder sogar erst ermöglichen), von wo aus
sie nach dem Absterben der Lebewesen auf den Meeresgrund sanken. Das
Meerwasser wurde so im Laufe der Zeit immer ärmer an Metallen, die
in Folge geologischer Vorgänge Erzlager in der Gesteinskruste
bildeten. (Das Leben, dass diese Metalle als Katalysatoren brauchte,
wurde in dieser Zeit immer besser darin, auch geringste Mengen an
Metallen aufzunehmen; eine Fähigkeit, die uns heute, da wir die in
geologischen Zeiträumen abgeschiedenen Metalle beim Bergbau wieder
freisetzen, mitunter zum Verhängnis wird, mehr dazu >> hier).
Aber nicht nur die Erzablagerungen veränderten
die Erdkruste; sauerstoffreiches Wasser, das tief in die Gesteine
andrang, löste und reagierte mit den Mineralen der Erdkruste. Die
Reaktionen mit Sauerstoff ließen eine große Zahl neuer Minerale
entstehen – es wird geschätzt, dass etwa zwei Drittel aller heute
vorkommenden gesteinsbildenden Minerale erst nach dem "Great
Oxidation Event" entstehen konnten (82),
also eine Konsequenz des Lebens auf der Erde sind. Da diese Gesteine
wiederum Lebensraum für Lebewesen boten und die Mineralien neue
Quellen geochemischer Energie, begann so eine noch kaum untersuchte
Ko-Evolution zwischen Mineralen, Gesteinen und Leben (mehr dazu
>> hier).
Immer mehr Sauerstoff
Der freigesetzte Sauerstoff veränderte vor
allem die Atmosphäre. Die Veränderung der Chemie des Meereswassers
dauerte viel länger – der Ozean besitzt die 250fache Masse der
Atmosphäre. Im Meerwasser gelöster Sauerstoff reagierte zudem
schnell mit den Eisenionen; das Wasser selber blieb lange arm an
gelöstem Sauerstoff. Einen weiteren, noch stärkeren Anstieg des
Sauerstoffgehalts in der Atmosphäre hat es vor 2,2 Milliarden Jahren
gegeben – auch an Land wurde das lösliche Eisen durch Regen aus
Böden ausgewaschen, bevor es größere Mengen an Sauerstoff in der
Luft gab; bei höherem Sauerstoffgehalt aber fest im Boden gebunden
– die Eisenmineralien oxidierten zu dem roten Eisenerz Hämatit
(Fe2O3), der die „Rotschichten“
in Sedimenten färbt. Diese tauchten erstmals vor 2,2 Milliarden
Jahren auf; und auch im Meer stieg der Anteil an S-34 noch einmal
deutlich an. Offenbar stieg vor 2,2 Milliarden Jahren der
Sauerstoffgehalt der Erdatmosphäre noch einmal deutlich an (auf 5
bis 18 Prozent des heutigen Gehalts).
Wodurch ist der Zunahme des Sauerstoffs vor 2,2 Milliarden Jahren
zu erklären? Vor 2,4 bis 2,2 Milliarden Jahren gab es eine >>
Eiszeit,
die fast die gesamte Erde umfasste und 35 Millionen Jahren dauerte.
Manche Autoren vermuten, dass auch hierfür das Leben verantwortlich
war: Durch den Sauerstoff in der Atmosphäre wäre das Treibhausgas
Methan oxydiert worden, und damit wäre die Erde abgekühlt. Wodurch
auch immer sie ausgelöst wurde, am Ende dieser Eiszeit dürften einer
plausiblen Hypothese zufolge die durch Gletschererosion ins Meer
getragenen Mineralien für einen Nährstoffschub gesorgt haben, der
zusammen mit einem steigenden Gehalt an Kohlendioxid in der
Atmosphäre durch Vulkanausbrüche zu einer Blüte der Cyanobakterien
und entsprechender Sauerstoffproduktion führte. Der höhere
Sauerstoffgehalt sollte zur Entstehung des nächsten großen Bereiches
heutigen Lebens führen: der Eukaryoten (mehr dazu >> hier).
Woher
kommt der Sauerstoff in der Luft?
Der Sauerstoff in der Atmosphäre, so steht es oben geschrieben, ist
das “Abfallprodukt” aus der Fotosynthese, deren Summenformel
(>> hier)
lautet:
Kohlendioxid (6 CO2) + Wasser (6 H2O) ->
Glucose (C6H12O6) + Sauerstoff
(6 O2).
Das ist auch richtig, aber nicht die ganze Wahrheit: Hatten wir
doch in der Darstellung der Entfaltung des Lebens (>> hier)
gesehen, dass die Zellatmung genau die entgegengesetzte Reaktion
ist:
Glucose (C6H12O6) + Sauerstoff
(6 O2) -> Kohlendioxid (6 CO2) +
Wasser (6 H2O).
Diese Zellatmung wird von fast allen Konsumenten in der
Nahrungskette (>>
hier) genutzt, um Nahrung abzubauen, und natürlich auch von
den Produzenten selbst. Wäre der Kreislauf perfekt, würde in der
Summe gar kein Sauerstoff übrig bleiben. Tatsächlich werden heute
99,99 Prozent des freigesetzten Sauerstoffs so wieder verbraucht.
Nur der kleine Rest von heute 0,01 Prozent – früher mag er größer
gewesen sein – hat über Hunderte von Millionen Jahren den
Sauerstoffgehalt der Luft erhöht. Dem entspricht eine organische
Masse, die in dieser Zeit nicht “verbrannt” wurde: Es ist der
organische Kohlenstoff, der in >>
fossilen Brennstoffen, aber vor allem auch und in viel
größeren Mengen in Gesteinen eingebaut wurde (mehr hierzu auf der
Seite >>
Kohlenstoffkreislauf).
Der weitaus größte Teil des bei
der Fotosynthese freigesetzten
Sauerstoffs wird bei der Zellatmung wieder verbraucht.
Nur ein
kleiner Teil des aus dem Fotosyntheseprodukt Glucose aufgebauten
organischen Materials wird nicht von “Konsumenten” genutzt, sondern
in geologische Prozesse eingebaut. Die entsprechende Menge
Sauerstoff verbleibt in der Atmosphäre. Eigene Abbildung.
Dass so viel organischer Kohlenstoff in die Gesteine
ging, ist in gewisser Weise ein Glück: Selbst wenn wir alle fossilen
Brennstoffe finden und verbrennen würden, würde der Sauerstoffgehalt
der Atmosphäre nur um ein paar Prozent sinken.
Sauerstoff rettete die Welt
Die Bedeutung dieser Anreicherung von Sauerstoff in der Atmosphäre
für das heutige Leben kann gar nicht überschätzt werden. Mit ihr
entstand eine oxidierende Stickstoff-Sauerstoff-Atmosphäre, die bis
heute die Lebensbedingungen auf der Erde bestimmt. Mit ihre wurden
der Himmel und die Meere blau – es ist der Sauerstoff in der Luft,
der kurzwellige Strahlung stärker bricht und damit für die Farbe des
Himmels verantwortlich ist (siehe >> hier);
die blaue Farbe des Meeres ist nicht anderes als eine Spiegelung des
Himmels. Wichtiger aber sind zwei andere Folgen des steigenden
Sauerstoffgehalts: Der freie Sauerstoff in der Atmosphäre reagierte
mit Wasserstoff in der Atmosphäre zu Wasser. Zuvor war der leichte
Wasserstoff, der bei der Spaltung von Wasser durch UV-Strahlung
entstand, ins Weltall entwichen; die Erde verlor damit Wasserstoff.
Auf Dauer hätte dieser Verlust ausgereicht, um die Erde fast allen
Wasserstoff und damit alles Wasser verlieren zu lassen; genau dies
ist auf Mars und Venus geschehen. Der Sauerstoff in der Atmosphäre
reduzierte diesen Verlust dramatisch; das Wasser bleibt in einer
"Kältefalle" gefangen – aufsteigende warme Luft kühlt ab, Wasser
kondensiert und fällt als Niederschlag zurück auf die Erde (>>
Der Wasserkreislauf der Erde).
Damit hat das Leben dafür gesorgt, dass der Erde das Schicksal von
Mars und Venus erspart blieb: auf der Erde gibt es Wasser, und das
Leben konnte weitergehen. Mit dem Sauerstoffgehalt von drei Prozent
wurde auch eine Schwelle erreicht, die zur Ausbildung einer
Ozonschicht in der Stratosphäre (siehe >> hier)
führte. Diese Ozonschicht schirmte kurzwellige, lebensfeindliche
UV-Strahlung der Sonne ab und ermöglichte damit später die
Entwicklung des Lebens an Land. Vor einer Milliarde Jahre begann der
Sauerstoffgehalt weiter zu steigen; das heutige Niveau war vor etwa
350 Millionen Jahren erreicht, seither beträgt der Sauerstoffgehalt
relativ konstant etwa 21 Prozent der Erdatmosphäre.
(Siehe auch: >>
Bohrung soll Sauerstoff-Rätsel lösen. Spiegel online
29.07.2007)
Sauerstoff erwies sich aber auch als entscheidend für das Leben,
wie wir es heute kennen: Aufgrund seines hohen >>
Redoxpotenzials liefert es viel Energie, die bei der >>
Zellatmung genutzt wird, ist
aber als Sauerstoffmolekül nicht so reaktiv, dass es sofort alle
organische Materie zerstören würde. Es ist also gewissermaßen der
ideale Stoff, um energiereiche, höhere Lebensformen hervorzubringen;
daher wird bei der Suche nach Leben im Weltall besonders auf das
Vorkommen von freiem Sauerstoff in der Atmosphäre anderer Planeten
geachtet.
Gab es wirklich eine "große Sauerstoffkatastrophe"?
Für heutige „anaerobe“ (in sauerstofffreier Umgebung wachsende)
Bakterien und Archaeen ist der sehr reaktionsfreudige Sauerstoff ein
Gift; viele Wissenschaftler glaubten daher lange und glauben
teilweise noch heute, dass das Leben für die unerschöpfliche
Energiequelle Fotosynthese einen hohen Preis zahlte: es vergiftete
seine Umwelt. Durch den Austausch genetischen Materials zwischen
verschiedenen Bakterien seien aber schließlich Formen entstanden,
die mit dem Sauerstoff zurechtgekommen sind, und ihn schließlich
sogar nutzen konnten – mit einer „Zellatmung“ genannten chemischen
Reaktion, die Zucker mit Hilfe von Sauerstoff „verbrennt“ und viel
Energie liefert.
Zwingende Belege für diese Vermutung gibt es jedoch nicht. Die
Erdatmosphäre enthielt ja auch vor den Cyanobakterien bereits Spuren
von Sauerstoff. Es gibt biochemische Hinweise, dass das Leben
bereits sehr früh lernte, diesen Sauerstoff mittels Zellatmung zur
Energiegewinnung zu nutzen – das Leben konnte mit diesem Gift
demnach schon immer umgehen. Die Sauerstoffempfindlichkeit heutiger
anaerober Organismen wäre nach dieser Hypothese erst später, als
diese sich an eine sauerstofffreie Atmosphäre anpassten, entstanden
(was uns zeigt, dass die Evolution nicht in jedem Fall zu neuen
Fähigkeiten führen muss, sie kann auch überflüssig gewordene
Fähigkeiten beseitigen – dies ist ein evolutionärer Vorteil, wenn
dadurch Ressourcen gespart werden). Eine Katastrophe für das Leben
auf der Erde wäre daher allenfalls der Beitrag gewesen, den der
Sauerstoff zur ersten großen >> Vereisung
der Erde leistete.
Das „Zeitalter der Einzeller“
Die aus Stromatolithen und anderen Bakterien sowie den Archaeen
gebildeten Lebensgemeinschaften dominierten die Erde sehr lange: Das
Proterozoikum dauerte von 2,6 Milliarden Jahre bis
543 Millionen Jahre vor unserer Zeit; also fast die Hälfte der
Erdgeschichte. Nachdem vor mehr als 2 Milliarden Jahren die >>
Eukaryoten entstanden waren, wurden
diese Gemeinschaften durch Algen ergänzt, die wie
die Cyanobakterien Sauerstoff erzeugten. Cyanobakterien und
sauerstoffproduzierende Algen veränderten nicht nur – wie oben
dargestellt – durch die Freisetzung von Sauerstoff die Welt, auch
ihre Welt wurde verändert. Während des Proterozoikums wurden die
Tage länger, denn die Drehung der Erde um ihre Achse verlangsamt
sich vor allem in Folge der Reibung durch die Gezeiten. Vor 400
Millionen Jahren betrug der Tag schon etwa 22 Stunden. >> Superkontinente bildeten
sich und zerbrachen; entsprechend gab es mal einen riesigen,
erdumspannenden Ozean, mal auch seichte Mittelmeere zwischen den
Kontinenten.
Der mit zunehmender Sauerstoffkonzentration ansteigende >> Sulfatgehalt im Meerwasser war gut für
Bakterien, die von Sulfat lebten (indem sie es zu Sulfid
reduzierten) – an den Küsten gab es während des Mesoproterozoikums
vor 1,6 bis 1 Milliarden Jahren große Mengen an grünen und purpurnen
Schwefelbakterien. (Der von ihnen produzierte Schwefelwasserstoffe
dürfte dafür gesorgt haben, dass die Erde damals nach faulen Eiern
gestunken haben dürfte.) Dass die Schwefelbakterien an den Küsten
lebten, hatte seinen Grund in dem nach dem Ausfall der Eisens bei
der Bildung der Bändereisenerze eisenarmen Wasser: Eisen ist
Bestandteil des Enzyms Nitrogenase, mit dem Mikroorganismen
Stickstoff zu Ammoniak reduzieren können – fehlte aber im offenen
Meer. An der Küste konnte es aber durch Molybdän ersetzt werden, das
sich in sauerstoffhaltigem Wasser löst – der Sauerstoffgehalt im
Wasser war lange Zeit nur in flachen Küstengewässern hoch genug, um
soviel Molybdän zu lösen, dass die Mikroorganismen Stickstoff
reduzieren konnten (83).
Mindestens ebenso einschneidend wie die
geologischen und ökologischen Umwälzungen scheint eine >> Serie von Eiszeiten während
des Proterozoikums gewesen zu sein: die „Schneeball-Erde“
vor 740 bis 580 Millionen Jahren. Nach dieser
Hypothese war zu dieser Zeit fast die ganze Erde mehrmals von Schnee
und Eis überzogen – und hätte vom Weltraum aus daher wie ein
Schneeball ausgesehen. Auch wenn noch umstritten ist, ob die
Eiszeiten wirklich so umfassend waren wie der „Schneeball“-Begriff
nahe legt: Das Klima der Erde kann offenbar schnell umschlagen, wie
auch spätere Eiszeiten beweisen; die Atmosphäre ist eng mit den
anderen Bestandteilen des Ökosystems Erde wie der Lithosphäre, den
Ozeanen und auch den Lebewesen verknüpft. Die Auswirkungen auf das
Leben hängen vom tatsächlichen Ausmaß der Vereisung ab – wäre die
Erde tatsächlich vollständig vereist gewesen, stellt sich die Frage,
wie insbesondere die Fotosynthese betreibenden Cyanobakterien und
Algen dieses überlebt haben. Hätten einige wenige bevorzugte
"Inseln" – etwa Regionen mit geothermaler Wärmentwicklung wie heute
im amerikanischen Yellowstone Nationalpark oder in Isand –
ausgereicht? Die Frage – wie auch die nach dem tatsächlichen Ausmaß
der Vereisung – ist noch offen.
Ein weiterer Anstieg des Sauerstoffgehalts
Mit dem Ende der "Schneeball-Erde"-Eiszeiten stieg der
Sauerstoff-Gehalt in der Luft noch einmal an, und erreichte
schließlich rund 15 Prozent – etwa drei Viertel des heutigen
Niveaus. Der Anstieg begann bereits nach dem Ende der Marinoischen
Eiszeit vor 650 Millionen Jahren und könnte mit
einem reichen Nährstoffangebot durch Verwitterung nach dem Ende der
Eiszeit zu tun haben; die Mikroben könnten, so eine gängige Theorie,
nach ihrem Absterben abgesunken sein; die Versenkung organischer
Materie und verstärkte Sedimentproduktion haben verhindert, dass
Sauerstoff zum Abbau verbraucht wurde. So könnten z.B. die
ausgedehnten Phosphorit-Vorkommen aus dieser Zeit entstanden sein
(heute ein wichtiges Ausgangsmaterial für Phosphor). Der
angestiegene Sauerstoffgehalt ermöglichte eine tief greifende
Veränderung der Biosphäre: Jetzt konnten sich komplexere,
vielzellige Organismen mit höherem Energiebedarf durchsetzen
(>>
mehr).
So gesehen, könnte der Schneeball Erde sogar die Entstehung
vielzelligen Lebens gefördert haben. Ob es so war, wissen wir nicht
– die ersten vielzelligen Organismen hatten weiche Körper, und sie
haben kaum fossile Spuren hinterlassen, anders als die
Cyanobakterien mit ihren auffälligen Stromatolithen und anders als
spätere Tiere mit Kalkgehäusen oder Skeletten.
Die Entstehung vielzelliger Organismen
Molekularbiologische Untersuchungen stützen heute die Theorie, dass
die heutigen Reiche der Pflanzen, Pilze und Tiere aus jeweils
eigenen einzelligen Vorläufern entstanden sind. Vielzellige
Organismen sind vermutlich aus Kolonien von Einzellern
hervorgegangen – eine Theorie, die auf den deutschen Zoologen Ernst
Haeckel (>> mehr)
zurückgeht. Als erstes
Die Entstehung von Pflanzen,
Tieren und Pilzen: Aus >> eukaryotischen
Einzellern entstanden – nach einer Aufspaltung in die
Einzeller, die Tiere (5) und Pilze (6) bilden sollten – kugelige
Algen (2) und vielzellige Urpilze (7) und Urtiere (9), aus denen die
heutigen Pflanzen (3), Pilze (8) und Tiere (10) hervorgingen. Eigene
Abbildung, teils nach GEOkompakt Nr. 23 “Evolution”, S. 76.
der heutigen Reiche entstanden wohl die Vorfahren der Pflanzen. Die
Pflanzen umfassen noch heute auch einzellige und
koloniebildende Arten, zu den letzteren gehört die Kugelalge Volvox.
Zu den Pflanzen gehören neben Grünalgen und den grünen Pflanzen auch
die etwa 5.000 Arten umfassenden Rotalgen, nicht aber die
Kieselalgen und Braunalgen. (Auch bei den Braunalgen hat sich
Vielzelligkeit entwickelt, etwa beim bis zu 100 Meter lang werdenden
Seetang. Systematisch gehören Kiesel- und Braunalgen zu den
“Chromalveolata”, eine der drei weiteren Gruppen, die neben
Pflanzen, Pilzen und Tieren die Eukaryoten ausmachen.) Die Pflanzen
überziehen heute große Teile der Landoberfläche mit einem grünen
Überzug und sind daher die Lebewesen, die das Angesicht der Erde am
deutlichsten bestimmen. Pilze sind enger mit
Tieren als mit Pflanzen verwandt; sie verwerten wie die Tiere
organische Substanz, bilden aber einen weit weniger komplexen Körper
aus. Als ursprüngliche Gruppe gelten die meist einzelligen
Töpfchenpilze, die sich über die Bildung begeißelter Sporen
ungeschlechtlich fortpflanzen können (“Geißeln” sind fadenartige
Gebilde, die bei Eukaryoten peitschenähnlich schlagen und der
Fortbewegung dienen). Die Töpfchenpilze sind vermutlich wie die
Tiere aus begeißelten Einzellern hervorgegangen. Aus dieser Gruppe
entstanden zahlreiche einzellige (etwa die Hefen) und vielzellige
Pilzgruppen (etwa die Schimmel- und Speisepilze). Der essbaren
Speise”pilz” stellt als sporenproduzierender Fruchtkörper nur einen
kleinen Teil des großteils unterirdisch wachsenden Pilzes dar. Das
unterirdische, fadenförmige “Mycel” ist eine Art ausgelagerter Darm
des Pilzes: Es durchbohrt die Nahrung und gibt Verdauungssäfte ab,
verdaut seine “Beute” also gleichsam vor Ort. In vielen Fällen lebt
der Pilz auch in Symbiose mit Pflanzenwurzeln, mit denen er
Nährstoffe austauscht; diese Gemeinschaft nennen die Biologen
“Mykorrhiza”. Mykorrhizen (so der Plural) sind ein wichtiger
Bestandteil vieler Ökosysteme. In anderen Regionen bilden Pilze
Symbiosen mit Algen oder Cyanobakterien: die Flechten. Flechten
können extreme Lebensräume besiedeln. Heute sind etwa 100.000
Pilzarten bekannt, ihre tatsächliche Zahl wird auf mindestens 1,5
Millionen Arten geschätzt (>>
mehr). Als möglicher Kandidat für den Vorläufer der Tiere
gelten die “Kragengeißeltierchen” (Choanoflagellaten), begeißelte
Einzeller, die den “Kragengeißelzellen” (Choanocyten) der Schwämme
ähneln – das sind die mit Geißeln versehenen Zellen, die den
Wasserstrom erzeugen, aus dem die Schwämme ihre Nahrung filtern. Die
Kragengeißelzellen wiederum können sich in alle anderen bei
Schwämmen vorkommenden Zelltypen umwandeln. (Schwammzellen verbinden
sich zudem spontan zu Zellansammlungen, wenn sie durch eine Sieb
gestrichen werden; aus den Ansammlungen wachsen vollständige neue
Schwämme heran.) Die Fähigkeit, dass sich die Zelltypen ineinander
umwandeln können, verliert sich später bei den Tieren, dafür
enstehen spezialisierte Gewebe und Organe. Die ersten echten,
vielzelligen Tiere könnten wie die heutigen Scheibentiere ausgesehen
haben. Scheibentiere bestehen aus drei Zellschichten: Oberseite,
zentrale Faserzellen und Unterseite. An der Unterseite lassen sich
mit
Zilien besetzte Zellen, die der Fortbewegung dienen, und
Fresszellen unterscheiden; daneben gibt es einen fünften Zelltyp,
aus denen diese Zellen allesamt entstehen können.
Wann ging das Leben an Land?
Nach weit verbreiteter Ansicht ging das Leben vor etwa
470 Millionen Jahren, im Silur, an Land (mehr dazu >> hier).
Molekularbiologen vermuten aber, dass die ersten Landpflanzen schon
vor 600 Millionen Jahren entstanden sein könnten. Da es dafür keine
fossilen Belege gibt, bleibt diese Vermutung umstritten. Inzwischen
wurden jedoch in China (Doushantuo-Lagerstätte) etwa 600 Millionen
Jahre alte Flechten gefunden – Flechten sind symbiotische Lebewesen,
die von einem Pilz und einer Alge oder einem Cyanobakterium gebildet
werden. Auch heute bilden Cyanobakterien grüne Krusten an Land, und
die Flechten von Doushantuo deuten an, dass bereits im Präkambrium
zumindest die Ränder der Meere von einer grünen Kruste umgeben
gewesen sind.
Die Ediacara-Organismen
Fossile Funde aus der Zeit nach den >> Schneeball-Eiszeiten
sind überhaupt erst seit 1947 bekannt; nach dem ersten Fundort, den
Ediacara Hills in den südaustralischen Flinders Mountains, werden
diese Organismen als Ediacara-Organismen bezeichnet. Viele
Wissenschaftler glauben, dass diese Organismen das Ergebnis der
Entwicklung waren, die nach dem Ende der Krise eingesetzt hat, die
der “Schneeball Erde” für das Leben bedeutet haben muss.
Es ist nicht klar, ob diese Organismen im heutigen Sinne Tiere oder
Pflanzen waren; einige Funde ähneln den heutigen Quallen. Häufiger
als solche schwebenden Arten waren aber auf den Meeresböden
verankerte Organismen, ähnlich den heutigen Seeanemonen. Offenbar
weideten diese Organismen noch nicht die Matten aus Cyanobakterien
und Algen ab – sie wären vermutlich in diesen Matten als fossile
Abdrücke erhalten geblieben. Die meisten der Organismen aus der
Ediacara-Zeit haben das Proterozoikum nicht überlebt; aber klar ist
mit diesen Funden, dass das Proterozoikum eigentlich einen falschen
Namen hat: Spätestens an seinem Ende war es kein Zeitalter der
Einzeller mehr. Ediacara-Organismen wurden seither in der ganzen
Welt gefunden; und 1997 wurde in China ein versteinerter Embryo in
580 Millionen Jahre altem Gestein gefunden: Ein Beleg für die
Existenz von Tieren in dieser Zeit. Auch
molekulare Uhren deuten darauf hin, dass die heutigen
Tierstämme bereits in der Zeit von 650 bis 600 Millionen Jahren vor
unserer Zeit entstanden sind. (Das wäre nach dem Ende der >> Marinoischen Eiszeit
gewesen; die Zeitangaben sind jedoch umstritten, da unklar ist, ob
die Mutationsrate im Präkambrium mit der späteren Mutationsrate
vergleichbar ist; wenn sie dies wäre, müssten die molekularen Uhren
anders kalibriert werden und würden noch höhere Zahlen liefern – von
bis zu 1.000 Millionen Jahren wäre dann zu reden.) Wenn diese
Vermutung stimmt, hatten die Tierstämme bereits mindestens 60
Millionen Jahre Evolution hinter sich, bevor sie als Fossilien
sichtbar wurden (>> Das
Zeitalter der Fossilien); einen Zeitraum also, der mit der
Zeit vom Aussterben der Dinosaurier bis heute vergleichbar ist. Die
Entstehung der Tiere war mit größter Wahrscheinlichkeit keinesfalls
so plötzlich, wie früher einmal gedacht.
Tiere stellten eine neue Stufe des Lebens dar: Sie sind die erste
Organismengruppe, die ausschließlich davon lebte, andere Organismen
zu fressen. Um diese Organismen zu finden, brauchten sie gute
Sinnesorgane; um zu ihrer Beute zu gelangen, brauchten sie Muskeln.
Für die Ökologie der Erde bedeutet dies: Auch bei den Vielzellern
kamen zu den Produzenten nun die Konsumenten hinzu (mehr dazu
>>
hier).
Weiter mit:
>> Das
Zeitalter der Fossilien