Das globale Ökosystem
Die Gesteinshülle der Erde
Über den Kreislauf der Gesteine und andere Kreisläufe sind die geologischen Vorgänge in der Gesteinshülle untrennbar mit dem Leben auf der Erde verbunden; Erdbeben und Vulkanausbrüche beeinflussen immer wieder den Lauf der Geschichte. Gesteine sind zudem wichtige Lagerstätten für mineralische und andere Rohstoffe, wie die fossilen Brennstoffe.
El Capitán (auch: Agathla Peak) in Arizona: der Rest eines großen Vulkans, der zum Teil durch Erosion abgetragen wurde. Im unteren Teil des Fotos ist reichlich abgetragenes Sediment zu sehen. Ausschnitt eines Fotos von Geographer, >> wikipedia commons, Lizenz: >> cc by 2.5.
Die Gesteinshülle der Erde – die Lithosphäre – besteht aus der Erdkruste und der obersten Schicht des Erdmantels. Die Erdkruste ist eine fünf bis 80 Kilometer dicke Schicht aus vergleichsweise leichtem Gestein (ihre Dichte beträgt 2,7 – 3 g/cm³): Sie ist wirklich nur die Haut der Zwiebel; eine Haut allerdings, auf der alle Kontinente, Inseln und Ozeane (und auch alle Lagerstätten für Kohle, Öl, Gas und Mineralien) liegen. Sie ist mit der oberste Schicht des dichteren Erdmantels (seine Dichte beträgt 4,5 g/cm³) verbunden, insgesamt ist die Lithosphäre 60 bis 160 Kilometer dick; sie schwimmt auf einer Astenosphäre genannten Fließschicht, einem Bereich teilweise aufgeschmolzenen Gesteins, der ebenfalls zur oberen Schicht des Erdmantels gehört. Die Lithosphäre bildet allerdings keine geschlossene "Sphäre", sondern besteht aus verschiedenen Lithosphärenplatten, die sich gegenseitig verschieben können. Mit diesen Bewegungen der Lithosphärenplatten sind einige der beeindruckendsten – und folgenreichsten – Naturphänomene wie Erdbeben und Vulkanausbrüche verbunden. Erklärt werden sie von der >> Plattentektonik. Die Lithosphäre verbindet das >> Innere der Erde mit den äußeren "Sphären" des Ökosystems Erde. (Ihre Zugehörigkeit zum inneren Bereich zeigt sich auch daran, dass Wärme aus dem Erdinneren die wesentliche Antriebskraft etwa der Plattentektonik darstellt; bei den äußeren Komponenten ist die Energie der Sonne die wichtigste Energiequelle.)
Die Gesteinen der Gesteinshülle werden in drei große Gesteinsgruppen eingeteilt: magmatische Gesteine, Sedimentgestein und metamorphe Gesteine. Magmatische Gesteine entstehen, wenn Gesteinsschmelze aus großen Tiefen z.B. in Vulkanen an die Oberfläche der Erde gelangt und kristallisiert. Wenn die Schmelze tief unter der Erdkruste langsam in anderen Gesteinen abkühlt, sprechen Geologen von "Plutoniten" (dazu gehört etwa Granit); wenn es bei Vulkanausbrüchen schnell abkühlt, von "Vulkaniten" (wie Basalt). An der Erdoberfläche sind Gesteine physikalischen und chemischen Einwirkungen ausgesetzt, die zur Verwitterung führen: Hitze und Frost führen beispielsweise zur physikalischen Verwitterung, bei der Gestein aufgelockert und zerkleinert, aber nicht in seiner chemischen Zusammensetzung verändert wird. Im Wasser gelöste Stoffe können zu einer chemischen Verwitterung führen, bei der die Minerale der Gesteine verändert oder gar aufgelöst werden. Beide Formen der Verwitterung verstärken sich gegenseitig. Das Herauslösen und Abtragen der Gesteinsbruchstücke durch Wasser, Wind und Schwerkraft wird als Erosion bezeichnet; die abgelagerten Teilchen als Sedimente.
Die Erosion führt dazu, dass immer wieder frisches Gestein der Verwitterung ausgesetzt wird. Die Sedimente können – vor allem, wenn sie durch weitere Schichten überlagert werden – durch Zusammenpressen und Verkitten durch ausgefällte Minerale wieder zu Gesteinen werden: dann sprechen Geologen von Sedimentgestein. Ein Beispiel ist Sandstein. Sedimente können aber nicht nur aus verwittertem Gestein entstehen, sondern auch durch chemische Vorgänge (z.B. durch Ausfällung, wie beim Steinsalz) oder aus den Schalen von Meerestieren (Kalkstein). Wenn Gesteine im Erdinneren hohen Temperaturen und hohem Druck ausgesetzt werden, können sich ihre chemische Zusammensetzung und ihr Mineralgefüge ändern: dann sprechen Geologen von metamorphen Gesteinen. Ein Beispiel hierfür ist Marmor, der durch Druck und Hitze aus Kalkstein und anderen karbonatreichen Gesteinen entsteht.
Wie oben beschreiben und in der folgenden Abbildung dargestellt, gehen die drei großen Gesteinsgruppen ineinander über. Daher spricht man auch vom Kreislauf der Gesteine:
Der Kreislauf der Gesteine. Abbildung verändert nach GEOkompakt Nr. 1, S. 95.
Die Lithosphäre im "Konzert der Sphären"
Geologische Vorgänge tragen grundlegend zum Funktionieren des Ökosystems Erde bei – und die Lithosphäre ist der Bereich, in dem der wesentliche Austausch "zwischen Bio und Geo" (Nathalie Angier) stattfindet. Der oben dargestellte Kreislauf der Gesteine zeigt schon, dass vor allem die Plattentektonik die inneren und die äußeren Sphären der Erde verbindet: Die Verwitterung und Abtragung der Gesteine geht auf Temperaturunterschiede, Wind und Regen – also das >> Klima – zurück. Die Verwitterung von Gesteinen ist auch die Grundlage für die Entstehung von >> Böden; bei der chemischen Verwitterung gelöste Substanzen liefern den größten Teil des in den Meeren gelösten oder wieder ausgefällten Materials.
Seit der >> Entstehung des Lebens auf der Erde spielen zudem auch Organismen (Biosphäre) bei der Gesteinsbildung eine Rolle – Kalkstein entsteht aus den Kalkschalen von Meeresorganismen, die nach dem Absterben auf den Meeresgrund sinken und später als Sedimentgestein emporgehoben werden; die Erfindung der Fotosynthese und die darauf folgende Freisetzung von Sauerstoff in die Atmosphäre ließ zahlreiche neue Minerale entstehen und veränderte so die Gesteine (mehr dazu >> hier). Der Kreislauf der Gesteine hat auch Auswirkungen auf das Klima: Bei der Verwitterung von Silikatgestein unter Einfluss von Regen- oder Flusswasser wird Kohlendioxid in Kalziumkarbonat gebunden (die vereinfachte Formel hierfür lautet: CaSiO3 + CO2 -> CaCO3 + SiO3); im Erdinneren wird dagegen durch die Hitze Kohlendioxid aus Kalkgestein freigesetzt und kann zum Beispiel über Vulkane in die Atmosphäre gelangen. Der Kreislauf der Gesteine ist daher auch ein Bestandteil des >> Kohlenstoffkreislaufs der Erde, der über das Treibhausgas Kohlendioxid das >> Klima mitbestimmt.
Dass die Lithosphäre selbst auch einen Lebensraum für die >> Biosphäre darstellt, ist ebenfalls eine relativ neue Erkenntnis – Bakterien findet man in Gesteinen vier Kilometer unter der Erdoberfläche! Womöglich hat das Leben einen viel größeren Einfluss auf die geologischen Vorgänge, als wir uns heute vorstellen: Es gibt eine (umstrittene) Hypothese des dänischen Geologen Minik Rosink, wonach das Leben bereits die Entstehung der Kontinente wesentlich mit beeinflusst hat. Rosink glaubt, dass von ersten Lebensformen erzeugte Säuren entscheidend dafür waren, dass Basalt aus der ozeanischen Kruste in so großen Mengen verwitterte, dass große kontinentale Platten entstehen konnten. Etwa drei Viertel der Energie, mit der Gestein umgewandelt wurde, stammt nach dieser These von Lebewesen, nur ein Viertel aus dem Erdinneren.
Nicht nur der Kreislauf der Gesteine, sondern auch die mit plattentektonischen Vorgängen verbundene Gebirgsbildung führt zu Wechselwirkungen. Sich auffaltende Gebirge beeinflussen das Klima der Erde; die Hebung des Plateaus von Tibet brachte etwa den indischen Sommermonsun hervor (siehe den folgenden Kasten). Sommermonsun bedeutet heftige Regenfälle, und diese wirken über starke Erosion dann auf die Geologie des Gebirges zurück: Erhöhte Abtragung reduziert das Gewicht der Erdkruste, und dies führt zu einer hohen Hebungsrate – zur Freude der Geologen, denn hierdurch wird im Himalaja Tiefengestein zugänglich. Die Last sich auffaltender Gebirge erhöht zudem die Reibung an den Plattengrenzen, und bremst damit die Subduktion ab. Längst brauchen Geowissenschaftler leistungsstarke Rechner, um diese Wechselwirkungen nachvollziehen zu können.