Vom Urknall zum Planeten Erde

Anmerkungen & Quellen

siehe auch: >> Literatur – Vom Urknall zum Planeten Erde

Universum 1:
Die Entstehung des Universums

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002: Man muss sich dabei vergegenwärtigen, dass der Nachthimmel damals für die Menschheit eine ganz andere Rolle spielte als heute: In der Zeit vor der Einführung künstlichen Lichts waren am Himmel viel mehr Sterne sichtbar, und ohne helles Licht in den Häusern verbrachte man vermutlich auch mehr Zeit im Freien. So war zum Beispiel jedem klar, dass man die Jahreszeiten an den Sternbildern erkennen konnte, die morgens im Osten aufgehen – was kaum ein Mitteleuropäer heute noch kann (diesen Hinweis verdanke ich Carlo Rovelli: Die Geburt der Wissenschaft, Rowohlt Verlag 2019).

004: Die Venuspositionen über mehrere Hundert Jahre sind zum Beispiel auf einer Keilschrifttafel aus der Bibliothek von Ninive enthalten, die um 1600 v.u.Z. entstanden ist und heute im Britischen Museum zu sehen ist.

006: Damit lag Anaximander richtig (>> Wasserkreislauf). Nicht alle seine Vermutungen stimmten, so vermutete Anaximander auch, dass Erdbeben entstehen, wenn Winde in die Spalten der Erde eindringen, die bei großer Trockenheit aufbrechen – aber entscheidend ist für die Bedeutung Anaximanders nicht die Richtigkeit aller Erklärungen, sondern die Erkenntnis, dass es solche natürlichen Erklärungen überhaupt gibt (und die Götter keine Rolle spielen).

Anaximander hat eine Buch ("Über die Natur") geschrieben, das aber verloren gegangen ist, so dass wir seine Gedanken nur aus späteren, nicht immer zuverlässigen griechischen Quellen kennen. Ausführlich wurden seine Idee zwei Jahrhunderte später von Aristoteles besprochen, der vermutlich ein Exemplar von Anaximanders Buch besaß. Aber die Interpretation der Gedanken Anaximanders ist aufgrund der Quellenlage umstritten, ich folge in der Darstellung auf dieser Seite weitgehend Carlo Rovelli: Die Geburt der Wissenschaft, Rowohlt Verlag 2019.

008: Die Versuche gehen auf Anaximanders älteren Zeitgenossen (und möglicherweise Lehrer) Thales zurück: Dieser suchte nach einem umfassenden Prinzip, das der Natur innewohnt. Für Thales war dies das Wasser, der "Ursprung aller Dinge" (Aristoteles vermutete, dass er dabei auch von der Mythologie beeinflusst war, denn in der griechischen Mythologie war der Ozean der Vater aller Dinge). Auch für Anaximander gab es einen solchen "Urstoff", das "Apeiron". Im Unterschied zu Thales' Wasser war das Apeiron aber kein Stoff unserer alltäglichen Erfahrung, kann also nicht gesehen werden. Dennoch lässt es sich erforschen: nämlich durch Beobachtung und logisches Denken. Man darf sich also – so die logische Schlussfolgerung – auf der Suche nach natürlichen Ursachen für die Erscheinungen der Welt nicht auf das mit den Sinnen wahrnehmbare beschränken, sondern sollte auch Dinge einbeziehen, die wir nicht direkt wahrnehmen können (was später auch z.B. Leukipp und Demokrit mit ihren "Atomen" oder in der modernen Naturwissenschaft z.B. Michael Faraday mit den elektromagnetischen Felder getan haben). Das Apeiron war auch die Grundlage für Anaximanders Erklärung der Entstehung der Welt: die entstand, als das Apeiron sich in das Kalte und das Warme auftrennte. Dabei blähte sich eine Art Feuerkugel auf, die die Luft um die Erde in sich einschloss, anschließend zerbrach und dabei die Gestirne bildete. Die Entwicklung der Welt folgt dann der "Notwendigkeit", die "der Ordnung der Zeit" folgt (also Naturgesetzen, die die zeitliche Entwicklung bestimmen). So seien die ersten Tiere im Wasser, das die Erde in der Vergangenheit ganz bedeckt habe, entstanden und waren daher Fische oder fischähnliche Lebewesen. Als die Erde dann trockener wurde, passten sie sich an die neue Umwelt an und eroberten das Festland. Wichtiger – und bleibender – als die Inhalte der Erklärungen, die mal falsch (Entstehung der Welt), mal erstaunliche Ähnlichkeiten mit der modernen Evolutionstheorie aufweisen, ist aber die Methode Anaximanders, der als Begründer des Naturalismus gilt: der Auffassung, dass die Welt als ein rein von der Natur gegebenes Geschehen zu verstehen ist, man also auf Götter oder andere übernatürliche Phänomene zu ihrer Erklärung verzichten kann.

Anaximanders Apeiron fand in den Augen seiner Nachfolger keine Gnade, schon sein Schüler Anaximenes kehrte zu Thales' Urstoff zurück, nahm aber an, dass Luft statt Wasser dieser Urstoff sei. Aus Verdichtung bzw. Verdünnung der Luft entstünden Feuer, Wasser, Wolken, Wind und Erde. Auch der Mensch war für Anaximenes aus Luft in verschiedenen Verdünnungen zusammengesetzt (die äußerste Verdünnung bildete die Seele).

010: Für den österreichischen Wissenschaftstheoretiker Karl Popper war diese Theorie Anaximanders "eine der kühnsten, revolutionärsten und am weitesten vorausgreifenden Theorien in der gesamten Geschichte des menschlichen Denkens".

Auch diese Theorie Anaximanders widersprach der Alltagserfahrung und war damit ein "Aufstand gegen des Offensichtliche" (Rovelli). Das Denken Anaximanders baut in vielem auf dem Denken Thales' auf, aber Anaximander ist anders als in anderen Meister-Schüler-Beziehungen der antiken Welt auch bereit, Thales zu korrigieren, wo er glaubt, dass dieser sich geirrt hat. Für Carlo Rovelli (Die Geburt der Wissenschaft, Rowohlt Verlag 2019) ist dieses Anaximanders entscheidender Beitrag zur Kulturgeschichte und macht ihn zum Vater der modernen Naturwissenschaft: man muss die Lehrer gründlich studieren und verstehen – und dann darangehen, ihre Irrtümer zu korrigieren. Mit den Korrekturen verstehen wir die Welt ein wenig besser. Das Fehlen dieser Kritik ist für Rovelli der Grund, warum die moderne Naturwissenschaft nicht auch in China (wo ebenfalls der Lauf der Sterne lang und intensiv beobachtet worden ist) entstanden ist – und die Chinesen erst im 17. Jahrhundert von den Jesuiten erfuhren, dass die Erde eine Kugel ist. Rovelli glaubt auch, dass es einen Zusammenhang zwischen der griechischen Kultur im 6. Jh. v.u.Z. und dieser Bereitschaft zur Kritik der Lehrer gab: Milet war damals eine blühende Handelsstadt, in der viele Kulturen zusammentrafen (was immer wieder dazu führte, dass man mit anderen Ansichten als seinen eigenen konfrontiert wurde); die Bürger der griechischen Handelsstädte hatten die Könige verjagt und suchten nach eigenen Gesetzen, um das Leben in ihren Städten zu organisieren (und machten die Erfahrung, dass öffentliche Kritik an den althergebrachten Lösungen dazu beitrug, bessere Lösungen zu finden).

012: Es gibt allerdings kaum verlässliche Quellen aus dieser Zeit. Dass Anaximander ein Lehrer Pythagoras' war, geht auf dessen antiken Biographen wie Iamblichos von Chalkis und Porphyrios zurück.

014: Das hatte Anaximander nicht erkannt; er hielt die Erde für einen Zylinder.

016: Ab Mitte des 5. Jh. v.u.Z. wurde der naturwissenschaftliche und kosmologische Schwerpunkt der ionischen Naturphilosophen für zu einseitig gehalten, die Sophisten und Sokrates verlagerten den Schwerpunkt der griechischen Philosophie auf menschliche und gesellschaftliche Themen. Aber schon Sokrates' Schüler Platon beschäftigte sich wieder mit Fragen der Naturphilosophie. Er versuchte, den Gegensatz zwischen den Auffassungen der ionischen Naturphilosophen Heraklit und Parmenides aufzulösen: Heraklit glaubte, dass das einzige Beständige in der Welt die Veränderung sei ("Alles fließt") – so werde ein Feuer von immer neuem Brennstoff gespeist und sei nur scheinbar beständig –; Parmenides glaubte dagegen, dass die Welt unveränderlich sei und die Veränderungen nur Schein – ein Trugbild der Sinne – sei (und es daher gilt, dass sich hinter dem Wandel der Erscheinungen verbergende unveränderbare "Sein" zu erkennen). Platon folgte Parmenides im Glauben an ein unveränderbares Sein, dass für Platon dem Menschen aber nur noch als "Erinnerung"  zugänglich wäre, sobald die Seele (die aus diesem stammt) in einen Körper gefahren sei. Der Mensch betrachte daher eine "Schattenwelt": Platon beschrieb dies mit seinem berühmten Höhlen­gleichnis, wonach der Mensch wie die Schattenbilder in einer Höhle nur ein Abbild der Wirklichkeit erkennen können.

Bei seinen Überlegungen über das unveränderbare Sein entwickelte Platon die Ideen des ionischen Naturphilosophen Empedokles (der vier "Wurzeln" der Dinge annahm: Feuer, Wasser, Luft und Erde) weiter und ordnete diesen Stoffelementen – hierin von Pythagoras beeinflusst – geometrischen Formen zu, die aus gleichschenklig-rechtwinkligen Dreiecken und gleichseitigen Dreiecken – den für Platon "schönsten aller Dreiecke" – gebildet waren: das aus vier Flächen gebildete Tetraeder entsprach dem Feuer, das aus acht Flächen gebildete Oktaeder der Luft, das aus zwanzig Flächen gebildetete Ikosaeder dem Wasser und der Würfel (zu dessen Bildung zwei gleichschenklig-rechtwinklige Dreiecke zu einem Quadrat zusammengelegt wurden), der Erde. Die drei Elemente mit Ausnahme der Erde (die aus gleichschenklig-rechtwinkligen Dreiecken, nicht aus gleichseitigen Dreiecken aufgebaut war) konnten ineinander umgewandelt werden, da sie aus identischen Urdreiecken bestanden. (Dem kosmischen Raum, den er nicht Stoffelement nannte, ordnete er das aus zwölf regelmäßigen Fünfecken gebaute Dodekaeder zu.) Er schloss sich aber Pythagoras nicht bei dessen Erkenntnis an, dass die Erde eine Kugel sei: das hielt er für unmöglich, weil nicht zu erkennen sei, worin denn das "Gute" in der Kugelform läge. Der Kosmos war für Platon nämlich auf einen Zweck ausgerichtet und für diesen vom Demiurgen, dem weltbildenden Gott, angefertigt worden.

(Die Darstellung des griechischen Beitrages zur Kosmologie für die Zeit nach Anaximander beruht weitgehend auf Wilfried Kuhn: Ideengeschichte der Physik. 2. Aufl., Springer Verlag 2016)

018: Aristoteles ging davon aus, dass jede Bewegung ("motus") eine Beweger ("motor") benötige. Dieser motor muss dem sich bewegenden Körper innewohnen oder mit ihm ver­bunden sein. Bei Lebewesen war für Aristoteles die Seele der motor; bei unbelebten Körpern unterschied er zwischen "natürlicher Bewegung" und "erzwungener Bewegung". Eine "natürliche Bewegung" ist es, wenn ein Körper seinem "natürlichen Ort" zustrebt: deswegen fallen schwere Objekte nach unten (ihr "natürlicher Ort" ist die Erde) und steigen leichte Körper wie Rauch nach oben (ihr "natürlicher Ort" ist der Himmel). Eine "erzwungene Bewegung" ist es dagegen, wenn etwa ein Stein geworfen oder eine Kugel an einer Schnur herumgeschleudert wird. Hier muss der motor mindestens anfänglich – wie beim Steinwurf – in Kontakt mit dem Körper sein, anschließend kann die Funktion als motor auf das angrenzende Medium übertragen werden, in dem eine Bewegung stattfindet – beim Steinwurf etwa auf die Luft. In dieser nimmt das übertragene Bewegungsvermögen ("virtus movens") aber immer weiter ab, deshalb nehmen "erzwungene Bewegungen" im Laufe der Zeit ab und hören schließlich – im Unterschied zu "natürlichen Bewegungen " – auf. Als Konsequenz aus dieser Bewegungslehre kann es daher nach Aristoteles kein Vakuum geben (denn in diesem könnte kein Bewegungsvermögen übertragen werden, "erzwungene Bewegungen" müssten sofort abbrechen) und können die Himmelkörper nicht aus den irdischen Elementen aufgebaut sein, denn eine Kreisbewegung dieser war für Aristoteles immer eine "erzwungene Bewegung", während die ewigen Kreisbewegungen der Himmels­körper offensichtlich eine "natürliche Bewegung" war.

Mit der Einführung einer von der von der "irdischen" Physik getrennten eigenen "Himmels­physik" lenkte Aristoteles die Physik auf einen lange beibehaltenen Irrweg, den erst Galilei, Kepler und Newton erkennen sollten. Als Ursache der natürlichen Bewegung nahm Aristo­teles einen "unbewegten Beweger" an, den er in seiner Metaphysik als Gott identifiziert. Dieser muss für alles Geschehen ein Ziel haben, woraus sich Aristoteles' – hier wieder Platon folgend – teleo­logisches Denken ableitete: das Ziel oder der Zweck, um dessent­willen etwas geschieht (die "causa finalis") ist stets zu bedenken. (Aristoteles Gedanken­gang inspirierte im 13. Jahrhundert Thomas von Aquin zu seinem kosmologischen Gottes­beweis und der Identifikation von Aristoteles' Gott mit dem christlichen Gott.) Daher spielt in Aristoteles' Denken die Zweckursache eine große Rolle, in der unbelebten Natur unter­scheidet er stoffliche Ursachen (causa materialis), Formursachen (causa formalis), Wirk­ursachen (causa efficiens) und Zweckursachen (causa finalis): Wenn ein Bildhauer eine Statue (causa finalis) erschafft, ist der Marmorblock die stoffliche Ursache, die Form, die ihm vorschwebt die Formursache und der Bildhauer und seine Werkzeuge die Wirkursache.

Aristoteles lehnte Platons Idee der zwei Welten – des unveränderlichen Seins und der Schattenwelt des Menschen [016] ab. Für ihn gab es nur die Welt der sinnlichen Erfahrun­gen; man könne allerdings das in den Dingen enthaltene Sein aus der Beobachtung von Ereignissen ableiten. Dabei unterschied er zwischen aktuellem und potenziellem (möglichem) Sein – eine Eichel ist aktuell kein Baum, aber potenziell. Damit waren sinnlich wahrnehmbare Veränderungen erklärbar und im Unterschied zur Auffassung von Parmenides real. Diese Veränderungen kann man auch rückwärts denken; so sei alle Substanz aus einer "ersten Materie" entstanden (die als "potenzielles Sein" selber aber keine Substanz ist), indem ihr eine Seinsform aufgeprägt wurde. Jede Substanz besteht also nach Aristoteles aus "erster Materie" und "Seinsform". Daher lehnte Aristoteles auch Demokrits Atomkonzept ab; ent­scheidend für die Erklärung der Materie waren für ihn die Qualitäten der "Seinsform" und nicht die "Quantitäten" der Anordnung von Teilchen im Raum; er folgte stattdessen Empe­dokles, ergänzte dessen vier Elemente  Feuer, Wasser, Luft und Erde aber um ein fünftes Element ("quinta essentia"), aus dem die Himmelskörper bestünden (diese brauchte er, da er davon ausging, dass die Himmelskörper ewige Kreisbewegungen beschrieben, für die er nach seiner Bewegungs­lehre materielle Träger benötigte – einen Stoff, für den die ewige Kreisbewegung eine "natürliche Bewegung" darstellt). Aus der Bedeutung der Qualitäten folgt auch, dass für Aristoteles Naturvorgänge nicht – wie für Platon – mathe­matisierbar waren, der Kosmos glich für ihm eher etwa organisch Zusammenhängendem als einer zerlegbaren Maschine, deren Teile man untersuchen könne (war für Aristoteles der kenn­zeichnende Unterschied zwischen "Physik" – die die Natur und "natürliche Bewegungen" beschreibt – und "Technik" ist, die künstliche Bewegungsvorgänge mathematisch beschreiben kann [wie es Archimedes erfolgreich zeigen sollte]).

020: Das war eine "trickreiche Rettung" (Kuhn, Ideengeschichte der Physik) von Platons Grundannahme einer gleichförmigen Kreisbewegung, die zwar nicht für den Trägerkreis, aber für einen um das "Centrum Equantis" gelegten Ausgleichskreis zutraf.

021: Fanatische Christen verbrannten nicht nur literarische Werke der vorchristlichen Antike, die ihnen aufgrund der literarischen Darstellung von "Sünden" als unchristlich erschienen, sondern auch die Werke von Philosophen, die etwa über die Gottesfrage nachdachten: gab es zahlreiche Götter, einen Gott oder gab es Gott gar nicht? Solche Fragen waren für Christen mit der Bibel beantwortet; der philosophischen Werke bedurfte es nicht mehr – und da die Fragen Christen in ihrem Glauben beschädigen konnten, wurden sie oft verbrannt. Andere Christen erkannten die intellektuelle Überlegenheit der antiken Philosophie durchaus an – akzeptierten aber nur solche Erkenntnisse, die mit der Bibel über­einstimmten. So glaubte Augustinus, in Platons Timaios eine gute Übereinstimmung mit der biblischen Schöpfungsgeschichte zu entdecken; Platons "Ideen" interpretierte er als Gedan­ken Gottes. Die Bibel war die Wahrheit, Wissenschaft konnte höchstens darin bestehen, die Gedanken Gottes nachzuvollziehen – das philosophische Prinzip, die Wahrheit durch die Entwicklung abweichender Meinungen und deren Diskussion zu finden (siehe Anm. 010) war das genaue Gegenteil. Für die Christen stand die Offenbarung über der mensch­lichen Er­kenntnis; insofern darf man auch den intellektuelleren Kirchenvätern durchaus Wissen­schafts­feindlichkeit vorwerfen. Schlimmer noch als die Bücherverbrennun­gen war, dass die "überlebenden" vorchristlichen Werke, deren Wert nicht gesehen wurde, von den christ­lichen Schreibern etwa in den Klöstern auch nicht mehr kopiert wurden; ganz im Gegenteil: oft wurden die Texte von den wertvollen Pergamenten abradiert, um sie mit christlichen Texten zu überschreiben. In der Summe überlebten daher – und vor allem dank der außer­christlichen Welt – wohl nur weniger als zehn Prozent der vorchristlichen antiken Texte (von den lateinischen sogar nur weniger als ein Prozent) bis heute. Nachdem 529 unter Justinian I. der "heidnische Lehrbetrieb" verboten wurde, musste auch die neuplatonische Philo­sophen­schule in Athen schließen, deren Leiter Damaskios die griechische Philosophie zu neuen Höhen geführt hatte. Für viele Historiker begann damit das "dunkle Zeitalter" des Mittelalters. Mehr zu diesem Thema: Catherine Nixey: The Darkening Age: The Christian Destruction of the Classical World (Mac­mil­lan 2017; dt. "Heiliger Zorn", Deutsche Verlags-Anstalt 2019).

022: "De revolutionibus orbium coelestium" (Über die Umschwünge der himmlischen Kreise). Der Nürnberger Theologe Andreas Osiander fügte dem Buch noch eine Vorrede hinzu, in der er das neue Weltmodell als bloße Hypothese, um astronomische Berechnungen zu verein­fachen, bezeichnete. Dies tat er vermutlich, um Kopernikus zu schützen: seit dem Pariser Verdikt von 1277 wurden mit dem Glauben nicht übereinstimmende Positionen gerne als Gedankenexperimente bezeichnet, um sich vor dem Vorwurf der Ketzerei zu schützen. Ob Kopernikus das fertige Buch noch vor seinem Tod erhielt, ist nicht bekannt, und damit auch nicht, was er von dem Vorwort hielt. 1616 wurde das Buch dennoch mit kirchlichem Verbot belegt.

023: Mit dem Hinweis auf die Bibel, nach der Josua der Sonne befahl, stillzustehen, und nicht der Erde. Der Wissenschaftshistoriker Andreas Kleinert von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg bezweifelt dies allerdings und glaubt, das Zitat sei später von katholischer Seite erfunden worden (DOI: 10.1002/bewi.200390032). Luthers Mitstreiter Philipp Melanchthon lehnte allerdings wie auch Johannes Calvin die These Kopernikus' ab.

025: Zu den weiteren Anhängern Kopernikus' gehörte der italienische Astronom Giordano Bruno, der im Jahr 1600 auf dem Campo de' Fiori in Rom für seine ketzerischen Ansichten hingerichtet wurde.

030: Tycho Brahe beobachte 1572 einen "neuen", bald verblassenden Stern (eine Supernova), der oberhalb des Mondes angesiedelt war, einer Region, die nach Aristoteles eigentlich unwandelbar sein sollte. Er wollte aber Kopernikus' System, das er als zutreffender erkannte, nicht akzeptieren, da es der Weisheit des Schöpfers widerspräche, wenn die Erde nicht in der Mitte des Planetensystem läge. So schuf er eine eigenes System, in dem die Sonne und die Sterne um die Erde kreisten, die anderen Planeten aber um die Sonne. Dafür musste aber die Sonnenbahn die Bahnen von Planeten durchschneiden, was durch die Planetensphären nicht ging – diese schaffte Brahe daher ab, auch bestärkt von einer Kometenbeobachtung im Jahr 1577: die Bahn des Kometen verlief ebenfalls quer zu den Planeten, was mit einer kristallenen Sphäre unmöglich wäre – und ließ die Himmelskörper stattdessen in einem „Äther“ schwimmen.

032: "De Magnete, Magneticisque Corporibus, et de Magno Magnete Tellure" (Über den Magneten, Magnetische Körper und den großen Magneten Erde)

034: "Astronomia nova" (Neue Astronomie). Im Vorwort stellt Kepler auch seine Idee einer Schwerkraft vor: "Die Schwere besteht in dem gegenseitigen körperlichen Bestreben zwischen verwandten Körpern nach Vereinigung oder Verbindung" und erklärt so (richtig) Ebbe und Flut. (In diesen Ansätzen bleibt er aber stecken, da ihm der Begriff der Trägheit fehlt, also die Erkenntnis, dass ein im Kreis herumgewirbelter Körper, der plötzlich losgelassen wird, in gerader Bahn weiterfliegt – man denke etwa an einen Hammerwerfer.) Das dritte Keplersche Gesetz (Die Quadrate der Umlaufzeiten zweier Planeten stehen zueinander im selben Verhältnis wie die dritten Potenzen ihrer Entfernungen von der Sonne) veröffentlichte er 1619 in den "Harmonice Mundi" (Weltharmonik). Zuvor hatte er 1617 den ersten Band eines Lehrbuchs, die „Epitome“ in Druck gegeben, in dem er seine Planetentheorie noch einmal in klarer Form darstellte.

050: Galileo Galilei beschäftigte sich, nachdem er 1585 sein Medizinstudium aus Geldmangel abbrechen musste, intensiv mit den Werken des Archimedes, dessen statische Gesetze – dessen berühmtestes das Hebelgesetz ist – als Vorläufer der modernen Naturwissenschaft angesehen werden können. 1589 wurde Galilei Lektor für Mathematik an der Universität Pisa, und in dieser Zeit begann er mit Untersuchungen zum Verhalten bewegter Körper. So glaubte er, dass Aristoteles sich geirrt habe mit der Annahme, dass schwere Körper schneller zu Boden fallen als leichte: für Galilei lag dies nur daran, dass der Luftwiderstand den leichten Körper stärker bremste, im Vakuum würden alle Körper gleich schnell fallen. Ein Vakuum konnte er aber nicht herstellen, so begann er, das Herabrollen verschieden schwerer Kugeln, etwa solcher aus Blei und aus Holz, auf einer schiefen Ebene (die den Fall verlangsamte, um ihn mit den damals verfügbaren Mitteln messbar zu machen) zu untersuchen. (Die Fallversuche vom schiefen Turm von Pisa sind wohl ein Gerücht: der Fall wäre viel zu schnell gewesen, um mit den verfügbaren Mitteln – es gab noch keine genauen mechanischen Uhren – die Zeit einigermaßen zuverlässig zu messen.) 1592 wurde Galilei Professor für Mathematik an der Universität Padua, aber es dauerte noch viele Jahre, bis Galilei (wohl im Jahr 1604) seine Fallgesetze beisammen hatte: Er hatte aufgrund geometrischer Überlegungen vermutet, dass die beim freien Fall erreichte Geschwindigkeit nicht proportional der Fallhöhe sei, sondern das Quadrat der erreichten Geschwindigkeit der Fallhöhe proportional sei (v² ∝h in der von Galilei bevorzugten [siehe unten] mathematischen Sprache; v steht dabei für Geschwindigkeit, h für Fallhöhe, ∝ bedeutet proportional). Den Beweis erbrachte er, indem er Kerben im Abstand 1:4:9:16:25 etc. in die schiefe Ebene ritzte: die rollende Kugel überquerte diese in hörbar gleichen Abständen, also gemäß dem quadratischen Gesetz. Er hielt fest, dass die Mathematik die besten Sprache sei, solche Zusammenhänge auszudrücken und zu verstehen: „Die Natur spricht die Sprache der Mathematik“. Weiter zeigte er, dass die Geschwindigkeit nur von der Fallhöhe abhing, nicht von der Neigung der schiefen Ebene. Hierzu nutzte er einen Pendel; auf die Idee soll ihr der schwingende Leuchter im Dom von Pisa gebracht haben. Er erkannte Pendel auch als ideale Taktgeber, da ihre Frequenz auch bei kleiner werdender Bewegung gleich bleibt: er überlegt, wie er mit ihrer Hilfe eine Uhr bauen könnte (die von ihm erdachte Uhr funktionierte aber nicht. Eine funktionierende Pendeluhr sollte erst 1657, 15 Jahre nach Galileis Tod, von dem niederländischen Physiker Christiaan Huygens erdacht werden).

052: Galileis "Sidereus nuncius" (Sternenbote), in dem er 1610 über seine ersten Beobachtungen mit dem Fernrohr berichtete und der die Aufmerksamkeit der Astronomen von Keplers (ohnehin viel schwerer verständlichen) Erkenntnissen ablenkte, regte diesen zu einer intensiven Beschäftigung mit dem Fernrohr an: In seiner 1611 erschienenen "Dioptrik" untersuchte er systematisch Lichtstrahlen, Linsen, Brillen und das Fernrohr. Er erkannte, dass die Netzhaut, auf die ein auf dem Kopf stehendes Bild fällt, das eigentlich "sehende" Teil des Auges war; das einfallende Licht löst dort Veränderungen aus, die an das Gehirn weitergeleitet werden. Damit war Kepler der Erste, der das Auge als optisches Instrument verstand.

054: Allerdings akzeptierte Galilei niemals Keplers Ellipsenbahnen. Seine eigenen, aber wohl nie ausgearbeiteten Vorstellungen knüpften eher an seine mechanischen Untersuchungen an und gehen von einer Kreisbewegung aus, die, einmal in Gang gesetzt, ohne weiteren Anstoß immer weitergeht, obgleich er einige Jahre lang wohl auch über die Sonne als gemeinsamen Antrieb der Planeten nachdachte.

Über das Verhältnis von Kepler und Galilei sowie die Geschichte der Entdeckung der Planetengesetze hat sehr lohnenswert Thomas de Padova geschrieben: Das Weltgeheimnis. Piper Taschenbuch, 2017 (8. Aufl.).

056: 1616 wurde Galilei ermahnt, die kopernikanische Weltsicht nicht mehr zu vertreten, und schließlich 1633, nach der Veröffentlichung des „Dialogs“, von der katholischen Kirche zu lebenslanger Kerkerhaft verurteilt. Seine Verurteilung war unter den zuständigen Kardinälen durchaus umstritten, drei von ihnen unterschrieben das Urteil nicht, und nach wenigen Wochen wurde er unter die Aufsicht des Erzbischofs von Siena, einem seiner glühenden Anhänger, gestellt. Um Galilei, der über seine Verurteilung verzweifelt war, abzulenken, erinnerte ihn der Erzbischof an seine Experimente und Studien aus der Zeit, bevor er das Fernrohr kennengelernt hatte und die unveröffentlicht geblieben waren. Daraufhin begann Galilei, sein aus heutiger Sicht bedeutendstes Werk zusammenzustellen: den „Dialog über die Mechanik“, den  er 1638 im Alter von 74 Jahren veröffentlichte. Er ist eine der wichtigsten Grundlagen der modernen Physik. 1992 wurde Galilei von der katholischen Kirche offiziell rehabilitiert; Papst Johannes Paul II. sagte sogar, dass Galilei ein besserer Theologe war als diejenigen, die sich ihm widersetzten.

Konflikte zwischen Religion und Naturwissenschaften bestehen aber bis heute, man denke etwa an die Ablehnung der Evolutionstheorie seitens christlicher Fundamentalisten. Auch wenn viele Naturwissenschaftler (beginnend mit Galilei) selbst religiös waren – Einstein wollte etwa herausfinden, wie Gott arbeitet, zog ihn aber nie in Zweifel – oder sind und schon der antike Kirchenlehrer Augustinus im 5. Jahrhundert davor warnte, mit Berufung auf die christlichen Schriften gegenüber einem Nichtchristen, der durch Vernunft und Erfahrung sicheres Wissen erworben habe, Behauptungen aufzustellen, die falsch sind "und wie man sagt, den Himmel auf den Kopf stellen, so dass der andere kaum sein Lachen zurückhalten kann", gibt es doch einen Grundkonflikt, wenn eine Religion davon ausgeht, dass ein Gott (oder ein anderer äußerer Geist) das Verhalten der Welt oder der Menschen beeinflusst: dieses müsste dies nach naturwissenschaftlichem Grundverständnis physikalisch, also mit einer messbaren Kraft erfolgen. Diese Kraft gibt es aber nicht; göttliche Handlungen daher aus naturwissenschaftlicher Sicht auch nicht. Nur eine Religion, die als gesellschaftliche oder psychologische Erfahrung verstanden wird, ist widerspruchsfrei mit einem wissenschaftlichen Rahmen vereinbar.

Siehe zu diesem Thema auch Lisa Randall: Die Vermessung des Universums. Fischer Taschenbuch (2013), insb. Kapitel 3 und 4.

058: Aus seinen Fallrinnenexperimenten (050) erkannte Galilei noch etwas: Wenn eine rollende Kugel schließlich auf eine horizontale Rinne gelenkt wird, ist ihre Geschwindigkeit nur von der Fallhöhe abhängig, die Kugel (allgemeiner: der bewegte Körper) kennt aber weder die Fallhöhe noch ihre Geschwindigkeit. Relevant ist nur die Änderung der Geschwindigkeit; die absolute Geschwindigkeit spielt eigentlich keine Rolle. Galilei sagte daher, dass daher seine Experimente genauso ausgehen würden, wenn sie unter dem Deck eines gleichmäßig fahrenden Schiffes ausgeführt würden – es gibt für den Beobachter keine Möglichkeit festzustellen, dass das Schiff sich bewegt. (Das stimmt natürlich nur, wenn er ausschließlich das Experiment beobachtet. Wenn er aus einem Fenster schauen würde, würde er die Bewegung natürlich bemerken – aber mechanische Naturgesetze sind von einer gleichbleibenden Bewegung unabhängig.) Ob das System, in dem eine Bewegung stattfindet, ruht oder sich bewegt, ist egal. Physiker sagen dazu, es gibt keinen "bevorzugten Zustand". Diese Erkenntnis wurde als klassisches Relativitätsprinzip bekannt. Es war auch ein schlagendes Argument für Galileis Vorstellung von einer Erde, die sich bewegt, ohne dass wir etwas davon merken – viele waren ja überzeugt, dass dieses nicht sein könne, weil man von dieser Bewegung nichts merkt. Auch hier konnte man die Bewegung aber durch genaues Hinsehen – in diesem Fall genaues Beobachten des Sternenhimmels – erkennen.

060: In den "Philosophiae Naturalis Principia Mathematica", 1687 veröffentlicht. Newton baute nicht nur auf die Vorarbeiten von Kepler und Galilei auf, sondern auch auf die von Christiaan Huygens, René Descartes und vor allem Robert Hooke, der seit 1662 Chefexperimentator der 1660 gegründeten Royal Society (Akademie der Wissenschaften des britischen Königreiches war). Diese veröffentlichte 1674 eine Abhandlung Hookes über die Bewegung der Erde, in der Hooke eine anziehende Gravitationskraft annahm, deren Kraftwirkung die Kreis- oder Ellipsenbahn der Himmelskörper bewirke, die sich ohne diese Anziehung geradlinig bewegen würden. Dieses hatte er bereits zuvor an der Bewegung eines konischen Pendels (bei der die Kugel eine Kreis- oder Ellipsenbahn beschreiben kann) gezeigt. (Als Uhrenkenner, der die neuesten Entwicklungen bei mechanischen Uhren verfolgte, wusste Hooke, dass ein absinkendes Gewicht ein Rad antreiben konnte, eine geradlinig wirkende Kraft also eine Rotation bewirken konnte.) Hooke vermutete sogar, dass die Anziehungskraft mit dem Quadrat des Abstandes vom Zentralkörper abnehme und teilte dies auch dem mathematisch überlegenen Newton mit, der dieses 1680 auch rechnerisch nachwies und zeigte, das mit dieser Annahme tatsächlich die ellipsenförmige Umlaufbahn der Planeten um die Sonne zu berechnen ist. Hooke wurde in Newtons Werk aber nur an einer einzigen Stelle beiläufig erwähnt.

062: Newton ging davon aus, dass ein Körper seine Bewegungsrichtung und seine Geschwindigkeit nur dann änderte, wenn Kräfte auf ihn einwirken. Wenn keine Kräfte wirken, behält er seinen Bewegungszustand bei (1. Bewegungsgesetz, "Trägheitsgesetz"). Die "Änderung der Bewegung" (Beschleunigung) sei der einwirkenden Kraft proportional (2. Bewegungsgesetz). Und schließlich gäbe es immer eine gleich große Rückwirkung in entgegengesetzter Richtung: zieht ein Pferd an einer Kutsche, zieht die Kutsche auch am Pferd (3. Bewegungsgesetz, "Actio = Reactio"). Mit der Einführung einer Schwerkraft konnte der die Keplerschen Bewegungsgesetze mathematisch herleiten und ihre Richtigkeit beweisen und auch die Bahnen der Kometen berechnen.

Nebenbei: Damit entzog Newton auch dem kosmologischen Gottesbeweis den Boden, der ja darauf beruhte, dass es für jede Bewegung eine Ursache geben müsse. Newton war aber selber religiös, hatte keinen Zweifel, dass ein so perfektes System wie der Himmel von Gott geschaffen sein musste und sah Raum und Zeit als das Mittel Gottes, um zu allen Zeiten und an allen Orten wirksam sein zu können. Newton wollte auch nicht ausschließen, dass aufgrund der Einflüsse anderer Planeten die Planetenbahnen im Laufe der Zeit instabil werden könnten, woraufhin Gott dann nachregulieren müsse.

064: Es dauerte allerdings eine Zeitlang, bis auch Newtons Modell allgemein anerkannt wurde, denn es gab einen ernsthaften Konkurrenten, das "Wirbelmodell" des französischen Philosophen und Mathematikers René Descartes (beschrieben in den "Principia philosphiae", 1644). Descartes ging von einer unsichtbaren Materie aus, die den Raum erfüllte. Wenn ein Körper sich im Raum bewegt, muss er diese Materie vor sich her bewegen; es bewegt sich also immer ein kompletter Kreis von Körpern, den Descartes Wirbel nannte. Dieses Modell erklärte unter anderem, warum sich alle Planeten in der gleichen Richtung bewegten, und ihm hingen vor allem die französischen Naturforscher an. Newton ging hingegen von einem absoluten, leeren Raum aus, die Bewegung der Körper erklärte sich aus der Anziehung, die von ihrer Masse ausging. Da die Körper sich hierbei nicht unmittelbar berührten, stieß diese Idee zunächst auf große Skepsis. Newton, der auch nicht erklären konnte, wie die Schwerkraft funktionierte, hielt dennoch an ihr fest, da er mit ihrer Hilfe unter anderem auch die Bahn der Kometen berechnen konnte, die quer zu den denen der Planeten verlief.

066: Schwarzschild, Karl: Über das Gravitationsfeld einer Kugel aus inkompressibler Flüssigkeit. Sitzungsberichte der Preussischen Akademie der Wissenschaften 1916, S. 424–434.

068: Einstein, Albert: Kosmologische Betrachtungen zur allgemeinen Relativitätstheorie. Sitzungsberichte der Preussischen Akademie der Wissenschaften 1917, S. 142–152.

070: Lemaitre, Georges: Un Univers homogene de masse constante et de rayon croissant rendant compte de la vitesse radiale des nebuleuses extra-galactiques. In: Annales de la Societe Scientifique de Bruxelles, A47, 1927, S. 49–59.

080: Heute wissen wir, dass der Andromeda-Nebel tatsächlich sogar 2,5 Millionen Lichtjahre entfernt ist.

082: 1923, als Hubble seine Messungen machte, glaubten die Astronomen, dass die Milchstraße einen Durchmesser von 300.000 Lichtjahren habe – aber auch dann musste der Andromeda-Nebel außerhalb der Milchstraße liegen.

 

Von Newton zu Einsteins Universum

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510: Der Zusammenhang konnte mathematisch formuliert werden: a = F/m oder F = ma (die Kürzel stammen von den englischen Kürzeln für Beschleunigung (engl. acceleration, a), Kraft (engl. force, F) und Masse (engl. mass, m; die tatsächliche mathematische Formulierung nahm 1750 der Schweizer Mathematiker Leonhard Euler vor).

515: Genau genommen, das hat Kepler gezeigt, ist die Bahn der Planten eine Ellipse. Ich stelle den Gedankengang hier vereinfacht am Beispiel des bekannteren Kreises vor.

520: Der Feldbegriff hatte einen Vorläufer: Ende des 18. Jahrhunderts begann der französische Mathematiker Pierre-Simon Laplace seine Beschäftigung mit der Mechanik, in seinem fünfbändigen Hauptwerk "Himmelsmechanik" beschrieb er alle Fortschritte seit Newton und seine eigenen Erkenntnisse. Eulers und Laplaces Werke sind mathematisch sehr anspruchsvoll und können daher hier nicht dargestellt werden. Laplace ging auch das Problem der "Fernwirkung" an, die Schwerkraft wirkte ja ohne eigentliche Verbindung zwischen den Körpern, was Newton selbst unerklärlich war und z.B. den Philosophen René Descartes dazu brachte, das ganze Konzept abzulehnen. Laplace schlug als Lösung ein Gravitationsfeld vor, die Feldstärke konnte mit Hilfe des Newtonschen Gravitationsgesetzes aus der räumlichen Verteilung der Massen berechnet werden. Faraday übernahm später die auf Laplace zurückgehende Idee eines Gravitationsfeldes für die Erklärung der Schwerkraft; als Feld bezeichnen Physiker seither alle Größen, die den Raum durchdringen.

(In seiner "Himmelsmechanik" zeigte Laplace auch, dass die Planetenbahnen stabil sind. Auf die Frage Napoleons, wo in seinem Werk denn Gott auftauchte, sagte er: "Ich habe dieser Hypothese nicht bedurft". Laplace leistete auch wichtige Beiträge zur Wahrscheinlichkeitsrechnung, und schuf eine Philosophie, nach der man (wie die Planetenbewegung mit Hilfe der Bewegungsgleichungen) alle vergangenen und zukünftigen Ereignisse voraussagen könne, wenn man wie ein von Laplace erdachter "Weltgeist" nur alle gegenwärtigen Details kennen würde. Da es einen solchen Weltgeist schon aufgrund der Menge der benötigten Daten praktisch nicht geben kann, wurde er später als "Laplacescher Dämon" benannt. Ob die theoretische Annahmen Laplaces zutrifft, ist bis heute umstritten, sie ist der Kern der philosophischen Debatte um den "Determinismus".)

530: Albert Einstein: Zur Elektrodynamik bewegter Körper. In: Annalen der Physik. 17, 1905, S. 891–921. doi:10.1002/andp.200590006

533: Daraus ergibt sich eine weitere Folgerung: Je weiter ein Ort von einem Beobachter entfernt ist, desto weniger erscheinen gleichzeitige Bewegungen in einem anderen Bezugssystem dem Beobachter gleichzeitig. Auch Gleichzeitigkeit ist also relativ; in einem anderen Bezugssystem gibt es also einen mit zunehmender Entfernung größer werdenden "Zwischenbereich" zwischen Vergangenheit und Zukunft, oder eine "ausgedehnte Gegenwart".

535: In gewisser Hinsicht lag Lorentz also nicht falsch. Nur werden Dinge nicht durch einen "Ätherstrom" zusammengedrückt und sind keine mechanische Veränderung, wie von Lorentz angenommen, sondern wirkliche Eigenschaften des Raums. Die zur Berechnung der Längenkontraktion berechneten Gleichungen sind aber identisch mit den "Lorentz-Transformationen". Gleichungen sind also nicht alles, das physikalische Verständnis ihrer Bedeutung spielt auch eine Rolle, wenn wir die Welt verstehen wollen.

550: Albert Einstein: Ist die Trägheit eines Körpers von seinem Energieinhalt abhängig? In: Annalen der Physik. Band 323, Nr. 13, 1905, S. 639–643 (physik.uni-augsburg.de [PDF]). (Einstein schreibt wörtlich: "Gibt ein Körper die Energie L in Form von [elektromagnetischer] Strahlung ab, so verkleinert sich seine Masse um L/V²". Heute nennen wir Energie E, Masse m und V (Lichtgeschwindigkeit) c, modern hieße die Formel also: m = E/c², umgestellt eben E = mc².
Einstein erkannte als erster die Allgemeingültigkeit dieser Formel: Albert Einstein: Über die vom Relativitätsprinzip geforderte Trägheit der Energie. In: Annalen der Physik. Band 328, Nr. 7, 1907, S. 371–384.

560: Albert Einstein: Die formale Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie. In: Preussische Akademie der Wissenschaften, Sitzungsberichte. 1914, S. 1030–1085.
Albert Einstein: Zur allgemeinen Relativitätstheorie. In: Preussische Akademie der Wissenschaften, Sitzungsberichte. 1915, S. 778–786, 799–801.
Albert Einstein: Erklärung der Perihelbewegung des Merkur aus der allgemeinen Relativitätstheorie. In: Preussische Akademie der Wissenschaften, Sitzungsberichte. 1915, S. 831–839. (In dieser Arbeit geht Einstein noch von falschen Feldgleichungen aus.)
Albert Einstein: Die Feldgleichungen der Gravitation. In: Preussische Akademie der Wissenschaften, Sitzungsberichte. 1915, S. 844–847. (Enthält die richtigen Feldgleichungen und gilt daher als grundlegende Veröffentlichung der Allgemeinen Relativitätstheorie.)
Albert Einstein: Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie. In: Annalen der Physik. 49, 1916, S. 769–822. (Übersichtsartikel)

590: Gravitationswellen – Quelle: DIE ZEIT 36/2015, S. 31: Einsteins letztes Hirngespinst. Inzwischen (Stand Okt. 2017) haben die Ligo-Detektoren und das Schwesterprojekt Virgo vier weitere Echosignale kosmischer Kollisionen registriert. 2017 erhielten die US-Forscher Rainer Weiss, Barry Barish und Kip Thorne für die Entdeckung der Gravitationswellen den Nobelpreis für Physik.

 

Universum 2:
Vom Urknall zum Universum

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200: Gamow war in Russland geboren und 1933 nach einem Besuch der Solvay-Konferenz in Brüssel in die USA geflohen. Seit 1934 arbeitete er an der George-Washington-Universität in Washington, D.C., entwickelte ein eigenes Atommodell und arbeitete an der Erforschung der Grundlagen der Kernspaltung mit. 1942 begann er, sich mit dem Modell des Urknalls zu beschäftigen, 1948 sagte seine Arbeitsgruppe die Existenz der kosmischen Hintergrundstrahlung voraus (siehe Haupttext).

280: Naturwissenschaftler sprechen auch von "effektiven Theorien": man beschäftigt sich nur mit den Teilchen und Kräften, die beim jeweiligen Untersuchungsmaßstab Auswirkungen haben könnten. Neben der klassischen Mechanik gehören zum Beispiel geometrische Optik oder Thermodynamik zu den häufig verwendeten effektiven Theorien: So wird die geometrische Optik nach wie vor zum Konstruktion von neuen Fotoobjektiven verwendet, oder die Thermodynamik zur Konstruktion von Motoren. Die Kenntnis der grundlegenden Theorie (bei der Thermodynamik etwa, dass die verwendeten Größen Druck, Temperatur und Volumen auf das Verhalten der Atome und Moleküle zurückgehen) hilft aber dabei, den Anwendungsbereich der effektiven Theorie zu erkennen.

(Das Gegenteil einer effektiven Theorie ist übrigens die "irregeleitete Extrapolation" [Lisa Randall], also die Anwendung grundlegender Theorien in Bereichen, wo sie keine messbaren Auswirkungen haben. Besonders verbreitet ist etwa die Anwendung der Quantenmechanik auf Größenordnungen des täglichen Lebens in esoterischen Büchern. Damit soll gerne Wundern ein naturwissenschaftlicher Hintergrund verliehen werden, den sie nicht haben.)

282: Carlo Rovelli

284: Der gerne (und auch in früheren Fassungen dieser Seite) verwendete Begriff "Weltformel" ist irreführend: Natürlich müssen alle Beobachtungen  mit der "vereinheitlichten Theorie" übereinstimmen, damit diese Bestand hat. Umgekehrt erklärt die Formel aber nicht die komplexen emergenten Phänomene dieser Welt, bis wie eine "vereinheitlichte Theorie" mit den Phänomenen dieser Welt, die wir beobachten können, verknüpfen können, wird noch sehr viel Arbeit nötig sein.

 

Der Aufbau der Materie

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710: Auf der Grundlage seiner Atomtheorie errichtete Demokrit in Dutzenden von Schriften ein System, das Fragen der Physik, der Kosmologie, der Biologie, der Ethik und Philosophie, der menschlichen Gesellschaft und vieles andere behandelte; Diogenes Laertios führt in seiner im dritten Jahrhundert entstandenen zehnbändigen Philosophiegeschichte der Antike viele Titel der Werke Demokrits auf. Wie so viele andere Werke der antiken Philosophen fielen sie dem Siegeszug des Christentums zum Opfer. (Ein Gefühl für das Denken Demokrits gibt das erhaltene Werk "Über die Natur der Dinge" (De rerum natura) des lateinischen Dichters Lukrez, ein Anhänger der Philosophie Epikurs, der seinerseits ein Schüler Demokrits war. Dieses Lehrgedicht wurde 1417 von Poggio Bracciolini (vermutlich in einem Kloster in Fulda) wiederentdeckt; über die Geschichte und Bedeutung dieser Wiederentdeckung schrieb Stephen Greenblatt 2011 das Buch "Die Wende: wie die Renaissance begann" (deutsche Fassung 2012). 1551 verbot das Konzil von Triest das Werk von Lukrez erneut, konnte seine Verbreitung aber nicht mehr verhindern.

730: Albert Einstein: Eine neue Bestimmung der Moleküldimensionen. Buchdruckerei K. J. Wyss, Bern 1905 (Einsteins Doktorarbeit).

Albert Einstein: Über die von der molekularkinetischen Theorie der Wärme geforderte Bewegung von in ruhenden Flüssigkeiten suspendierten Teilchen. In: Annalen der Physik 17, 1905, S. 549–560.

Bestätigt wurden Einsteins Ergebnisse durch wesentliche genauere Untersuchungen des französischen Physikers Jean Perrin, der hierfür 1926 den Nobelpreis für Physik erhielt.

734: Rutherford erdachte ein Experiment, das Hans Geiger und Ernest Marsden durchführten: Sie beschossen Atome mit Alphateilchen, die beim radioaktiven Zerfall von Radon-222 entstanden. Die dabei beobachtete starke Streuung der Alphateilchen (Rutherford: "... als würde man eine 30-cm-Granate auf ein Stück Seidenpapier abfeuern, und sie würde abprallen und einen selbst treffen.") war nur mit einem festen, zentralen Atomkern zu erklären.

740: "Schwarze Körper" waren einerseits ideal, um die Strahlung ohne Störungen durch Reflektionen zu untersuchen; zum anderen waren die Untersuchungen in der Zeit aufkommender elektrischer Beleuchtung (die ja auf der Lichtabstrahlung eines erhitzten Metallfadens bestand) auch praktisch relevant (Hoffmann, Dieter: Schwarze Körper im Labor. Physikalische Blätter 56, 2000, S. 43-47.)

744: Planck sagte später, die Einführung der Quanten sei “ein Verzweiflungsakt” gewesen; eine Art mathematische Krücke, mit der er das Strahlungsgesetz erklären konnte; noch 1913 schrieb er gemeinsam mit Kollegen, dass Einstein bei seiner Hypothese der Lichtquanten "über das Ziel hinausgeschossen sei" (was sie angesichts seiner sonstigen Verdienste nicht hinderte, ihn für die Mitgliedschaft für die Preußische Akademie vorzuschlagen). 1918 erhielt Planck dennoch für die Entdeckung der Quanten den Physik-Nobelpreis. "h" ist heute als "Plancksches Wirkungsquantum" bekannt und tritt in allen Grundgleichungen der Quantenmechanik auf.

746: Albert Einstein: Über einen die Erzeugung und Verwandlung des Lichtes betreffenden heuristischen Gesichtspunkt. In: Annalen der Physik 17, 1905, S. 132-148. Es ist diese Entdeckung – und nicht die Relativitätstheorie – für die Einstein 1921 den Nobelpreis für Physik erhielt. Da Planck lange (siehe Anm. 744) an der physikalischen Realität der Quanten zweifelte, ist Einstein mindestens so sehr Begründer der Quantenmechanik wie Planck.

748: Wellen schwingen mit einer bestimmten Wellenlänge. Wenn die Welle bei einem kreisförmigen Umlauf so oft auf- und abschwingt, dass sich eine ganze Zahl ergibt (einmal, zweimal, dreimal, ...) entsteht eine stehende Welle.

Einstein veröffentlichte 1916 noch zwei wegweisende Beiträge zur Quantenmechanik. In der ersten berichtete er zudem über die stimulierte Emission von Licht, die 1960 Grundlage für den Bau des ersten Lasers war.
Einstein, Albert: Strahlungs-Emission und –Absorption nach der Quantentheorie. Deutsche Physikalische Gesellschaft, Verhandlungen 18, Seite 318-323.
Einstein, Albert: Zur Quantentheorie der Strahlung. Physikalische Gesellschaft Zürich, Mitteilungen 18, Seite 47-62.

750: James Chadwick hat nur deswegen Physik studiert, weil er bei der Einschreibung nicht zugeben wollte, dass er sich versehentlich in der falschen Warteschlange angestellt hatte (Lisa Randall, S. 155).

754: Die Bausteine der Protonen wurden unabhängig voneinander von dem Schweizer Physiker André Petermann, von Murray Gell-Mann und dem US-amerikanischen Physiker George Zweig verohergesagt. Die erste Veröffentlichen erfolgte durch Gell-Mann (M. Gell-Mann: A Schematic Model of Baryons and Mesons in Phys. Lett. 8, 1964, 214–215.), der hierfür 1966 den Nobelpreis für Physik erhielt. 1969 konnten die Quarks durch die US-amerikanischen Physiker Jerry Friedman, Henry Kendall und Richard Taylor experimentell gefunden werden, dafür erhielten sie 1990 den Nobelpreis für Physik.

760: Der Impuls ist eine Größe, die ursprünglich bereits von Isaac Newton in die  klassischen Physik eingeführt wurde und den Bewegungszustand eines Körpers beschreibt. In der klassischen Mechanik, also weit jenseits der Lichtgeschwindigkeit, beträgt er Masse mal Geschwindigkeit in Bewegungsrichtung (m·v).

764: Was bedeutet, die Wahrscheinlichkeit eines Teilchens, an einem bestimmten Ort angetroffen zu werden? Ein einzelnes Teilchen findet man immer nur an einer Stelle, die Wellenfunktion eines Teilchens lässt sich nur aus vielen Messungen ermitteln. Aber das einzelne Teilchen wird durch die Wellenfunktion beschrieben, vor der Messung kann man nicht genau wissen, wo man es finden wird. Die auftretenden Wahrscheinlichkeiten bedeuten aber nicht, dass die Ergebnisse der Quantenmechanik nebulös wären: sie ermöglicht sehr genaue Prognosen, denn der Mittelwert aus sehr vielen Messungen ("Erwartungswert") entspricht immer den Ergebnissen der Gleichungen aus der klassischen Physik.

770: Heisenberg, Werner: Quantentheoretische Umdeutung kinematischer und mechanischer Beziehungen. Zeitschrift für Physik. Bd. 33, 1925, S. 879-893.

771: Heisenberg, Werner: Anschaulicher Inhalt der quantenmechanischen Kinematik. Zeitschrift für Physik, Bd. 43, 1927, S. 172-198.

774: Dirac, Paul A. M. (1926). "On the Theory of Quantum Mechanics". Proceedings of the Royal Society Series A. 112 (762): 661–77.
Dirac, Paul A. M. (1928). "The Quantum Theory of the Electron". Proceedings of the Royal Society of London A. 117 (778): 610–24.

780: Mit den Maxwell-Gleichungen werden Stromgeneratoren und Elektromotoren berechnet; Telefon, Radio, Fernsehen, GPS und WLAN wären ohne sie undenkbar.

786: Die schwache Kernkraft setzt auch die Kettenreaktion in Gang, mit der in der Sonne Wasserstoff in Helium umgewandelt wird und spielt bei der Entstehung schwerer Elemente in Supernova-Explosionen eine Rolle.

789: Der Spin ist eine unveränderliche Eigenschaft eines Teilchens. Ohne dass das Teilchen rotiert, weist er alle Eigenschaften des Eigendrehimpulses der klassischen Physik auf und beeinflusst damit, wie das Teilchen sich bei einer Wechselwirkung verhält.

790: Geladene Teilchen können sich im Raum vorwärts und rückwärts bewegen. Aufgrund der Raumzeit der Speziellen Relativitätstheorie bedeutet das aber, dass sie sich auch in der Zeit rückwärts bewegen können müssten. Da so etwas noch nie beobachtet wurde, ersetzten in Diracs Formel entgegengesetzt geladene Antiteilchen die Teilchen, die sich rückwärts bewegen würden. Antiteilchen gibt es für alle geladenen Teilchen, die Antiteilchen von Elektronen heißen Positronen, sie wurden 1932 von Carl David Anderson experimentell nachgewiesen, dafür erhielt er 1936 den Nobelpreis für Physik.

Wenn Antiteilchen und Teilchen aufeinandertreffen, löschen sie sich gegenseitig aus, alle Masse wird in Energie umgewandelt. Dies ist kurz nach dem Urknall geschehen, so dass Antiteilchen normalerweise in der Natur nicht vorkommen. Aber in heißen Regionen des Universums können sie vorübergehend erzeugt werden und mit der kosmischen Strahlung auf die Erde gelangen (in dieser gelang Anderson auch der Nachweis).

792: "Gluon" kommt von engl. glue, kleben (weil sie die Bestandteile des Protons "zusammenkleben"); "W" steht für weak force (schwache Kraft), Plus- und Minuszeichen geben die Ladung an (schwache Ladungen spielen nur für die schwache Kraft eine Rolle, anlog der elektrischen Ladung für die elektromagnetische Kraft). "Z" steht für zero, null Ladung (neutral).

794: Neutrinos sind elektrisch ungeladen und extrem massearm. Sie entstehen unter anderem bei Kernreaktionen in der Sonne; sie reagieren mit anderen Masseteilchen nur, wenn sie auf einen Atomkern oder ein Elektron treffen, was extrem selten ist. So können sie in riesiger Anzahl (jede Sekunde 60 Milliarden pro Quadratzentimeter Körperoberfläche) ständig durch uns hindurchströmen, ohne dass wir sie bemerken.

 

Universum 3:
Die Entwicklung des Universums

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440: Der Ablauf der Kohlenstoffsynthese warf lange Zeit viele Fragen auf: Sie erfolgt,  in dem zwei Heliumatome zu Beryllium-8 verschmelzen, und dieses mit einem weiteren Helium­atom zu Kohlenstoff. Beryllium-8 ist aber äußerst kurzlebig, so dass die Entstehung größerer Mengen Kohlenstoff eigentlich nicht zu erklären war. Einen möglichen Weg fand bereits 1954 der britische Astronom Fred Hoyle (jener, der den Urknall als "Big Bang" verspotten wollte und ihm damit unfreiwillig einen populären Namen gab): einen angeregten Zustand des Kohlen­stoff-Kerns (den "Hoyle-Zustand"); später konnte er experimentell bestätigt werden. Die Kohlenstoff-Entstehung funktioniert nur, weil der Grundzustand eines Beryllium-8-Kerns fast vollständig der Energie zweier Helium-Kerne (bei den notwendigen Temperaturen sind die Atom fast vollständig ionisiert, d.h. ohne Ionenhülle) entspricht und der Energie des Beryllium-8- und eines Helium-Kern fast genau der Energie des im "Hoyle-Zustand" befindlichen Kohlenstoff-Kerns entspricht. Solche "Resonanzen" erhöhen den Wirkungsquerschnitt, also die Wahrscheinlichkeit eines Ereignissen (in diesem Fall: der Kohlenstoffentstehung) deutlich.

Hoyle sah die Existenz für die Kohlenstoff-Entstehung notwendigen angeregten Zustand des Kohlenstoff-Kerns als Beweis für eine schöpfende Kraft, die hinter der Entstehung des Universums stehen müsse. Heute gehört sie zum Problemkreis der "Feinabstimmung der Naturkonstanten", also der Frage, was es bedeutet, dass das heutige Universum nur zu erklären ist, wenn die Naturkonstanten genau so aussehen, wie sie eben aussehen. Unter anderen wird diskutiert, ob die scheinbare "Feinabstimmung" nur nötig scheint, weil unsere physikalischen Theorien nur unvollständig sind, künftige Entdeckungen sie also naturwissenschaftlich erklären können oder ob unser Universum nur eines unter vielen mit anderen Varianten der Naturkonstanten ist, und wir uns die Frage nach der "Feinabstimmung" nur stellen, weil die Naturkonstanten in diesem Universum eben rein zufällig so sind, wie sie sind und zu einem Universum geführt haben, in dem eine Art sich solche Fragen stellt...

460: Oppenheimer, J. Robert und Snyder, H.: On Continued Gravitational Contraction.  Phys. Rev. 56, 455. 1939.

462: Penrose, Roger: "Gravitational Collapse and Space-Time Singularities". Physical Review Letters. 14 (3): 57–59. 1965.

Schwarze Löcher: Michael Finkel: Star Eater. National Geographic March 2014, S. 88 – 103, englischsprachig (>> im Internet).

480: Sean Carroll: The Big Picture. On the Origin of Life, Meaning and the Universe Itself. New York: Dutton 2016.

490: Aktuellste Daten zur Zusammensetzung des Universums: >> esa – The Universe according to Planck (21.03.2013).

  

Die Entstehung von Sonne und Erde

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620: Das Wort "Planet" stand urprünglich für Lichtpunkte, die über den Nachthimmel wandern (griech. planáomai = umherirren). Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn sind mit bloßem Auge zu erkennen und waren schon frühen Kulturen wie den Babyloniern und Ägyptern bekannt. Mit der Entdeckung, dass die Erde um die Sonne kreist, wurde das Wort dann nur noch für solche Himmelskörper verwendet, die um eine Sonne kreisen — also nicht für Monde, die ihrerseits Planeten umkreisen. Mit Hilfe des Fernrohrs entdeckte der Astronom Friedrich Wilhelm Herschel 1781 Uranus, und Abweichungen von seiner erwarteten Umlaufbahn führten dann 1846 zur Entdeckung des Neptun durch Johann Galle von der Berliner Sternwarte. 1930 entdeckte der amerikanische Astronom Clyde William Tombaugh jenseits des Neptun einen weiteren Planeten: Pluto. Seit 1992 wurden aber im Kuipergürtel zahlreiche weitere um die Sonne kreisende Objekte entdeckt, die zum Teil ähnlich groß waren wie Pluto. Um die Zahl der Planeten nicht zu stark anschwellen zu lassen, wurde 2006 der Begriff durch die Internationale Astronomische Union erstmals "offiziell" definiert: Demnach müssen Planeten um die Sonne kreisen, ihre Masse muss groß genug sein, um eine nahezu kugelförmige Gestalt anzunehmen, und sie müssen mit ihrer Schwerkraft ihre Umgebung von anderen Objekten "freigeräumt" haben, so dass sie ihre Umlaufbahn dominieren. Dieser letzte Punkt trifft auf Pluto nicht zu, daher gilt er offiziell nur noch als "Zwergplanet" (diese dürfen ihre Umlaufbahnen mit anderen Objekten teilen).

630: Für die Theorie, dass der Einschlag mehrerer Himmelskörper für die Entstehung des Mondes verantwortlich ist, spricht vor allem, dass das "Standardmodell" des marsgroßen Himmelskörpers nur schwer die Ähnlichkeit von Mond und Erde erklären kann – bei dem angenommenen Aufprallwinkel sollte eigentlich fast alle Materie des Mondes von diesem Himmelskörper stammen. Nur bei einer Frontalkollission dürften dank der entstehenden Hitze die Materie der Erde und die des Himmelskörpers gut vermischt worden sein. Alternativ könnte sich der Mond aber auch aus Staubringen gebildet haben, die nach rund zwanzig eher kleineren Kollissionen entstanden wären (siehe Raluca Rufu et al.: A multiple-impact origin for the moon. Nature Geoscience (2017), doi:10.1038/ngeo2866).

690: Konstantin Batygin, Michael E. Brown: Evidence for a Distant Giant Planet in the Solar System. In: The Astronomical Journal Band 151, Nr. 2, 2016, doi:10.3847/0004-6256/151/2/22. Die Geschichte von "Planet 9" ist beschrieben in Bachmann, Klaus: Die Jagd nach Planet 9. GEO 12/2016, S. 98-114.

Die Voraussetzungen für Leben auf der Erde

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Die Erde als System: Die Ausführungen basieren auf Kap. 7.1 aus >> Lenton & Watson 2011.

© Jürgen Paeger 2006 – 2021

Galilei hat der moder­nen Physik ein wesent­liches Erbe hinterlas­sen: Er führte als erster gezielte Untersuchun­gen durch, um offene Fragen zu beantworten. Das Experiment ist bis heute die zentrale Grundlage zur Daten-gewinnung in den Naturwissenschaften. Im Unterschied zur Beobachtung, mit denen die Griechen ihre Erkenntnisse gewonnen haben, werden hierbei Störfaktoren möglichst ausgeschaltet. So konnte Galilei nur des­halb erkennen, dass die Fallgeschwindigkeit un­abhängig vom Gewicht eines Körpers war, weil er wie Luftwiderstand, Reibung etc. loswurde. "Ideale", um Störungen bereinigte, vereinfachte Systeme sind bis heute die Grundlage für die Erforschung von Natur­gesetzen. Um reale Systeme zu beschrei­ben, müssen dann die Störgrößen (wie bei der Bewegung Reibung und Luftwiderstand) natür­lich wieder – aber eben kontrolliert – eingeführt werden.

Mit dem Fernrohr führte Galilei zudem "zwischen­geschaltete Vorrichtungen" ein, mit deren Hilfe der seine Beobachtungen durch­führte, was die Be­trach­tung ganz neuer Größenordnungen er­möglichte.

Sein klassisches Relativitätsprinzip war eine weitere bahn-brechende Erkenntnis: Bei physikalischen Untersuchungen ist das Bezugssystem wichtig.