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Das Leben

Die Geschichte des Lebens auf der Erde – 5

 Erdneuzeit (Känozoikum)
Das Zeitalter der Säugetiere

Zebras und Streifengnus im Ngoro-Ngoro-Krater, Tansania

Säugetiere (hier Zebras und Streifengnus im Ngoro-Ngoro-Krater, Tansania) lösten in der Erdneuzeit die Dinosaurier als vorherrschende Tiere auf dem Festland ab. Foto aus >> wikipedia commons, Fotograf “gary.fotu”, abgerufen 2.3.2008. Lizenz: >> c.c 2.0.

Die Wiederbesiedelung der Erde

Die Geschehnisse nach dem Meteoriteneinschlag am Ende der Kreide dürften dem geähnelt haben, was man noch heute nach einem Waldbrand oder Vulkanausbruch beobachten kann: Bald keimen wieder erste Pflanzen, deren Sporen oder Samen die Katastrophe überstanden hatten. Moos- und Farnpflanzen, Nadelbäume und Blütenpflanzen – aus jeder Gruppe überlebten Arten den Meteoriten. Sie bereiten den Weg für Insekten und andere Tiere, die (vielleicht in Erdhöhlen) ebenfalls überlebt haben. Zu diesen anderen Tieren gehörten Säugetiere und Vögel. Im Paläozän (vor 66 bis 56 Millionen Jahren) herrschte tropisches Klima; Anzahl und Vielfalt der Lebewesen nahmen schnell zu – es gab ja zahlreiche ökologische Rollen neu zu besetzen. (Wie lange genau es dauerte, bis die Ökosysteme wieder voll funktionierten, ist eines der heiß diskutierten Themen unter Paläontologen – die Angaben reichen von zwei bis drei bis zu 10 Millionen Jahren. Die Angaben hängen auch davon ab, was man untersucht: Der Kohlenstoffkreislauf kam schnell wieder in Gang; große Säugetiere, die die Rolle der großen Dinosaurier einnahmen, sollten erst 20 Millionen Jahre später, im Eozän, entstehen). Der erste große Gewinner waren die Blütenpflanzen; sie entwickelten die Vielfalt, die wir heute kennen: Von kleinen krautigen Pflanzen bis zu riesigen Bäumen; daneben kamen auch die Ginkgo-Gewächse, Araukarien und Mammutbäume weiterhin häufig vor.

Die Kunst der Verführung – die Blüte

Zur Blüte gehören neben den Frucht- und Staubblättern (in denen der Pollen entsteht) auch Kelch- und Kronblätter; die Kelchblätter sind meist grün, die Kronblätter farbig. Die Farben der Kronblätter sind wohl das wichtigste Mittel der Blütenpflanzen, um tierische Bestäuber auf sich aufmerksam zu machen; eine große Rolle spielen auch Duftstoffe. Auffällige Farben und schöne Düfte – Blüten sind Meister der Verführung. Selbst wir Menschen sprechen hierauf an. Aber gemeint sind eigentlich tierische Bestäuber – manche Pflanzen, etwa der Aronstab, stinken denn auch nach faulendem Aas: für den Blumenladen ungeeignet, Fliegen werden davon aber angelockt. Manche Orchideen wenden noch ganz andere Mittel an: Sie bilden Insekten-Weibchen und deren Sexual-Lockstoffe nach, und haben sogar eine Behaarung, die dem Insekten-Weibchen entspricht. Die Männchen versuchen, mit der Blüte zu kopulieren, und bekommen dabei den Pollen angepappt. Beim nächsten “Blüten-Weibchen” kommt es dann zur Bestäubung (wenn auch anders, als das Insektenmännchen wohl gehofft hat).

Orchideen. Abbildung von Ernst Haeckel

Orchideen. Abbildung aus Ernst Haeckel: Kunstformen der Natur (1904)

Werbung kann aber auf Dauer nicht funktionieren, wenn den angelockten Insekten nicht wirklich etwas geboten wird: meist ist dies Nahrung, es können aber auch Schutz (bis hin zum Brutplatz) und Wärme sein. Nahrungsquellen sind zum einen der Pollen selbst, oder eigens hergestellter Nektar oder Fette, die von Bienen eingesammelt werden. Manche Blüten täuschen aber auch Pollen und Nektar nur vor; und auch das Weibchen-Imitat der Orchideen passt wohl in die Kategorie Betrug. Die gegenseitige Anpassung von Blüten und Bestäubern im Verlaufe der Evolution (“Koevolution”) ist ein faszinierendes Gebiet, unter anderem gibt es Blüten, die an Fledermäuse, an Schmetterlinge oder an Vögel angepasst sind; auch die oben beschriebene betrügerische Nachbildung von Insekten-Weibchen ist ein Beispiel für Koevolution.

Blütenpflanzen

Die Ausbreitung der Blütenpflanzen und die Koevolution mit ihren Bestäubern verhalf auch diesen zu einer ständigen Weiterentwicklung: Hatten die Farnpflanzen noch mit einer Vielzahl von Giftstoffen versucht, sich die Tiere vom Leibe zu halten, bekamen mögliche Bestäuber nun sogar Nahrung angeboten – die Spezialisierung förderte hier die Entstehung neuer Arten. Die ersten Bestäuber waren wohl nicht sonderlich angepasst, tatsächlich kam Bestäubung durch Insekten auch bei den Bedecktsamern gelegentlich vor. Schon in der Kreide finden sich aber zahlreiche spezialisierte Insekten, die ganz an die Bestäubung angepasst waren: Die Schmetterlinge etwa entwickelten einen langem Rüssel, die Bienen einen Tanz, um ihren Artgenossen aus dem Stock den Ort reicher Nektarvorkommen anzuzeigen.

Etwa 20 Prozent der Blütenpflanzen blieben übrigens windbestäubt –  vor allem solche Arten, die in großer Zahl vorkommen: etwa Waldbäume der gemäßigten Klimazonen wie Eichen und Buchen oder die Gräser. Dort sind offenbar die Verluste nicht so groß, dass es aus Sicht der Evolution Vorteile hätte, den Bestäubern Nahrung für ihre Dienste anzubieten. Übrigens: Egal, ob vom Wind oder von Tieren verbreitet –  die Pollenkörner einer Art sind immer einzigartig. Da widerstandsfähige Pollenkörner besser als die empfindlichen Teile einer Pflanze konserviert werden, dient die Analyse der Pollenkörner vergangener Zeiten den Paläobotanikern dazu, die Pflanzenwelt vergangener Zeiten zu untersuchen und daraus etwa Rückschlüsse auf das vergangene Klima zu ziehen.

Auch wenn von Tieren bestäubte Pflanzen jene zur Fortpflanzung brauchten, mussten sie weiterhin dafür sorgen, dass sie sich nicht auf Blätter und andere Teile stürzten. Ihre wichtigste Strategie war die der Farne: Sie entwickelten eine große Vielfalt chemischer Stoffe zur Abwehr von Fraßfeinden. Daher ist die große Mehrzahl der Pflanzen auch nicht essbar. Viele Pflanzen entwickeln Abwehrstoffe auch erst, nachdem sie beschädigt, z.B. angefressen, werden. Vermutlich ist dies der Grund, warum viele Pflanzenfresser umherziehen – so haben die Pflanzen keine Zeit, Abwehrstoffe auszubilden. Die Vielfalt der chemischen Stoffe in Pflanzen ist auch der Grund, warum die Wissenschaft heute dort und nicht bei Tieren nach verwertbaren Stoffen und möglichen Medikamenten sucht.

Säugetiere

In den Meeren hatten Knochenfische und Haie die Katastrophe vor 65 Millionen Jahre überlebt; an Land profitierten Vögel und Säugetiere als Überlebende von den freigewordenen Lebensräumen: Sie konnten sich über die gesamte Erde ausbreiten und besiedelten nahezu alle Lebensräume der Welt. Vermutlich (die molekularen Uhren legen dies nahe) gab es bereits vor der Katastrophe zahlreiche Abstammungslinien der Säugetiere; nun wuchs ihre Vielfalt rasch an und die Säugetiere begannen, sich in Lebensweise und Aussehen auseinander zu entwickeln – dabei besiedelten sie schließlich nicht nur das Land, sondern auch die Meere (Wale) und die Luft (Fledermäuse). Die Wale haben sich nach molekularbiologischen Erkenntnissen im frühen Eozän von den Flusspferden abgetrennt, mit denen sie von allen Säugetieren am engsten verwandt sind. Im Paläozän gab es zwei große Gruppen von Säugetieren: die Beuteltiere und die sogenannten höheren Säugetiere oder Plazentatiere. Die Beuteltiere, deren Jungtiere sehr früh geboren und dann (meist) in einem als “Gebärmutterersatz” dienenden Beutel heranwachsen, dem sie ihren Namen verdanken, haben sich im Erdmittelalter in Südamerika entwickelt. Zu dieser Zeit hing der Kontinent noch mit der Antarktis und Australien zusammen – daher haben die Beuteltiere über die Antarktis auch Australien besiedelt.

Das Eozän (vor 56 bis 33,9 Millionen Jahren) löste das Paläozän infolge einer plötzlichen >> Erderwärmung ab. Dieser als PETM (“Paläozän-Eozän Temperaturmaximum”) bekannte prähistorische Klimawandel bewirkte offenbar, dass sich in den Ozeanen ein subtropischer Dinoflagellat namens Apectodinium ausbreitete, Meerestiere mit Kalkschalen verschwanden dagegen – sie wurden wohl Opfer der Meeresversauerung durch Kohlensäure, die durch steigende Kohlendioxid-Konzentrationen im Meereswasser entstand. Insgesamt starben zwei Drittel aller Arten in den Ozeanen aus (die Farbänderung in Meeressedimenten, die infolge des Fehlens der Arten mit Kalkschale nicht mehr weiß, sondern lehmrot waren, führte die Forscher 1991 auf die Spur dieses Klimawandels). An Land zeigen die Blätter von Pflanzen vermehrt Fraßspuren von Insekten, die entweder (erste Hypothese) durch die Erwärmung aktiver wurden oder (zweite Hypothese) durch abnehmenden Proteingehalt der Pflanzen (der in Gewächshäusern nachzuweisen ist, wenn die Kohlendioxid-Konzentration künstlich erhöht wird) gezwungen waren, mehr zu fressen. Zudem finden sich nach dem PETM die ersten Exemplare der wichtigsten heutigen Säugetierordnungen, der Paarhufer (Tiere mit einer geraden Anzahl von Zehen, wie heute Schweine, Rinder, Hirsche oder Giraffen) und der Unpaarhufer (mit ungerader Anzahl von Zehen, wie heute Pferde oder Nashörner) sowie die ersten Primaten. Der Erderwärmung hat damals tropische Arten in Richtung der Pole wandern lassen, und diese Änderung der Umwelt hat womöglich die evolutionäre Zunahme der Säugetiere ausgelöst, die in Fossilien aus dieser Zeit nachzuweisen ist. Nachdem sich Australien mit Neuguinea von der Antarktis abspaltete, entwickelten sich dort die Beuteltiere besonders gut und sind heute das zoologische Kennzeichen dieses Kontinents, mit den Kängurus als bekannteste Vertreter.

Auch Südamerika war nach der Abtrennung von der Antarktis und Australien vor etwa 100 Millionen Jahre eine Insel; hier besetzten die Beuteltiere zunächst die ökologische Rolle der Raubtiere – manche ähnelten den Säbelzahnkatzen. Bis in die heutige Zeit haben aber nur wenige Arten überlebt, darunter die Opossum-Arten und die Beutelratten, die nach dem Zusammenstoßen des Kontinents mit Nordamerika sogar den Weg dorthin fanden. Die bescheidenere Rolle der Beuteltiere mag an der Konkurrenz durch die Plazentatiere gelegen haben, die hier ebenfalls eine eigentümliche Fauna mit Huftieren wie Toxodon, (das Charles Darwin als „das wohl seltsamste Tier, das je entdeckt wurde“ beschrieb) und den “Nebengelenktieren”, zu denen Gürteltiere, Ameisenfresser und Faultiere gehören, darunter das (heute ausgestorbene) elefantengroße Riesenfaultier. Die südamerikanischen Huftiere sind heute ebenfalls ausgestorben.

Ungefähr zur gleichen Zeit wie Südamerika trennte sich auch Madagaskar von Indien ab; auch auf Madagaskar entwickelte sich eine einzigartige Tier- und Pflanzenwelt: Etwa 80 Prozent der Arten kommen nur hier vor. Beispiele sind sechs der insgesamt acht Arten von Baobab-Bäumen und die zu den Primaten gehörenden Lemuren. Deren Vorläufer haben Madagaskar nach molekularbiologischen Untersuchungen erst im frühen Paläozän erreicht, also wohl auf dem Seeweg. Die europäischen Säugetiere des Eozän sind am besten aus der Grube Messel in Hessen bekannt: Berühmt sind die hier gefundenen Urpferdchen, daneben fanden die Forscher hier Fossilien von zahlreichen weiteren Säugetieren, von Vögeln, Reptilien, Fischen und Insekten (siehe Kasten). In dieser Zeit wurden die Säugetiere langsam größer – vermutlich hatte diese Entwicklung mit steigendem Sauerstoffgehalt in der Luft zu tun; und dieser ging vermutlich auf die Ausbreitung der Kieselalgen zu tun, die in dieser Zeit über dem Küstenschelf aufblühten und große Mengen Sauerstoff produzierten.

Grube Messel

Die nahe Darmstadt gelegene Grube Messel ist die bedeutendste europäische Fundstätte von Fossilien aus der Frühzeit der Säugetiere. Wir verdanken sie einer Katastrophe: Vor 48 Millionen Jahren stieg hier Magma auf und kam mit Grundwasser in Berührung –  die davon ausgelösten Wasserdampfexplosionen schufen einen Krater, und als der Magmaschlot durch Basaltgestein verstopft wurde, füllte das Grundwasser diesen zu einem See auf. Vor 47 Millionen Jahren lag dieser See in tropischem Klima – und ab und an fielen Tiere in den See und ertranken (möglicherweise, so eine Hypothese, weil weiterhin tödliche Gase aus dem Erduntergrund aufstiegen). In dem sauerstofffreien Tiefenwasser wurden diese nicht zersetzt, sondern im Laufe der Jahrtausende in Sedimentschichten eingelagert, aus denen Ölschiefer entstand. Der Namensbestandteil “Grube” erinnert an den Abbau des Ölschiefers, bei dem die Fossilien entdeckt wurden. Heute kaum zu glauben: Nach dem Ende des Abbaus sollte die Grube mit Müll aufgefüllt werden, über zwei Jahrzehnte musste eine Bürgerinitiative gegen diese Idee kämpfen. Nur die Grünen unterstützten damals die Bürgerinitiative; als Anerkennung wurde 2005 eine Riesenschlange (Palaeopython fischeri) nach dem damaligen hessischen Grünen-Vorsitzenden Joschka Fischer benannt.

mehr: >> Webseite der Grube Messel gGmbH

Etwa 150.000 Jahre nach dem PETM sank der Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre wieder, die Erde kühlte wieder ab. Diese Abkühlung ging mit zunehmender Trockenheit einher. Die Regenwälder des Paläozän wurden jenseits der Tropen nun durch Savannenwälder und Grasländer abgelöst; die Gräser tauchten nun erstmals weit verbreitet auf. Erstmals entstanden nun Ökosysteme, wie wir sie auch heute noch vorfinden: Tropische Regenwälder in den Tropen, Savannenwälder und Grasländer nördlich davon, und Nadelwälder polwärts (mehr zu den Ökosystemen >> hier). Vermutlich bereits in der Kreidezeit war zudem aus der Ordnung der Insektenfresser eine Tiergruppe entstanden, aus der später der Mensch hervorgehen sollte: die Primaten (“Herrentiere”). Im Eozän finden sich zahlreiche fossile Funde dieser Gruppe; die Tiere ähnelten den heutigen Koboldmakis. Sie besaßen gegenständige Daumen (die gutes Greifen ermöglichen) und Nägeln statt Klauen, waren also an das Leben in Bäumen angepasst.

Das Geheimnis der Säugetiere

Die biologische Beschreibung der Säugetiere klingt zunächst langweilig: Säugetiere säugen ihre Jungtiere mit Milch (was ihnen den Namen gibt), besitzen ein Fellkleid aus Haaren (was manche von ihnen im Laufe der Zeit wieder verloren haben, so Wale und Menschen), haben eine gleichmäßige Körpertemperatur (im Gegensatz zu wechselwarmen Tieren, die sich der Umgebungstemperatur anpassen), atmen mit einem Zwerchfell und besitzen die drei Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel, unter anderem. Die gleichmäßige Körpertemperatur, die wir mit den Vögeln teilen, scheint ein Geheimnis des Erfolgs zu sein – aber nicht alleine: Die 5.500 Arten Säugetiere bestimmen das Geschehen auf der Erde weit mehr als die knapp 10.000 Vogelarten. Das Erfolgsgeheimnis der Säugetiere scheint eher in ihrer “Software”, dem reichhaltigen Verhaltensrepertoir, zu stecken, als in ihrer “Hardware”, der körperlichen Ausstattung. Die Bedeutung der “Software” sollte sich insbesondere bei einem Primaten zeigen, dem >> Menschen. Dies zeigt auch, dass man Darwins “Survival of the fittest” nicht einfach mit “Überleben der Stärksten” übersetzen kann – in der Regel gewinnt der, der sich seiner Umwelt am besten anpassen kann. Das muss nicht der (körperlich) Stärkste, das kann auch der Cleverste sein.

Eine riesige Gebirgskette entsteht

Im Oligozän (vor 33,9 bis 23 Millionen Jahren) kühlte es weiter ab. Über der Antarktis bildete sich eine geschlossene Eisdecke, in Nordamerika, Afrika und Asien wichen die Wälder zurück und wurden zum Teil durch große, offene Graslandschaften ersetzt. Hier entwickelten sich große Tiere, für die in den Regenwäldern zuvor kein Platz war; zum Beispiel Nashörner, Hirsche und Kamele. Die Primaten nahmen in Afrika eine eigenständige Entwicklung: Aus den dort lebenden Tieren sollten die Altweltaffen und die Menschenaffen entstehen (erstere Affen mit, letztere ohne Schwanz). Der älteste Fund eines Altweltaffen ist der 33 Millionen Jahre alte Aegyptopithecus aus Ägypten. Aegyptopithecus lebte in einem Regenwald, der wohl ein Rest vergangener Zeiten war. Im Oligozän nämlich bewegten sich die im Süden verbliebenen Bestandteile des ehemaligen Gondwana nach Norden, die Afrikanische Platte kollidierte schließlich vor 30 Millionen Jahren mit Eurasien und Indien mit Asien. Dabei entstand der riesige Gebirgsgürtel, der sich von Nordafrika und Spanien über Europa und Indien bis nach China und sogar Indonesien erstreckt und Rif, Pyrenäen, Alpen, Kaukasus, Pamir und den Himalaya umfasst. (Diese Vorgänge sind heute noch nicht ganz vorbei, davon zeugen die aktiven Vulkane Süditaliens oder Erdbeben in Indien und China.) Mit der Auffaltung des Himalaya begannen in Asien die Monsunregen: Das sich schneller als die Meere erwärmende Festland zog feuchte Luft vom Indischen Ozean an, die von den Bergen zum Aufstieg gezwungen wurde und sich dort abregnete. Im Zuge der Bewegung nach Norden verschoben sich in Afrika die Klimazonen: Die Regenwälder folgten dem Äquator und wanderten von der heutigen Sahara nach Süden. Da Afrika aber nun mit Eurasien verbunden war, konnten sich Tiere ausbreiten: Elefanten und Altweltaffen gelangten nach Asien, im Gegenzug gelangten Pferde und Antilopen nach Afrika. Wie es mit den Primaten in Afrika weiterging, liegt mangels Fossilien im Dunkel der Vorgeschichte; nach genetischen Befunden trennte sich die Linien, die zu den heutigen Altwelt- und Menschenaffen führten, vor etwa 25 Millionen Jahren.

Zu Beginn des Miozän (vor 23 bis 5,33 Millionen Jahren) trennte sich Afrika noch einmal von Eurasien, von Europa war der Kontinent durch das Tethysmeer getrennt. Erst vor 17 Millionen Jahre verbanden sich die beiden Kontinente wieder. Aus dem frühen Miozän stammen Fossilienfunde der Gattung Proconsul, die zu den ältesten Menschenartigen gehört – er besaß höchstwahrscheinlich keinen Schwanz mehr. Proconsul war so groß wie ein Pavian und lebte in Bäumen, wo er hauptsächlich Früchte aß. Welche Rolle er im Stammbaum genau spielt, ist unklar: Er könnte ein Vorfahr der Menschen und Menschenaffen sein – oder auch nur ein Seitenzweig. Weitere Funde sind der 15 Millionen Jahre alte Kenyapithecus und der 2003 auch bei Barcelona gefundene Pierolapithecus catalaunicus, der vor 14 Millionen Jahren in Afrika lebte und – wie der Fund bei Barcelona zeigt – auch Europa besuchte. Auch andere Menschenaffen verließen Afrika, so entstand etwa ein asiatischer Zweig, zu dem die heutigen Orang-Utans und Gibbons gehören. Möglicherweise starben die afrikanischen Menschenaffen sogar aus und der Kontinent wurde erst später wieder von aus Asien zurückgewanderten Menschenaffen besiedelt; ebenso gut ist aber möglich, dass in Afrika aus den kommenden Jahrmillionen nur Fossilien fehlen.

Während dieser Zeit bewegte sich Afrika nach Norden; dadurch entfernte sich der Nordteil des Kontinents vom Äquator und das Klima kühlte ab. Dadurch wurden dort die Regenwälder zurückgedrängt, offenere Savannenlandschaften dehnten sich aus. Gleichzeitig begann südlich des Roten Meeres, die Afrikanische Platte auseinander zu brechen: Es begann die Entstehung des zweiarmigen Großen Afrikanischen Grabens, mit dem Zentralafrikanischen Graben im Westen des zentralen Great Rift Valley und dem Ostafrikanischen Graben im Osten. Das zentrale Tal senkte sich unter den Meeresspiegel ab, die Ränder an den Gräben wurden angehoben: Dabei entstanden mächtige Steilwände, die bis zu 2.700 m hoch wurden (Mau Escarpment in Kenia). Diese Berge unterbrachen die Westwinde, die zuvor feuchte Atlantikluft über ganz Afrika verteilt hatten; nun regneten sie an den Bergen ab. Das Gebiet östlich der Berge lag im Regenschatten, und dies verstärkte noch die Umwandlung der früheren Regenwälder in eine Baumsavanne. Vor acht Millionen Jahren wurde Afrika noch einmal trockener, wie zunehmende Sandmengen in den Sedimenten vor der Küste Westafrikas zeigen – um diese Zeit begann die Entstehung der Sahara. Im späten Miozän gibt es wieder Belege für Menschenaffen in Afrika, dieser Zweig sollte Gorillas, Schimpansen und den Menschen hervorbringen (mehr dazu >> hier).

Im späten Miozän, vor etwa 8 Millionen Jahren, als Afrika noch einmal trockener wurde, breiteten sich die Savannen weiter aus – der Umweltbedingungen waren jetzt wie geschaffen für Gräser, unter denen es zahlreiche Trockenheit gut ertragende C4-Pflanzen (>> hier) gab. Die Ausbreitung der Gräser förderte die Trockenheit noch, da sie im Unterschied zu Tropenwäldern durch ihre geringere Transpiration kein feuchteres Lokalklima durch eine erhöhte Luftfeuchtigkeit entstehen lassen. Mit der Ausbreitung der Gräser entwickelte sich auch die afrikanische Tierwelt, die wir heute kennen: die wegen ihres hohen Zellulose-Anteils schwer verdaulichen Gräser wurden von großen Huftieren abgeweidet, denen Bakterien im Verdauungstrakt halfen, die Gräser zu zerlegen, so entstanden die wandernden Herden der Weidetiere – und die großen Raubtiere, die von diesen lebten. Die Ausbreitung der Gräser hatte noch eine weitere Konsequenz weitab von den Savannen: Da in Gräsern – wohl infolge ihrer Wirksamkeit als Schutz gegen Pflanzenfresser – oftmals Siliziumkristalle zu finden sind, bringen Gräser Silizium aus dem Boden in die Pflanzen; Silizium, der nach dem Absterben der Gräser freigesetzt wird und zum Teil schließlich im Ozean endet. Dort scheint die Siliziumzufuhr die Ausbreitung der Kieselalgen gefördert zu haben, deren Zellhülle aus Siliziumdioxid besteht. Jedenfalls haben die Kieselalgen seither die etwa in der Kreide dominierenden >> kreidebildenden Algen von ihrem Platz an der Sonne verdrängt.

Gegen Ende des Miozäns gewann auch die Kollision Afrikas mit Eurasien noch einmal an Fahrt – dabei verschwand das einstige Tethysmeer. Zwischenzeitlich war nämlich die heutige Straße von Gibraltar zwischen Afrika und Europa geschlossen, und das Meer, in das kein neues Wasser nachfließen konnte, trocknete in Folge der Verdunstung vor etwa sechs Millionen Jahre (offenbar mehrfach) aus. Zwei bis drei Kilometer dicke Salz- und Gipsschichten auf dem Grund des Mittelmeers sind der Beweis hierfür.

Im Pliozän, das vor gut fünf Millionen Jahren begann, ähnelte die Lage der Kontinente der heutigen, Nord- und Südamerika waren jedoch noch nicht verbunden. Ostafrika begann zu brechen, wodurch das Rote Meer entstand und sich der Golf von Aden öffnete. Das Klima kühlt weiter ab. Bis vor fünf Millionen Jahren war Australien von tropischen Regenwäldern bedeckt und besaß eine reichere Fauna als heute. Dann wurde das Klima trockener und verdrängte die Regenwälder auf einige Randbereiche, zahlreiche Arten starben aus.

Nord- und Südamerika verbinden sich – und lösen eine Eiszeit aus

Während dieser ganzen Zeit ging die Evolution der Tierwelt weiter: Jäger mussten Gejagte überlisten, und diese sich durch empfindliche Nerven und scharfe Sinne schützen. Manche Arten (etwa die Wölfe) entwickelten soziale Systeme, um ihre Opfer besser jagen zu können. Vor drei bis vier Millionen Jahren bildete sich die Landenge von Panama als Verbindung zwischen Nord- und Südamerika; danach kam es zu Wanderungen von Tieren in beide Richtungen: Gürteltiere, Stachelschweine und Meerschweinchen zogen nach Norden, Elefanten, Pferde, Pumas und Kamelartige (aus denen sich Lama und Alpaka entwickelten) nach Süden. Die Verbindung von Nord- und Südamerika unterbrach einen warmen Ost-West-Meeresstrom. Das warme Wasser verstärkte jetzt einen nach Norden weisenden Meeresstrom –  der Golfstrom brachte warmes Wasser nach Nordeuropa; der Grund, warum das Klima in Paris heute so viel angenehmer ist als in Neufundland (>> mehr). (Die historischen Meerestemperaturen konnte man über Isotopenmessungen in Sedimentkernen errechnen, >> mehr. Dabei stellte sich heraus, dass es seit 35 Millionen Jahren immer kälter wurde, mit einem Schub vor 3 Millionen Jahren: Da führte der warme Golfstrom zu verstärkten Niederschlägen im Norden, und diese zur Bildung einer Eiskappe in der Arktis; und deren große weiße Oberfläche reflektierte viel Sonnenstrahlung und führte zu einem Temperaturrückgang in weiten Teilen der Erde.)

Durch diese Klimaänderungen wurden große Teile des Festlandes der Erde von Grasland bedeckt: Savanne, Prärie und Pampa. Mit den Gräsern verbreiteten sich Wiederkäuer wie Gazellen, Rinder, Kamele und Hirsche, die Gräser verdauen konnten. Diese lebten Seite an Seite mit anderen Pflanzenfressern, wie Elefanten. Anhand eines anderen deutschen Fossilien-Fundorts, des Untermaßfelds in Thüringen beschrieb die Zeitschrift GEO das Werratal vor einer Millionen Jahre wie folgt: „In einem flachen, streckenweise mehrere Kilometer breiten Tal säumten Galeriewälder den immer wieder wechselnden Lauf der Ur-Werra. Die tags im schlammigen Wasser ruhenden Flusspferde zogen nachts von ihren aquatischen Revieren einige Kilometer weit zu höher gelegenen Weiden ... Zwischen Weiden- und Pappelbeständen der Aue wanden sich tote Wasserarme und verlandende Tümpel. Der Jaguar, der hier vor allem Hirschen auflauerte, suchte die Nähe des Wassers. ... Dort, wo die Wälder sich auflockerten, grasten langbeinige Bisons, umschlichen von der hungrigen Dolchzahnkatze. ... Auf der angrenzenden Hochfläche erstreckte sich eine parkartige Savanne, durch die Elefanten – Schulterhöhe bis 4,40 Meter – und Nashörner wanderten. Pferdeherden zogen durch das offene Gelände, stets auf der Hut vor dem Geparden. Von der Hochebene bis hinunter an den Fluss durchstreiften Wolfsrudel und Bären die Region.“ Wir erkennen die beschriebene Welt wieder, würden sie aber nicht in Deutschland vermuten. Insgesamt wurden hier 11 Raubtierarten gefunden, die von 12 großen Pflanzenfressern lebten. Eine sehr reiche Fauna – im Serengeti-Nationalpark leben auch „nur“ 13 Fleischfresser.

Die Eiszeiten des Pleistozän begannen also eigentlich schon vor drei Millionen Jahren. Erst im 19. Jahrhundert wurde den Geologen klar, dass Nordamerika und Nordeuropa in geologisch nicht all zu ferner Vergangenheit unter mehreren Kilometer dicken Eisdecken begraben war; eine Erkenntnis, die untrennbar mit dem Geologen Louis Agassiz verbunden ist. Heute reden wir von Eiszeiten, denn sie waren immer wieder von Zwischenwarmzeiten unterbrochen (und selbst heute leben wir vermutlich nur in einer weiteren Zwischenwarmzeit); der letzte Vorstoß des Eises, in Nordeuropa Weichsel-Eiszeit und in den Alpen Würm-Eiszeit genannt, begann vor 130.000 Jahren und erreichte seinen Höhepunkt vor 20.000 Jahre. (Mehr hierzu: Klimageschichte, >> Die Eiszeiten). Das Leben, so vermutete schon >> Charles Darwin in seinem Werk "Die Entstehung der Arten", reagierte darauf mit Wanderungen: Organismen nördlicher Regionen zogen sich in gemäßigte Breiten zurück; die Bewohner gemäßigter Breiten in weiter südlich gelegene Regionen. In den Warmzeiten kehrten sie – wenn sie denn diese Wanderungen überstanden – in ihre ursprünglichen Regionen zurück. Darwins Vermutung wurde inzwischen, unter anderem durch Fossilfunde, vielfach bestätigt. (Weshalb der aktuelle >> Klimawandel manchen Optimisten nicht beunruhigt – die biologische Vielfalt habe ja schon oftmals ähnliches durchgemacht. Allerdings gingen die Temperaturen in den Eiszeiten immer nach unten, wodurch eher die Anpassung der Organismen an Kälte gefördert wurde; wärmer als heute war es zumindest in den letzten 800.000 Jahren nie. Und die gegenwärtige Veränderung geschieht deutlich schneller – mindestens zehnmal – als die Temperaturänderung zwischen Eis- und Warmzeiten, womit sie die Wanderfähigkeit vieler Arten überfordern könnte, zumal die Zerstückelung von Lebensräumen durch menschliche Aktivitäten die Wanderung heute zusätzlich behindert. Siehe auch >> Gefährdung der biologischen Vielfalt durch den Klimawandel).

Erst als diese Kaltzeit vor 12.000 Jahren zu Ende ging, entstand das heutige Klima und damit die heutige Verteilung der >> Lebensräume mit ihren Pflanzen und Tieren auf der Erde. Alle Lebewesen, die hieran beteiligt sind, hatten die Eiszeiten überlebt; in vielen Fällen wurde ihre Geschichte von den Eiszeiten geprägt. So auch bei dem Säugetier, das aus den Primaten hervorging und das die Entwicklung nach der Eiszeit prägen sollte wie kein anderes – und dessen Entwicklung daher eigene Seiten verdient: >> Der Mensch.

Titelseite des Buches Naturwunder Erde von Markus Mauthe und Jürgen Paeger

Die großen Lebensräume der Erde sind mit zahlreichen Fotos des Naturfotografen Markus Mauthe und mit ausführlichen Texten von mir auch in dem Buch >> Naturwunder Erde beschrieben, das im Buchhandel erhältlich ist.

Weiter mit:
>> Die Vielfalt des Lebens – Biodiversität

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>> Das Leben

© Jürgen Paeger 2006 – 2015

Das Gegenstück der Altweltaffen sind die Neuweltaffen Süd- und Mittelamerikas: Entweder sind die Primaten bereits vor der Trennung Südamerikas von Afrika entstanden, oder ihre Vorfahren haben den damals noch schmalen Atlantik – etwa auf Treibholz –  überquert.

Neben der Trockenheit dürften auch die Gewitter, die die zunehmenden Monsunregen begleiteten, zur Ausbreitung der Gräser beigetragen haben: Feuer durch Blitzschlag zerstört Wälder und schafft Lebensraum für Gräser, die wiederum Feuer fördern, da sich leichter brennen als Bäume.

Computermodelle zur Ausbreitung der Vegetation zeigen, dass bei häufigen Gewittern sich daher Grasländer ausdehnen.