Das Zeitalter der Industrie

Die wichtigsten Luftschadstoffe

Kohlenmonoxid (CO):

KohlenmonoxidKohlenmonoxid. Abb. von Ben Mills, aus >> wikipedia, abgerufen  17.8.2010. Public Domain.

Ein farb-, geruch- und geschmackloses, aber giftiges Gas - es lagert sich an den Blutfarbstoff Hämoglobin an und verdrängt dort den Sauerstoff. CO entsteht bei der unvollständigen Verbrennung von Holz, Kohle, Diesel und Benzin, z.B. in Autos bei niedrigen Motortemperaturen (Leerlauf) oder in schlecht eingestellten Heizungen. Die Emissionen aus Autos wurden mit der Einführung des Katalysators wesentlich reduziert; die aus Heizungen durch verbesserte Heizsysteme und ihre Überwachung durch Schornsteinfeger. Weltweit tragen Autos und Lastwagen ohne Katalysatoren immer noch zu etwa 60 Prozent zu den gesamten Emissionen bei; in Städten an Hauptverkehrsstraßen in Schwellen- und Entwicklungsländern bis zu 95 Prozent. Den Rest tragen insbesondere offene Holz- und Kohlefeuer bei.

Die natürliche Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre beträgt etwa 0,1 ppm; in Deutschland beträgt der erlaubte Grenzwert 10 mg/m³ (= 8,59 ppm) (61). Die typischen Messwerte liegen in Deutschland weit darunter. Der Grenzwert für CO am Arbeitsplatz liegt in Deutschland bei 35 mg/m³ (30 ppm); in Mexiko-Stadt werden an Hauptverkehrsstraßen 100 bis 200 mg/m³ gemessen. (Die Umweltwerte in Deutschland sind ungefährlich; gelegentlich kommt es aber durch kaputte Öfen, Schwelbrände oder in Privathaushalten durch die Benutzung eines Holzkohle-Grills in geschlossenen Räumen zu Kohlenmonoxid-Vergiftungen.)

Stäube/Partikel:

Stäube entstehen bei der Verbrennung und bei industriellen Prozessen, zunehmend auch im Verkehr (Dieselruß). Stäube aus offenen Feuern und primitiven Herden tragen zu Millionen Toten in Entwicklungsländern bei (>> mehr). In den Industrieländern sind werden die gröberen Stäube aus industriellen Prozessen heute durch Staubfilter weitgehend zurückgehalten; hier sind es heute vor allem die Feinstäube (Partikel mit weniger als 10 μm Durchmesser - engl. PM 10), die besondere Aufmerksamkeit verdienen: Diese sind so klein, dass sie in die Lunge gelangen können, wo sie Atemwegserkrankungen hervorrufen können; nach neuesten Erkenntnissen besteht auch ein dringender Verdacht, dass sie entzündliche Prozesse im Gehirn verursachen. Die europaweit gültigen Grenzwerte werden in Deutschland oft nicht eingehalten. Kommunen und Länder versuchen, das Problem mit Luftreinhalte- und Aktionsplänen in den Griff zu bekommen; das Ziel wird jedoch so selten erreicht, dass jetzt diskutiert wird, dass künftig die Grenzwerte an 55 Tagen im Jahr (statt bisher 35 Tagen) überschritten werden dürfen - obwohl die EU-Kommission (wie auch die US-amerikanische Umweltbehörde EPA) Feinstaub zum umwelthygienischen Schwerpunktthema erklärt haben. Eine relevante Quelle für Feinstaub sind auch Kaminöfen und andere Holzfeuerungen, die oft bis zu eintausend Mal so viele Schadstoffe abgeben wie moderne Öl- oder Gasheizungen.

In Deutschland gilt für Feinstaub der europaweite Grenzwert: Ein Jahresmittelwert von 40 µg/m³ PM 10 darf nicht und ein Tageshöchstwert von 50 µg/m³ an höchstens 35 Tagen überschritten werden (61). Werden diese Grenzwerte nicht eingehalten - und dies ist an verkehrsnahen und industrienahen Messstationen oft der Fall -, müssen Luftreinhalte- und Aktionspläne aufgestellt werden. Die höchsten Feinstaubwerte treten, wie die Messstationen zeigen, an Großstädten an Hauptverkehrsstraßen und am Rand von Industriegebieten auf. Nach Angaben des Umweltbundesamtes, das sich auf die Weltgesundheitsorganisation beruft, verkürzt Feinstaub die durchschnittliche Lebenserwartung eines Deutschen um zehn Monate. Der Richtwert der Weltgesundheitsorganisation (WHO), unterhalb derer keine nachweisbare Auswirkungen auf die Lebenserwartung mehr auftreten, beträgt für PM 10 20 µg/m³ (Jahresmittelwert) und 50 µg/m³ (Tageshöchstwert), dazu 10 µg/m³ als Jahresmittelwert und 25 µg/m³ für den Feinststaub PM 2,5 (Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5  μm Durchmesser). Die Konzentration aus natürlichen Quellen liegt bei 6 bis 10 µg/m³ für PM 10 (60).

Siehe hierzu auch:
>> Umweltbundesamt: Feinstaub
>> Feinstaub im Hirn (DIE ZEIT 9/2009)

Zu den Partikeln gehören auch Metalle, die z.T. giftig sind (Blei). Blei wurde in der Vergangenheit als Zusatz im Benzin benutzt (>> mehr); seit dem Verbot bleihaltigen Benzins im Jahr 1988 ist der Bleigehalt in der Luft so weit zurückgegangen, dass er heute in der Regel fünf Prozent des Grenzwertes (Jahresmittelwert 0,5 µg/m³, 61) nicht mehr überschreitet und wohl keine Gefährdung mehr bedeutet.

Schwefeldioxid (SO2)

SchwefeldioxidSchwefeldioxid. Abb. von Ben Mills, aus >> wikipedia, abgerufen  17.8.2010.  Public Domain.

Ein in höheren Konzentrationen stechend reichendes, giftiges Gas, das bei der Verbrennung von schwefelhaltigem Brennstoff (Kohle, Öl) entsteht. Hauptquelle sind Raffinerien und Gießereien sowie Kraftwerke. Schwefeloxide bilden in der Luft durch Reaktion mit dem darin enthaltenen Wasserdampf schweflige Säure und Schwefelsäure und tragen daher zum „Sauren Regen“ bei; in der Atemluft können sie zu Atemwegserkrankungen führen und das Leben verkürzen. In den Industrieländern konnte seit den 1970er Jahren durch Entschwefelung von Brennstoffen und Rauchgasen ein deutlicher Rückgang der Emission von Schwefeldioxid erreicht werden (>> Beispiel Rhein-Ruhr-Gebiet).

In Deutschland gelten zum Schutz der menschlichen Gesundheit ein Tagesgrenzwert von 125 µg/m³, der nicht öfter als dreimal im Jahr überschritten werden darf, und ein Stundengrenzwert von 350 µg/m³, der nicht öfter als 24 Mal im Jahr überschritten werden darf (61). Diese werden in Deutschland heute weit unterschritten. Der Richtwert der WHO beträgt jedoch nur 20 µg/m³, da die WHO erhebliche Unsicherheiten bei der Einschätzung des Gesundheitsrisikos durch Schwefeldioxid sieht (60). Dieser Wert gilt in Europa zum Schutz der Ökosysteme, wird aber nicht immer eingehalten.

Stickstoffoxide (NOx)

StickstoffdioxidStickstoffdioxid. Abb. von Ben Mills, aus >> wikipedia, abgerufen  17.8.2010.   Public Domain.

Eine Sammelbezeichnung für verschiedene Oxide des Stickstoffs, bedeutsam sind vor allem Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid (NO2) [und das >> Treibhausgas Distickstoffmonoxid (Lachgas)], die als Säurebildner auf die Schleimhäute reizend und giftig wirken und damit Atemwegserkrankungen auslösen; zum anderen sind sie an der Bildung von “Saurem Regen” und der Stickstoffüberdüngung natürlicher Ökosysteme sowie der Bildung des erdnahen Ozons (“Sommersmog”, siehe >> Sekundäre Luftschadstoffe) beteiligt. Stickstoffoxide entstehen zum einen aus dem Stickstoff im Brennstoff (Kohle, schweres Heizöl), bei hohen Temperaturen auch aus dem Stickstoff der Verbrennungsluft; Hauptquellen sind Autos, Eisen- und Stahlindustrie, Chemische Industrie und Kraftwerke.

Der Jahresgrenzwert zum Schutz der menschlichen Gesundheit beträgt 40 µg/m³ NO2 (61, das entspricht auch dem Richtwert der WHO) und zum Schutz der Vegetation 30 µg/m³ (daneben gibt es zum Schutz der menschlichen Gesundheit einen Stundengrenzwert von 200 µg/m³ (auch dies ein Richtwert der WHO (60)), der höchstens 18 Mal im Jahr überschritten werden darf). Diese Grenzwerte werden auch in den reichen Industrieländern noch überschritten (in Deutschland etwa an über der Hälfte aller verkehrsnahen Messstationen in Ballungsräumen); Stickstoffoxide gehören zu den ungelösten Umweltproblemen (siehe auch unten bei den sekundären Luftschadstoffen). Die technischen Fortschritte (Katalysator) wurden in der Vergangenheit oft durch zunehmenden Verkehr wieder kompensiert; Dieselfahrzeuge dürfen zudem ein Mehrfaches an Stickstoffoxiden ausstoßen wie Benziner, und nur wenige Modelle werden mit Stickoxid-Katalysator angeboten. Die Industrieemissionen konnten im Vergleich dazu durch feuerungstechnische Maßnahmen und Entstickung der Rauchgase deutlicher gesenkt werden.

Leichtflüchtige organische Verbindungen

(VOC, von engl. volatile organic compounds) sowie Kohlenwasserstoffe (HC): Sammelbezeichnung für organische Stoffe, die leicht verdampfen oder als Gas vorliegen. Sie werden vor allem als Folge der unvollständigen Verbrennung von Diesel und Benzin und bei der Verwendung von Lösemitteln freigesetzt. Besonders gefährlich sind die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK), Verbindungen mit mindestens zwei miteinander verbundenen Benzolringen. Sie reizen Atemwege und Augen, einige PAK sind krebserregend und verändern möglicherweise das Erbgut. Kohlenwasserstoffe tragen mit den Stickstoffoxiden zum Sommersmog (siehe >> Sekundäre Luftschadstoffe) bei. Zu den VOC gehört auch das Treibhausgas Methan (die anderen werden oft als NMVOC - non methane VOC - abgegrenzt).

Weitere Luftschadstoffe

Sekundäre Luftschadstoffe bilden sich in der Atmosphäre durch chemische Reaktionen. So bilden Schwefeldioxid und Stickstoffoxide Säuren („Saurer Regen“); Stickstoffoxide bilden zudem mit Kohlenwasserstoffen unter der Einwirkung von Sonnenlicht in Erdnähe Ozon und andere Schadstoffe (Sommersmog), die Schleimhäute reizen und Pflanzen schädigen.

OzonmolekülOzon. Abb. von Ben Mills, aus >> wikipedia, abgerufen  17.8.2010.    Public Domain.

Für Ozon gibt es zum Schutz der menschlichen Gesundheit einen Tagesgrenzwert von 120 µg/m³, der an höchstens 25 Tagen pro Jahr überschritten werden darf (61). Dieser Grenzwert wurde 2009 bei etwa 15 Prozent der Messstellen überschritten; der langfristige Zielwert (120 µg/m³ ohne Überschreitungen) wird nur bei 5 Prozent der Messstellen erreicht. Bei Erreichen einer Informationsschwelle von 180 µg/m³ muss die Bevölkerung informiert werden, was vor allem bei längeren Schönwetterperioden im Frühjahr und Sommer öfter vorkommt. Der Richtwert der Weltgesundheitsorganisation liegt bei einem 8-Stunden-Durchschnittwert von 100 µg/m³ (60).

Zu den Luftschadstoffen gehören insbesondere auch die Treibhausgase (zu denen auch Ozon gehört; eigene Seite >> zum Thema), die zum >> Klimawandel beitragen, sowie langlebige chlor- und bromhaltige Verbindungen wie die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), Halone (bromierte organische Verbindungen, die sich von Methan und Ethan ableiten) und andere Stoffe, die die Ozonschicht in der Stratosphäre zerstören (>> mehr); und giftige und radioaktive Stoffe.

Giftige Stoffe sind solche Schadstoffe, die bereits in geringen Konzentrationen Krebs oder andere schwere Krankheiten auslösen können. Zu ihnen gehören Benzol (das dem Benzin beigemischt und mit den Abgasen freigesetzt wird), Schwermetalle, Dioxin, Asbest, etc. (Mehr zu diesem Thema: >> Chemikalien in der Umwelt).

Aus Gülle und Mist in ländlichen Regionen steigt das scharf riechende Ammoniak auf, das von Niederschlägen ausgewaschen wie die Stickstoffoxide zur Bildung von “Saurem Regen” und zur Stickstoffüberdüngung beiträgt.

Berichterstattung über Emissionen

Große Industriebetriebe in Europa müssen nach einer EG-Verordnung (Nr. 166/2006) ab einem in der Verordnung aufgeführten Schwellenwert Bericht über Emissionen in die Luft (und andere Emissionen) erstatten; ihre Angaben sind in einem “Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister” (“PRTR”, von engl. pollutant release and transfer register) öffentlich zugänglich. In Deutschland wird dieses vom Umweltbundesamt unterhalten und ermöglicht es über eine Karte jedem, sich etwa über Emissionen von großen Industriebetrieben in der Nachbarschaft zu informieren.

>> Deutsches Schadstofffreisetzungs- und Verbringungsregister

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© Jürgen Paeger 2006 - 2012

 

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