Selbstorganisation
komplexer Systeme
– der Weg zum Leben?
Die Entstehung komplexer Systeme wie das Leben aus einfachen
Bausteinen versuchen die mit „Selbstorganisation“ oder „Synergetik“
umschriebenen Ansätze zu beschreiben. Diese Ansätze sind mit Namen
wie Herman Haken, Ilya Prigogine, Manfred Eigen und Stuart Kauffman
(um nur einige zu nennen) verbunden. Worum geht es ihnen? Schon bei
einfachen physikalischen Systemen entstehen aus den Wechselwirkungen
verschiedener Teilchen neue Eigenschaften, die sich nicht aus der
Beschreibung des ursprünglichen Systems ergeben. So wird in der
statistischen Mechanik die Temperatur eines Körpers (eine
beobachtbare Eigenschaft) mit der durchschnittlichen
Bewegungsenergie seiner einzelnen Teilchen erklärbar. Temperatur
entsteht also erst durch Wechselwirkungen mehrerer Teilchen; Wärme
entsteht durch die Umwandlung der Bewegungsenergie beim Zusammenstoß
dieser Teilchen, so wie Musik dann entstehen kann, wenn eine Gitarre
und ein Gitarrist zusammenkommen. Solche Eigenschaften, die erst bei
der Interaktion von Teilchen oder Bestandteil eines Systems neu
entstehen, werden emergente Eigenschaften genannt.
Solche emergenten Eigenschaften finden sich auch in der Chemie; und
die Entstehung von Leben aus nicht-lebendigen Bausteinen ist eine
solche emergente Eigenschaft. Die Atome lebendiger Organismen
unterscheiden sich in nichts von denen nicht-lebendiger Materie, das
Leben ist eine Folge ihres spezifischen Zusammenwirkens. Auch das
menschliche Bewusstsein ist vermutlich eine emergente Eigenschaft
unseres komplexen Gehirns. Umstritten ist, ob emergente
Eigenschaften sich immer vollständig aus des Eigenschaften der
beteiligten Teilchen bzw. Teilsysteme ableiten lassen,
vorausgesetzt, diese sind vollständig bekannt (was bei komplexen
Systemen nur eine theoretische Möglichkeit ist, die sich praktisch
kaum prüfen lässt; diese Ansatz wird als „schwache Emergenz“
bezeichnet) oder ob emergente Eigenschaften tatsächlich neue
Eigenschaften sind, die nicht grundsätzlich auf die Eigenschaften
der Teilchen bzw. Teilsysteme zurückgehen müssen („starke Emergenz“;
dieser Ansatz setzt aber voraus, dass das Verhalten von Atomen, das
mikroskopisch in jeder denkbaren Situation beschrieben werden kann,
in Situationen, in denen das Atom Bestandteil eines Systems mit
emergenten Eigenschaften ist, anders sein müsste als wenn es dies
nicht wäre; und hieran glaubt nur eine Minderheit der Forscher).
Einigkeit herrscht wieder darüber, dass sich emergente Eigenschaften
zumeist am einfachsten und damit sinnvollsten auf der Ebene des
Systems untersuchen lassen, auf der sie entstehen. Daher werden die
Phänomene des Lebens von der Biologie untersucht; die Biologie
liefert die effektivsten
Theorien für die Vorgänge des Lebens.
Mit der Erforschung der typischen Eigenschaften
lebender Systeme verbindet sich die Hoffnung, Voraussetzungen und
Regeln für die Selbstorganisation und die Entstehung biologischer
Systeme zu finden, die bei der Erklärung der Entstehung des Lebens
und seiner Eigenschaften helfen können. Ob dieses gelingt, ist
durchaus offen: Die Untersuchungen selbstorganisierter Systeme
zeigen nämlich, dass manchmal Zufälligkeiten darüber entscheiden,
welche Richtung eingeschlagen wird. Die unvermeidlichen
Zufälligkeiten auf der subatomaren Ebene (die zur
Unvorhersagbarkeit von Ereignissen in der Quantenphysik führt)
verursachen kleine Abweichungen der Ausgangsbedingungen, und diese
können sich zu großen Abweichungen im Ergebnis aufschaukeln. Wenn
das Leben auf eine eher unwahrscheinliche Zufälligkeit zurückgeht,
wird seine Entstehung schwer nachzuvollziehen sein; die
Wissenschaftler hoffen daher, dass es „robuste“ (nicht von den
Details der Ausgangsbedingungen abhängige) Eigenschaften lebender
Systeme gibt, die sie entdecken können. Wenn Leben, wie vermutet,
eine natürliche Eigenschaft der Materie ist, sollte dieses so sein.
0132: Den Zusammenhang zwischen
Entropie und Leben hat schon im Jahr 1943 der österreichische
Physiker Erwin Schrödinger in einer Reihe von Vorlesungen in
Dublin dargestellt; diese Vorlesungen erschienen ein Jahr später als
Buch mit dem Titel "Was ist Leben?". Die aktive Aufnahme von
Energie durch Lebewesen bezeichnete Schrödinger darin als aktive
Entnahme von negativer Entropie aus der Umwelt (wodurch die positive
Entropie im Lebewesen abnimmt, in der Umwelt aber zunimmt. Das
funktioniert so lange, bis das Lebewesen stirbt. Dann nimmt auch
seine Entropie zu, in der Summe führt dieser Vorgang also zu einer
Zunahme der Entropie). Heute gibt es viele Forscher, die glauben,
dass dieses die eigentliche Triebkraft für die Entstehung des
Lebens gewesen sein könnte: Lebewesen sind demnach deshalb
entstanden, weil sie die Entropie im Universum wirksamer erhöhen als
andere Vorgänge. Darin bestärkt werden sie durch Erkenntnisse, dass
sich Teilchen spontan zu verschiedenen Gebilden zusammenfinden, wenn
sie gebündelter Energie (wie der Sonnenstrahlung) ausgesetzt sind,
"als wollten sie per Versuch und Irrtum herausfinden, welche
Anordnung Wärmeenergie am wirksamsten zerstreut" (James Suzman: Sie
nannten es Arbeit. C.H. Beck 2021. Suzman bezieht sich u.a. auf J. M. Horowitz und
J. L. England: Sponaneous fine-tuning to environment in many
species chemical reaction networks. Proc. Natl. Acad. Sci. USA
114, p. 7565 (2017)). Unter diesen Anordnungen könnten auch
solche entstehen, so die Vertreter dieser Hypothese, die die
Eigenschaften des Lebens haben. Die englische Biologin Olivia Judson
untergliedert die Evolution des Lebens
sogar nach den Formen der Energiegewinnung: In der ersten Stufe
nutzte das Leben vermutlich geochemische Energie, in der zweiten das
Sonnenlicht, in der dritten nutzte es Sauerstoff, in der vierten –
mit der Entstehung der Tiere – begann es, andere Lebewesen zu
fressen und in der fünften Stufe begann es, das Feuer zu
kontrollieren (Olivia
Judson 2017: The energy expansion of evolution. Nature Ecology
& Evolution 1, p. 138).
(Schrödingers Buch sollte mit der zweiten Frage, die er stellte,
einen wesentlichen Einfluss auf die Biologie haben. Die Frage
lautete: Was ist ein Gen? Seine Voraussage, dass es sich um
"aperiodische Kristalle" handeln müsse, die "in einer Art Code" die
Entwicklung in der Zelle steuern, inspirierte eine ganze Generation
von Biologen zur Suche nach diesem Code, auch die späteren Entdecker
der Struktur der DNS, Crick & Watson (siehe Vererbung,
Gene und DNS). Sie schickten Schrödinger Sonderdrucke ihrer
Arbeit mit dem Hinweis, er habe sie stark beeinflusst.)
0135: Zellen
wurden 1665 erstmals von Robert Hooke, dem
Chefexperimentator der 1660 neu gegründeten Royal Society of London,
mit einem selbst gebauten Mikroskop in Kork entdeckt. Vermutlich
1674 entdeckte Anton van Leuwenhook in Tröpfchen von
Teichwasser die ersten Einzeller, die er als "dierkens", Tierchen,
bezeichnete. Mit immer besseren Mikroskopen entstand dann die
Erkenntnis, dass alle Lebewesen aus solchen Zellen aufgebaut sind.
Von dort aus war es nicht mehr weit bis zu Erkenntnis, dass jede
Zelle eine "vitale Einheit [ist], von denen jede den vollen
Charakter des Lebens in sich trägt" (Rudolf Virchow), jede
Zelle als selbst lebendig ist. Von Virchow stammt auch der Satz "Omnis
cellula e cellula", jede Zelle entsteht aus einer Zelle. Damit
wandte er sich gegen die seinerzeit noch verbreitete Auffassung,
Leben entstehe spontan aus toter Materie. Zellen entstehen durch die
Zellteilung, bei der eine Zelle zwei neue bildet. Heute gelten
Zellen als die Grundeinheit des Lebens; alle Zellen sind von einer
Zellmembran aus fettähnlichen Lipiden umschlossen, die die Zelle von
ihrer Umgebung trennt. Man unterscheidet einzellige und mehrzellige
Lebewesen; die Zellteilung ist die Grundlage der Vermehrung
einzelliger Lebewesen und des Wachstums und der Entwicklung
mehrzelliger Organismen. Für den Biochemiker und Nobelpreisträger
Paul Nurse gehört die Zelle (als "abgeschlossenes, physikalisches
Gebilde") sogar zu den zentralen Kennzeichen des Lebens, das etwa
Computerviren als Leben ausschließt (siehe sein Buch: Was
ist Leben?). ("Echte" Viren
sind ebenfalls nicht in Zellen organisiert und werden in den meisten
Darstellungen daher auch nicht zu den Lebewesen gezählt, aber die
Vorgänge zur „Selbsterhaltung“ finden in den Zellen des befallenen
Organismus statt.)
0140: Der andere, viel seltenere
Weg ist die Gärung. Bei der Gärung, die bei Hefen und einigen
Bakterien vorkommt, findet netto keine Redoxreaktion statt (wohl
aber im Reaktionsverlauf). Sie gilt aber als abgeleitet, ist also
jünger als die Atmung und muss daher bei der Frage nach der
Entstehung des Lebens nicht betrachtet werden.
0145: Die Protonen werden durch
in die Membran eingebettete Enzyme, die Cytochrome (Zellfarbstoffe),
transportiert. Diese finden sich bei den Eukaryoten sowohl in den
Chloroplasten, wo die Fotosynthese stattfindet, als auch in den
Mitochondrien, den “Kraftwerken der Zelle”. Die Cytochrome verdanken
ihrem Namen der Tatsache, dass sie gefärbt sind. Sie transportieren
Protonen Protonen vom Zellinneren nach außen und erzeugen so eine
Spannungsdifferenz und einen Konzentrationsunterschied. Um diesen
Unterschied auszugleichen, sind die Protonen “bestrebt” (eine Folge
des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik – Ladungs- und
Konzentrationsunterschiede stellen “Ordnung” dar, und geordnete
Systeme streben zur “Unordnung”), wieder zurück auf die andere Seite
zu gelangen. Dies können sie mit Hilfe des Enzyms ATP-Synthase, das
den Fluss der Protonen analog einer Wassermühle zur Herstellung von
ATP nutzt. In menschlichen Mitochondrien ergibt der Fluss von 10
Protonen drei ATP, in Chloroplasten ergeben 14 Wasserstoffionen drei
ATP.
0150:

Adenosintriphosphat ist
die universelle Energiewährung der lebenden Zelle. Das Molekül
besteht aus der Base Adenin, dem Zucker Ribose und drei
Phosphatgruppen. Die dritte Phospatgruppe ist durch eine besonders
energiereiche Bindung gebunden, die Energie wird bei Abtrennung der
Phosphatgruppe frei:

Energieübertragung mit Hilfe
Adenosintriphosphat: Bei der Abtrennung der dritten
Phosphatgruppe (aus Adenosintriphosphat wird Adenosindiphosphat)
wird Energie frei, die für den Stoffwechsel genutzt werden kann. Mit
Hilfe von Energie aus der Fotosynthese (Algen, Pflanzen) oder der
Nahrung (Pilze, Tiere) wird das ATP regeneriert. Eigene Abbildungen.
0155: Die Ausnahme sind wieder
einige Viren, die ein etwas abgewandeltes Molekül, die RNS, als
Informationsträger nutzen.
0160: Wer es genau wissen möchte: Die Basen heißen
Adenin (A), Cytosin (C), Guanin (G) und Thymin (T).
0165: Miller ging noch von einer
reduzierenden Uratmosphäre voller Gase wie Methan, Wasserstoff und
Ammoniak aus, spätestens seit die erste
Uratmosphäre von den Sonnenwinden weggeblasen wurde, ist diese
aber – so zeigen etwa oxidierte Spurenelemente wie Cerium in über 4
Milliarden Jahre alten Zirkonkristallen – oxidierend gewesen.
Vermutlich herrschten in der zweiten Uratmosphäre aus Vulkanen
ausgestoßene oxidierende Gase vor.
0170: Mehr über Archaeen >>
hier;
die an den basischen Tiefseequellen lebenden Archaeen gehören zu den
anaeroben methanogenen Methanosarcinales, siehe die Übersicht in
William Martin, John Baross, Deborah Kelley und Michael J. Russell:
Hydrothermal vents and the origin of life. Nature Reviews
Microbiology, Vol. 6 (2008), Seite 805 – 814.
0175: Dem Menschen etwa ist es
bisher nicht gelungen, diese Reaktion wirtschaftlich hinzubekommen.
Gelänge sie, wäre sie ein großer Beitrag zur Lösung unserer
Energieprobleme: Man könnte mit erneuerbaren Energien erzeugten
Wasserstoff mit dem Kohlendioxid aus der Luft zu Methan – Erdgas –
reagieren lassen. Bei der Verbrennung in Kraftwerken oder Autos
würde nur das gebundene Kohlendioxid wieder freigesetzt. Schon hätte
man einen jederzeit verfügbaren, klimaneutralen Energiespeicher für
erneuerbare Energien und Treibstoff für Autos.
0180: Das
Redoxpotenzial von Wasserstoff liegt in neutraler Lösung (pH =
7) bei -414 mV, der des Redoxpaars Kohlendioxid/Formaldehyd bei -580
mV. Damit könnten keine Elektronen von Wasserstoff zu Kohlendioxid
fließen. Das Redoxpotenzial ist jedoch vom pH-Wert abhängig: sinkt
der pH-Wert um eine Einheit, nimmt das Redoxpotenzial um ca. 59 mV
zu. Bei einem pH-Wert von 10 liegt das Redoxpotenzial von
Wasserstoff bei -584 mV, bei einem pH-Wert von 6 das von
Kohlendioxid/Formaldehyd bei -520 mV. Damit wäre der Elektronenfluss
von Wasserstoff zu Kohlendioxid möglich. Die genannten pH-Werte sind
aber plausible pH-Werte für den Protonengradienten in alkalinen
Hydrothermalquellen, so dass dieser Gradient den Elektronenfluss
dort ermöglicht, Wasserstoff also Kohlendioxid reduzieren kann.
0185: Nick Lane: The Vital
Question. Why is Life the Way it is? (Profile Books 2015). Deutsche
Ausgabe: Der Funke des Lebens. (Konrad Theiss Verlag 2017)
0190: M. Powner, B. Gerland und
J. Sutherland: Synthesis of activated pyrimidine ribonucleotides in
prebiotically plausible conditions. Nature 459, p. 239-242 (14. Mai
2009)
0195: Daniel D. Gibson et al.:
Creation of a Bacterial Cell Controlled by a Chemically
Synthesized Genome. Science online, 20.10.2010 (>>
hier).
Weitere Literatur zum Thema:
Martin, W., Sousa, F.L. und Lane, N.: Energy at life's origin.
Science 344, p. 1092-1093 (06.06.2014)
Sojo, V., Herschy, B., Whicher, A., Camprubí, E. und Lane N.: The
Origin of Life in Alkaline Hydrothermal Vents. Astorbiology 16, p.
181-197 (2016)
Lane, N.: Proton gradients at the origin of life. Bioessays 39:
1600217 (2017)
Quelle der Abbildung (Aufbau der
DNA): aus wikipedia, Beitrag „Desoxyribonukleinsäure“, abgerufen
18.1.2011. Gemeinfrei.
Die Entfaltung des Lebens
>> zur Seite
20: Das geschah in zwei Schritten: Bereits der
Vorläufer der heutigen, wasserspaltenden Photosynthese, die
"anoxygene Fotosynthese", bei der nur ein Photosystem beteiligt ist
(siehe weiter unten im Text), erhöhte die Produktivität der
Lebewesen um mindestens den Faktor 100 (D.J. Des Marais 2000: When
did photosynthesis emerge on Earth? Science 289, p. 1703-1705, DOI:
10.1126/science.289.5485.1703). Die moderne "oxygene" Photosynthese
erhöhte sie im Vergleich zur anoxygenen Photosynthese weiter 10 Mal
(Canfield, D.E. et al. 2006: Early anaerobic metabolisms.
Philosophical Transactions of the Royal Society B - Biological
Sciences 361, p. 1819-1836. DOI: 10.1098/rstb.2006.1906).
21: Brocks, J.J. et al. 1999: Archean molecular
fossils and the early rise of eukaryotes. Science 285, p. 1033-1036.
22: Die symbiotische Entstehung der Chloroplasten
war schon 1883 von dem deutschen Botaniker Andreas Franz Wilhelm
Schimper vorgeschlagen worden und 1905 von dem russischen Biologen
Konstantin Sergejewitsch Mereschkowski aufgegriffen wurden, die Idee
geriet aber in Vergessenheit, bis Lynn Margulis sie wiederentdeckte.
23: Tatsächlich steht einem durchschnittlichen
Eukaryoten wesentlich mehr Energie sowohl pro Volumeneinheit als
auch pro Gen zur Verfügung als einem Prokaryoten. Das liegt unter
anderem daran, dass Endosymbionten die Tendenz haben, Gene zu
"verlieren" (das können sie sich aus evolutionärer Sicht leisten, da
das Zellinnere, in dem sie jetzt leben, eine viel stabilere Umwelt
ist als die freilebender Prokaryoten, und daher genetische Vielfalt
als Anpassung an mögliche Umweltveränderungen weniger gebraucht
wird. Aber selbst notwendige Gene können nach Bakterienart via
lateralem Gentransfer an die Wirtszelle abgegeben werden, die die
vom Gen codierten Proteine herstellt, anstatt das viele
Endosymbionten dies selber machen müssen). Damit haben Mitochondrien
weiterhin die Fähigkeit, soviel ATP herzustellen wie ihre frei
lebenden Vorfahren, aber geringere "Betriebskosten", also eigenen
ATP-Bedarf. Die netto verfügbare zusätzliche Energie kann dafür
verwendet werden, für Eukaryoten aufgrund ihrer Größe notwendige
neue Strukturen wie etwa des innere Cytoskelett herzustellen. (Dass
die Mitochondrien überhaupt noch eigene Gene behalten haben, könnte
daran liegen, dass die Gene zur Kontrolle der chemiosmotischen
Koppelung direkt an der Membran bleiben müssen, um das
Membanpotenzial schnell regulieren zu können.)
Siehe hierzu Nick Lane: The Vital Question. Why is Life the Way it
is? (Profile Books 2015). Deutsche Ausgabe: Der Funke des Lebens.
(Konrad Theiss Verlag 2017).
24: William Martin & Eugene V. Koonin: Introns
and the origin of nucleus-cytosol compartmentalization. Nature 440,
p. 41-45 (2006).
25: Dieser Prozess heißt Meiose, und tatsächlich
wird das Erbgut vor der Bildung der Keimzellen zunächst verdoppelt,
und es entstehen vier Keimzellem mit je dem halben Erbgut.
26: Zum Beispiel die zu den Rädertieren gehörenden
“Bdelloida”, die sich seit mindestens 40 Millionen Jahren
ungeschlechtlich vermehren und über 300 Arten hervorgebracht haben.
27: Keightley & Otto: Interference among
deleterious mutations favours sex and recombination in finite
populations. Nature 443, 89-92 (2006)
Die Fotosynthese
>> zur Seite
50: Genau genommen ist auf dieser Seite von der
“oxygenen Fotosynthese”, der weitaus häufigste Form, bei der
Sauerstoff entsteht, die Rede. Daneben gibt es die “anoxygene
Fotosynthese”, mit der z.B. die Schwefelbakterien aus
Schwefelwasserstoff Schwefel erzeugen (>>
weitere Informationen).
51: In diesem Beispiel nimmt das Molekül bei der
Reduktion zwei Elektronen auf, das muss aber nicht so sein - es
können ein oder mehrere Elektronen aufgenommen werden.
52: Alle Zahlenangaben in diesem Kapitel stammen aus
Vaclav Smil: Energy in Nature and Society, Massachusetts Institute
of Technology (MIT), 2008, oder sind auf dieser Basis selbst
errechnet.
53: Versuche zur Ermittlung der Primärproduktion der
Erde haben eine lange Tradition: Zu den Pionieren gehörte Justus
Liebig (>>
mehr), der 1862 von einer Wiese mit einer Produktion von 5
t/ha schätzte, dass die Landfläche der Erde insgesamt 63 Gigatonnen
Kohlenstoff produzieren müsste. Heute wird die Primärproduktion mit
Satelliten gemessen: Grundlage ist die Bestimmung der
Chlorophyllaktivität, die wiederum errechnet wird, indem die
Reflektion des Lichtes unterschiedlicher Wellenlänge gemessen wird -
Chlorophyll reflektiert nur 20 Prozent des langwelligen Anteils
sichtbaren Lichts, aber 60 Prozent der infraroten Strahlung - aus
den gemessenen Werten kann der Chlorophyllgehalt gemessen und die
Nettofotosynthese errechnet werden.
54: Von den 174.260 TW Sonnenstrahlung, die die Erde
erreichen (>> hier),
werden etwa 20 Prozent bereits von den Wolken reflektiert, so dass
noch 140.000 TW die Erdoberfläche erreichen. Die Fotosynthese setzt
also nur etwa 0,2 Prozent in chemische Energie um, wesentlich
weniger als die oben im Text genannten 1,5 Prozent
durchschnittlicher Wirkungsgrad der Fotosynthese. Dies liegt vor
allem daran, dass große Teile der Erdoberfläche (Wüsten,
Hochgebirge, eisbedeckte Flächen) kaum von Pflanzen bedeckt und
große Teile des Ozeans aus Nährstoffmangel kaum produktiv sind.
Darwin und die Evolutionstheorie
>> zur Seite
406: Zu den Vorläufern Lamarcks
gehörte auch Charles Darwins Großvater, Erasmus Darwin. Auf seiner
Kutsche ließ er die Inschrift "E conchis omnia" ("Alles aus
Muscheln") anbringen, der bedeuten sollte, dass sich alles Leben
aus einfachen Vorfahren entwickelt hatte. Erasmus Darwin war aber
nicht nur Naturforscher, sondern auch Arzt – und entfernte aus
Angst vor dem Verlust wohlhabender Patienten die Inschrift, nachdem
ihm der Dekan von Lichfield vorwarf, mit ihr "seinen Schöpfer" zu
verleugnen (siehe Paul Nurse: Was ist Leben? Aufbau Verlag 2021).
480: Zwar lautet der Untertitel
von Darwins “Über die Entstehung der Arten durch natürliche
Zuchtwahl” “Die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampf ums
Dasein”, aber wie aus dem Buch hervorgeht, verstand Darwin “Rasse”
im aus der Tierzucht stammenden Sinn der frühen Biologie als
Population mit abgrenzbaren Merkmalen, nicht – wie etwa die Nazis –
als auf Herkunft bezogene Abgrenzung. Heute, mit modernen
genetischen Kenntnissen (hier) versehen,
würde Darwin wohl nicht von “Rasse”, sondern von “allen Individuen
mit einem bestimmten Allel” (Dawkins 2009) sprechen.
Vererbung, Gene und DNS
>> zur Seite
306: Nämlich dass sie in Paaren
auftreten, aber nur eine Form an ihre Nachkommen weitergeben. Genau
dieses passiert bei der Bildung der Keimzellen (siehe hier).
Die gleiche Entdeckung hatte bereits 1883 der belgische Zoologe Édouard
van Beneden an der Universität Lüttich bei der Untersuchung
früher Entwicklungsstadien von Spulwürmern gemacht (Recherches sur
la maturation de l'oeuf et la fécondation, Archives de Biologie,
1883 vol. 4, p. 265-640).
316: Paul Nurse: Was ist Leben?
Aufbau Verlag 2021.
Die Geschichte des Lebens auf der Erde
>> zu Seite 1
80: Sean A. Crowe et al.: Atmospheric oxygenation
three billion years ago. Nature 501, 535–538 (26. September 2013)
doi:10.1038/nature12426.
81: Canfield, D.E., 1998. A new model for
Proterozoic ocean chemistry. Nature 396, 450-453. doi:10.1038/248390
82: Robert Hazen 2012: The Story of Earth. Penguin
Books, S. 177 ff.
83: Anbar, A.D. & Knoll, A.H. 2002.
Proterozoic ocean chemistry and evolution: a bioinorganic
bridge? Science 297, 1137-1142.
Massenaussterben
>> zur Seite
210: Luis W. Alvarez, Walter Alvarez, F. Asaro und
H.V. Michel 1980: Extraterrestrial cause for the cretaceous-tertiary
extinction. Science 208, 1095-1108.
220: Signor III, P. W. and Lipps, J. H. 1982:
"Sampling bias, gradual extinction patterns, and catastrophes in the
fossil record", in Geological implications of impacts of large
asteroids and comets on the Earth (ed. L. T. Silver and P. H.
Schultz), Geological Society of America Special Publication, Vol.
190, 291-296.