Das Zeitalter der Landwirtschaft
Die Entstehungsgebiete der Landwirtschaft
Die Landwirtschaft entstand in verschiedenen
Regionen der Erde. Die ältesten Belege für Landwirtschaft stammen
aus dem “fruchtbaren Halbmond” in Vorderasien, unabhängig davon
entstand die Landwirtschaft auch in China, Mittelamerika, den Anden
und in mehreren Orten in Afrika. Aufgrund der unterschiedlichen
natürlichen Ausstattung dieser Entstehungsgebiete nahm die
Entwicklung dann aber einen jeweils anderen Verlauf.
Die Entstehungsgebiete der
Landwirtschaft: Die Landwirtschaft entstand an
verschiedenen Orten der Welt unabhängig voneinander. Eigene
Abbildung
Der fruchtbare Halbmond
Das vorderasiatische Entstehungsgebiet der Landwirtschaft ist das
weitaus am besten erforschte. Das liegt an der Bibel – Orte wie
Babel (Babylon) oder Assur (Assyrien) werden im Alten Testament
erwähnt, und das hat früh das archäologische Interesse geweckt. Den
Begriff "fruchtbarer Halbmond" prägte der amerikanische Archäologe
James Henry Breasted im Jahr 1916, nachdem ihm aufgefallen war, dass
die entdeckten Fundstätten in einer halbmondförmigen Region im
östlichen Mittelmeerraum nördlich der arabischen Wüsten, vom
heutigen Jordanien über Syrien, die Türkei und den Irak bis zum Iran
erstreckten.
Der “fruchtbare Halbmond”, das vorderasiatische
Entstehungsgebiet der Landwirtschaft. Der Ausläufer nach Anatolien
(oben links, mit Çatal Hüyük) gehört eigentlich nicht mehr zum
fruchtbaren Halbmond, hier wurde aber sehr früh ebenfalls
Landwirtschaft betrieben. Kursiv sind zur besseren Orientierung
heutige Staaten genannt. Eigene Abbildung.
Die Region war nach dem Ende der Eiszeiten eines der klimatisch
angenehmsten Gebiete der Erde: Ein trockenwarmes, mit den heutigen
Verhältnissen vergleichbares Klima führte zur Ausbildung parkartiger
Eichen-Pistazien-Wälder, zwischen denen Gazellen, Steinböcke,
Wildesel und Wildschafe grasten. Zu den Gräser, die hier wuchsen,
gehörten auch die wilden Vorfahren von Roggen, Weizen und Gerste.
Das Wild und die Gräser lockten Jäger und Sammler an; zahlreiche
Siedlungsplätze etwa der
Natufien-Kultur zeigen, dass die Region eine dichte
Bevölkerung ernährte. Dass die Wildgräser bereits von Jäger und
Sammlern genutzt wurden, zeigen Funde von Feuerstein-Sicheln,
Mörsern und Mahlsteinen; und vor 13.000 Jahren begannen die
Menschen, Grasarten wie Wildeinkorn, Wildemmer und Wildgerste auch
anzubauen. Durch die Zuchtwahl
der Menschen veränderten sich die wilden Pflanzen; Einkorn,
Emmer und Gerste wurden spätestens vor 10.500 Jahren zu
Kulturpflanzen, erkennbar an festen Ährenachsen, von denen die
Ährchen bei der Reife nicht mehr abfielen. Einkorn und Emmer
gehören beide zur Gattung Weizen (Triticum), und der Wildemmer ist
vermutlich einmal aus einer Kreuzung von Einkorn mit einer anderen
Grasart hervorgegangen. Einkorn ist ein
Wintergetreide, wird also im Herbst gesät, und hat im Frühjahr
einen Wachstumsvorsprung vor Sommergetreide wie Emmer;
dafür kann man diese nach der Aussaat schneller ernten. Wegen
unterschiedlicher Erntezeit ergänzen sich beide gut und wurden oft
gemeinsam angebaut. Gerste wurde angebaut, da sie
auch an trockenen, heißen und leicht salzhaltigen Orten wächst. Gut
1.000 Jahre nach der Domestizierung des Emmers entstand aus einer
Kreuzung des Emmers mit dem Wildgras Aegilops squarrosa
der Saatweizen, heute zumeist einfach als Weizen
bezeichnet. Ein anderes nahrhaftes Wildgras, der Wildroggen, ließ
sich aber wohl zunächst nicht domestizieren – Roggen bestäubt sich
nicht selbst, und so bestäuben Wildpflanzen immer wieder die vom
Menschen ausgewählten Pflanzen und machen deren Zuchtwahl zunichte.
Roggen wurde daher vermutlich erst viel später in Europa
domestiziert, wo es keinen Wildroggen gab.
Vor rund 9.000 Jahren waren auch vorher wild gesammelte
Hülsenfrüchte zu den Kulturpflanzen Erbsen, Linsen
und Kichererbsen domestiziert worden.
Hülsenfrüchte, aufgrund der Form ihrer Blüte auch
Schmetterlingsblütler genannt, sind proteinreich und ergänzen
Getreide daher gut. Vor allem aber: sie leben in einer Gemeinschaft
mit Bodenbakterien, die Stickstoff aus der Luft binden können;
Stickstoff ist ein wichtiger und oft knapper Pflanzennährstoff. Der
gemeinsame Anbau mit Getreide förderte daher auch dessen Wachstum.
Auch Lein/Flachs (beide Worte
bezeichnen die selbe Pflanze, Linum usitatissimum) war
eine frühe Kulturpflanze: aus ihren Samen konnte Öl und aus den
Stängeln Fasern gewonnen werden, aus denen Gewebe ("Leinen")
hergestellt wurden. Der Anbau dieser Pflanzen ermöglichte zuvor
unbekannte Erträge – die Dörfer wurden größer, und es entstanden
schließlich Städte wie Jericho mit einer zehn Hektar großen
Siedlungsfläche und etwa 2.000 Einwohnern.
Jericho
Jericho gilt vielen Wissenschaftlern als erste Stadt der Welt. Bei
Ausgrabungen an dem (mehrere Kilometer vom heutigen Stadtzentrum
entfernten) Hügel Tell es-Sultan kamen eine Stadtmauer (wobei
umstritten ist, ob sie zur Verteidigung oder als Schutz vor
Hochwasser diente) und ein Rundturm zutage; die Menschen lebten in
innerhalb der Mauer errichteten Rundhäusern aus Lehm. Aufgrund der
Siedlungsstruktur schließen die Forscher auch auf ausgeprägte
religiöse Zeremonien; auf komplexe Vorstellungen eines Leben nach
dem Tode deutet auch der Brauch hin, die Schädel der Toten mit Gips
zu überziehen und Muscheln in die Augenhöhlen einzusetzen; die
Schädel wurden wohl im Haus aufbewahrt oder unter dem Haus
vergraben.
Die archäologischen Funde reichen bis in die
Bronzezeit; nach dem Ausgrabungsbefund war die Stadt aber bereits
vor dem Einmarsch der israelitischen Stämme verwüstet – die in der
Bibel erzählte Eroberung der Stadt durch die Israeliten mit der
Zerstörung der Stadtmauer mittels Trompetenklang ist wohl eine
Legende.
An der Ostküste des Mittelmeeres wurde vermutlich auch vor über
6.000 Jahren mit dem Olivenbaum die erste Baumart
domestiziert, und im gleichen Raum wurden um die gleiche Zeit wohl
auch die Weinrebe und die Feige
domestiziert. Alle drei Arten lassen sich durch Stecklinge
vermehren, was die menschliche Zuchtwahl sehr erleichtert hat und
insbesondere bei Oliven und Wein zahlreiche Sorten entstehen ließ;
alle drei Arten verbreiteten sich schnell auch nach Südeuropa (mehr
hier) und kennzeichnen heute den
Mittelmeerraum.
Der Anbau von Pflanzen führte dazu, dass Felder und Vorräte die
Menschen an einen festen Ort banden; die Tierhaltung also gegenüber
der Jagd an Bedeutung gewann. Vor 10.000 Jahren führte dies zur
Domestikation von Ziegen in den
Zagros-Bergen (im heutigen Iran) und Schafen im
Taurus (heutige Türkei); vor 9.000 Jahren kamen Schweine
hinzu. Damit war zum Ackerbau die Viehzucht gekommen, das zweite
Standbein der Landwirtschaft. Vor 8.500 Jahren folgte das Rind.
Noch heute sind diese vier Arten die wichtigsten Nutztiere. (Die
Domestikation des Rindes aus dem gefährlichen, wilden Auerochsen war
sicherlich die größte Leistung; möglicherweise wurde dieses
Abenteuer dadurch ausgelöst, dass Stiere in vielen Kulturen heilige
Tiere waren – woran heute noch die heiligen Kühe in Indien und der
Stierkampf in Spanien erinnern.) Vor 6.000 Jahren wurde im Gebiet
der heutigen Ukraine das Pferd domestiziert; vor
5.500 Jahren vermutlich in Ägypten der Esel.
Rinder, Pferde und Esel förderten den Ackerbau, da sie zum Pflügen
genutzt werden konnten; noch dazu war der Dung dieser Tiere ein
hervorragender Dünger. Auch als Zug- und Reittiere sollten sie
sowohl bei der Entwicklung des Handels als auch militärisch eine
wichtige Rolle in der Geschichte spielen. Vor 3.500 Jahren wurde
schließlich das Kamel domestiziert, und damit
wurde nomadisches Hirtentum in trockenen Steppengebieten möglich.
Von ihrem Entstehungsgebiet im fruchtbaren Halbmond breitete sich
die Landwirtschaft aus: zunächst zu den Unterläufen von Euphrat und
Tigris, und anschließend bis tief nach Asien hinein, nach Europa und
in den Norden Afrikas (siehe Der
Siegeszug der Landwirtschaft).
Östliche Sahara (?)
Unklar ist noch, ob in der östlichen Sahara unabhängig vom Nahen
Osten des Rind domestiziert wurde. Die Libysche Wüste wurde mit
Beginn des Holozäns wieder feuchter und die entstehende
Savannenlandschaft zog Jäger und Sammler aus dem Süden an. An frühen
Fundorten hat man Hinweise auf Rinderhaltung vor
über 10.000 Jahren gefunden, und dann hätte diese sich hier
eigenständig entwickelt. Wildbeuter wurden zu Hirtennomaden, und
später kamen zu den Rindern noch Ziegen und Schafe hinzu, die aber
aus dem Nahen Osten eingeführt worden sind.
Süd- und Ostasien
Auch in Südost- und Ostasien, im Gebiet des heutigen Pakistans,
Indiens und Chinas, entstanden nach dem Ende der Eiszeiten an den
großen Flusssystemen für Landwirtschaft geeignete Landschaften. Ob
in Indien die Landwirtschaft aus dem Nahen Osten
übernommen wurde – wie vermutlich im Industal – oder unabhängig
entstanden ist, ist unklar: Im Osten der Gangesebene (Chopani Mando)
wurde möglicherweise kultivierter Reis in Schichten des 7.
Jahrtausends v.u.Z. gefunden; die Funde sind aber schlecht datiert;
genetische Untersuchungen weisen zudem auf Ostasien als
Ursprungsgebiet (110).
In Ostasien hat das Ende der Eiszeiten wie in
Europa zum Verschwinden der grasenden Herden von Großtieren geführt
– die eiszeitliche Tundra im Norden sich wie in Waldland; im Süden
wuchsen tropische Regenwälder und Mangrovensümpfe. Am Rand der
großen Waldgebiete, entlang der Täler des Huanghe (des "Gelben
Flusses") und des Jangtsekiang (des "Langen Flussen") begann,
offenbar getrennt voneinander und ungefähr zur gleichen Zeit wie im
fruchtbaren Halbmond, der Anbau von Kulturpflanzen. Im Norden, in
den fruchtbaren Lößebenen am Oberlauf des Huanghe, wurde die
Kolbenhirse und etwas später auch die Rispenhirse
domestiziert; im Süden, am Jangtsekiang, Reis.
Wilde Reisarten wurden bereits vor mindestens 14.000 Jahren im Süden
Asiens – vom heutigen Indien bis hin nach China, geerntet; die
ältesten Funde von domestiziertem Reis sind 13.000 (umstritten) bis
9.500 Jahre alt. Nach einer neueren Untersuchung könnte das
Ursprungsgebiet südlich im Tal des Perlflusses liegen (112).
Bald nach der Domestizierung des Reises bildeten sich zwei
Unterarten heraus: Rundkornreis und Langkornreis. Nicht viel später
als diese Getreidearten wurden auch Sojabohne und Hanf angebaut; Sojabohnen
sind Hülsenfrüchte wie Erbsen und Linsen, aber noch proteinreicher;
aus Hanf ließen sich ähnlich wie aus Flachs Öl
und Fasern gewinnen (dass man aus den weiblichen Pflanzen auch ein
Rauschgift gewinnen konnte, war ebenfalls bekannt). Auch in Ostasien
wurden mit der durch den Anbau erzwungenen Sesshaftigkeit bald die
ersten Nutztiere domestiziert: Schweine und Hühner.
Später kam der Wasserbüffel dazu, der wie die
Rinder in Vorderasien zum wichtigen Zug- und Pflugtier werden
sollte; sowie Seidenraupen, Enten und Gänse.
Seidenraupen dienten der Produktion von
Seidenfasern für die Herstellung von Kleidung; um sie zu ernähren,
wurden in China seit Jahrtausenden Kulturen des Weißen
Maulbeerbaums angelegt. Ebenfalls sehr früh wurde in
Ostasien die Zitrone domestiziert.
Vor allem der Anbau von Reis sollte die ganze Region prägen. Reis
bietet im Verhältnis zum benötigten Saatgut einen wesentlich höheren
Ertrag als Weizen oder Gerste; ist (oder wurde) aber auch sehr
arbeitsintensiv: Die Reispflanzen werden in einem Pflanzfeld
ausgesät und dann einzeln in überflutete Reisfelder umgepflanzt;
dadurch werden Unkräuter zurückgedrängt, die einen hohen
Wasserstand nicht vertragen. In bergigen Regionen müssen die Hänge
für diesen Anbau terrassiert werden, und auch die notwendigen
Bewässerungsanlagen verlangen intensive Pflege. Seine
hervorragende Bedeutung erhielt der Reisanbau aber wohl erst ab dem
Jahr 200 nach der Zeitenwende; vorher herrschte die im Tal des
Huanghe praktizierte Landwirtschaft auf Basis von Hirse, Sojabohnen
und Schweinen vor. Warum die produktive Reispflanze sich nicht
vorher durchsetzen konnte, ist eine der Fragen, auf die die
Agrararchäologen in China noch nach einer Antwort suchen.
Außerhalb des fruchtbaren Halbmonds und Ostasiens ist über die
Entstehung der Landwirtschaft weit weniger bekannt: In
Mittelamerika gibt es nur wenige Orte, die mit modernen
archäologischen Methoden untersucht wurden, und an den anderen
Entstehungsgebieten ist die Faktenlage noch spärlicher. Manche der
heute anerkannten Entstehungsgebiete, etwa das in Nordamerika, sind
noch nicht sehr lange bekannt; es könnte daher durchaus sein, dass
genauere Forschung in Zukunft noch weitere Gebiete erkennt, in denen
die Landwirtschaft unabhängig entstanden ist.
Mittel- und Südamerika
Die amerikanische Landwirtschaft entstand südlich des Rio Grande;
der genaue Zeitpunkt ist umstritten: Manche Autoren berichten von
10.000 Jahre alten domestizierten Kürbis- und Paprikasorten
aus Mexiko, die meisten sehen die Entstehung jedoch vor 5.500
Jahren, also deutlich später als in Vorderasien und China. Vor 9.000
Jahren begann wohl die Domestizierung von Mais.
Im mexikanischen Hochland begann auch der Anbau von Avocado.
Vor 5.000 Jahren kamen Grüne Bohnen und von 3.500
Jahren die Baumwolle hinzu. Vor 2.000 Jahren
wurden die ersten Haustiere, Truthahn
(möglicherweise, siehe unten) und Moschusente
(deren Haustierform die Barbarie-Ente ist), domestiziert.
In Südamerika wurden in den nördlichen Anden vor rund 9.000 bis
8.000 Jahren die getreideähnlichen Früchte der Fuchsschwanzgewächse
Quinoa und Amarant (bei beiden
Arten sind auch die Blätter essbar) sowie einige Pflanzen mit
unterirdischen Knollen, darunter die Kartoffel,
die Hülsenfrucht Erdnuss und eine weitere Baumwolle
kultiviert; das Lama und die verwandten Alpakas
wurden domestiziert. Sie wurden zum einzigen Lasttier des
amerikanischen Kontinents; daneben wurde in Südamerika nur das Meerschweinchen
zum Nutz- und Haustier.
Umstritten ist noch, ob es auch im Amazonasbecken zu einer
eigenständigen Entstehung des Ackerbaus gekommen ist; viele Indizien
sprechen dafür, dass hier Tropenpflanzen wie Maniok
und Süßkartoffeln (die beide essbare Wurzelknollen
ausbilden) erstmals angebaut wurden.
Eindeutig belegt ist dagegen eine eigenständige Entwicklung der
Landwirtschaft im Osten der heutigen USA vor 4.500 Jahren; hier
wurden Sonnenblumen kultiviert (Kürbisse gelangen
wohl später aus Mittelamerika in das Gebiet. Möglicherweise wurde
auch der Truthahn erstmals hier – und nicht in
Mexiko – domestiziert).
Außerhalb dieser Gebiete in Asien und Amerika ist nach heutigem
Wissen die Landwirtschaft möglicherweise auch mehrfach in Afrika (in
der Sahelzone, im tropischen Westen und in Äthiopien) und in
Neuguinea entstanden. In Afrika ist der Forschungsstand noch sehr
lückenhaft; die unabhängige Entstehung der Landwirtschaft südlich
der Sahara gilt als sicher; in Äthiopien ist sie noch fraglich: es
könnte auch sein, dass Kontakte mit Bauern aus dem fruchtbaren
Halbmond das Wissen um die Landwirtschaft hierhin brachten, das dann
auf die einheimischen Wildpflanzen angewandt wurden – die Forscher
nennen solche Regionen "sekundäre Domestikationszentren". Auch für
Neuguinea ist nicht unumstritten, ob die Landwirtschaft hier ohne
Einflüsse von außen entstand.
Afrika
Südlich der Sahara fällt der meiste Regen im Sommer; daher können
die im Norden angebauten Pflanzen hier nicht wachsen. Hier entstand
die Landwirtschaft vermutlich unabhängig und an mehreren Orten: In
der östlichen Sahara wurde möglicherweise das Rind
domestiziert; vermutlich stand die Region in Austausch mit
anderen Regionen der Sahara (Felsbilder aus den Gebirgen der Sahara
zeigen, dass die Jäger und Sammler dort früh zum Hirtentum
übergingen – die Rinderhaltung begründete eine Kultur, die das Jagen
und Sammeln in den Savannen und Halbwüsten des Kontinents weitgehend
als Überlebensstrategie ablösen sollte) und der südlich
angrenzenden Sahelzone. In dieser wurde bereits
vor 7.000 Jahren Sorghum (noch heute das
wichtigste Getreide Afrikas) und Perlhirse
angebaut, ergänzt um die Bambara-Erdnuss als
stickstoffliefernde Hülsenfrucht. Hier wurde auch das Perlhuhn
domestiziert. Aus dem Gebiet des heutigen Mali ist 12.000 Jahre alte
gebrannte Keramik bekannt (nach
der japanischen die älteste der Welt) – auch hier scheinen
Menschen bereits früh ihre nomadische Lebensweise wenigstens
zeitweise aufgegeben zu haben.
Im tropischen Westafrika wurden vor 5.000 Jahren
afrikanischer Reis (Oryza glaberrima, der
noch heute trotzt niedrigerer Erträge in Westafrika weit verbreitet
angebaut wird, da er unempfindlicher ist als der sonst weltweit
angebaute Reis Oryza sativa), afrikanischer Yams,
die Ölpalme, die Augenbohne
(deren Blätter ebenfalls essbar sind) und der Kolabaum
angebaut (dessen koffeinhaltige Nüsse ursprünglich auch zur
Herstellung von Coca-Cola verwendet wurden).
Im äthiopischen Hochland, einer Region mit
Mittelmeerklima – Regen fällt wie im fruchtbaren Halbmond meist im
Winterhalbjahr – wurde Fingerhirse, Teff
(ebenfalls eine Hirseart und Grundlage für das Fladenbrot, dass zum
äthiopischen Nationalgericht Injera gehört) und Kaffee
domestiziert.
Australien/Neuguinea
Australien und Neuguinea blieben nach der Besiedelung vor wohl
60.000 bis 50.000 Jahren weitgehend isoliert vom Rest der Welt. Mit
dem ansteigendem Meeresspiegel am Ende der Eiszeiten vergrößerte
sich nicht nur der Abstand zum asiatischen Festland, sondern auch
Australien und Neuguinea wurden voneinander getrennt. Australien
ist ein überwiegend trockener, ebener Kontinent mit armen Böden;
hier fanden sich keine zum Ackerbau geeigneten Pflanzen und keine
domestizierbaren Tiere (mögliche Kandidaten waren bei der
Aussterbewelle ausgerottet worden, die mit der Besiedelung
durch die Menschen einherging) – daher entwickelten die Aborigines
eine dem Klima und der Naturausstattung angepasste Jäger- und
Sammlerkultur. Sie entwickelten das „firestick farming“:
Sie brannten das Land regelmäßig und kontrolliert ab, um leicht
brennbares Material zu verbrennen und sich vor unkontrollierbaren
Buschbränden zu schützen; mit der damit einhergehenden Düngung
förderten damit das Wachstum essbarer Pflanzen für sich selbst und
von frischem Grün für ihr Jagdwild.
Die Bewohner des feuchten Neuguineas
passten sich den dortigen Lebensräumen an: Im Hochland, dass
weitgehend vor Trockenheit geschützt war und wo keine Malaria
vorkam, wurden wohl schon vor knapp 10.000 Jahren Zuckerrohr,
Bananen und Taro (eine heute in
Tropen weit verbreitete Pflanze, deren stärkehaltige unterirdische
Rhizome ebenso wie die Blätter essbar sind) den Wäldern gezielt
vermehrt, und vor 9.000 Jahren in angelegten Gärten – wohl, um sie
vor Wildschweinen zu schützen – kultiviert. Im Flachland lebten die
Menschen an der Küste und an den großen Flüssen von der Fischerei,
während abseits des Wasser nomadische Jäger und Sammler sich vor
allem von der Sago-Palme (deren Stämme ein
essbares, stärkehaltiges Mark enthalten) ernährten. Im westlich von
Neuguinea gelegenen Sunda-Archipel wurde vermutlich auch die
Kokospalme zuerst gezielt angepflanzt; da sich
Kokosnüsse im Meerwasser schwimmend ausbreiten können, ist ihr
Ursprung aber nicht eindeutig zu ermitteln.
Nutztiere wurden erst von den austronesischen Besiedlern der
Pazifikinseln nach Australien und Neuguinea gebracht: Schweine und
Hühner um 1.600 v. Chr. nach Neuguinea, Hunde um 1.500 v. Chr. nach
Australien. Die nach Australien gebrachten Hunde verwilderten; sie
wurden zum Dingo, dem wichtigsten australischen Raubtier (und
verdrängten den einheimischen Beutelwolf). Auf Neuguinea mit seinem
Gartenbau dagegen wurden Schweine und Hühner als Schlachttiere
genutzt, sie ergänzten die proteinarme pflanzliche Nahrung (ob das
einheimische Wildschwein sich zuvor bereits auf dem Weg zum Haustier
befand, ist unbekannt, das in Neuguinea genutzte Schwein war eine
Kreuzung aus Haus- und Wildschwein, zu der es aber auch ohne
Einfluss des Menschen gekommen sein könnte).
Die Entstehungsgebiete und
ihre natürliche Ausstattung
Lange ist darüber gestritten worden, warum die Landwirtschaft sich
zuerst im „fruchtbaren Halbmond“ und in China entwickelte; warum
die anderen Regionen erst so viel später dazu kamen und warum in
wieder anderen Regionen (etwa Kalifornien oder Australien) die
Landwirtschaft gar erst mit europäischen Siedlern begann.
Ungeeignetes Klima war offensichtlich nicht die Ursache, denn manche
dieser Regionen – etwa Kalifornien – sind hervorragend für die
Landwirtschaft geeignet. Auch waren die Menschen in diesen Regionen
ebenso hervorragende Pflanzenkenner wie anderswo und erwiesen sich
nach Einführung von Kulturpflanzen oft als hervorragende Gärtner –
es lag also auch nicht an fehlenden Fähigkeiten. Und in Kalifornien
beispielsweise hat es auch Trockenzeiten gegeben, die anderswo als
wichtigste Antriebskraft für die Durchsetzung der Landwirtschaft
gesehen werden.
Der amerikanische Biologe Jared Diamond hat in seinem Buch „Arm und
Reich“ vermutet, dass es vor allem die natürliche Ausstattung der
verschiedenen Regionen war, die schließlich eine Landwirtschaft
ermöglichte. Nicht überall gab es wilde Pflanzen, die für den
Ackerbau geeignet waren, und noch seltener gab es wilde Tiere, die
sich züchten ließen. Je leichter die vorhandenen Pflanzen anzubauen
waren, desto früher begann der Ackerbau. Die wilden Vorfahren von
Weizen und Gerste waren bereits geschätzte Sammelfrüchte; in anderen
Regionen waren die Nutzpflanzen schwerer zu entdecken: Der Vorfahre
des Mais, ein Wildgras namens
Teosinte, ist ein stark verzweigtes Gras mit kleinen Körnern,
die durch feste Spelzen kaum zur menschlichen Ernährung geeignet
sind – es unterscheidet sich derart von Mais, dass erst genetische
Untersuchen seine Rolle als Vorfahre zweifelsfrei belegten.
Entsprechend liegen zwischen dem Anbau von Weizen in Vorderasien und
dem Anbau von Mais in Mittelamerika einige Tausen Jahre. Auch im
„fruchtbaren Halbmond“ dauerte es nach Weizen und Gerste noch 4.500
Jahre, bis Ölbäume angebaut wurden, und noch länger, bis schwierige
Obstarten wie Äpfel angebaut wurden, deren Wert sich nur durch
Veredelung erhalten lässt – eine Technik, die in China entwickelt
und von dort importiert wurde.
In Australien, wo sich vor der Besiedelung mit
Europäern keine Landwirtschaft entwickelte, wird noch heute als
einzige einheimische Pflanze die Macadamia-Nuss angebaut; die
gesamte übrige Landwirtschaft beruht auf eingeführten Arten. Ähnlich
war es mit den Haustieren. Das Rind wurde 2.000 Jahre nach Schafen
und Ziegen domestiziert; wilde Auerochsen sind schwerer zu zähmen
als Wildschafe und Wildziegen. Aber wenn der Auerochse schwierig
war – so war der unberechenbare amerikanische Bison oder die
afrikanischen Zebras unmöglich zu domestizieren: Sie werden auch
heute noch nur in halbwilden Herden (Bison) oder gar nicht (Zebra)
bewirtschaftet. In Amerika, Afrika und Australien gab es viel
weniger zur Zucht geeignete Tiere als in Europa und Asien; nur in
Europa und Asien gab es Reit-, Zug- und Lasttiere: Diese sollten
später den Austausch zwischen den verschiedenen Zentren innerhalb
der afro-eurasischen Weltzone wesentlich erleichtern und damit den
ursprünglichen Vorsprung dieser Region weiter ausbauen (mehr hierzu
auf der Seite Die
Folgen der Landwirtschaft).