Hintergrundinformation
Eine kleine Geschichte der Menschheit
Die ersten Staaten
In besonders ertragreichen Regionen führte der
Ackerbau zu hohen Bevölkerungsdichten und zur Entstehung der ersten
Städte (Die
Folgen des Ackerbaus); und aus diesen entstanden die ersten
Staaten.
Die Pyramiden
von Gizeh (vorne die Mykerinos-Pyramide mit drei
Königinnen-Pyramiden, in der Mitte die Chephren-Pyramide und hinten
die Cheops-Pyramide) wurden im Zeitraum von 26. bis 25. Jh. v.u.Z.
erbaut und zum Symbol für das ägyptische
Pharaonenreich. Foto: Ricardo Liberato, aus
wikipedia commons (abgerufen 13.6.2014), Lizenz: >> cc
2.0.
Die ersten Staaten in Mesopotamien, Ägypten, am Indus und in China
entstanden alle an großen Flüssen, die bei regelmäßigen
Überschwemmungen die angrenzenden Felder düngten. Das Wasser und
der fruchtbare Schlamm wurde bald auch mit Kanälen zu den Felder
geleitet. Der amerikanische Historiker Karl Wittfogel entwickelte
die „hydraulische Theorie“, nach der gerade die Organisation der
Flussregulierung zu diesen Staatsbildungen geführt habe. Heute wird
diese aber aus mehreren Gründen kritisch gesehen: Zum einen lassen
sich Bewässerungskanäle viel besser vor Ort als mittels zentraler
Anweisungen pflegen; zum anderen dürften auch andere Faktoren eine
Rolle gespielt haben: etwa die Rolle der Flüsse als wichtiger
Transportweg für den Handel und die hohe Bevölkerungsdichte, die
Erfindungen – auch sozialer Art – förderte.
Mesopotamien
Die ersten Staaten der Welt entstanden durch die Sumerer
im Süden Mesopotamiens (nach griechisch méso pótamos,
"zwischen den Flüssen“ [Euphrat und Tigris]). Sumer bedeutet
„Kulturland“, ein Hinweis auf die Bedeutung der Landwirtschaft
in der Region: Euphrat und Tigris entspringen in schneereichen
Bergen in der heutigen Türkei – ihr Wasser versorgte die
Landwirtschaft in der Ebene mit Wasser und brachte Nährstoffe mit.
Der Bau und die Instandhaltung der vor allem im Süden des Gebietes
notwendigen Bewässerungssysteme brauchte gute Organisation, führte
aber zu ertragreicher Landwirtschaft und diese bald zu hoher
Bevölkerungsdichte. Die Dörfer wuchsen schnell, schließlich
entstanden erste Städte. Eine wachsende Bevölkerung erforderte
wiederum größere Bewässerungssysteme, und so dehnten die Städte
ihren Einflussbereich auf ihre Umgebung aus. Außerdem organisierten
sie den Handel, denn im Zweistromland gab es kaum Holz, keine Steine
und keine Metalle. Vor etwa 5.200 Jahren entstanden so aus den
Städten und den Dörfern um sie herum erste Stadtstaaten:
Uruk, Ur, Lagasch und andere. Uruk im heutigen Irak, die am besten
untersuchte und wohl größte Stadt, soll schließlich 50.000
Einwohner gehabt haben. Die Sumerer machten bedeutsame Erfindungen:
Seit 5.500 Jahren nutzten sie das Wagenrad und spannten Rinder und
Esel vor Pflüge und Karren; zu dieser entwickelten sie auch die
erste Schrift, die
sumerische Keilschrift. Die "Stadtstaaten" werden heute so
genannt, da sie bereits die Macht eines Staates ausübten: Die
Nahrung wurde von Ackerbauern, Hirten, Fischern und Gärtnern
erzeugt, die den größten Teil ihrer Produkte abgeben mussten und
dafür vom Staat die notwendigen Rohstoffe, vom Saatgut bis zu
metallenen Werkzeugen erhielten. Mit den Stufentempeln (Zikkurat)
entstanden heilige Bauten, von denen einer als „Turm von Babel“
Eingang in die Bibel fand; aus mündlichen Überlieferungen der
Sumerer entstand später das Gilgamesch-Epos, eine der ältesten und
größten Dichtungen der Menschheit. Die immer weitere Ausdehnung der
Bewässerungssysteme führte schließlich aber auch zu Kämpfen
zwischen den Stadtstaaten.
Weiter nördlich, wo Westwinde vom Mittelmeer eine
ertragreiche Landwirtschaft auch ohne Bewässerung ermöglichte,
lebten semitisch sprechende Völker. Hier war vor 4.500 Jahren das
Königreich von Kisch aufgeblüht. Nachdem um 2.300
v.u.Z. ein hoher Beamter,
Sargon, den König stürzte, unterwarf er in vielen Schlachten die
sumerischen Stadtstaaten, machte die Stadt Akkad
zum Königssitz, und bildete schließlich das erste Großreich
der Geschichte, dessen Einfluss vom Persischen Golf bis ans
Mittelmeer reichte. Dass Akkad die sumerischen Stadtstaaten
unterwerfen konnte, hatte womöglich nicht nur mit deren
Streitigkeiten untereinander, sondern auch mit fallenden
Ernteerträgen zu tun: Die Bewässerung hatte nämlich zu einer
Versalzung des Bodens geführt – Keilschrifttafeln berichteten davon,
dass "schwarze Felder weiß wurden" und "Pflanzen an Salz
erstickten"; zur Zeit der Eroberung durch Akkad fielen die Erträge
bereits deutlich. Vor 2.000 Jahren v.u.Z. dominierte das Reich
von Sumer und Akkad, wie es nun genannt wurde, noch große
Teile des Nahen Ostens. Im Süden fielen die Erträge aus der
Landwirtschaft aber weiter; und das mag dazu beigetragen haben, dass
das Reich schließlich unter den Angriffen aus dem Nordwesten
kommender, halbnomadischer Gruppen zusammenbrach. Diese Amurriter
(von akkadisch Amurru, "Westleute") waren ebenfalls
Semiten, die schnell die Kultur der älteren Bewohner übernahmen;
aber kein zentrales Großreich mehr bildeten, sondern regionale
Machtzentren bildeten. Zu diesen gehörte Assur im
Norden und das um 1.900 v.u.Z. gegründete Reich von Babylon
im Süden. Die Stadt Assur war eine wichtige Handelsstation zwischen
Klein- und Mittelasien, um 1.800 v.u.Z. wurde sie unter
Schamschi-Adad zu einem Zentrum des assyrischen Reichs.
Auch die frühen Religionen Mesopotamiens hinterließen ein Erbe: Von
hier stammte der Erzvater Abraham biblischer Überlieferung, der nach
Kanaan zog und dessen Urenkel die 12 Stämme Israels begründeten.
Nach der Bibel waren sie das erwählte Volk Gottes; ihre religiösen
Überlieferungen begründeten das Judentum, jene Weltreligion, die
auch die Basis für Christentum und Islam wurde.
Ab 1728 v.u.Z. vereinte der babylonische König Hammurabi
Mesopotamien erneut und machte das Reich von Babylon zur
Großmacht. Babylon war die erste Prachtstadt auf
der Erde (was Nomaden von solchen Städten hielten, kann man in der
Bibel nachlesen: “die Mutter der Hurerei und aller Gräuel auf
Erden”). Nördlich, im heutigen Anatolien, entstand zu dieser Zeit
das Hethiter-Reich, das Babylon im 16. Jahrhundert
v.u.Z. überfiel. Hammurabis babylonisches Reich hinterließ ein
dauerhaftes Erbe: ein mathematisches Zählsystem mit der Basis 60;
und daher hat noch heute die Stunde 60 Minuten und die Minute 60
Sekunden. Der Codex Hammurabi,
eine 2,25 Meter hohe Stele mit Entscheidungen war das erste
"Gesetzbuch" der Geschichte: Bestraft wurde nur, wessen Schuld
erwiesen war; Willkür und Vergeltung wurden damit eingeschränkt –
ein wichtiger Schritt für das menschliche Zusammenleben. Die
babylonische Kultur dominierte auch das Reich der Kassiten
(die nach dem Überfall der Hethiter die Macht in Babylonien
übernahmen) und das assyrische Reich am mittleren
Tigris, das vom 9.–7. Jahrhundert v.u.Z. das Zweistromland
dominierte. 689 v.u.Z. zerstörte die Armee des Reiches die Stadt
Babylon und leitete einen Seitenarm des Euphrat in die Reste der
Innenstadt; der Sohn des damaligen Herrschers ließ die Stadt,
immerhin das Zentrum der Kultur der Region, aber wieder aufbauen.
Ein halbes Jahrhundert später verbündete sich Babylon mit den Medern
(siehe nächster Absatz); sie konnten 614 v.u.Z. die alte Hauptstadt
Assur und 612 v.u.Z. die neue Hauptstadt Ninive erobern.
Nebukadnezar II. führte Babylon ab 604 v.u.Z. zu neuem Glanz, seinen
Tod überstand es aber nicht lange: 539 v.u.Z. wurde es persische
Provinz; die Stadt blieb aber auch im Perserreich Verwaltungssitz.
Auch im Osten des fruchtbaren Halbmonds, im Südwesten des heutigen
Iran, entstanden ab 3.500 v.u.Z. städtische Zentren, aus denen das
Reich Elam hervorging. Im 12. Jahrhundert v.u.Z.
hatte das Reich zwischenzeitlich sogar Babylon erobert, war aber
Ende des Jahrhunderts Nebukadnezar I. unterlegen. Um 1.000 v. Chr
siedelten sich im Gebiet nordwestlich von Elam die indo-germanischen
Meder an, die nach und nach die Macht in der Region
von den Elamitern übernahmen. Um 550
v.u.Z. gelang es König Kyros aus dem aus dem südlich gelegenen
Perserreich, die Oberherrschaft der Meder abzuschütteln: das Achämenidenreich
(auch Altpersisches Reich) war entstanden. Binnen 50 Jahren konnten
Kyros und seine Nachfolger, vor allem Dareios I. und Xerxes I., fast
ganz Vorderasien, vom Mittelmeer bis an den Indus, unter Kontrolle
bringen. (Den Vormarsch am Mittelmeer beendeten die Griechen
mit ihren Siegen bei Marathon (490 v.u.Z.), Salamis (480) und
Plataiai (479).) Die Achämeniden respektierten die verschiedenen
Kulturen und Religionen in ihrem Gebiet; erweiterten mit Quanaten –
unterirdischen Bewässerungskanälen – die Anbaufläche; bewässerten
einen 300 Kilometer breiten Streifen zu beiden Seiten des Tigris
(den Schlamm ließen sie von Tausenden Sklaven aus den Gräben
schaufeln); und wussten durch sparsame Bewässerung die Versalzung
unter Kontrolle zu halten.
Ab 334 v.u.Z. eroberte Alexander der Große
das Perserreich. Aber mit dem Zerfall seines Reiches erblühte die
persische Kultur wieder und ging um 250 v.u.Z. im Partherreich
(daher auch zweites Perserreich genannt) auf. Über die Parther ist
wenig, und vor allem aus römischen und chinesichen Quellen, bekannt;
aber sie scheinen den Staat geschickt zusammengehalten zu haben und
ihre Lage zwischen Rom und China geschickt genutzt zu haben. 141
v.u.Z. eroberte die Parther Mesopotamien, 115 v.u.Z. wurde die (erst
später so genannte) Seidenstraße als Handelsroute mit der
chinesischen Han-Dynastie offiziell eröffnet (>>
mehr). Den Vormarsch des expandierenden römischen Reiches
beenden sie, und kämpften über Jahrhunderte immer wieder mit Rom um
die Macht im Osten, ohne je zu unterliegen.
Ägypten
Wie die Wildgräser im fruchtbaren Halbmond, lockte auch im Niltal
seit jeher reichlich Nahrung viele Menschen an – zumal das Tal und
auch die angrenzenden Gebiete früher einmal deutlich feuchter waren
als heute. Landwirtschaft wird im Niltal vermutlich seit 5.500
Jahren betrieben (Badari-Kultur), wahrscheinlich wurde sie aus dem
fruchtbaren Halbmond übernommen. Die von Monsunregenfällen im
Quellgebiet des Nils im afrikanischen Hochland verursachten
alljährlichen Nilfluten, die fruchtbaren Schlamm zurückließen,
prägten jahrtausendelang das ägyptische Jahr: Es begann mit der
Flut um die Zeit der Sommersonnenwende im Juni (Achet, die
"Zeit der Überschwemmung"), auf die die "Zeit des Sprießens" (Peret)
ab Mitte Oktober mit der Anlage/ Pflege der Dämme und
Bewässerungskanäle sowie die Aussaat und Pflege der Felder (die
z.B. von hungrigen Flusspferden aus dem Nil bedroht wurden) und die
"Trockenzeit" (Schemu) folgten, in der geerntet wurde. Die
Bevölkerung wuchs mit der Landwirtschaft, und bereits in
vorgeschichtlichen Kulturen gibt es Anzeichen für soziale
Schichtungen und für Arbeitsteilung und Spezialisierung. Die
Landwirtschaft prägte insbesondere Unterägypten mit dem Nildelta,
während in Oberägypten eher aus dem Südwesten stammende
Rinderhirten sowie Jäger und Sammler lebten. Der Nil war auch ein
wichtiger Transportweg; um 3.500 v.u.Z. erfanden die Ägypter das
Segel, wodurch sie den Nil auch entgegen der Strömung als
Transportweg nutzen konnten (bis zum ersten Nilkatarakt, wo
Stromschnellen den Nil für Schiffe unpassierbar machten). Die der
oberägyptischen Naqada-Kultur zugehörigen bemalten
vorgeschichtlichen Fürstengräber von Hierakonpolis
(Naqada-II-Periode, 3.500 – 3.200 v.u.Z.) zeigen, dass zu dieser
Zeit bereits ausgeprägte Machtstrukturen bestanden. Die
Naqada-Kultur breitete sich nach Unterägpten (und auch nach Nubien
im heutigen Sudan) aus; der Legende nach vereinigte ein König Menes
die Reiche in Unter- und Oberägypten im 32. Jh. v.u.Z. Welchem der
archäogisch bekannten Herrscher Menes zuzuordnen ist, ist
umstritten; im Horus-Tempel von Hierakonpolis wird König Narmer
als Einiger von Ober- und Unterägypten bezeichnet.
Von Narmer wissen wir bereits aus schriftlichen Zeugnissen: die
Ägypter hatten (angeregt von der Kenntnis der sumerischen
Keilschrift?) ihre Hieroglyphenschrift
entwickelt. Wie in Mesopotamien war die Schrift zuerst praktischen
Zwecken gewidmet: die ältesten Funde sind Gefäßanhänger, sie wurde
aber früh auch für Grabinschriften und die Bezeichnung von
Grabbeigaben verwendet. Die lange als "frühdynastische Periode"
bezeichnete Zeit um König Narmer gab wichtige Impulse für das "Alte
Reich", der ältesten der drei "klassischen" Perioden des Alten
Ägypten, weshalb sie heute oft auch als "Dynastie 0" bezeichnet wird
(um die übliche Zählung der Dynastien beibehalten zu können). Mit
Narmers Nachfolger Aha (1. Dynastie) wurde Memphis zur
Hauptstadt und der König mit seinem Gefolge (wie schon Narmer) in
Abydos begraben. Im 29. Jh. v.u.Z. teilte sich das Land wieder in
Ober- und Unterägypten, im 27. Jh. konnte König Chasechemui aus dem
Süden den Norden wieder erobern. Chasechemuis Sohn Djoser
(mit dem das "klassische" Alte Reich begann) begann im 27. Jh.
v.u.Z. mit dem Pyramidenbau; er ließ die Stufenpyramide von Sakkara
erreichten. Vermutlich sollten die Stufen dem König den Aufstieg zum
Himmel erleichtern. Die – später Pharao genannten –
ägyptischen Könige waren die Mittler zwischen den Göttern und den
Menschen; sie verkörperten auch den Falkengott Horus und wurden
nach ihrem Tod selbst zum Gott; daneben waren sie oberste Feldherren
und standen der Beamtenschaft vor, die das Land verwalteten. Das
ganze Land war nämlich ebenfalls Eigentum des Königs, dessen Beamte
Abgaben (in Form von Waren) einsammelten, in Schatzhäusern lagerten
und an die Bevölkerung verteilten.
Die
Pyramiden
Die Pyramiden entstanden aus den Grabmälern der Könige. Diese
bestanden vor Djoser aus einer Mastaba, einem einstöckigen
Gebäude, unter dem sich die unterirdische Grabkammer befand. Djosers
Baumeister Imhotep vergrößerte dessen Mastaba in zwei
Bauphasen. Dabei erkannte er, dass das Gebäude an Stabilität
gewinnt, wenn die Außenwände nach innen geneigt werden – und konnte
dann beginnen, weitere Geschosse als "Stufen" auf dieses
aufzusetzen. So entstand in zwei weiteren Bauphasen die
sechsstufige, 63 Meter hohe Stufenpyramide von Djoser. 330.000
Kubikmeter Stein wurden in ihr verbaut – anders als vom griechischen
Historiker Herodit vermutet (der Ägypten 2.000 Jahre nach dem Bau
der Pyramiden besuchte und schrieb, diese seien von zahlreichen
Sklaven erbaut worden), von hoch spezialisierten Handwerkern. Die
folgenden Könige behielten die Pyramide als Grabstätte bei, die
allerdings immer größer wurden: schon die folgende Stufenpyramide
war 93 Meter hoch. Danach wurden die Flanken zur glatten Fläche
behauen; mit steigender Höhe musste zudem immer mehr Aufwand für ein
tragfähiges Fundament getrieben werden, in das fast so viel Masse
wie in die eigentliche Pyramide floß.
Der Höhepunkt wurde mit der um 2.500 v.u.Z.
errichteten Cheops-Pyramide erreicht, die 147 Meter hoch
war; für sie wurden 5,8 Mio. Tonnen Kalkstein verbaut, der von außen
glatt und hell verkleidet werde. Sie war eines der antiken sieben
Weltwunder und ist bis heute das bekannteste Symbol des
Pharaonenreichs. Cheops ließ auch drei Pyramiden für seine Frauen
errichten, die mit acht angrenzenden Mastabas eine Art
"Familienfriedhof" bilden. Ohnehin sind die Pyramiden Teil von
Anlagen mit Tempeln, Wohnsiedlungen für die Arbeiter etc.; die
größten Anlagen erreichten die Größe von Städten. Nach der
Cheops-Pyramide wurden die Pyramiden wieder kleiner; über die Gründe
rätselt man noch: wurde vielleicht der Aufwand zu groß? Bis heute
ungelöst ist zudem das Rätsel, wie der Bau der Pyramiden überhaupt
erfolgt ist. Dabei mussten tonnenschwere Steine vom Steinbruch zur
Baustelle und dort in beträchtliche Höhen gebracht werden – wie das
geschah, dafür gibt es zahlreiche Theorien, aber keine allgemein
akzeptierte Vorstellung.
Rohstoffe erhielten die Ägypter auch aus weit entfernten Ländern:
Aus Zedernholz gebaute Schiffe sind schon aus dem 32./31. Jh.
v.u.Z. aus dem Grab von Aha bekannt, die Zedern kamen aus dem
Libanon; sie wurden über das Mittelmeer ins Land gebracht (einem Mittelpunkt
der damaligen Welt), über das auch Kupfer (aus Zypern) und
Zinn (aus Anatolien) für die Bronzeherstellung ins Land kamen. Am
Roten Meer ist der Hafen Wadi-al-Jarf aus dem 27./26. Jh. v.u.Z.
bekannt (er diente wohl vor allem dem Transport von Kupfer aus dem
Sinai), und im 27. Jh. v.u.Z.gab es einen "Aufseher über die fremden
Länder". Vom weiter südlich am Roten Meer gelegenen Hafen Saww
(Mersa Gawasis) starteten ab dem 25. Jh. v.u.Z. auch Expeditionen
nach "Punt" (vermutlich Eritrea und das östliche Äthiopien); von
denen unter anderem Weihrauch, Elfenbein, Ebenholz und Gold
mitgebracht wurden. Zu den "fernen Ländern" gehörte auch das
nilaufwärts gelegene Nubien: von hier kamen Kupfer, Gold und
Arbeitskräfte. Im 23. Jh. v.u.Z. sollte der Beamte Harchuf eine
Route in das Land "Jam" (vermutlich in Nubien gelegen) finden, von
wo er Weihrauch, Elfenbein, Ebenholz, Pantherfelle und andere
Luxusgüter mitbrachte; seine Route führte über alte Karawanenwege
westlich des Nils und die Oase Dachla. Um diese alternative
Nord-Süd-Route zu sichern, wurden die Oasen der westlichen
(libyschen) Wüste von Ägypten kolonisiert.
Die Kontrolle über Nubien war schon verloren gegangen (so dass
dort das
nubische Reich von Kerma aufblühen konnte), als um 2.200
v.u.Z. das "Alte Reich" aus unbekannten Gründen in eine Reihe
kleiner Fürstentümer zerfiel. Nach anderhalb Jahrhunderten konnte
Theben die Vorherrschaft gewinnen, dessen Herrscher Mentuhotep
II. im 21. Jh. v.u.Z. wieder ganz Ägypten unter seine
Kontrolle brachte und damit das Mittlere Reich begründete.
Er brachte auch Nubien wieder unter ägyptische Kontrolle und nahm
die Fahrten nach Punt wieder auf. Residenzstadt blieb zunächst
Theben, in deren Nähe auch die neue Totenstadt Deir el-Bahari für
die Königsgräber (die in Totentempeln, nicht mehr in Pyramiden
untergebracht waren) angelegt wurde. Unter Amenemhet I.
wurde die (bisher nicht gefundene) Hauptstadt in den Norden verlegt,
in die Nähe von Herakleopolis, und die Totenstadt in el-Lischt (wo
wieder Pyramiden gebaut wurden) errichtet. Im Mittleren Reich wurden
in ganz Ägypten mit staatlichen Einrichtungen wie Pyramiden oder
Häfen verbundene geplante, einheitliche Siedlungen, darunter die
Stadt Avaris im östlichen Nildelta, erbaut; die westlich des Nils
gelegene Oase Fajum wurde mit Hilfe des "Großen Kanals" entwässert,
was sie zu einem hervorragenden Ackerbaugebiet machte, das die
landwirtschaftliche Produktion Ägyptens stark erhöhte. Im Süden
kontrollierte Ägypten den Nil bis zur Schlucht von Semna zwischen
dem zweiten und dritten Katarakt, wo vier Festungen errichtet
wurden. Um 1650 v.u.Z. endete das Mittlere Reich, wohl aufgrund
nachlassender Zentralmacht, wodurch lokale Beamte sich unabhängig
machen konnten ("Zweites Zwischenreich"). Den Norden (und die
Oasenroute durch die Wüste nach Nubien) kontrollierten die Hyksos
("Herrscher der Fremdländer"), die wohl aus der Levante stammten,
von Avaris aus; Oberägypten wurde von Theben aus regiert. Als
Theben sein Gebiet nach Süden bis zur alten Festung Buhen am zweiten
Katarakt ausdehnen konnte, hatte es wieder Zugang zum Gold aus
Nubien; es konnte Avaris einnehmen und das Reich wieder vereinen: 1550 v.u.Z. entstand das
Neue Reich.
Unter dem Neuen Reich konnte die südliche Grenze erst an den
dritten und dann an den vierten Nilkatarakt verschoben werden (wobei
zwischen drittem und viertem Katarakt weiter lokale Herrscher
regierten, die die Oberhoheit Ägyptens akzeptierten); mit den Gold
aus Nubien finanzierte Ägypten Kriegszüge in die Levante, wo es
sein Herrschaftsgebiet ebenfalls ausweitete. Hierfür wurden moderne,
aus dem Osten kommende, Kriegstechniken wie Streitwagen,
Kompositbögen und Rüstungen genutzt. Auch hier setzte Ägypten dem
Reich gegenüber loyale lokale Herrscher ein. Die Verbindungen
reichten mitunter auch tiefer: Thutmosis III. heiratete auch
mindestens drei syrische Prinzessinnen. Solche und auch vertragliche
Verbindungen sowie der regelmäßige Austausch von Geschenken und
Spezialisten mit den Nachbarstaaten ließen den Fernhandel und den Informationsaustausch aufblühen. Im 14. Jh.
v.u.Z. konnten dann die Hethiter Nordsyrien erobern, während in
Ägypten Echnaton und seine ihm offenbar ebenbürtige Königin
Nofretete versuchten, das religiöse Leben auf die Verehrung
der Sonnenscheibe Aton auszurichten und die neue Hauptstadt
Achetaton ("Horizont des Aton", heute Amarna) mit einem über 500
Meter langen Großen Palast und einem 760 Meter langen, nach oben zum
großen Teil offenen Aton-Tempel errichteten. Echnatons zweiter
Nachfolger Tutanchamun verhalf aber den alten Göttern
wieder zu ihrem Recht [530]
und verlegte die Hauptstadt nach Memphis; seine Nachfolger – die
dem Militär entstammten – versuchten, die Hethiter wieder aus
Nordsyrien zu vertrieben. Am Grenzverlauf änderte sich aber nicht,
und 1239 v.u.Z. schlossen Ramses II. und Hethiterkönig
Hattuschili III. einen Friedensvertrag ab, der heute als erstes
internationales Friedensabkommen gilt.
Ramses II. musste sich zudem gegen libysche Eindringlinge im Westen
und gegen die "Seevölker" in der südlichen Levante wehren; beide
werden heute in Zusammenhang mit einem Klimawandel gesehen, der die
Völker aus ihrer Heimat vertrieb. Sowohl Libyer als auch die
"Seevölker" wurden in Ägypten heimisch und auch in die Armee
eingegliedert. Unter Ramses III. gewannen die Priester an Einfluss,
der Hohepriester von Theben gewann als Prophet des zum Reichsgott
geworden Amun an Macht. Ein Drittel des staatlichen Landes und der
Viehherden wurden an die Tempel abgetreten. Unter Ramses XI. (1099
– 1069 v.u.Z.) zerfiel Ägypten: Ober- und Unterägypten wurden im
dritten Zwischenreich von Theben und Tanis aus oftmals
libyschen Herrschern und mächtigen Amunpriestern regiert. In Nubien
entstand das Königreich von Kusch. Ab 750
v.u.Z. konnte Kusch erst Theben und dann auch das Delta erobern; der
kuschitische König wurde in Personalunion zum Pharao Ägyptens. Als Kusch seinen
Einfluss in die südliche Levante ausdehnte, bedrohte es die
Interessen des ebenfalls expandierenden Assyriens; 701 v.u.Z. kam es
zu einer ersten militärischen Konfrontation, 673 v.u.Z. zu einer
erst erfolglosen, 671 v.u.Z. dann erfolgreichen Invasion; und 667
v.u.Z. konnte Assyrien dann Theben erobern. Auf eine direkte
Kontrolle Ägyptens verzichtete Assyrien aber und gab sich damit
zufrieden, König über den Könige (Ägyptens) zu sein, machte diese
also zu Vasallen. Als diese rebellierten, gab es nur noch einen
Herrscher über Ägypten, Necho I. Schon dessen Sohn Psammerich I.
konnte sich aber der assyrischen Oberherrschaft entziehen. Necho II.
begann mit dem Bau eines Kanals vom Nil zum Roten Meer (was das
Mittelmeer mit dem Indischen Ozean verband); dies und die
Rekrutierung griechischer und phönizischer Spezialisten gaben der
ägyptischen Schifffahrt neuen Schwung. Psammerich II. konnte Nubien
wieder unter ägyptische Kontrolle bringen. Aber 525 v.u.Z. eroberte
Kyros' Nachfolger Kambyses Ägypten: Ägypten wurde bis zur Eroberung
durch Alexander den Großen im Jahr 332
v.u.Z. zur Provinz des Achemäniden-Reichs.
Induskulturen und erste indische Reiche
Während die Hochkulturen Mesopotamiens und Ägyptens nie in
Vergessenheit gerieten, war dies am Indus anders. Erst 1922 wurden
auf der Suche nach Spuren des Alexanderfeldzuges schon länger
bekannte Fundstätten in Harappa und Mohenjo-Daro im Industal (im
heutigen Pakistan) als Städte einer alten Hochkultur, der Induskultur,
erkannt. Harappa war da bereits weitgehend zerstört, da die Briten
mit den Ziegeln die Eisenbahntrasse Lahore-Multan befestigt hatten;
aber seither wurden in Pakistan und Indien Hunderte neuer Fundorte
entdeckt. Der Indus brachte Wasser aus dem Himalaya, und war mit
seinem breiten Tal bestens für die Landwirtschaft geeignet. Seit
über 10.000 Jahren wurde hier Garten-
und Ackerbau betrieben; Weizen und Gerste und später Datteln,
Feigen, Oliven und Baumwolle angebaut. Bald darauf wurden auch
Haustiere gehalten. Kupfervorkommen machten die Indusregion zu einem
ersten Zentrum der Metallherstellung in Südasien, in dem metallene
Äxte, Speerspitzen und Messer hergestellt wurden. Metallene Sicheln
erleichterten die Getreideernte. Später wurde mit Bronze ein
härteres Metall geschaffen. Ab 2.600 v.u.Z. begann der Bau großer
Städte; Mohenjo Daro war vermutlich seinerzeit die größte Siedlung
der Welt. Die Städte der Induskultur waren komfortabel und verfügten
nicht nur über Wasserversorgung mit Brunnen und großen Bädern,
sondern auch über eine Kanalisation, mit der die Abwässer unter den
Straßen abflossen. Tempel und Paläste sind aus den Städten nicht
bekannt, aber die Häuser bestanden aus gebrannten Ziegeln; und die
wasserbauliche Infrastruktur erforderte sicher eine
Gemeinschaftsleistung – nicht für wenige Einzelne, sondern für die
Gemeinschaft. Es bestanden Handelsbeziehungen nach Mesopotamien
(siehe unten). Auch eine Schrift entstand,
ist aber im Gegensatz zu Keilschrift und Hieroglyphen noch nicht
entziffert, so dass die Archäologen keine schriftlichen Zeugnisse
aus dieser Kultur nutzen können und die Gesellschaftsordnung der
Induskultur einstweilen ein Rätsel bleibt.
Ab 2.000 v.u.Z. begann der Niedergang dieser Kultur. Auch die
Gründe hierfür sind unklar. Wahrscheinlich spielten ökologische
Probleme eine Rolle: Die Kultur verbrauchte viel Holz und holzte
ganze Wälder ab, was offenbar zu verheerenden Überschwemmungen
führte, die wohl auch die Bewässerungsanlagen zerstörte. Daraufhin
kam es zu Unruhen und Massakern, die Menschen wanderten ab und am
Indus war das städtische Leben vorbei. Ab 1.500 v.u.Z. wanderten
Menschen aus den nordiranischen Hochebenen über die Pässe des
Hindukusch in das Industal ein: die Arier. Sie haben eine
Literatur hinterlassen, die Veden (das heilige „Wissen“) und die
späteren Erläuterungstexte, die Brahmanas und Upanishaden. Während
eines tausendjährigen Prozesses besiedelten sie ganz Indien; dabei
verlagert sich der Bevölkerungsschwerpunkt vom Indus an den Ganges,
der von den riesigen Eisfeldern des Himalaya gespeist wird und nur
vom Gelben Fluss in China an transportiertem Boden übertroffen wird.
Es entstand eine neue indische Kultur: Aus den
Hierarchien der arischen Stammesgesellschaft entwickelte sich eine
Vierständeordnung aus Priestern, Kriegern, Händlern und Handwerkern
und Bauern; ein Vorläufer des späteren Kastensystems. Aus den
religiösen Vorstellungen beider Gruppen entwickelte sich eine
Vielfalt von Kulten und Religionen, die die Briten später
"Hinduismus" nannten. Mit ca. 800 Mio. Anhängern gehört der
Hinduismus heute zu den Weltreligionen. Das höchste Göttliche,
Brahman, wird in Göttern Brahma (der Schöpfer), Vishnu (der
Bewahrer) und Shiva (der Zerstörer) und unzähligen weiteren Göttern
repräsentiert. Im Zentrum steht die Lehre der Wiedergeburt; durch
die richtige Haltung und entsprechendes Verhalten kann ein Mensch im
nächsten Leben als Mitglied einer höheren Kaste wiedergeboren werden
– eine Vorstellung, die das Kastensystem leichter erträglich machte.
Als indirekte Kritik an diesem System sehen manche die Entstehung
des Buddhismus, der keine Kasten kennt. Ziel des Buddhismus ist es,
den Kreislauf der Wiedergeburten zu verlassen, indem man das Nirvana
erreicht; ein für Buddhisten nicht mit Worten zu beschreibender,
sondern nur zu erfahrender Zustand der Erleuchtung. Mit ca. 400 Mio.
Anhängern gehört auch der Buddhismus zu den großen Weltreligionen.
In Indien begründete eine von Chandragupta Maurya angeführte
Revolte gegen den Einmarsch Alexander des
Großen im 4. Jahrhundert vor unserer Zeit das Maurya-Reich,
das unter Chandraguptas Enkel Ashoka im 3.
Jahrhundert vor unserer Zeit seine größte Ausdehnung erreichte: das
erste indische Großreich mit der Hauptstadt Pataliputra (dem
heutigen Patna) im Tal des Ganges war entstanden. Die Geschichte
dieses Reiches ist nur in Umrissen bekannt, Einigkeit besteht nur
über die Bedeutung der “dharma” unter Ashoka – der Begriff ist
schwer übersetzbar und umfasst Recht, Gesetz und ethisch richtiges
Handeln als auch die Lehre des Buddha; Buddhismus wurde zur
Staatsreligion. Nach Ashokas Tod zerfiel das Maurya-Reich; in den
folgenden Jahrhunderten war Nordindien als Folge von
Völkerwanderungen von “Indogriechen” (den Nachfolgern des
Alexanderreichs) und zentralasiatischen Völkern dominiert. Im Süden
Indiens baute die Satavahana-Dynastie
den Seehandel mit Südostasien und den Häfen des Roten Meeres aus;
unter ihrer Herrschaft entstanden zahlreiche Höhlentempel und
buddhistische Stupas.
Früher Austausch:
Verbindungen zwischen Mesopotamien, Ägypten und Industal
Bereits die Ausbreitung der Landwirtschaft zeigt, dass die Menschen
aus den Regionen der späteren Hochkulturen in Mesopotamien, Ägypten
und im Industal miteinander in Verbindung gestanden haben: Ägypten
und das Industal übernahmen die Landwirtschaft vermutlich aus dem
fruchtbaren Halbmond. Mit der Entstehung von Stadtkulturen
und städtischen Eliten nahm der Bedarf an Luxusgütern und damit der
Fernhandel zu: Bereits vor 5.000 Jahren standen Mesopotamien und das
Industal über Händler in Kontakt: In den Königsgräbern von Ur in
Mesopotamien fanden sich Perlen aus dem Industal, Inschriften aus
der Zeit Sargons I. erwähnen Schiffe aus Melucha (Induskultur), und
Kardamom aus Südindien gab es ebenfalls in Mesopotamien. In Harappa
wurden sumerische Siegel gefunden. Der Handelsaustausch zwischen
Mesopotamien und Induskultur beruhte auch auf der Küstenschifffahrt,
die spätestens im 3. Jahrtausend v.u.Z. (540)
begann. Nach Ägypten zogen dagegen Karawanen: zuerst Eselskarawanen,
nach der Domestizierung des Kamels auch Kamelkarawanen.
Die Ägyptischen Pharaonen kauften ihrerseits Gold und Elfenbein aus
dem Inneren Afrikas. Die Annalen der
ägyptischen Herrscher enthielten schon in frühester Zeit lange
Aufstellungen der Völker, zu denen sie Beziehungen unterhielten. Mit
den Waren reisten auch Informationen und Ideen; Erfindungen in einer
Region breiteten sich aus: die ältesten ägyptischen Pyramiden
machten Anleihen bei den sumerischen Stufentempeln, die Hieroglyphen
wurden wohl unter Kenntnis der sumerischen Keilschrift entwickelt.
Streitwagen, Eisenverarbeitung und ab dem 7. Jahrhundert berittene
Bogenschützen, die die Streitwagen ablösten, fanden sich bald im
gesamten westlichen Kulturraum – und sogar in
China, das spätestens seit dem 2. Jahrhundert v.u.Z. durch Überlandrouten mit dem Mittelmeerraum
verbunden war. Dabei spielten die
Hirtengesellschaften Zentralasiens eine zentrale Rolle beim
Austausch von Handelsgüter, Erfindungen, Sitten und religiösen
Vorstellungen zwischen den Zivilisationen in Mesopotamien, Indien
und China.
Wer sich zuerst aufs offene Meer gewagt hat, lässt
sich nicht mehr sagen, aber spätestens seit der Zeitenwende segelten
arabische und persische Seeleute und Händler auch direkt über den
Indischen Ozean nach Indien. Dabei halfen Ihnen die verlässlichen
Monsunwinde, die ein halbes Jahr vom Himalaya weg und ein halbes
Jahr zum ihm hin wehen. Gehandelt wurde nicht mehr nur mit
Luxusgütern, denn die Schiffe brauchten Ballast und so gingen auch
Massengüter wie Metalle oder rohes Glas auf die lange Reise.
Kaufleute ließen sich in entfernten Handelszentren nieder; und in
Indien konnten sie auch chinesische Ware kaufen, die dorthin
gelangte. So entstand erstmals ein "weltumspannendes" Handelsnetz,
das aber wohl niemand in seinem ganzen Umfang kannte: Auf dem Weg
zum Endkunden wechselte die Ware mehrfach den Besitzer.
Europa und das Mittelmeer
Das antike Griechenland und die Phönizier
Das Mittelmeer
liegt für den Handel ideal zwischen Europa, Afrika und Asien; im
Sommer ist es meistens ruhig und damit bestens für die Schifffahrt
geeignet, die vor der Erfindung von Eisenbahn, Auto und Flugzeug sie
schnellste Verbindung zwischen weiter entfernten Regionen war. Boote
sind auf dem Mittelmeer seit
14.000 Jahren belegt. Nachdem sich vor 8.000 Jahren die
Landwirtschaft entlang der Mittelmeerküste ausbreitete, wurde der
Austausch von Gütern überlebenswichtig: An der Mittelmeerküste
konnten nämlich Kälteeinbrüche mit Schnee und Eis oder lange
Trockenzeiten jederzeit zu schwankenden Ernten führen, dann waren
die Bauern auf Nahrungsmittel aus anderen Teilen des Mittelmeeres
angewiesen. Keramik und Obsidian, die aus dieser Zeit erhalten
blieben, belegen den neolithischen Warenaustausch. Eine starke Macht
konnte so in der gesamten Region bedeutenden Einfluss gewinnen; was
die Entstehung staatlicher Strukturen und der ersten europäischen
Hochkulturen begünstigte. Der Austausch steigerte sich mit Beginn
der Bronzezeit, als
Kupfer und Zinn herbeigeschafft werden mussten; vom vor 5.000 Jahren
intensiver werdenden Austausch in der Ägäis profitierten etwa Troja
(gegründet vor 5.000 Jahren "von Menschen, die sich mit Kupfer
auskannten und wahrscheinlich mit Zinn handelten" (550)
sowie die Minoische Kultur (benannt nach dem
mythischen König Minos) auf Kreta. Diese sollte zur ersten
mediterranen Hochkultur werden. Ihre Blüte begann vor gut 4.000
Jahren, als die "Paläste" (die vielleicht auch Tempel waren) von
Knossos und anderen Orten gebaut wurden.
Auf Kreta war eine echte Zivilisation entstanden, mit Städten und
spezialisierten Handwerkern, die etwa Tongefäße mit
eierschalendünnen Wänden produzierten. Die Minoer (wie die Träger
der Minoischen Kultur auch genannt werden) waren gute Seefahrer und
handelten mit Ägypten, Mesopotamien und vielleicht auch dem
östlichen Mittelmeer bis Sizilien, womöglich sogar bis Spanien.
Nachdem die minoische Kultur möglicherweise nach einer Serie von
Naturkatastrophen (Vulkanausbrüche, Erdbeben) vor rund 3.500 Jahren
(vermutlich wurde bei einem dieser Vulkanausbrüche die Insel Thera,
ein wichtiger Stützpunkt der minoischen Flotte, zerstört) geschwächt
war, konnten Mitte des 15. Jh. v.u.Z. die Träger der Mykenischen
Kultur aus der Peloponnes die Herrschaft über Knossos
erlangen. Deren Vorfahren waren wohl aus dem südlichen Balkan auf
die Peloponnes gekommen, wo sie vor 3.500 Jahren zu beträchtlichem
Einfluss gekommen waren. Sie bauten große Festungen (nach der
Zitadelle Mykene wurde die Kultur benannt) und waren kriegerisch,
wie die Minoer erfahren mussten. Die Schriftquellen zeigen, dass die
Wirtschaft der im Orient ähnelte: der Staat – an dessen Spitze ein wanak
genannter Herrscher stand – zog einen Teil der Waren als Abgaben
ein und verteilte sie an Funktionäre und Soldaten. Nach der
Eroberung Kretas übernahmen mykenische Kaufleute das Handelsnetz der
Minoer und – die Schiffe waren seetüchtiger geworden und nutzten
ergänzend zu den Ruderern Segel – intensivierten den Handel mit
Süditalien und Sizilien. Wichtiger war aber das levantinische
Handelsnetz, das über Handelsstädte wie Ugarit und Byblos an der
Ostküste des Mittelmeers bis in die mesopotamische Welt und nach
Ägypten reichte.
Ägypten bezog Kupfer, Zinn und Holz aus der Levante; und sah daher
das in Anatolien aufstrebende Hethiterreich als
Bedrohung, das sich im 13. Jahrhundert v.u.Z. anschickte, Einfluss
an der Mittelmeerküste zu erlangen. 1274 v.u.Z. kam es zur Schlacht
von Kadesch, bei der keine Seite siegen konnte, und die eine
unruhige Zeit einläutete, in der auch die mykenischen Krieger
mitmischten – der "Untergang Trojas" (der sich wohl über eine lange
Zeit hinzog) erfolgte in dieser Zeit. Es gibt Hinweise auf größere
Hungersnöte; und viele Menschen suchten sich wohl eine neue Heimat
– oft auch als Söldner und Seeräuber (weshalb die Angreifer in
antiken Quellen auch "Seevölker" genannt werden), die regelrechte
Feldzüge führten. Ägypten, für das der Mittelmeerraum nur eine
beschränkte Bedeutung hatte, überstand diese Zeit, aber das
Hethiterreich und die Mykenische Kultur zerfielen im 12. Jh. v.u.Z.
In die Lücke sollten Kaufleute aus einer Reihe von Städten entlang
der Seeroute von Ägypten in den Norden stoßen, die Phönizier.
Sie waren Nachfahren der Kanaaniter, die seit langem an der
levantinischen Mittelmeerküste mit Zedernholz, Purpurfarbstoff und
Elfenbein handelten. Die Phönizier handelten zunächst vor allem mit
Mesopotamien und Ägypten; eine zentrale Rolle spielten dabei die
als Bauholz beliebten Zedern aus dem Libanon, aber auch Luxusgüter
wie Purpur und Weihrauch. Als ausgezeichnete Seefahrer begannen die
Phönizier zunehmend, das Mittelmeer nicht mehr nur entlang der
Küste zu befahren, sondern auch auf offener See. Sie gelangten
schließlich sogar in den Atlantik, wo sie etwa an der iberischen
Atlantikküste das heutige Cádiz gründeten – in der Region gab es
reiche Silbervorkommen. Die führende phönizische Siedlung wurde aber
im Laufe der Zeit das von der Stadt Tyros um 800 v.u.Z. in der Nähe
des heutigen Tunis als "Filiale" gegründete Karthago, in
dessen Hinterland es reichlich Getreide, Wein und Öl gab.
Phönizische Kaufleute konnten lesen und schreiben, aus einer frühen
Linearschrift entwickelten die Phönizier ein
Alphabet und verbreiteten dieses mit ihren Handelsstädten im
gesamten Mittelmeerraum.
Nach dem Ende der Mykenischen Kultur hatten deren Träger die
westliche Küste Kleinasiens ("Ionien", in der heutigen Türkei)
besiedelt; auf der Peloponnes, in Attika und der Ägäis kämpften
Kriegereliten (heute würde man "warlords" sagen) um die
Macht, die die materielle Not der ärmeren Schichten nutzten, um
diese zu Schuldnern oder sogar zu Sklaven zu machen und die oft in
den sich ab 750 v.u.Z. herausbildenden Stadtstaaten, die das antike
Griechenland prägten, zu Alleinherrschern (tyrannos
– "Tyrann" genannt) wurden. Die Not und die Machtkämpfe dieser Zeit
führten auch dazu, dass viele Griechen ihr Glück in der Auswanderung
suchten: Griechische Siedlungen entstanden ab 750 v.u.Z. in
Unteritalien und Sizilien (etwa Syrakus); nach 650 v.u.Z. auch am
Schwarzen Meer und bis hinein in die Don-Mündung sowie am Rande des
Mittelmeer in Nordafrika (Kyrene im heutigen Libyen) und an seiner
Nordküste weiter westlich, etwa Massalia (Marseille) und von hier
aus in Spanien. Die Siedlungen führten auch zur Entstehung eines
Handelsnetzes; griechische Kaufleute handelten mit Getreide, Öl,
Wein aus ihrer Heimat, mit Metallen wie Kupfer und Eisen sowie der
Fischsauce garum aus dem Westen und Luxusgütern aus
Kleinasien und Ägypten; griechische Kaufleute gehörten zu den
ersten, die Silbermünzen als Tauschmittel nutzten. Die griechische
Expansion endete erst, als sie zunehmend den Phöniziern und
Etruskern (siehe Das Römische Reich) in die
Quere kam, die sich verbündeten und um 540 v.u.Z. vor Korsika eine
griechischen Flotte in die Flucht schlugen. Eine entscheidende
Entwicklung hatte unterdessen aber in den griechischen Mutterstädten
eingesetzt: Zunehmend kam es zum "Schulterschluss" der (freien)
Bürger auch gegen die Tyrannen. Der "Schulterschluss" war zentral
beim in Griechenland seit dem 7. Jh. v.u.Z. üblichen Kampf in der
Phalanx (Linie), bei der die Kämpfer ihren linken Nebenmann mit
ihrem Schild schützten; diese Solidarität unter den Kämpfern prägte
auch die Gesellschaft, die begann, auch die Tyrannen in die Pflicht
zu nehmen: diese mussten sich an aufgeschriebene Regeln halten, für
die sich der Begriff nómos (Gesetz) einbürgerte.
Mit diesen Regeln wurden die Stadtstaaten (Polis) – zu denen
auch ihr Umland gehörte – zu einem politischen Verband. Da sie zudem
auf ihre Unabhängigkeit bedacht waren, entstand im griechischen Raum
ein politisches System, das sich von dem zentralisierten System
Mesopotamiens deutlich unterschied. Zu den mächtigsten Stadtstaaten
gehörte Sparta, wo um 650 v.u.Z. das Zusammenwirken von
König, Ältestenrat und Kriegern geregelt wurde und das auch in
benachbarten Stadtstaaten Tyrannen bekämpfte. So beendete es um 580
v.u.Z. die Kypseliden-Dynastie in Korinth. Machtpolitisch standen
die Griechen lange im Schatten der Perser,
aber die Versuche ihrer Stadtstaaten, Herrschaftsformen jenseits
der Tyrannei und des Königtums zu finden, sollte ihnen einen Platz
in der Geschichte sichern. Im 6. Jahrhundert v.u.Z. begannen die
Perser, sich für den Mittelmeerraum zu interessieren; 547/546 v.u.Z.
fielen die kleinasiatisch-ionischen Städte unter persische
Herrschaft. 500/499 v.u.Z. lehnten die sich gegen die persische
Herrschaft auf, der Aufstand endete aber 494 v.u.Z. mit der
Zerstörung der wichtigsten ionischen Stadt Milet. Als Xerxes nach
seiner Machtübernahme 486 einen Feldzug gegen die Griechen
startete, kam es zum Krieg: Nach einer heldenhaften Niederlage der
Spartaner bei den Thermopylen und einem Sieg der Athener bei Salamis
480 konnten die Griechen 479 die persische Flotte in Brand setzen
und in der Landschlacht bei Plataiai den Persern klarmachen, dass
das griechische Bündnis nicht so leicht zu besiegen war. Sparta und
Athen gingen als Sieger aus diesem Krieg hervor. Vor allem sollte es
Athen sein, dessen Errungenschaften bis heute
nachhallen: Herrschten in Sparta nur die Ältesten und die Krieger
(die wohlhabend sein mussten, um sich eine Rüstung leisten zu
können), hatte Athen schon lange darauf geachtet, alle (freien)
Männer in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Solon hatte
Anfang des 6. Jh. v.u.Z. die Schuldknechtschaft abgeschafft,
Kleisthenes Ende des 6. Jh. v.u.Z. ein Ratsgremium geschaffen, das
aus 500 Bürgern bestand, die per Los ermittelt wurden und die Agenda
für die Volksversammlungen vorbereitete. Als Sparta – gerufen von
einem Gegner Kleisthenes' – dagegen intervenierte, erhoben sich die
Bürger Athens und zwangen Sparte zum Abzug, Kleisthenes konnte seine
neue Ordnung etablierten. Der Aufstand der Bürger Athens kann als
Anfang der Herrschaft des Volkes, der Demokratie – dem
bleibenden Erbe der griechischen Stadtstaaten, auf das immer wieder
auch die moderne Demokratie zurückgeführt wird – gesehen werden
(allerdings galt die Demokratie in Athen nur für die freien Männer,
also etwa 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung, und nicht z.B. für
Frauen, Sklaven und zugereiste Fremde).
Im 5. Jh. v.u.Z. wurde dann das "Scherbengericht" eingeführt: das
Volk konnte unbeliebte Politiker mit einer Entscheidung, bei dem man
Namen auf eine Scherbe schreiben konnte, für zehn Jahre aus dem
Verkehr ziehen. Ein solches Scherbengericht traf 461 v.u.Z. den
konservativen Feldherrn Kimon, und machte den Weg frei für seinen
innenpolitischen Gegner Perikles, dessen Initiativen die griechische
Demokratie vollendeten: die Kontrolle der Beamten und der
Volksbeschlüsse auf Vereinbarkeit mit bestehenden Gesetzen wurde
demokratischen Gremien (dem Rat der 500 und den Volksgerichten)
übergeben und die Bürger, die an diesen Gremien teilnahmen,
erhielten dafür eine Bezahlung (die es auch Mitgliedern ärmerer
Schichten ermöglichen sollten, in diesen Gremien mitzuarbeiten). Es
war auch und vielleicht vor allem das Ringen um die beste Staatsform
– das voraussetzte, dass man bisherige Lösungen anzweifelte und
erkannte, dass man keine gesetzgebenden Götter (oder auch nur
gottgleiche Könige) mehr brauchte – das weitere nachhaltige
Errungenschaften hervorbrachte: so konnte man nicht nur nach
Gesetzen für das Zusammenleben in der Polis suchen, sondern
auch die Welt insgesamt verstehen und ordnen. Damit war eine
kulturelle Basis für die griechische Philosophie ("Liebe zur
Weisheit" – der Versuch, die Welt zu verstehen und zu deuten)
gelegt: die Ideen von Sokrates, Platon, Aristoteles
und anderen beeinflussen bis heute das westliche Denken. Und damit
wurden auch das moderne naturwissenschaftliche Denken begründet
(>> Wie wir zu unserem
Wissen über das Universum kamen).
Frieden brachte die Demokratie den Griechen jedoch nicht. Sparta
und Athen hatten Verteidigungsbünde gegen die Perser mit anderen
Städten begründet, den Peloponnesischen Bund (Sparta) und den
Attischen Seebund (Athen). Noch vor dem endgültigen Ende der
Perserkriege kam es 460 v.u.Z. zum "kleinen" Peloponnesischen Krieg
zwischen Sparta und Athen um die Herrschaft in Mittelgriechenland,
danach war die griechische Welt dreigeteilt: Sparta und Athen
standen sich mit ihren Bündnissen gegenüber; unabhängig blieben die
neutralen Mächte des "Dritten Griechenland". Der Friede von 446
v.u.Z. hielt nur 15 Jahre: Athen - das seine geschätzt über 300.000
Einwohner trotz intensiver Landwirtschaft in Attika nicht aus seiner
Umgebung ernähren konnte – nutzte den Seebund, um die Herrschaft
über andere Staaten zu gelangen, und als der Rest Griechenlands
unter Führung Spartas sich der Ausweitung des Imperium
entgegenstellte, begann der "große" Peloponnesische Krieg
(431-404 v.u.Z.). Er wurde zum antiken Weltkrieg, gekämpft wurde von
Sizilien bis Kleinasien und die Zahl der Kriegstoten war gewaltig.
Der Krieg brach die Macht Athens, aber auch Sparta hatte zu hohe
Verluste erlitten, um dauerhaft die Vorherrschaft zu behaupten.
Griechenland blieb mehr oder weniger dauerhaft im Kriegszustand. So konnte 338 v.u.Z. Philipp
II. aus dem benachbarten Makedonien die alliierten griechischen
Heere besiegen und mit seinem Reich vereinigten. Philipps Sohn Alexander
der Große eroberte unter dem Vorwand, Rache für die
Perserkriege nehmen zu wollen, das Achämenidenreich einschließlich
Ägypten und zog anschließend weiter nach Indien (in das Gebiet des
heutigen Afghanistans und Pakistans). Der Eroberungszug endete
erst, als seine Männer sich weigerten, weiterzugehen.
Damit hatte Alexander die wichtigsten Teile der (ihm bekannten)
Welt, Griechenland und Persien, vereinigt; in Ägypten wurde er als
Pharao anerkannt, in Babylon zog er als Erwählter des Stadtgotts
Marduk ein. Bevor er weitere Pläne wie die Eroberung der arabischen
Halbinsel umsetzen konnte, verstarb er 323 v.u.Z. (vermutlich an
Malaria). Nach seinem Tod kämpften seine Feldherren ("Diadochen")
um seine Nachfolge, am Ende der "Diadochenkriege" zerfiel das Reich
in drei Großreiche: Makedonien und Griechenland bildeten das Reich
der Antigoniden, das Reich der Seleukiden reichte vom Zentrum in
Mesopotamien und Syrien bis nach Indien und die Ptolemäer
übernahmen die Macht in Ägypten und den angrenzenden Gebieten. Dort
hatte noch Alexander 331 v.u.Z. westlich vom Nildelta die Stadt Alexandria
gegründet, die Ägypten mit dem Mittelmeer verband und zum
Drehkreuz zwischen Mittelmeer und Indischem Ozean wurde, nachdem
Ptolemäus II. einen Wasserweg zum Roten Meer schuf. Ptolemäus I. und
II. bauten einen Leuchtturm auf der benachbarten Insel Pharos, der
den Hafen markierte und als eines der sieben antiken Weltwunder
galt. Alexandria wurde zum wahren Nachfolger Athens als Zentrum der
hellenistischen Welt; unter anderem entstand hier die bedeutendste
Bibliothek der damaligen Welt, die Hunderttausende Papyrusrollen
enthielt. In Alexandria lehrten berühmte Gelehrte wie Eratosthenes,
Euklid und Archimedes. Die Herrschaft der Ptolemäer endete erst, als
das Römische Reich Ägypten eroberte.
Die hellenistische Welt
Wenn es zuvor schon einen intensiven Austausch
zwischen den frühen Hochkulturen in Eurasien gegeben hatte,
entstand mit dem Reich Alexanders ein echter Zusammenhang, der das
Reich lange überdauerte und auch in seine Nachbarschaft – die
phönizische, römische und indische Welt etwa – ausstrahlte: die
griechische Zivilisation und Kultur durchdrang diese Welt, wurde
aber auch von den lokalen Kulturen verändert. So nahm die Macht des
Königs nach orientalischem Vorbild zu, aber selbstverwaltete Städte
nach griechischem Vorbild breiten sich ebenfalls aus. Alexandria und
Antiochia (die Hauptstadt des Seleukidenreichs) wurden zu
Weltstädten, sie und auch alte Großstädte wie Babylon oder Jerusalem
prägten das Gesicht des Reiches. Mitunter schlossen die Städte sich
zu einem Bund zusammen, wie dem Achäischen Bund, der Anfang des 2.
Jh. v.u.Z. große Teile des Peloponnes kontrollierte.
Die (zahlreichen) Götter der Griechen wurden oft mit den fremden
Göttern der anderen Völker identifiziert; wer nur an einen Gott
glaubte, identifizierte diesen dann mitunter mit Zeus. So entstand
im Laufe der Zeit gerne eine mit einem besonders geehrten Gott
verbundene Religion, die aber andere Götter nicht ablehnte. Große
Bedeutung erlangte etwa Isis in Ägypten, die "Syrische Göttin"
(Atargatis) und Mithras im Iran. Ein große Rolle spielte auch die
griechische Sprache und Literatur; Werke aus anderen Sprachen wurden
– etwa für die auf Vollständigkeit angelegte Bibliothek von
Alexandria – ins Griechische übersetzt. Das weckte auch das
Interesse an der Wissenschaft, insbesondere an der seit Hippokrates
ohnehin hoch entwickelten Medizin: Herophilos korrigierte
Aristoteles und lokalisierte die Intelligenz im Gehirn, unterschied
Venen und Arterien und wies in letzteren den Puls nach.
Hochburg der Philosophie blieb Athen. Hier entstanden
die Schulen der Stoiker und der Epikureer, die beide in Zeiten
großer Umwälzungen nach Möglichkeiten innerer Ruhe (ataraxía)
suchten, wobei sie an die Metaphysik der ionischen
Naturphilosophen anknüpften: So waren die Umwälzungen für die
Stoiker angesichts einer logischen, beständigen Weltordnung
letztendlich irrelevant, was ihnen die sprichwörtliche "stoische
Ruhe" ermöglicht; für die Epikureer war das Weltgeschehen dagegen
ohnehin vom Zufall bestimmt und also nicht zu beeinflussen, es kam
daher vor allem darauf an, es zu genießen.
Das Römische Reich
In Nord- und Mittelitalien war
ab dem 9. Jh. v.u.Z. unter dem Einfluss von Kulturen aus dem
östlichen Mittelmeerraum die Zivilisation der Etrusker
entstanden. Es war eine städtische Kultur mit einem Stadtkönig an
der Spitze der Städte, die einen intensiven Austausch mit entfernten
Regionen, insbesondere Phöniziern und Griechen, pflegte und ab 750
v.u.Z. die Seeherrschaft über das Tyrrhenische Meer erlangte (was
nicht ohne Seeschlachten mit griechischen Schiffen abging). Diese
Kultur breitete sich über die Gründung neuer Städte aus, dazu
gehörte die an einem wichtigen Handelsweg am Unterlauf des Tiber
gelegene Stadt Rom. Als dort in der ersten Hälfte des 5. Jh.
v.u.Z. König Tarquinius in der inzwischen groß und reich gewordenen
Stadt versuchte, seine Macht auszubauen, revoltierten die patres
("Väter") – Adlige, die den König bei der Verwaltung der Stadt
unterstützen –, schafften die Monarchie ab und übernahmen deren
Aufgaben. Man sprach von der „res republica“ ("öffentliche
Angelegenheit", Republik). In Gegensatz zur griechischen Demokratie
zählten aber in Rom nicht alle Stimmen gleich; damit entstand eine
Herrschaft der Oberschicht (den Schutz der Schwächeren übernahm die
in Rom sehr bedeutsame patriarchale Großfamilie).
Die junge Republik stand unter erheblichem Druck von außen:
benachbarte etruskische Städte wollten den König wieder einsetzen,
Gegner aus den umgebenden Bergen die Unruhen für sich ausnutzen.
Aber Rom entwickelte eine militärische Leistungsfähigkeit, die nicht
nur reichte, diese abzuwehren, sondern sich selber auszudehnen. Die
Militärverbände wurden von reichen Römern (abgeleitet von patres
"Patrizier" genannt) geleitet, während das gemeine Volk (plebs)
kämpfen musste. Der Versuch der Patrizier, ihre militärische
Befehlsmacht auch auf den zivilen Bereich auszudehnen, führte dazu,
dass die Angehörigen des plebs ("Plebejer) dem eine eigene,
von Tribunen (ursprünglich der Titel eines militärischen
Offiziers) angeführte Organisation zum Schutz ihrer Interessen
gegenüberstellten. Die Auseinandersetzung zwischen Patriziern und
Plebejern wird als "Ständekampf" bezeichnet, der die junge römische
Republik innenpolitisch prägte. Sein Ergebnis war vom griechischen
Weg beeinflusst; so wurde um 450 v.u.Z. das römische Recht auf
bronzenen Tafeln festgehalten, um das Volk vor den Übergriffen
Mächtiger zu schützen. Manche Grundsätze des römischen Rechtssystems
prägen noch unser heutiges: So durfte ohne Gerichtsverfahren und
ohne Schuldbeweis niemand bestraft werden. 387 v.u.Z. gab es dann
einen militärischen Rückschlag: es gelang keltischen
Kriegerverbänden (von den Römern "Gallier" genannt), die zuvor schon
die Poebene besetzt hatten, die Stadt zu erobern. Rom konnte diese
aber mit einer hohen Lösegeldzahlung zum Abzug bewegen. Dieses
Ereignis führte dazu, dass die Römer enger zusammenrückten; die
wichtigsten Plebejerfamilien wurden den Patriziern faktisch
gleichgestellt, die Kommandogewalt (imperium) wurde 366
v.u.Z. erstmals einem Patrizier und einem Plebejer gemeinsam
zugeteilt. Die innere Einigkeit stärkte auch die militärischen
Leistungsfähigkeit; Rom konnte sich gegen weiterhin angreifende
Stammesgruppen aus dem umgebenden Bergland verteidigen und sogar
ausdehnen; 312 v.u.Z. begann mit dem Bau der Via Appia der
Bau der großen römischen Straßen, die später ein Riesenreich
zusammenhalten sollten. 287 v.u.Z. wurde die Beschlüsse der
plebijischen Volksversammlungen (die "Plebiszite") Gesetzen
gleichgestellt, die Tribunen wurden zu öffentlichen Amtsträgern. 275
v.u.Z. konnte Rom mit einem Sieg über König Pyrrhus (den das
griechische Tarent in Süditalien zu Hilfe gerufen hatte) auch noch
die Herrschaft über Unteritalien erlangen – damit war Rom
endgültig zur militärischen Großmacht geworden.
Die Ausdehnung Roms brachte die Stadt in Konflikt mit Karthago
– die Stadt hatte mittlerweile große Teile des phönizischen
Netzwerkes übernommen und herrschte über ein nordafrikanisches
Kerngebiet im heutigen Tunesien. Der Konflikt mit Rom begann in
Sizilien. Sizilien lag gegenüber dem dem Kerngebiet Karthagos, und
die Stadt verteidigte ihren Stützpunkt im Westen wiederholt gegen
Syrakus, der wichtigsten griechischen Polis auf Sizilien. Nachdem
264 v.u.Z. das italienische Messina bei einer Auseinandersetzung mit
Syrakus sowohl Karthago als auch Rom zu Hilfe rief, blieb Rom auf
der Insel (Sizilien war für Rom attraktiv, da es eine immer stärker
wachsende Bevölkerung mit Getreide versorgen musste); Karthago
wollte dieses nicht akzeptieren. Damit begann der erste von drei
Punischen Kriegen. Nach dem ersten (264-241 v.u.Z.) kontrollierte
Rom Sizilien. Karthago konzentrierte seine Aktivitäten zunächst auf
den weit von Rom entfernten Westen des Mittelmeerraums, wo es als
zweites Zentrum Neu-Karthago (Cartagena) gründete. Als der
kathargische Feldherr Hannibal die Stadt Sagunt (nördlich des
heutigen Valencia) angriff, rief diese Rom zu Hilfe, es begann der
zweite Krieg (218 – 201 v.u.Z. [560])
– den Hannibal in Italien führen wollte, weshalb er mit seiner Armee
(und den berühmten 37 Elefanten) durch Spanien und die französischen
Alpen gen Rom zog. Nach einer verheerenden Niederlage bei Cannae in
Süditalien konnten die Römer auf Dauer aber die militärische
Übermacht erlangen; 202 v.u.Z. wurde Hannibal im nordafrikanischen
Zama entscheidend geschlagen. Nun konnten die Römer ihr Territorium
auf Kosten Karthagos ausdehnen, und bald gehörten auch Spanien,
Teile Nordafrikas und Korsika zum Römischen Reich. Danach war die
Reihe an den Griechen, die den Zweiten Punischen Krieg genutzt
hatten, Rom ebenfalls anzugreifen: nach mehreren Kriegen wurde 148
v.u.Z. Makedonien römische Provinz, 146 v.u.Z. die griechischen
Städtebündnisse. Im Dritten Punischen Krieg (149 – 146 v.u.Z.) wurde
zudem Karthago endgültig zerstört. Der gesamte westliche und
mittlere Mittelmeerraum stand nun unter der Herrschaft Roms.
Rom hatte jetzt Zugriff auf Getreide aus Sizilien, Sardinien und
Nordafrika. In den militärischen Erfolgen lag aber auch die Wurzel
des Untergangs der römischen Republik: Die erfolgreichen
Militärführer waren nach ihrer Rückkehr nicht mehr bereit, sich
wieder ins Glied einzuordnen und gefährdeten den Konsens zwischen
den Ständen. Erbeutetes Land wurde nicht mehr als öffentliches Land
verteilt, sondern von den Mächtigen in Besitz genommen, die dann
Sklaven auf ihrem Großbesitz arbeiten ließen. Die einfachen Bauern,
die sich während ihres Militärdienstes nicht um ihre Höfe kümmern
konnten, gerieten dagegen in materielle Not. Viele von ihnen wurden
so zu “proletarii”, Besitzlosen, die in die Stadt flohen.
Versuche, diese Missstände abzustellen – wie die Bodenreform der
Brüder Gracchus – scheiterten. Unterdessen wurde Rom durch Feldzüge
der germanischen Kimbern und Teutonen bedroht. Heerführer Gaius
Marius rekrutierte nun die proletarii und versprach ihnen
Land nach Ablauf ihres Dienstes. Andere Heerführer taten es ihm
gleich, wodurch ein System von eher ihren Heerführern als der res
publica verpflichteten Truppen entstand: einige Heerführer
begannen, diese Truppen auch innenpolitisch für ihre Interessen
einsetzen, es kam zu regelrechten Bürgerkriegen. Die öffentliche
Ordnung geriet dadurch in Gefahr, so gefährdete eine zunehmende
Piraterie die Sicherheit der Schiffstransporte und damit die
Getreideversorgung. Ein Hauptstützpunkt der Piraten war das "wilde
Kilikien", die Südostküste der heutigen Türkei. Als 67 v.u.Z. Gnaeus
Pompeius zum Oberbefehlshaber des Krieges gegen die
Piraten gemacht wurde, beendete er die Piraterie in wenigen Monaten
– und ordnete anschließend den Osten des Mittelmeeres im römischen
Sinn: das an der Südküste des Schwarzen Meeres gelegene Pontische
Reich und der Rest des Seleukidenreiches wurden römische Provinz.
Als aber der Senat sich weigerte, Pompeius' Soldaten mit Land zu
versorgen (wie Pompeius ihnen versprochen hatte), verbündete dieser
sich mit dem in Gallien erfolgreichen Feldherrn Julius Caesar
und Marcus Licinius Crassus, der 71 v.u.Z. erfolgreich einen
Sklavenaufstand niedergeschlagen hatte, und gemeinsam übernahmen sie
faktisch die Macht. Nach Crassus' Tod entzweiten sich Pompeius und
Caesar jedoch, ihre Truppen trafen in einem Bürgerkrieg aufeinander,
der 48 v.u.Z. mit einem Sieg Caesars endete. Der unterlegene Pompeius floh nach Ägypten,
wurde dort aber von Höflingen des Königs Ptolemäus XIII. ermordet.
Dessen offenbar äußerst charmante Schwester Kleopatra,
die 51 v.u.Z. gemeinsam mit ihrem Bruder den Thron bestiegen hatte,
49 v.u.Z. aber von ihrem Bruder (oder besser von seinen Ratgebern,
Ptolemäus XIII. war erst 12) entmachtet, bat Caesar erfolgreich um
Unterstützung gegen ihren Bruder: als die ägyptische Armee
versuchte, Caesar aus Alexandria zu vertrieben, unterlag sie,
Ptolemäus XIII. ertrank im Nil und Kleopatra wurde (formell
gemeinsam mit ihrem 12-jährigen Bruder) zur Königin ernannt.
(Kleopatra gebar bald nach Caesars Abreise einen Sohn, den sie
Ptolemäus Caesar nannte; Caesars Vaterschaft ist aber umstritten.)
Julius Caesar ließ sich nach seiner Rückkehr nach Rom 46 v.u.Z. zum
Diktator ernennen, damit wurde er Alleinherrscher. Kleopatra reiste
um diese Zeit nach Rom, wo sie blieb, bis Caesar 44 v.u.Z. im Senat
ermordet wurde. Auf dem darauf
folgenden erneuten Bürgerkrieg ging Caesars Großneffe Octavian
als Sieger hervor. Dieser musste sich aber zunächst die Macht mit
zwei Militärkommandanten, einer von ihnen Caesars Gefolgsmann Marcus
Antonius, teilen. Octavian und Marcus Antonius konnten beide
schließlich große Teile des Reichs dominieren; Octavian Italien und
den Westen, Marcus Antonius den Osten. Dort traf
er 41 v.u.Z. in Tarsos mit Kleopatra zusammen, der es gelang, nach
Caesar auch Marcus Antonius für sich einzunehmen: sie sollten drei
Kinder zusammen haben, Kleopatra wurden weite Gebiete im Osten
unterstellt und Rom hatte sicheren Zugang zum ägyptischen Getreide.
Aber Octavian beherrschte Rom, und begann, nachdem er dort die
wichtigsten Probleme gelöst hatte – wozu die Verteilung von Land an
die demobilisierten Soldaten gehörte –, unter dem Vorwand des
schädlichen Einflusses Kleopatras gegen Marcus Antonius zu kämpften:
diesen letzten Abschnitt des Bürgerkriegs konnte Octavian gewinnen,
er machte Ägypten im Jahr 30 v.u.Z. zur römischen Kolonie (Marcus
Antonius und Kleopatra begingen Selbstmord). Damit war das
Mittelmeer endgültig zum mare nostrum – zum römischen
Meer – geworden. Octavian verzichtete 27 v.u.Z. auf alle
Ausnahmegewalten, wofür er im Gegenzug den Ehrentitel "Augustus",
"der Erhabene") erhielt, blieb aber Imperator (Befehlshaber)
des größten Teils der ihm als erfolgreichem Feldherrn ohnehin
ergebenen Armee. Im Laufe der Zeit sollte er Zug um Zug seine
Befugnisse auch auf zivilem Gebiet erweitern; aus der Republik
wurde damit ein Kaiserreich
mit Alleinherrscher.
Europa nördlich der Alpen
Seit vor 7.500 Jahren die Landwirtschaft Westeuropa erreicht hatte,
siedelten die Menschen zunächst in Gebieten mit fruchtbaren
Lössböden. Das westeuropäische Klima mit regenreichem Frühsommer
und trockenem Hochsommer ist gut für den Getreideanbau geeignet;
kalte Winter schränkten die Ausbreitung von Schädlingen und
Krankheitserregern ein. Zur Regeneration des Bodens war die Brache
üblich: nach einem Jahr Ackerbau wurde das Land im nächsten Jahr
liegengelassen und diente als Weideland für das Vieh. Die Tiere
waren größer und stärker als die anderer Kulturen. Überschüsse
wurden aber im Norden kaum erwirtschaftet, also drängte auch nichts
auf Staatsbildung.
Die Hochkulturen des Mittelmeerraums interessierten
sich für den Norden als Quelle von Zinn und Bernstein. 325 v.Chr.
hatte Pytheas von Massalia (dem heutigen Marseille) das Land auf
einer Seereise erkundet – sein Reisebericht ist aber nicht
erhalten. Griechen und lange Zeit die Römer unterschieden nördlich
der Alpen nur Skythen und Kelten. Die Skythen lebten im Osten und
waren Nomaden; die Kelten lebten
im Westen und waren Ackerbauern und Viehzüchter. Ein Volk im
heutigen Sinne waren sie nicht, sondern Stämme mit bestimmten
Gemeinsamkeiten – zu denen etwa Druiden als kultische Führer
gehörten. Archäologisch sind sie mit der Hallstatt- und
La-Tène-Kultur der Eisenzeit verbunden; vor den Eroberungen der
Römer beherrschten sie große Teile West- und Mitteleuropas. 387
v.Chr. waren die Kelten sogar bis nach Rom gelangt (die Stadt blieb
nur wegen der legendären schnatternden Gänse unbesiegt), die Galater
siedelten gar in Kleinasien. Das wichtigste Handelsgut der Kelten
war Salz – im (heute österreichischen) Hallstatt, das vom Salzabbau
lebte, wurden Funde von Gegenständen aus ganz Europa und dem Nahen
Osten gemacht, die den Reichtum der Region in der frühen Eisenzeit
belegen.
Das keltische Kernland geriet ab dem 2. Jahrhundert
v.u.Z. ins Visier des expandierenden römischen Reiches. Julius
Caesar, der bei seinen Feldzügen zur Eroberung (des keltischen)
Galliens am Rhein auf Völker mit einer anderen Sprache und Kultur
traf, nannte diese jenseits (rechts) des Rheins lebenden Völker Germanen.
Die Abgrenzung von den Kelten war möglicherweise auch dem Wunsch
geschuldet, den Feldzug am Rhein enden lassen zu können. Während
Gallien und Britannien an Rom fielen (nur Wales, Nordschottland und
Irland blieben keltisch), nahmen die jenseits des Rheins lebenden
Restkelten in der Folge eine eigenständige Entwicklung: sie
verschmolzen mit den Erben der La-Tène-Kultur, die seit der
eisenzeitlichen Jastorf-Kultur (ab 600 v.Chr.)
eigene Wege gegangen waren. Die Reichtümer und der Glanz des
römischen Reiches strahlten aber auch die germanischen Stämme aus:
unter Caesar und Augustus mussten die Römer regelmäßig Krieg gegen
germanische Stämme führen, dabei drangen sie bis an die Elbe vor.
Eine andere Welt: China
In Ostasien, wo unabhängig von Westasien am Huanghe (Gelben Fluss)
und am Jangtsekiang (Langer Fluss, auch kurz Jangtse oder Yangzi
genannt) ebenfalls Landwirtschaft
entstanden war, lebten schon vor einigen Tausend Jahren in den
fruchtbaren Tälern dieser Flüsse Menschen in Dörfern und kleineren
Städten: die Hirsebauern am Huanghe in Lösshöhlen oder halb im Boden
versenkten Lehmhütten, die Reisbauern am Yangzi in hölzernen
Pfahlbauten, die sich über sumpfigem Grund erhoben. Mit der weiteren
Ausbreitung der Landwirtschaft entstand ein drittes Zentrum im
Sichuan-Becken sowie weitere Kulturen im Nordosten, Nordwesten und
im südlichen Küstengebiet. Ostasien war durch den Ozean im Osten und
den Himalaya im Westen von den anderen Kulturen abgeschnitten, und
entwickelte sich zunächst relativ isoliert von diesen; die lokalen
Kulturen betrieben aber schon vor 6.000 Jahren einen intensiven
Austausch untereinander, der durch die schon damals hohe
Bevölkerungsdichte erleichtert wurde. Dieser Austausch äußerte sich
in Gemeinsamkeiten wie der Stampflehmbauweise (Stadtmauern und
Fundamente wurden aus festgestampfter Erde erstellt; sie blieben
teilweise bis heute erhalten) oder der Wertschätzung für
Jade-Objekte.
Bald entstanden große Städte. Die größte derzeit bekannte Stadt aus
jener Zeit wird seit 2006 in Putoaban bei Hangzhou ausgegraben, sie
gilt als Hauptstadt der jungsteinzeitlichen Liangzhu-Kultur
im Yangzi-Delta (3.400 bis 2.200 v.u.Z.). Nachdem der Huanghe um
2.600 v.u.Z. seinen Unterlauf von Nord nach Süd verlegte und dabei
ein riesiges Gebiet überschwemmte, zogen viele Menschen aus der
Küstenebene in das Lössplateau des Mittellaufs und die angrenzende
Lössebene. Dieser Bevölkerungsanstieg dürfte wesentlich zum
Entstehen von großen Städten in den Longshan-Kulturen
(2.600 – 2.000 v.u.Z.) beigetragen haben; Städte mit Werkstätten,
mit Tempel- oder Palastanlagen, mit bis zu 10.000 Einwohnern und
massiven Stampflehmmauern, die auf häufige Kriege hindeuten. Eine
erneute Flussverlagerung und ein kühler und trockener werdendes
Klima, in dessen Folge im Norden die Steppe zurückkehrte und nur
noch Weidewirtschaft erlaubte, ließ bis 2.000 v.u.Z. viele dieser
Kulturen wieder verschwinden. Am Mittellauf des Huanghe entstanden
dagegen ab 1.800 v.u.Z. echte Hochkulturen um Erlitou
(beim heutigen Luoyang), zweihundert Jahre später auch östlich
hiervon um Erligang (beim heutigen Zhengzhou).
Beide Städte waren nochmal größer als die der Longshan-Zeit, berühmt
wurden sie aber durch die Kultgefäße aus Bronze, die auch belegen,
in welchem Maße die Eliten über Arbeitskraft verfügen konnten, die
notwendig war, um solche Gegenstände aus Bronze gießen zu können.
Bronzeguss und andere Technologien im alten China
Es wird immer wieder diskutiert, ob die vor 4.000
Jahren im alten China beginnende Verarbeitung von Bronze aus dem
Westen importiert wurde, aber spätestens in Erligang wurde die
chinesische Bronzeproduktion in Umfang und Technik einzigartig:
Keine andere Kultur der Bronzezeit produzierte auch nur annähernd so
viel Bronze wie China; und die Bronzen wurden in mehrteilige
Tonmodelle gegossen, die wiederverwendet werden konnten. Die
Herstellung von Gusseisen begann in China vor mehr als 2.500 Jahren,
so früh wie nirgends sonst auf der Welt. Um diese Zeit wurde China
zur technologisch führenden Macht auf der Erde; in den folgenden
1.500 Jahren wurden in China noch eine Reihe von wegweisenden
Erfindungen gemacht: vom Papier über das Porzellan und den Kompass
bis zum Schießpulver. Vorläufer dieser Entwicklung war die
Herstellung von Seide, die nach chinesischer Überlieferung vor 5.000
Jahren begann.
Nach historischer chinesischer Geschichtsschreibung begann die
chinesische Geschichte vor 5.000 Jahren mit den mythischen Kaisern;
diese Geschichte wurde jedoch über 2.000 Jahre später geschrieben.
Viele Autoren versuchen, sie mit den oben beschriebenen
archäologischen Funden zu verbinden: So wird etwa die erste der von
Konfuzius erwähnten „Drei Dynastien“ - die
Xia-Dynastie – mit Erlitou gleichgesetzt und der Anfang der zweiten
– der Shang-Dynastie – mit Erligang. Die archäologischen Funde
deuten aber eher auf ein Nebeneinander von Kulturen als auf eine
Folge von Dynastien; heutige Historiker glauben daher eher, dass die
"historische Geschichtsschreibung" den Erfordernissen der Zeit ihrer
Entstehung entsprach als dem tatsächlichen Geschehen (574).
So schreibt eine chinesische Legende die Gründung der ersten
Dynastie den Fluten des Huanghe zu: Nach katastrophalen
Überschwemmungen um 2.200 v.u.Z. sollen die Stammesfürsten einen
Mann namens Gun mit der Zähmung des Flusses beauftragt haben. Dieser
versuchte es mit Deichen, die der Fluss aber immer wieder zerstörte.
Erst sein Sohn Yu hatte Erfolg, indem er umfangreiche
Bewässerungskanäle ausheben ließ, die das Flutwasser aufnahmen. Mit
diesen Arbeiten hatte Yu zudem die zuvor rivalisierenden Stämme
vereinigt, und wurde von diesen zum König gemacht, der die erste
Dynastie begründete. Die Botschaft ist klar: "harte Arbeit im
Auftrag einer Autorität lohnt sich" – und vielen Historikern passt
sie zu gut in die Han-Zeit, in der sie aufgeschrieben wurde, um wahr
zu sein.
Die Braut des Gelben Flusses
Der Huanghe war mit dem Yangzi eine Wiege der
chinesischen Zivilisation. Im Vergleich zum Nil etwa war er aber
noch schwieriger zu zähmen: Im flachen Land ändert er immer wieder
seinen Lauf. Als die Bevölkerung am Gelben Fluss anwuchs und Dörfer
und Städte entstanden, fällten die Menschen die Bäume an seinen
Ufern für Feuerholz und zur Herstellung von Holzkohle. Damit
verschlimmerte sich das Problem: Aus dem Gelben Fluss, der immer
schon viel Lössschlick mit sich führte, wurde eine braune Suppe;
Schlick, der sich absetzte, erhöhte das Flussbett immer weiter und
machte den Fluss immer unberechenbarer. Vor 2.400 Jahren wurde, um
den Fluss zu besänftigen, einmal im Jahr ein ausgesucht schönes
Mädchen als Braut gekleidet und auf einem als Hochzeitsbett
geformten Floß dem Fluss übergeben. Der nahm das Opfer an, aber es
reichte ihm wohl nicht: Immer gewaltiger mussten die Kanäle und
Dämme werden, die die Orte vor den Überschwemmungen schützen
sollten. Sechsmal hat der Fluss seither seinen Mündungsbereich
verlegt, katastrophale Überschwemmungen kosteten Hunderttausende das
Leben und beeinflussten die chinesische (Vor-)Geschichte.
Schriftliche Quellen über die chinesische Geschichte gibt es seit
rund 3.300 Jahren aus der Shang-Dynastie
(13.-11. Jahrhundert v.u.Z., Lössebene). Geschichte und Geisteswelt
dieses Teils des frühen China sind daher recht gut bekannt; aber die
Geschichte der zahlreichen von der Dynastie unterworfenen
Stadtstaaten wird in diesen Schriften nur stiefmütterlich behandelt.
Neben der Shang-Dynastie gab es andere Hochkulturen, wie etwa die
Ausgrabungen von Sanxingdui aus der Zeit um 1.200
v.u.Z. oder die Jinsha-Ruinen aus der Zeit um
1.000 v.u.Z., beide in Sichuan, belegen.
Ihre historische Bedeutung verdankt die Shang-Dynastie vor allem
den zahlreichen "Orakelknochen" (Knochen, die erhitzt wurden, aus
den dabei entstehenden Rissen wurden die Aussichten geplanter
Aktivitäten bestimmt) mit eingeritzten Schriftzeichen – den ältesten
chinesischen Texten, die die Existenz eines voll entwickelten
Schriftsystems zu dieser Zeit beweisen und wichtige Quellen für die
Historiker darstellen. Die meisten dieser Knochen wurden bei der
1928 begonnenen Ausgrabung der Yinxu genannten
Hauptstadt (beim heutigen Anyang) gefunden wurden. Daneben wurden
dort Streitwagen, monumentale Königsgräber – im unversehrten Grab
einer Königin wurden etwa 755 Jadestücke und 468 Bronzen mit einem
Gesamtgewicht von über 1.600 kg gefunden; prachtvolle Bronzen (die
zu den schönsten gehören, die jemals hergestellt wurden) – und
Mauern und Fundamente gefunden, die frühere Städte in den Schatten
stellen. Erarbeitet wurde dieser Reichtum vom „zhongren“, der
„Vielzahl der Menschen“, die Landwirtschaft und Handwerk für die
Herrscher betrieben und zu Fron- und Militärdiensten herangezogen
werden konnten. Bei kriegerischen Auseinandersetzungen wurden sie zu
Tausenden als Fußsoldaten eingesetzt. Der aus dem Westen nach China
gelangte Streitwagen wurde dort ab dem im 12. Jahrhundert v.u.Z.
eingesetzt, sein Nutzen blieb im teils hügeligen und unwegsamen
Gelände aber beschränkt. In den Ruinen der Shang wurden auch
deutliche Zeichen grausamer Menschenopfer gefunden; zumeist wurden
wohl Kriegsgefangene geopfert, die den Shang nicht als Menschen
galten.
Um 1050 v.u.Z. wurden die Shang von den aus dem
Lössplateau stammenden Zhou angegriffen und
besiegt. Es war vermutlich ein erneuter Klimawandel, der die Zhou in
die nordchinesische Ebene getrieben hatte. Die Zhou führten zunächst
die Schrift, den Bronzeguss sowie die Grab- und Palastarchitektur
der Shang weiter; zahlreiche Völker wehrten sich aber gegen den
Herrschaftsanspruch der Zhou-Könige, und manches unzugängliche
Siedlungsgebiet blieb für die Zhou unerreichbar. Im 9. Jahrhundert
setzte eine "rituelle Revolution" ein: die – jetzt
deutlich veränderten – Bronzegefäße wurden nicht mehr in erster
Linie für Kulthandlungen verwendet, sondern kennzeichneten den Rang
von Würdenträgern und Regionalfürsten. So konnten soziale Schichten
erkannt werden; es entstand eine klassengebundene Gleichheit, die
Clangrenzen überschritt – Adelige wurden untereinander zu "Brüdern".
Damit entstand ein neuer politisch-gesellschaftlicher Raum; es
entstand China. Über der Eliteschicht stand nur Gott. In
dieser Zeit entstand wohl auch die Vorstellung vom "Mandat
des Himmels" – das einem würdigen Herrscher verliehen und
einem unwürdigen auch wieder entzogen werden konnte -, die sich bis
in das 20. Jahrhundert halten sollte. Die Elite kommunizierte
untereinander oft schriftlich, auch die Schrift verließ im 9.
Jahrhundert v.u.Z. die Tempel. Jetzt begann auch die
Geschichtsschreibung, mit der die Herrscher ungebrochene
Traditionslinien suggerieren wollten. Zur gleichen Zeit – und
erstmals – bedrohten nämlich berittene Truppen aus den nördlichen
Steppen die Zhou, und 771 v.u.Z. eroberten die Rong, eines dieser
Reitervölker, die Zhou-Hauptstadt in Shaanxi. Das war das Ende der
Herrschaft der Zhou.
Auf dem Weg zum Kaiserreich
Es folgte die Chunqiu-Zeit ("Frühling und
Herbst", 722-481 v.u.Z.), in der die Fürstentümer ihre
Herrschaftsgebiete ausdehnten und Staaten entstanden, die teils enge
Beziehungen miteinander und teils Kriege gegeneinander
führten. Dabei übernahmen nacheinander 5 Staaten eine Art
Garantenrolle für den Zusammenhalt dieser Staatenordnung – die "Fünf
Hegemonen" der traditionellen Geschichtsschreibung. Wichtiger als
die Auseinandersetzungen der Staaten untereinander und mit den Steppenvölkern
des Nordens sowie den aufstrebenden Staaten des Südens – wie
Wu und Yue am Unterlauf des Yangzi – war jedoch die
Weiterentwicklung der Gesellschaft: Die Elite spaltete sich in
zunehmend entrückte Führer und untere Elite, die sich zunehmend mit
dem Volk mischte. Dieses wurde mit Erfindung des Eisengusses immer
mächtiger – Eisen war weitaus häufiger als Bronze, und wurde nicht
für Kultgefäße, sondern zur Herstellung von Werkzeugen wie Spaten,
Hacken, Sicheln und Pflügen verwendet, die zusammen mit dem
Kummetgeschirr für Wasserbüffel und organischem Dünger eine
gesteigerte landwirtschaftliche Produktion ermöglichten. Es
entstanden wieder große Städte, in denen Handwerker, Händler und –
neu: Denker zusammen lebten. Erstmals konnten Männer nicht nur
aufgrund ihrer Abstammung, sondern auch aufgrund ihrer Fähigkeiten
wichtige Rollen übernehmen; Wissen und Bildung nahmen daher an
Bedeutung zu. Ein Lehrer aus der Chunqiu-Zeit sollte weit über diese
hinaus bedeutsam bleiben: Konfuzius. Da eine solche Gesellschaft
nicht mehr durch verwandtschaftliche Bande zusammengehalten wurde,
bedarf es auch neuer Regeln: Es entstanden erstmals geschriebene
Gesetze.
Der Eisenguss revolutionierte aber nicht nur die Landwirtschaft,
sondern auch die Kriegsführung: Schwerter und Hellebarden aus Eisen
bewaffneten Massenheere, und von den Steppenvölkern inspirierte
Reitertruppen wurden mit Armbrüsten bewaffnet. Zugleich gelang es
vielen Herrschern der Chunqiu-Zeit nicht mehr, ihre gewachsenen
Gebiete zu kontrollieren, oftmals übernahmen lokale Eliten die
Macht: Als 453 v.u.Z. drei Familien den Staat Jin unter sich
aufteilten, begann die "Zeit der kämpfenden Staaten"
(chin. Zhanguo, 453-221 v.u.Z.). Diese Umbrüche lösten aber auch ein
intensives Nachdenken über eine gesellschaftliche Neuordnung aus,
auf Grundlage von Konfuzius entstanden die „Hundert Schulen“
der chinesischen Philosophie. Zu diesen Schulen gehörten die Lehren,
die zwei Schüler Konfuzius', Mengzi und Xunzi, die Daoisten (alte
Umschrift: „Taoisten“) und die Legisten entwickelten. Der Legismus
wurde von Han Fei ausformuliert, einem Schüler Xunzis, der glaubte,
dass nur strenge, für alle (außer dem Herrscher) geltende Gesetze
Ordnung schaffen könnten. Seine Lehre wurde zur
Regierungsdoktrin im Staat Qin. In Qin gab es eine
flächendeckende Bürokratie, die Steuern eintrieb, mit denen
Großprojekte wie der Bau von Kanälen, vor allem aber das Militär
finanziert wurde. Dieser Militärmaschinerie fielen schließlich alle
ehemaligen Teilstaaten der Zhou-Dynastie zum Opfer; Qin-König Ying
Zengh bestieg 221 v.u.Z. als Qin Shi Huangdi,
der „Erste Erhabene Göttliche“, den Kaiserthron und begründete damit
das Chinesische Kaiserreich.
Die Macht des Kaisers zeigt sich eindrucksvoll in der 1974 bei
Xi'an entdeckten Grabanlage des ersten Kaisers mit der berühmten
Terrakotta-Armee - 8.000 lebensgroße Generäle, Soldaten, Reiter,
Bogenschützen und Pferdegespanne, ursprünglich leuchtend bunt bemalt
und mit Bronzewaffen versehen. Das gesamte Reich wurde nach dem
Vorbild des Qin-Staates verwaltet, ein Kanal- und Straßennetz
angelegt und vorhandene Grenzwälle zu einer ersten "Großen Mauer"
(aus Stampferde) verbinden. Von der Qin-Dynastie soll sich der
heutige Name China ableiten; bei der Fronarbeit an diesen Werken
kamen aber auch Zehntausende von Menschen zu Tode. Auch war das
Reich offenbar nicht in der Lage, seinen riesigen Militärapparat zu
kontrollieren. Nach dem Tod des Kaisers kam es zu Aufständen, und es
war ein Militärführer, Xiang Yu, der die
Qin-Dynastie 206 v.u.Z. beendete. Dieser wurde aber 202 v.u.Z. von
einem anderen Militärführer, Liu Bang, besiegt,
der als Gaozu zum ersten Kaiser der Han-Dynastie
wurde.
Die (frühe) Han-Dynastie
Die Han verwalteten den Westen des Reiches wie zuvor die Qin: sie
teilten ihn in Amtsbezirke und Kreise ein, die der Hauptstadt Chang'an
(das heutige Xi'an) unterstanden. Die alten Regionalstaaten im Osten
wurden zunächst von Titularkönigen verwaltet. Mit den Steppenvölkern
des Nordens, den Xiongnu, die sich als Reaktion
auf die Ausdehnung der Qin in den Norden zu einer Föderation
zusammengeschlossen hatten, wurde ein Friedensabkommen geschlossen
(Tributzahlungen der Chinesen an die Nomaden, die die erhaltenen
Waren nach Westen weitergaben, führten zur Entstehung der
Seidenstraße, auf der die Seide von zentralasiatischen
Zwischenhändlern bis nach Rom gelangte). 154 v.u.Z. kam es zu einem
Aufstand von sieben östlichen Königtümern, der schnell
niedergeschlagen wurde und auf den die Entmachtung der
Regionalfürsten folgte: jetzt herrschten die Han auch über den
Osten. Unter Kaiser Wu, der von 141-87 v.u.Z.
regierte, erreichten die Han den Höhepunkt ihrer Macht; Chang'an war
doppelt so groß wie Rom und hatte 250.000 Einwohner. Wu bekämpfte
die Xiongnu, die dem Friedensabkommen zum Trotz immer wieder in
China einfielen, und siedelte zahlreiche Menschen entlang der
Seidenstraße an, auf der der Handel unter Wu intensiviert wurde.
Die Seidenstraße
Bereits in vorgeschichtlicher Zeit hatte das chinesische Interesse
an Jade und das mesopotamische Interesse an Lapislazuli zum Handel
beider Kulturen mit zentralasiatischen Völkern geführt (oben).
Dieser führte schließlich zum Austausch von Pflanzen, Tieren und
Waren zwischen China und dem westlichen Kulturraum auf den (erstmals
1877 von dem deutschen Geografen Ferdinand von Richthofen) als Seidenstraße
benannten Netzwerk von Handelsrouten (die nicht nur von Ost nach
West verliefen, sondern von dem Abzweige nach Norden und Süden, nach
Russland und Indien, abgingen. So gelangten etwa Weizen, Gerste und
das Pferd nach China, Seide und Porzellan nach Europa. Seide wurde
bald zum wertvollsten Handelsgut – leicht, leicht zu färben, sanft
auf der Haut, und wegen ihrer aufwändigen Herstellung schon in China
nichts für arme Leute, wurde sie im Mittelmeerraum zum Luxusgut.
Da der Warenaustausch aber über zentralasiatische oder indische
Mittelsmänner ablief, blieb der begleitende Gedanken- und
Ideenaustausch zwischen China und dem westlichen Kulturraum
vergleichsweise unbedeutend. So erstaunte es die Chinesen sehr, als
etwa 125 v.u.Z. ein von Kaiser Wu ausgesandter Kundschafter von
Völkern jenseits des Pamir berichtete, die sogar schriftkundig
waren. Im Laufe der Zeit wurden die Verbindungen aber intensiver, so
gelangten nach der Zeitenwende über die Seidenstraße auch der
buddhistische, jüdische und christliche Glaube nach China. Die
Christen hinterließen kaum Spuren; die Synagoge von Kaifeng stand
immerhin bis 1163; der Buddhismus aber hinterließ tiefe Spuren in
China, wo seine Lehren neben Konfuzianismus und Daoismus bestanden
und von wo aus sie schließlich auch Korea und Japan erreichten.
(Zur spätestens zur
Zeitenwende entstehenden “Seidenstraße der Meere”
siehe oben.)
Unter Kaiser Wu dehnte sich das Reich auch nach Süden aus: 138
v.u.Z. wurde das heutige Fujian besetzt, 111 v.u.Z. das Kaiserreich
von Nanyue im heutigen Guangzhou. Die Han wiederholten damit
Eroberungen der Qin, und begannen die endgültige Kolonialisierung
des Südens. Aber auch bei den Han kostete die Militärmaschine enorme
Ressourcen – die das Reich mit Monopolen auf Salz, Eisen, Alkohol
und Münzen beschaffte. Darunter litten vor allem die Bauern, die
schlechte Eisengeräte zu hohen Preisen kaufen mussten und im Elend
lebten, auf deren Arbeit die Zentralmacht aber beruhte: Unter Wus
Nachfolger, dem minderjährigen Kaiser Zhao wurden
daher an Konfuzius orientierte Reformen eingeleitet, die eine
familienähnliche Fürsorgepflicht des Staates für seine Menschen
begründete. Es war allerdings ein "synkretischer Konfuzianismus" (576), der Elemente
des Legismus ebenso wie des Daoismus einschloss – der Herrscher
verkörperte das „dao“, das metaphysische Weltgesetz der Daoisten. Er
konnte aber, da an das "Mandat des Himmels" gebunden, entmachtet
werden; die Lehre legitimierte daher vor allem den Beamtenstaat.
Faktisch waren die folgenden Kaiser entmachtet, und vor der
Zeitenwende kamen nacheinander sogar ein acht- und ein zweijähriges
Kind auf den Thron. Die Macht hatte ab dem Jahr 8 v.u.Z. der
Großmarschall Wang Mang.
Chinas Nachbarn in Südost- und Ostasien
Entscheidend beeinflusste China auch die Entwicklungen im übrigen
ostasiatischen Raum. Bis zum 4. Jahrtausend v.u.Z. war das tropische
Südostasien von der steinzeitlichen Hoa-Binh-Kultur
(nach einem Fundort nahe der Stadt Hoa Binh, im heutigen Vietnam)
besiedelt, danach tauchen chinesische Pflanzenarten und Töpfereien
auf: Südostasien wurden von Südchinesen besiedelt, die Vorfahren der
Menschen im heutigen Thailand, Laos, Vietnam und Kambodscha kamen
aus China. Von der ursprünglichen Bevölkerung sind heute nur noch
einige Jäger-Sammler-Gesellschaften auf Malaysia, den Andamanen und
Sri Lanka übergeblieben, deren Mitglieder dunkelhäutig und
kraushaarig sind – woran wiederum ihre Verwandtschaft mit den
Ureinwohnern Neuguineas und Australiens erkennbar wird, die zuvor
von Südostasien aus besiedelt wurden. Die südasiatischen
Küstenkulturen besiedelten von Taiwan aus die
Inselwelt Ozeaniens. Auch die koreanische Halbinsel
wurde von den Chinesen geprägt und übernahm unter anderem den
Reisanbau, die Bronzetechnologie und die chinesische Schrift. Die
ersten Staatsgründungen fanden hier vor 2.500 oder 2.400 Jahren
statt (Alt-Choson); wurden aber unter den Han von China unterworfen.
Das spätere Japan war vom Norden über Landbrücken
von Sibirien und im zentralen Bereich über Korea besiedelt worden,
der Süden wohl von den Philippinen und Taiwan aus über den
Kuroshio-Meeresstrom. Als am Ende der Eiszeiten die Landbrücken
überflutet wurden, nahm Japan eine weitgehend eigenständige
Entwicklung: die Menschen der Jōmon-Kultur
waren Wildbeuter, eine üppige Vegetation und reichlich Fisch und
Meeresfrüchte erlaubten aber eine sesshafte Lebensweise. Bereits vor
über 13.000 Jahren wurde hier Keramik hergestellt. Trotzt seiner
Insellage war Japan aber nicht völlig isoliert vom chinesischen
Kulturkreis: Vor 2.400 Jahren gelangten Nassreisanbau, eiserne
Werkzeuge und Metallverarbeitung mit neuen Siedlern aus Korea nach
Japan.
Bedrohung aus der Steppe:
Kriegerische Nomadenvölker
Die Steppengebiete im Norden der Hochkulturen, von der
Donau im Westen bis zur Mongolei im Osten, waren seit dem 4.
Jahrtausend v.u.Z. von Viehzüchtern besiedelt, an die noch heute
riesige Grabhügel, die „Kurgane“ erinnern. Ab Ende des 2.
Jahrtausends v.u.Z. begannen diese mit dem Übergang zu einer
nomadischen Lebensweise, die durch die Verwendung des Pferdes als
Reittier erleichtert wurde. Pferde sind in Steppen ausgesprochen
wertvoll: Man kann sie reiten, sie liefern in Notzeiten Fleisch,
ihre Milch ernährt Babys und ihr Dung ist ein brauchbarer
Brennstoff. Mit ihrer Hilfe wuchs die Zahl der Menschen in der
Steppe, und zwischen den Nomadengruppen kam es immer wieder zu
Kämpfen um Weideplätze. Damit waren für die Nomaden gute Bewaffnung
und kämpferische Fähigkeiten wichtig – was auch die benachbarten
Hochkulturen immer wieder merken sollten. Ab dem 7. Jahrhundert
v.u.Z. tauchten die Skythen in der
Geschichtsschreibung auf; Reiterkrieger, die die Geschichte der
Völker Osteuropas prägen sollten. Skythen waren am Untergang des
Assyrischen Reichs 612 v.u.Z. beteiligt; Nomaden aus der Mongolei
griffen das Chinesische Kaiserreich von Beginn an immer wieder von
Norden her an. Die Pferde der Nomaden sorgten für überlegene
Beweglichkeit; in den dicht besiedelten Landwirtschaftsgebieten
waren sie dagegen ein Luxus: Wo es keine Grasländer gab, fraß ein
Pferd soviel Getreide wie ein Dutzend Menschen; diese waren aber die
unverzichtbare Basis für Landwirtschaft und Handwerk, ohne die auch
kein Reiterheer zu unterhalten wäre. Die Überlegenheit ihrer Pferde
sollte die Nomadenvölker noch lange zu einem Faktor der Geschichte
machen. Und zu einem wichtigen Bindeglied: So gelangten etwa der
Hanf und der Färberwaid, der eine wertvolle blaue Farbe lieferte,
über Nomaden noch vor der Zeitenwende von China nach Westen.
Eine ganz andere Welt: Amerika
Auch die voreuropäischen Kulturen Amerikas entstanden alle an den
Entstehungszentren der Landwirtschaft. Die ältesten Kulturen finden
sich in Südamerika, wo schon vor über 5.000 Jahren komplexe
Gesellschaften entstanden. Ihre Geschichte ist weit weniger bekannt
als in Eurasien; wohl vor allem, da in Südamerika weit weniger
Archäologen arbeiten. Die älteste bekannte Stadt ist Caral
im Supe-Tal nördlich von Lima im heutigen Peru, die
Stufenpyramide dort wurde auf 2.600 v.u.Z. datiert. Über 20.000
Menschen lebten hier, bauten in bewässerten Feldern Baumwolle an,
stellten daraus Textilien und Fischernetze her, die sie bei den
Fischern am (26 Kilometer entfernten) Pazifik gegen Fisch
eintauschten. Nach etwa 1.000 Jahren verließen die meisten Menschen
die Region wieder; die Gründe hierfür sind unbekannt (es gibt aber
keine Spuren von Kriegen). Ab 2.000 v.u.Z. entstanden Tempelanlagen
weiter nördlich, in der Gegend entstand ab 1.500 v.u.Z. die Kultur
der Chavín. Ihre Web-, Goldschmiede- und
Töpferkunst ist in ganz Nordperu zufinden. Ab 200 v.u.Z. entwickelte
sich im Andenraum die Nazca-Kultur an den
Flussoasen der (im heutigen Peru liegenden) Wüsten an der
Pazifikküste; ihr bekanntestes Erbe sind riesige Scharrbilder, die
Fische, Spinnen, Bäume und andere Gegenstände darstellen (und die
von den Archäologen heute als Plätze angesehen wurden, die
religiösen Zeremonien dienten – vermutlich, um die Regen schickenden
Götter zu beschwören).
Noch weniger bekannt ist über
eventuelle frühe Kulturen im tropischen Südamerika. Die
amerikanische Archäologin Anna Roosevelt etwa hält die Amazonasinsel
Marajó für die Heimstatt einer großen Kultur, die über
1.000 Jahre bestand und in ihren Glanzzeiten 100.000 Einwohner
hatte; eine These, die von anderen Archäologen bestritten wird. Ein
anderer Hinweis auf frühe Kulturen sind die Inseln von fruchtbarer
terra preta (“schwarzer Erde”) im Amazonasgebiet, die auf frühere
Landwirtschaft zurückgeht (die Ureinwohner brachten Holzkohle in die
Böden ein); dies gilt auch für die Vorkommen zahlreicher Palmen und
anderer Bäume mit nutzbaren Früchten und Nüssen.
Die erste Kultur Mittelamerikas waren die Olmeken,
die im mexikanischen Hochland und den feuchten Wäldern am Golf von
Mexiko lebten. Sie entwickelten ab 1.200 v.u.Z. eine städtische
Kultur und sind für ihre Großplastiken (vor allem mehrere Meter
hohe, bis zu 30 Tonnen schwere Köpfe und Menschen mit Jaguargesicht)
bekannt. Sie entwickelten eine Schrift, besaßen einen Kalender und
waren in gewisser Weise die – wenn auch nicht direkten – Vorläufer
der Maya und der Azteken,
die auf sie folgen sollten.
Die Maya (ein Sammelbegriff für
eine Völkerfamilie, die Maya-Sprachen gemeinsam hatten) bauten ab
500 v.u.Z. auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán und in den
südlich angrenzenden Gebieten Siedlungen und steinerne Tempel; ihre
Blütezeit (Klassik) hatten sie zwischen 250 und 900 n. Chr.; Städte
wie Calakmul haben zu ihren besten Zeiten rund 50.000 Einwohner
gehabt und Motivmalerei auf Grabkeramiken zeugt von prallem
höfischen Leben. Die Schrift der Maya ist, anders als die der
Olmeken, zum großen Teil (etwa 90 Prozent der Zeichen) entziffert;
hier finden sich Hinweise auf Könige und Dynastien, wobei die Könige
gleichzeitig Hohepriester waren. Im 8. Jahrhundert lebten nach
einigen Schätzungen im zentralen Tiefland des Maya-Gebiets bis zu
zehn Millionen Menschen. Die Maya müssen also eine hoch produktive
Landwirtschaft entwickelt haben, wovon auch Terrassen und
Wasserspeicher zeugen, deren Reste rund um die Städte Tikal und
Copán gefunden wurden. Wohl um die 70 Prozent der Bevölkerung lebten
als Bauern und Gärtner (bei El Pilar in Guatemala werden heute
wieder Waldgärten wie zur Zeit der Maya angelegt).
Auch wenn der Mais, eine der Haupt-Nahrungspflanzen der Maya,
relativ proteinarm ist und sich in dem feuchten Klima höchstens ein
Jahr lang hält, reichte die Landwirtschaft für die Entstehung
mächtiger Stadtstaaten, die sich gegenseitig mit prachtvollen
Palästen und Tempeln zu überbieten suchten (und bedeutende
mathematische Erkenntnisse hervorbrachten). Neben gespeichertem
Getreide fehlte, da die Maya keine Tiere domestiziert haben, aber
eine weitere wichtige Ressource für große militärische Feldzüge:
keinem Herrscher gelang es jemals, das Reich zu einigen; die
Maya-Zivilisation bestand immer aus vielen kleinen Reichen. Aber
Rivalitäten zwischen den Stadtstaaten gab es reichlich, die
Schriften der Maya berichten von lang andauernden und grausamen
Kriegen. Umstritten ist, was die Zivilisation der Maya nach 900
schließlich untergehen ließ. Katastrophen gelten heute als eher
unwahrscheinliche Ursache, da sich der Untergang über eine lange
Zeit hinzog. Vermutlich haben eine anwachsende Oberschicht und
Rivalitäten zwischen wichtigen Königreichen wie Tikal und Calakmul
die Maya zur Übernutzung von Ressourcen verleitet und gleichzeitig
von deren Folgen abgelenkt: Die Äcker wurden übernutzt, die Wälder
abgeholzt, und Bodenerosion hat möglicherweise die Folgen von
Dürreperioden verstärkt, die im 9. und 10. Jahrhundert durch
Sedimente in Seebetten nachgewiesen sind. Die klassische
Maya-Zivilisation ging damals unter, im Norden der Halbinsel Yucatán
und im südwestlichen Hochland blieben die Maya aber bedeutsam. Im
Norden schlug die Stunde von Chichén Itza; im Hochlandbecken von
Mexiko war schon um 300 v.u.Z. die Teotihuacán-Kultur
entstanden, benannt nach einer Stadt, die um die Jahrtausendwende
große Teile Mittelamerikas beherrschen sollte (mehr).
In Nordamerika wurden die Spuren der Indianer-Geschichte durch die
folgenden Kolonisatoren besonders gründlich vernichtet. Die
Prärie-Indianer lebten überwiegend von der Bisonjagd; anderswo vom
Sammeln pflanzlicher Nahrung wie Nüssen und Eicheln oder dem Anbau
von Nahrungspflanzen. Siedlungen entstanden an der Pazifikküste, wo
die Jagd auf Fische und Meeressäuger dies erlaubte; etwa in
Kalifornien oder bei den Haida im Nordwesten.
Reiche Nahrungsquellen gab es auch in den Flusstälern des
Mississippi und in Ohio, wo die Adena- und Hopewell-Kulturen
heimisch waren, die durch Grabhügel bekannt wurden.
Afrika
Die erste bekannte Staat Afrikas südlich der Sahara war das Reich
von Kerma nahe des dritten Nilkatarakts, das wohl um
2.500 v.u.Z. aus einer Prä-Kerma-Kultur hervorging und um 1.500
v.u.Z. vom ägyptischen Neuen Reich
zerstört wurde. Die dort lebenden nubischen Völker wurden kulturell
weitgehend assimiliert, behielten aber einen Rest Eigenständigkeit.
Ab 1.000 v.u.Z. gelang es ihnen, die ägyptische Herrschaft zu
beenden. Sie gründeten das Reich von Kusch mit der
Hauptstadt Napata am vierten Nilkatarakt. Unter König Pije eroberten
die Nubier um 750 v.u.Z. Ägypten – die 25. Dynastie Ägyptens bestand
aus nubischen Herrschern. Diese endete, als ab 671 v.u.Z. Assyrien Ägypten eroberte. Um 300 v.u.Z. wurde
die nubische Hauptstadt weiter südlich nach Meroë verlegt.
Meroë war ein Handels- und auch ein religiöses Zentrum; durch
weitverzweigten Karawanenhandel kam das Reich zu Macht und Einfluss.
Auch kulturell wurde es immer unabhängiger: aus den ägyptischen
Hieroglyphen wurde eine eigene Schrift entwickelt, eigene Götter
löste die ägyptischen Götter ab. In Meroë wurden zudem zahlreiche
eiserne Waffen und Werkzeuge gefunden.
Noch vor der Zeitenwende wurde dieses Reich aber
bereits vom Königreich von Aksum überstrahlt, dass
im Norden des heutigen Äthiopien lag. Das Königreich profitierte von
den günstigen klimatischen Bedingungen im äthiopischen Hochland,
einem der Entstehungsgebiete der Landwirtschaft, und seiner
wichtigsten Kulturpflanze Teff (einer Getreideart), und wichtigen
Handelsrouten nach Schwarzafrika und Indien – arabische Seefahrer
hatten eine Verbindung zwischen Afrika und Indien errichtet, die die
Monsunwinde ausnutzte. Seit 500 v.u.Z. war die Region in Kontakt
mit arabischen Königreichen, die seit 1.300 v.u.Z. im Gebiet des
heutigen Jemen entstanden waren (zu denen das Königreich von Saba
gehörte), und spätestens im 3. Jahrhundert entstand hier ein eigenes
Königreich, in dem der arabische Einfluss immer weiter
zurückgedrängt wurde. Als Ägypten zum Römischen Reich gehörte,
blühten die Seerouten durch das Rote Meer zum Wohle Aksums auf; die
Hafenstadt Adulis (nahe Massawa im heutigen Eritrea) wurde zu einem
Knotenpunkt des Handels. Durch den Handel mit Asien gelangte die
südostasiatische Banane nach Afrika, die zu einer wichtigen
Kulturpflanze wurde.
Auch in Westafrika gab es vor der Zeitenwende
bereits städtische Zentren, etwa Djenne-Djeno am Niger (in Mali nahe
der heutigen Stadt Djenné). Hier gibt es keine Anzeichen für eine
soziale Schichtung wie etwa Monumentalarchitektur. Die Menschen
lebten als Bauern, die Hirse, Sorghum und afrikanischen Reis
anbauten, als Hirten und Fischer. Offensichtlich erlaubte das
sensible Ökosystem (ein Binnen-Schwemmland) keine zentrale Planung,
sondern war je nach Klimabedingungen jeweils auf Bauern, Hirten oder
Fischer angewiesen, die ein System gegenseitiger Verpflichtungen
entwickelten. In der Stadt wurde Eisen genutzt und bearbeitet,
obwohl es kein Eisenerz in der Umgebung gibt – es muss also Handel
und Spezialisten gegeben haben, die in dieses System eingebunden
waren.
Australien/Neuguinea
In Australien hatte sich (abgesehen von den Neuguinea aus
besiedelten Torres-Strait-Inseln) keine Landwirtschaft entwickelt.
Die Ureinwohner hatten nach ihrer Ankunft in Australien im Laufe der
Zeit den ganzen Kontinent besiedelt. Die etwa 250
Stammesgemeinschaften lebten halbnomadisch als Jäger und Sammler,
was die Bevölkerungsdichte reduzierte: beim Eintreffen der Europäer
gab es zwischen 300.000 und 900.000 Ureinwohner, die jedoch gut
ernährt waren. Ihre religiösen Vorstellungen hatten sich um die
"Traumzeit" herum entwickelt (mehr),
die Höhlenmalereien Australiens gehören zu den ältesten der Welt und
stammen für die Aborigines von den "Traumzeitwesen".
Auf Neuguinea mit seiner Landwirtschaft lebten dagegen etwa eine
Million Menschen. Allerdings bedingte die bergige, zersplitterte
Topographie Neuguineas eine Zersplitterung der Bevölkerung – diese
ist am besten daran zu erkennen, dass auf Neuguinea nach Schätzungen
etwa 1000 verschiedene Sprachen gesprochen wurden; noch heute ist
Papua-Neuguinea der Staat mit der größten Vielfalt an gesprochenen
Sprachen. Neuguinea und Australien werden nur durch eine relativ
schmale und zudem mit Inseln versehene Meerenge, die Torresstraße,
getrennt. Dennoch war der Austausch zwischen Neuguinea und
Australien über die Torresstraße offenbar sehr beschränkt und
erfolgte über verschiedene Zwischenstationen auf den Inseln; es gibt
keine Anzeichen dafür, dass in vorhistorischer Zeit jemals ein
Australier die Hauptinsel Neuguinea betreten hat.
Aufschlussreich ist auch, dass die ebenfalls mit dem Ende der
Eiszeiten vom Hauptkontinent abgetrennte Insel Tasmanien im Süden,
auf der ca. 5.000 Ureinwohner lebten, sogar nach archäologischen
Funden ursprünglich vorhandene Kulturtechniken, etwa den Gebrauch
von Knochenwerkzeugen, wieder verlernten: 5.000 Einwohner sind
offenbar zu wenig, um solche Kulturtechniken am Leben zu halten,
geschweige denn, neue Erfindungen zu machen.
Die Welt um die
Zeitenwende
Bis zur Zeitenwende (Jahr 0) wuchs die Menschheit auf ca. 150 – 250
Mio. Menschen. Der Mittelmeerraum wurde vom Römischen Reich
beherrscht; im Osten bildete der Euphrat die Grenze zum Reich der Parther,
die über das alte Mesopotamien herrschten. In Indien herrschte die Maurya-Dynastien;
indische Händler dominierten den Seehandel von Ostafrika bis
Südchina; und in Südostasien entstand gerade das indisch
beeinflusste Funan-Reich. Mit dem Römischen Reich
konnte aber nur das Han-Reich in China mithalten:
Beide Reiche hatten etwa die gleiche Ausdehnung und die gleiche
Bevölkerungszahl. Über die Seidenstraße wurden Waren bis in den
Mittelmeerraum ausgetauscht, und der Buddhismus verbreitete sich
nach Zentralasien. In Afrika kam es mit dem Reich von Meroë zur
letzte Blüte der nubischen Reiche, daneben waren bereits das
Königreich von Aksum und städtische Zentren in Westafrika
entstanden. Große Teile Afrikas und Südostasiens wurden aber auch
noch von Jägern und Sammlern durchzogen; und einige Pazifikinseln
waren noch gar nicht besiedelt (Die
Ausbreitung des modernen Menschen).
Während die eurasischen, afrikanischen und – begrenzt – auch die
chinesischen Kulturen miteinander in Kontakt standen, waren völlig
abgeschieden hiervon in Südamerika die Nazca-Kultur
entstanden und in Mittelamerika die Kultur der Maya;
in Amerika und in Australien wurde jedoch der größte Teil des Landes
nicht bebaut, sondern von Jägern und Sammlern durchstreift.
Dennoch lebte mittlerweile der größte Anteil der Weltbevölkerung in
Staaten. Intensive Landwirtschaft führte zur
Vernichtung von Wäldern sowohl durch den Ackerbau als auch
durch die Beweidung sowie für die Metallverarbeitung und damit zu
einer ersten tiefgreifenden Umweltveränderung.
Die immer dichtere Bevölkerung, der intensive Kontakt mit Nutztieren
und die hygienischen Bedingungen in den Städten erleichterten auch
die Ausbreitung von Krankheitserregern: Immer wieder sorgten
Epidemien für tödliche Krankheitswellen. Im Laufe der Zeit sollte
die Menschheit lernen, mit diesen Krankheiten zurechtzukommen; aber
die Anpassung kostete vielen Menschen
das Leben.
Siehe auch: Die
Welt um das Jahr 1000