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Das globale Ökosystem

Die Erde als globales Ökosystem

In den letzten Jahren haben die Umweltwissenschaftler immer deutlicher erkannt, dass die Erde als System betrachtet werden muss: Sie kann nicht als Summe ihrer Teile, sondern erst bei der Einbeziehung der Wechselwirkungen verstanden werden. Diese werden durch Stoffkreisläufe und Energieflüsse hergestellt.

Ökosystem Erde: Die verschiedenen Teilsysteme und ihre Wechselwirkungen

Die großen Teilsysteme des Ökosystems Erde und die wichtigsten Beziehungen zwischen ihnen.   Die Teilsysteme sind durch Stoffkreisläufe und Energieflüsse miteinander verbunden. Zur Verdeutlichung der besonderen Rolle des Menschen (>> mehr) ist diese gesondert dargestellt. Mehr über die einzelnen Teilsysteme erfahren Sie auf den kommenden Seiten, sie können auch direkt in der Abbildung zu den entsprechenden Seiten klicken. Eigene Abbildung.

Ein dynamischer Planet

Wenn es irgendwo im Universum jenseits der Erde intelligente Lebensformen gäbe, und diese sich bei ihrer Erkundung des Weltraums unserem Sonnensystem widmen würden, würden sie sofort erkennen, dass es auf der Erde Leben gibt: Unsere Atmosphäre würde uns verraten. Ohne Leben würde der chemisch sehr reaktive Sauerstoff sich mit anderen Substanzen verbinden und aus der Atmosphäre verschwinden; Sauerstoff und das aus ihm entstehende Ozon gelten daher als sicheres Kennzeichen für Leben auf einem Planeten.

Das Beispiel zeigt: Das Leben verändert die Zusammensetzung der Luft – und, wie jeder weiß, ohne Luft gibt es kein Leben. So ist das nicht nur mit Luft und Leben: Die Erde ist ein dynamischer Planet, der sein heutiges Gesicht erst durch eine Reihe komplexer Beziehungen zwischen seinen Teilsystemen erhält (siehe Abbildung oben). Diese Teilsysteme werden nach älteren Vorstellen von einem Schalenmodell auch als “Sphären” bezeichnet; so bezeichnet Atmosphäre die Lufthülle der Erde; Hydrosphäre die Wasservorkommen der Erde, Lithosphäre die Gesteine und Pedosphäre die Böden der Erde. Mit Biosphäre wird schließlich die Gesamtheit der Lebewesen benannt. Das Schalenmodell ist überholt, seit klar geworden ist, wie die Teilsysteme sich gegenseitig durchdringen und beeinflussen; die auf dem Modell beruhenden Bezeichnungen haben sich aber eingebürgert.

Die Dynamik der Teilsysteme gilt selbst für scheinbar so solide Bausteine wie die Gesteine. Seit der Entdeckung der >> Plattentektonik wissen wir, dass selbst Steinplatten größer als Kontinente in Bewegung sind, und dass die Gesteine sich in einem Kreislauf befinden (>> Der Kreislauf der Gesteine). Manche Gesteine sind entstanden, als lebende Organismen (also Bestandteile der Biosphäre) Kohlendioxid aus der Atmosphäre entnahmen, damit Kalkgehäuse aufbauten, die schließlich am Meeresboden abgelagert wurden und im Laufe der Zeit zu Sedimentgestein wurden (und also “den Himmel in Stein verwandelten”, ein Zitat von Martin Redfern). Von Regen (einem Bestandteil der Hydrosphäre) und Wind (Atmosphäre) werden Gesteine abgetragen, und können zum Bestandteil des Bodens (der Pedosphäre) werden, der wiederum die Grundlage für das Wachstum vieler Pflanzen (womit wir wieder bei der Biosphäre wären) ist. Hoffentlich schwirrt Ihnen noch nicht der Kopf vor lauter Sphären, es geht nämlich noch weiter: In der Atmosphäre gibt es eine Ozonschicht, die den größten Teil der UV-Strahlung der Sonne aus dem Sonnenlicht filtert, und damit Leben an Land erst möglich macht – die Ozonschicht ist selber wiederum ein Produkt des Lebens (>> Die Geschichte des Lebens auf der Erde). Die Sonnenstrahlung erwärmt die Erdoberfläche und die Wärme wird durch Gase in der Atmosphäre auf der Erde zurückgehalten; diese Erwärmung wärmt auch die Luft. Warme Luft dehnt sich aus, was den Luftdruck erhöht, hierdurch entstehen Winde – die wiederum Wolken (Hydrosphäre...) mit sich nehmen und durch viele komplexe Wechselwirkungen das >> Klima der Erde bilden; wobei wiederum Gebirge (Lithosphäre...) sich den Wolken in den Weg stellen können und die Zirkulation von Wärme und Feuchtigkeit beeinflussen. Ebenso verteilen Meeresströmungen Wärme (>> Das globale Förderband).

Als wenn diese Beziehungen noch nicht komplex genug werden, kann man das Ökosystem Erde nicht verstehen, ohne die Wechselwirkungen nach außen zu betrachten. Da ist die wichtigste Energiequelle, das Sonnenlicht (>> mehr). Schwankungen in der Umlaufbahn der Erde um die Sonne, ein leichtes Taumeln der Erdachse, Zyklen der Sonne: Sie alle können die Voraussetzungen für das Leben auf der Erde schwerwiegend ändern (>> Klimageschichte). Oder betrachten wir den Sonnenwind, ein Strom geladener Teilchen, den die Sonne ständig ins Weltall schleudert. Vor diesem schützt uns das Magnetfeld der Erde, die Magnetosphäre (>> Die Voraussetzungen für Leben auf der Erde). Dieses Magnetfeld wird vermutlich durch Konvektionsströme im flüssigen, äußeren Eisenkern der Erde (>> Reise in das Innere der Erde) erzeugt.

Die beiden Absätze oben beschreiben nur einige der vielfältigen Beziehungen; sie geben aber einen ersten Eindruck von den komplexen Beziehungen des Teilsystems Erde untereinander. Nur durch diese komplexen Beziehungen bleiben die Teilsysteme stabil – sie befinden sich in einem dynamischen Gleichgewicht. Um noch einmal ein Bild von Martin Redfern zu verwenden: Sie sind wie ein Springbrunnen, der zwar seine Gesamtstruktur bewahren kann, durch den dabei aber ständig Energie und Materie fließt. Zentrale Elemente dieser Beziehungen sind also Energieflüsse und Stoffkreisläufe.

Energieflüsse

Unsere wichtigste Energiequelle: Sonnenstrahlung

Die wichtigste Energiequelle der Erde ist die Sonne (>> mehr); die Erde empfängt 174,26 Petawatt (= Milliarden Megawatt; >> mehr) Sonnenstrahlung, was im Jahr eine Energiemenge von 5,495 Milliarden Milliarden Joule ausmacht – weit mehr als 10.000 Mal soviel Energie, wie die Menschheit zur Zeit verbraucht. Die Sonnenstrahlung erwärmt die Erde auf lebensfreundliche Temperaturen (mehr hierzu unter >> Die Voraussetzungen für Leben auf der Erde und >> Klima); sie treibt >> Winde und den >> Wasserkreislauf an, und sie ist die wichtigste Energiequelle für das Leben (daneben nutzen einige Bakterien auch chemische Energie, "fressen" also Gesteine, Mineralien oder Gase; sie werden "chemotroph" genannt, sind aber für den Energiehaushalt des Lebens kaum bedeutend). Grundlage für Nutzung der Sonne als Energiequelle für das Leben ist die wohl wichtigste chemische Reaktion der Erde – die Fotosynthese. Algen und Pflanzen können hiermit Sonnenlicht nutzen und ihre eigene Nahrung aus anorganischer Materie in der Umgebung herstellen; sie bilden bei der Fotosynthese aus dem Kohlendioxid in der Luft und aus Wasser mit Hilfe von Sonnenlicht Zucker, der als Ausgangsmaterial für die Gewinnung von Energie und zur Herstellung komplexerer organischer Verbindungen dient (in der Fachsprache der Ökologen heißen diese Algen und Pflanzen – gemeinsam mit den chemotrophen Bakterien – “(Primär-)Produzenten”); und von diesen organischen Verbindungen leben alle >> anderen Lebewesen).

Die wichtigste Reaktion der Welt: die Fotosynthese

Die Formel der Fotosynthese scheint einfach: Aus je sechs Molekülen Kohlendioxid (6 CO2) und Wasser (6 H2O) wird mit Hilfe von Sonnenlicht ein Zuckermolekül (Glucose, C6H12O6) aufgebaut, dabei werden sechs Moleküle Sauerstoff (6 O2) freigesetzt:
Sonnenenergie + Kohlendioxid + Wasser -> Glukose  + Sauerstoff
Sonnenenergie + 6 CO2              + 6 H2O    -> C6H12O6 + 6 O2.

Fotosynthese

In Wirklichkeit ist die Reaktion viel komplexer (>> mehr), für ihre Erforschung bekam der amerikanische Chemiker Melvin Calvin im Jahr 1961 den Nobelpreis. Sie findet bei Algen und Pflanzen in den Chloroplasten statt. Dabei sind zwei Pigmente beteiligt, Chlorophyll A und B, und eines nützt blaues, das andere rotes Licht. Grünes und gelbes Licht werden nicht benötigt und reflektiert –  daher sind die Algen und Blätter grün. Die durch die Pigmente absorbierte Sonnenenergie wird in chemische Energie umgewandelt, dabei wird ein Adenosintriphosphat (abgekürzt ATP) genanntes Molekül erzeugt, dass eine Art “universelle Energiewährung” des Lebens ist (>> mehr): ATP treibt zahlreiche biochemische Prozesse in Lebewesen an, unter anderem den Aufbau des Zuckermoleküls und den Einbau des Zuckers in komplexere organische Verbindungen.

(Siehe auch die Seite >> Fotosynthese.)

Ein Teil der Energie aus der Fotosynthese wird jedoch nicht zum Aufbau organischer Verbindungen verwendet, sondern um im Energiestoffwechsel alle möglichen Arten von Arbeit anzutreiben; etwa die Aufnahme von Mineralien oder den Transport von Zucker und Stärke aus den Blättern in andere Pflanzenteile. Dazu werden die Zucker zerlegt; diese sogenannte Zellatmung findet in den Mitochondrien statt und ist gleichsam das Gegenstück zur Fotosynthese – Sauerstoff wird verbraucht und Kohlendioxid entsteht:
Glukose  + Sauerstoff -> Kohlendioxid  + Wasser + Energie
C6H12O6 + 6 O2            -> 6 CO2               + 6 H2O    + Energie.

Nur ein Teil der bei der Fotosynthese gebundenen Energie verbleibt also in der Form komplexer organischer Substanzen in den Pflanzen, dieser Anteil wird als Nettofotosynthese bezeichnet. Global gesehen, wird (nur) etwa ein Drittel Prozent der einfallenden Sonnenstrahlung dauerhaft in pflanzliches Material umgewandelt (Nettoprimärproduktion, >> hier) – damit werden aber insgesamt etwa 120 bis 130 Milliarden Tonnen organisches Material auf dem Festland und weitere 105 bis 115 Milliarden Tonnen im Ozean pro Jahr aufgebaut.


(Anmerkung: “Organisches Material” meint hier das Trockengewicht –  ohne das in Lebewesen immer enthaltene Wasser. Oft wird auch nur der Kohlenstoffgehalt angegeben, der zum Gesamtgewicht in einem Verhältnis von im Durchschnitt 1 : 2,2 steht: die Nettoprimärproduktion beträgt also etwa 55 bis 60 Milliarden Tonnen Kohlenstoff auf dem Land und 48 bis 52 Milliarden Tonnen Kohlenstoff im Meer. Siehe auch >> hier)

Die Grundlage des menschlichen Lebens

Die 225 bis 245 Milliarden Tonnen organischen Materials – oder Biomasse -, die jedes Jahr auf dem Festland und im Meer produziert werden, sind die Grundlage allen weiteren Lebens und auch aller menschlichen Nahrung (siehe den folgenden Abschnitt). Sie stellen sozusagen die Zinsen der produzierenden Ökosysteme dar, ihren jährlichen Ertrag. Diese Produktion ist ungleich über die verschiedenen Ökosysteme (>> mehr) verteilt: Am besten wachsen Pflanzen dort, wo es warm und feucht ist. Die produktivsten natürlichen Lebensräume sind daher Feuchtgebiete und Regenwälder, während etwa die arktische Tundra gerade ein Viertel Prozent zur weltweiten Produktion von Biomasse beiträgt. In den Meeres ist die Produktivität in den nährstoffreichen Flussmündungen, auf dem Kontinentalschelf sowie dort am höchsten, wo nährstoffreiches Tiefenwasser aufsteigt (>> mehr).

Am produktivsten ist jedoch intensiv bewirtschaftetes Ackerland. Wir Menschen nutzten auf dem Festland inzwischen über 40 Prozent der gesamten Biomasseproduktion für uns – und fast ebenso viel aus den produktiven Meeresgebieten (>> mehr) – ein Wert, der eindrucksvoll zeigt, wie stark der Einfluss des Menschen auf das Ökosystem Erde insgesamt ist.

Vom Energiefluss zu Nahrungsketten und -kreisläufen

Andere Organismen, wie Pilze und Tiere, können selbst keine organische Substanz auf­bau­en; um an diese zu gelangen, fressen sie entweder Pflanzen (Pflanzenfresser), andere Tiere (Fleischfresser), beides (Allesfresser) oder die Ausscheidungsprodukte und die beim Tod von Pflanzen und Tiere anfallende organische Substanz (Zersetzer, meist Pilze und Bakte­rien) genutzt. Die Pflanzen-, Fleisch- und Allesfresser sind für Ökologen “Konsumenten”; die Organismen, die tote organische Substanz abbauen und dabei wieder in anorganische Bestandteile zerlegen “Destruenten”. Durch ihre Arbeit wird der Kreislauf der Stoffe wieder geschlossen.

Zeichnung einer Nahrungskette

Beispiel für eine Nahrungskette. Abbildung verändert nach Raven et al., Environment (1993) und Murck, Envionemental Science (2005).

Die Kreisläufe der Stoffe, die das organischen Material bilden, sind Bestandteil von globalen Stoffkreisläufen. Daher sind sie oftmals viel größer, als sich die meisten von uns wohl vor­stellen: Vor allem in den Wüsten werden bei Sandstürmen kleine Staubpartikel hoch in die Atmosphäre verfrachtet und über tausende von Kilometern verfrachtet – jedes Jahr etwa zwei Milliarden Tonnen. So werden etwa die tropischen Regenwäldern des Amazonas­gebietes mit Mineralstaub aus der Sahara gedüngt; in die Meere gelangender Staub lindert den dort herrschenden Eisenmangel und fördert so das Wachstum des Phytoplanktons (zu den globalen Kreislaufen mehr >> unten).

Alle Stufen der Nahrungskette nutzen wieder einen großen Teil der Energie für ihren eigenen Energiestoffwechsel (und wandeln ihn letztendlich in Wärme um), so dass nur ein Anteil von 5 bis 20 Prozent für den Aufbau von Strukturen zur Verfügung steht: Daher nimmt der Energie­gehalt und der Anteil an organischer Masse von Stufe zu Stufe der Nahrungskette ab. An der Spitze der Nahrungskette steht nur noch ein Bruchteil der Energie zur Verfügung (siehe Abbildung). Daher machen Pflanzen als Produzenten typischerweise den Großteil der Biomasse eines Ökosystems aus, und Pflanzenfresser sind zahlreicher als Fleischfresser – wie etwa an den großen Herden von Weidetieren in Ostafrika und der vergleichsweise kleinen Zahl von Raubkatzen dort deutlich wird.

Energiepyramide in Ökosystemen

Abnehmender Energiegehalt in der Nahrungskette. Abbildung nach Murck,
Environmental Science (2005).

Da die meisten Lebewesen nicht nur eine Nahrungsquelle haben, sondern mehrere – Bären fressen nicht nur Beeren, sondern auch Lachse; Menschen essen nicht nur Brot, sondern auch Fleisch – sind in Ökosystemen meist höchst komplexe Nahrungsnetze ausgebildet, von denen die Nahrungsketten nur ein Bestandteil sind. (Und natürlich sind sowohl Nahrungs­ketten als auch Nahrungsnetze nur abstrakte Denkmodelle, die beim Verständnis helfen sollen: Bei einem Waldspaziergang wird man beide nicht finden.)

Mehr zu den Lebensräumen der Erde hier:
>> Die Lebensräume des Ozeans
>> Die Lebensräume des Festlands

Die zweite Energiequelle: Hitze aus dem Erdinneren

Neben der Sonnenstrahlung spielt nur eine einzige weitere natürliche Energiequelle eine Rolle: die Hitze aus dem Erdinneren. Diese beruht auf zwei Quellen: der im Erdkern ge­speicherten Wärme und der Wärmeentwicklung durch den Zerfall radioaktiver Stoffe im Erdinneren. Die Energiemenge ist im Vergleich zur Sonnenstrahlung unbedeutend (weniger als 0,1 Prozent), aber es ist diese Energie, die die Prozesse der >> Plattentektonik an­treibt und damit die Verteilung der Kontinente und der Meere bestimmt. Diese Prozesse verursachen auch für die menschlichen Kulturen bedeutsame (und mitunter katastrophale) Ereignisse wie Vulkanausbrüche, Erdbeben und Tsunamis; als Energiequelle für die heißen Hydrothermalquellen trieb sie möglicherweise auch die >> Entstehung des Lebens an; und noch heute gibt es Lebewesen, die tief im Erdinneren von chemischer Energie leben.

Stoffkreisläufe

Da Stoffe die Erde nicht verlassen können, bilden sie Kreisläufe. Von besonderer Bedeutung sind einige globale, biogeochemische Kreislaufsysteme, wie etwa der globale Kohlen­stoff-, Stickstoff-, Schwefel- und Phosphorkreislauf. Diese Kreisläufe verbinden Gesteine, Boden, Luft, Wasser und Lebewesen, wie im folgenden Beispiel des Kohlenstoffkreislaufs:

Der globale Kohlenstoffkreislauf

Der globale Kohlenstoffkreislauf. Die Zahlen geben die Kohlenstoffspeicher (schwarz), die jährlichen Flüsse zwischen den Speichern vor der industriellen Revolution (blau) sowie die seit Beginn der der industriellen Revolution durch menschliche Aktivitäten dazugekommenen Menge (rot) und die heute jedes Jahr vom Menschen verursachten zusätzlichen Kohlenstoffflüsse (rot und unterstrichen) an. Zur Erläuterung siehe den folgenden Text. (Das Hintergrundbild stammt von der NASA, http://earthobservatory.nasa.gov/Library/CarbonCycle/carbon_cycle4.html)

Auf der Erde gibt es etwa 75 Millionen Milliarden Tonnen Kohlenstoff. Der weitaus größte Teil (99,8 Prozent) davon befindet sich in der Lithosphäre: im Kalkstein, in Form fossiler organischer Stoffe (etwa im Ölschiefer) oder als Kohle, Erdgas oder Erdöl. Im Vergleich scheinen die Anteile im Wasser (38.000 Milliarden Tonnen = 0,05 Prozent des gesamten Vorkommens), im Boden (1.580 Milliarden Tonnen = 0,002 Prozent des gesamten Vorkommens), in Lebewesen mit etwa 800 Milliarden Tonnen und in der Luft mit etwa 820 Milliarden Tonnen (jeweils etwa 0,001 Prozent des gesamten Vorkommens) unbedeutend zu sein. Sie sind es nicht, wie etwa der >> Klimawandel zeigt, der durch den Anstieg der Konzentration von Kohlendioxid (CO2) in der Luft verursachte wird.

Kohlendioxid ist die wichtigste Kohlenstoffverbindung in der Luft; es steht in einem Gleichgewicht mit dem im Meerwasser gelösten Kohlendioxid – auf ein Molekül in der Luft kommen etwa 50 Moleküle Kohlendioxid in den Ozeanen (die Löslichkeit ändert sich mit der Wassertemperatur: warmes Wasser kann weniger Kohlendioxid aufnehmen). Aber auch alle anderen Kohlenstoffvorkommen stehen miteinander in Verbindung: Über die Fotosynthese, die Atmung und die Freisetzung von Kohlenstoff beim Abbau toter organischer Substanz (siehe >> oben) ist der Kohlenstoff in Luft und Wasser mit dem in der Biosphäre verbun­den. Ein Teil bleibt in pflanzlichen und tierischen Strukturen wie Holz oder Kalkschalen gebunden. Besonders wichtig sind hierbei die Ozeane: Wenn gebundener Kohlenstoff in das Tiefenwasser absinkt, ist er auf absehbare Zeit dem Kohlenstoffkreislauf weitgehend entzogen. Im Laufe der Zeit kann dieser Kohlenstoff über die Sedimentation oder die Bildung von fossilen Brennstoffen in die Lithosphäre übergehen. Die jährlichen Stickstoffflüsse zwischen den verschiedenen Vorkommen sind in der Abbildung oben in blau (in Milliarden Tonnen Kohlenstoff pro Jahr dargestellt). Aber selbst der Kohlenstoff in der Lithosphäre kann in großen Zeiträumen wieder in die Atmosphäre gelangen: Allmählich über die Verwit­terung von Gestein; aber auch sehr plötzlich zum Beispiel bei Vulkanausbrüchen (die Mengen sind im Durchschnitt aber vergleichsweise klein und liegen bei 100 Millionen Tonnen pro Jahr).

In jüngster Zeit hat der Mensch massiv in diesen Kreislauf eingegriffen (die roten Zahlen in der Abbildung oben), indem fossile Brennstoffe verbrannt und Wälder zur Landgewinnung abgebrannt wurden. Dabei gelangte der in ihnen gebundene Kohlenstoff in die Luft (>> mehr). Der Kohlenstoffgehalt in der Luft hat sich dadurch von vorindustriellen 597 Milliar­den Tonnen auf die heutigen 820 Milliarden Tonnen erhöht (oder bekannter, da regelmäßig in den Zeitungen zu lesen: die Konzentration an Kohlendioxid von 280 ppm auf heute 390 ppm). Der damit verbundene Klimawandel macht den Kohlenstoffkreislauf heute zu einem Schwerpunkt der Forschung am Ökosystem Erde.

>> mehr zum Kohlenstoffkreislauf & Klimawandel

Stickstoffkreislauf

Die Erdatmosphäre besteht zu 78,1 Prozent aus Stickstoff – dort befinden sich 99 Prozent des irdischen Stickstoffs als molekularer Stickstoff (N2). Dieser reagiert chemisch kaum (Stickstoff erstickt Flammen, daher sein Name). Lebewesen brauchen Stickstoff als Bau­stein für Eiweiße und die Erbsubstanz DNS, aber Pflanzen und Tiere können Luftstickstoff nicht nutzen. Daher begrenzt die Verfügbarkeit von Stickstoff die biologische Produktion in vielen Ökosystemen. Pflanzen können Stickstoff jedoch als Ammonium (NH4+) oder lieber noch als Nitrat (NO3-) aufnehmen. Eine wichtige Rolle im Stickstoffkreislauf spielen daher “Stickstofffixierer”: Bakterien und Cyanobakterien, die Luftstickstoff in die Formen umwan­deln, die von Pflanzen aufgenommen werden können. Diese Bakterien leben z.B. in den Wurzeln von Schmetterlingsblütlern wie Klee oder Lupine, die daher in der Landwirtschaft als Gründünger angebaut werden. In geringerem Umfang wird Luftstickstoff auch bei Ge­wittern in Nitrat und Stickoxide umgewandelt. Einmal organisch gebunden, zirkuliert über 90 Prozent des für Organismen verfügbaren Stickstoffs in einem verkürzten Kreislauf innerhalb der Biomasse.

Heute werden Stickstoffverbindungen auch durch industrielle Prozesse freigesetzt, etwa in Form von >> Stickstoffoxiden, die bei Verbrennungsvorgängen entstehen, oder von Ammonium aus der Landwirtschaft. Im Gegensatz zum molekularen Stickstoff sind diese Verbindungen reaktiv und sind etwa an der Entstehung von “saurem Regen” und Ozon beteiligt. Im globalen Stickstoffkreislauf spielt heute auch der gezielte Eintrag in Form von Stickstoffdünger eine große Rolle, heute wird weit mehr Stickstoff vom Menschen fixiert als durch biologische Aktivitäten auf dem Festland.

Ökosystem Erde

Über die Energie- und Stoffflüsse wird die gesamte Erde zu einer Einheit: Sie wird von einer Lufthülle umgeben, und auch der Wasserkreislauf umfasst – wie auch die großen Stoffkreis­läufe – die gesamte Erde. Die Lebewesen leben in Netzen, deren Komplexität wir bis heute nicht umfassend verstehen; kein Lebewesen kann ohne zahlreiche andere Lebewesen exis­tie­ren. Dies gilt auch für den Menschen: Denken wir nur an unsere “Darmflora” – eine kom­ple­xe Lebensgemeinschaft aus Mikroorganismen, die für uns genauso lebenswichtig ist wie Atemluft und Trinkwasser, ohne die unsere Nahrung – die immer von anderen Lebewesen stammt – uns nicht alle benötigten Nährstoffe bereitstellen könnte. Der Mensch ist ein Bestandteil des Ökosystems Erde, er ist aus ihm hervorgegangen (mehr dazu >> hier), er beeinflusst heute die Kreisläufe des Ökosystems Erde mehr als jemals eine andere Art vor ihm und mehr, als die Erde vertragen kann (mehr dazu >> hier): Die Zukunft erfordert daher ein Umdenken – Basis aller menschlichen Aktivitäten ist die Funktionsfähigkeit des Ökosystems Erde; ohne funktionsfähige Ökosysteme haben wir auch wirtschaftlich keine Zukunft (mehr dazu >> hier).

Zum Thema siehe auch:
>> Kreislauf der Gesteine
>> Wasserkreislauf

Künstliches Ökosystem – Biosphäre 2

Die 225 bis 245 Milliarden Tonnen organischen Materials – oder Biomasse -, die jedes Jahr auf dem Festland und im Meer produziert werden, sind die Grundlage allen weiteren Lebens und auch aller menschlichen Nahrung (siehe den folgenden Abschnitt). Sie stellen sozusagen die Zinsen der produzierenden Ökosysteme dar, ihren jährlichen Ertrag. Diese Produktion ist ungleich über die verschiedenen Ökosysteme (>> mehr) verteilt: Am besten wachsen Pflanzen dort, wo es warm und feucht ist. Die produktivsten natürlichen Lebensräume sind daher Feuchtgebiete und Regenwälder, während etwa die arktische Tundra gerade ein Viertel Prozent zur weltweiten Produktion von Biomasse beiträgt. In den Meeres ist die Produktivität in den nährstoffreichen Flussmündungen, auf dem Kontinentalschelf sowie dort am höchsten, wo nährstoffreiches Tiefenwasser aufsteigt (>> mehr).

Wie komplex und unvollständig verstanden Ökosysteme sind, zeigt der im Jahr 1991 in Arizona begonnene Versuch, vier Männer und vier Frauen in einem künstlich geschaffenen Ökosystem, der 200 Millionen Dollar teuren Biosphäre 2, leben zu lassen. Von außen sollte nur Energie zugeführt werden. Bald sank aber der Sauerstoffgehalt der Luft so stark ab und stieg der Gehalt an Stickoxiden so stark an, dass den Bewohnern Gehirnschäden drohten und Sauerstoff zugeführt werden musste; auch die Nahrungsproduktion reichte nicht aus. Als Kakerlaken und Gelbe Spinnerameisen unkontrolliert zunahmen, wurde das Experiment nach knapp 2 Jahren beendet – die Ökosysteme der Erde sind bis auf weiteres unersetzlich.

Das globale Ökosystem – weiter mit:
>> Die Gesteinshülle der Erde

Zur >> Übersicht

© Jürgen Paeger 2006 – 2021

Die Erforschung des Ökosystems Erde begann 1983, als die NASA ein “Earth System Sciences Committee” einrichtete, das 1988 einen ersten Bericht veröffentlichte und darin zeigte, wie die Teilsysteme wechselwirken. Ohne den Ausdruck Earth System hatte seit 1980 das >> Weltklima- forschungsprogramm an ähnlichen Fragen gearbeitet; seit 1988 arbeitet auch der >> IPCC im Zusammenhang mit dem Klimawandel an globalen ökologischen Fragen. Seit 1987 gibt es ein >> International Geosphere – Biosphere Programme, um die internationale Forschung zum Thema zu koordinieren; an vielen Universitäten gibt es heute Kurse zu dem Thema.

Energie kann nach dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik weder erzeugt noch verbraucht, sondern nur umgewandelt werden. Die Umwandlung erfolgt spontan nur in Richtung von höherer zu niedriger Energiequalität, von “Ordnung” zu “Unordnung” – Zweiter Hauptsatz der Thermo- dynamik (>> mehr). Der Aufbau organischer Substanz ist die Entstehung von “Ordnung” aus “Unordnung”, die nur möglich ist, wenn Energie von “außen” genutzt wird; dies kann chemische Energie sein, meist ist dies aber die Fotosynthese. Die ökologische Bedeutung der Fotosynthese besteht also darin, dass mit ihr Energie aus der Sonnenstrahlung in chemische Energie umgewandelt wird, die die irdischen Ökosysteme und ihren Einfluss auf des Ökosystem Erde (>> hier) ”antreibt”.