Hintergrundinformation

Eine kleine Geschichte der Menschheit

Die erste Globalisierung
(1500 – 1800)

1792 versuchte der Earl Macartney Handelsbeziehungen zu China aufzubauen und erhielt eine Audienz beim
Kaiser. Sein Anliegen wurde von den Chinesen aber abgewiesen. Karikatur: James Gillray 1792

Die militärische Revolution

Die militärischen Entwicklungen, die den Europäern geholfen hatten, trotzt ihrer zahlenmäßigen Unterlegenheit die Reiche der Azteken und Inka zu erobern und sich in Asien zu halten, gingen weiter: Waren die Arkebusen als erste Handfeuerwaffen noch zu schwer, zu langsam zu laden und zu ungenau, um wirklich besser als Armbrust oder Langbogen zu sein, änderte sich das ab Mitte des 16. Jahrhunderts mit der Verbesserung ihrer Nachfolger, der Musketen. Wie die Arkebuse war sie ein Vorderladergewehr (wurde also durch die Mündung geladen), aber vor allem das Mitte des 17. Jh. eingeführte Radschloss erlaubte es, sie kleiner (und damit leichter zu machen. Da das Schießen mit einer Muskete zudem leichter zu erlernen war als etwa das mit einem Landbogen, wurden die Schützen (die nun zu “Musketieren” wurden) immer gefährlicher. Die neuen Musketen wurden natürlich in den neuen Kontinenten eingesetzt; sollten aber auch die “alte Welt” verändern. Die immer noch schlechte Treffgenauigkeit der mit runden Kugeln versehenen Musketen konnte durch Massenfeuer ausgeglichen werden; dazu mussten die Soldaten sich jedoch diszipliniert aufstellen und auf den Schießbefehl warten. Unter Feind­beschuss, während rechts und links die Kameraden fielen, auf einen Befehl zu warten – das ging nur mit Soldaten, die so ein Verhalten jahrelang einge­trichtert bekamen (“gedrillt wurden”), nicht mit Freiwilligen oder gar im Suff rekrutierten Soldaten: So wurden stehende Heere gebildet statt der bis dahin verbreiteten Armeen, die bei Bedarf ausgehoben wurden. Das Zeitalter der adeliger Ritter ging zu Ende.  Ein stehendes Heer war aber teuer, und indirekt förderte die Muskete damit die Einführung von Steuern. Je mehr Geld man für seine Armee ausgeben konnte, desto besser wurden die Chancen, Kriege zu gewinnen, und so blieben die ohnehin schon mächtigen Staaten mächtig; im politisch zersplitterten Europa konnten sich die Habsburger als eine führende Macht herausbildeten. (Noch etwas änderte sich mit den Musketen: Im Mittelalter hat in der Regel der König sein Heer persönlich angeführt, um zu zeigen, dass der Sieg gottgewollt war. In seiner Rüstung war er für die gegnerischen Armbrustschützen nicht leicht zu erkennen - mit der Muskete wurde die Rüstung aber wirkungslos und behinderte nur im Kampf. Damit war der König aber deutlich gefährdeter. Daher überließen die Könige zunehmend ihren Offizieren das Anführen des Heeres – was auch den angenehmen Neben­effekt hatte, dass man die Schuld an verlorenen Schlachten deren Unfähigkeit zuschreiben konnte.)

Weltweiter Handel

Zum anderen führten die technischen Entwicklungen in der Seefahrt auch zu verstärktem Handel. Alle hatten etwas zu verkaufen: China Seide und Porzel­lan, Südostasien Gewürze, Indien Baumwolle und Afrika Gold und Sklaven. Amerika bot Silber, Pelze, Zucker und Tabak, Japan Silber und Kupfer. Silber spielte eine besondere Rolle, da es als Währung im weltweiten Handel diente. Japans Silber ging im Tausch für Silber und Porzellan nach China, das ameri­ka­nische Silber nach Spanien oder direkt zu den Gewürzinseln – die “Manila-Galeonen” segelten von 1565 bis 1825 direkt von Acapulco nach Manila. Die Gewürzinseln waren ein Zentrum des Welthandels, das andere waren die Zucker­anbaugebiete im und am Atlantik: Sklaven wurden aus Afrika nach Amerika gebracht (mehr), von dort Zucker nach Europa und später auch Nordamerika; mit den Gewinnen aus dem Zuckerverkauf wurden Lebensmittel, Kleider und Industrieerzeugnisse gekauft (von denen ein Teil dann wieder in Afrika gegen Sklaven eingetauscht werden konnte). Dieses System hat Landwirtschaft und Industrie angekurbelt und die Industrielle Revolution beschleunigt; über das Ausmaß dieser Beschleunigung streiten die Historiker allerdings. Begleitend dazu bildete sich in den Handelsländern mit zunehmender Bedeutung des Fern­handels das Milieu der Großkaufleute heraus. Und man dachte neu über Reichtum nach: Edelmetalle wie Silber standen offensichtlich für Reichtum, und alles, was deren Zustrom sicherte und deren Abfluss verhinderte, wurde für hilfreich gehalten: es entstand eine als "Merkantilismus" (abgeleitet von lateinisch mercator, Kaufmann) bezeichnete Denkrichtung, nach der Staaten reich werden, die mehr an "Fremde" verkaufen als von diesen kaufen. In diesem Zusammenhang gab es auch die ersten Versuche, den Wohlstand von Nationen zu messen (910).

Neue Nutzpflanzen

Mit der Seefahrt wurden auch Pflanzen und Tiere von einem Kontinent zum anderen gebracht, wodurch sich die Ernährungsgrundlage für viele Menschen veränderte: Maniok aus Brasilien wurde im tropischen Westafrika angebaut, Mais aus Amerika im Balkan, Kartoffeln aus den Anden vor allem in Irland und Russland, aber auch im Rest von Nordeuropa. Umgekehrt wurden europäische Haustiere zur Grundlage der amerikanischen Weidewirtschaft, seien es Rinder in den Grasländern Nord- und Südamerikas oder Schafe und Ziegen in den Bergen Mexikos und in den Anden. Zucker, Kaffee, Tabak und Baumwolle wurden zur Grundlage der amerikanischen Plantagenwirtschaft. Aus den neuen Ländern kamen auch Medikamente, aus Peru etwa die “Chinarinde”, die gegen Malaria half (mehr zum Thema neue Nutzpflanzen hier). Baumwollstoffe und -kleidung aus Indien ermöglichten, in Europa Nahrung auch auf den Flächen anzubauen, auf denen vorher Flachs und Hanf wuchsen. Vor allem aber die ertragreichen neuen Pflanzen trugen wesentlich dazu bei, dass die Bevölkerung der Erde von 450 bis 500 Millionen Menschen im Jahr 1500 auf 1 Milliarde im Jahr 1820 wuchs (mehr).

Das Aufblühen der Wissenschaft

Ging es zu Beginn der Renaissance (mehr) noch um die Wiederentdeckung des antiken Wissens (“Renaissance” heißt ja Wiedergeburt), wurde mit der Entdeckung Amerikas und den dort gefundenen neuen Tiere und Pflanzen schnell deutlich, dass das Wissen der Antike lückenhaft war. Den Naturforschern half auch der Buchdruck, ihr Wissen in gedruckten Form schneller, weiter und mit weniger Fehlern (die Kopisten hatten oft die Inhalte der von ihnen kopierten Werke nicht verstanden und daher viele Fehler gemacht) weiterzugeben. Als Nikolaus Kopernikus 1543 sein Werk veröffentlichte, in dem er die Sonne in den Mittelpunkt unseres Planetensystems stellte, konnten auch die kirchlichen Autoritäten, die die Erde als Zentrum der Welt nicht infrage stellen wollten, seine Verbreitung nicht verhindern. Die Entdeckungen Kopernikus’ zeigten vielen anderen Forschern, dass auch die Bibel kein Quell wissenschaftlicher Wahrheit war. Der Buchdruck ermöglichte nicht nur die Verbreitung von Texten, sondern auch von Bildern: Ebenfalls 1543 veröffentlichte der in Padua lebende flämische Arzt Andreas Vesalius sein Buch "Zum Aufbau des menschlichen Körpers", in dem er viele schwere Fehler des römischen Arztes Galenos (dessen Erkenntnisse im Gegensatz zu denen Vesalius' auf der Autopsie von Tieren beruhten) korrigierte – und viele Chirurgen zu eigenen anatomischen Forschungen inspirierte. 1572 beobachtete der dänische Astronom Tycho Brahe eine Supernova und erkannte, dass diese ein neuer, beweglicher Teil des Himmels war – ein Widerspruch zu Aristoteles, dem zufolge die Sterne ein feste Struktur rund um die Erde und die Planeten bildeten. Brahe versuchte mit genauen Untersuchungen, die Form des Himmels zu klären und legte die Grundlage für Johannes Keplers Erkenntnisse einer elliptischen Planetenbahn (siehe zu diesem Thema: Wie alles begann). Unterdessen waren erste Akademien (1560 in Neapel die Academia Secretorum Naturae) und wissenschaftliche Zeitschriften gegründet worden; der italienische Universalgelehrte Galileo Galilei fand Pendel- und Fallgesetz und begründete ein neues (mathematisches) Zeitalter der Wissenschaft [mehr]. 1606 wurde in Rom die Accademia dei Lincei zur Förderung der Naturwissenschaften gegründet (Galilei wurde 1611 Mitglied, heute ist sie die Nationale Akademie der Wissenschaften Italiens).

Mit der zunehmenden Verbreitung gedruckter Bücher hatte die Nachfrage nach den (um 1300 herum erfundenen) Brillen zugenommen; und 1608 baute der holländische Brillenmacher Hans Lipperhey das erste Fernrohr (angeblich hatten spielende Kinder den Vergrößerungseffekt hintereinander gehaltener Linsen entdeckt). Diese wurde von Galileo Galilei verbessert; und half ihm, die um den Jupiter kreisenden Monde zu entdecken – was ihn in seinem Glauben an Kopernikus’ Idee, dass die Erde um die Sonne kreise, bestärkte. In Leiden, Danzig, Kopenhagen, Paris und Greenwich entstanden neue Observa­to­rien zur Beobachtung des Himmels. In Danzig entdeckte Johannes Hevelius, dass die Auflösung von Fernrohren mit ihrer Länge zunahm (und baute ein 46 Meter langes Fernrohr, dass allerdings vom leichtesten Windhauch in Schwing­un­gen versetzt wurde und daher nicht funktionierte). Die Lösung fand Isaac Newton 1668 mit seinem Spiegelteleskop: obwohl nur 30 Zentimeter lang, schaffte es eine 40-fache Vergrößerung. Newton veröffentlichte 1687 seine “Philosphiae naturalis principia mathematica”, in der er zentrale Begriffe wie Kraft, Masse, Trägheit definierte, die Grundgesetze der Dynamik be­schrieb und mit ihnen zahlreiche Naturphänomene behandelte – von Ebbe und Flut bis zur Bewegung der Planeten. Das Buch war für zwei Jahrhunderte die Grundlage aller Physik. Gottfried Wilhelm Leibniz entwickelt die Infini­tesimal­rechnung weiter und legte die Grundlage für ihre Anwendung beim Militär (Artillerie), in Maschinen- und Schiffbau, Kartographie, Optik und vielen weiteren Feldern. Schon im 16. Jahrhundert begann mit den Arbeiten des englischen Arztes und Physikers William Gilbert die systematische Untersuchung von Magnetismus und Elektrizität; und der Luftdruck wurde entdeckt (siehe Die Erforschung der Atmosphäre). Der irische Naturforscher Robert Boyle setze sich 1661 mit seinem Buch “Der skeptische Alchimist” von der Alchimie ab, experimentierte mit Gasen und bereitete die moderne Chemie vor. Zur Zeit der ersten Fernrohre bauten die Brillenmacher auch das erste Mikroskop. Dieses wurde von dem niederländischen Naturforscher Antoni van Leeuwenhoek verbessert, und nun standen ihm und anderen Forschern auch die Welt des Kleinsten offen: Rote Blutkörperchen, Samenfäden und Einzeller wurden entdeckt, der englische Universalgelehrte Robert Hooke veröffent­lichte 1665 in seiner "Micrographia" unter anderem Abbildungen des Fliegen­auges und von Pflanzen-"Zellen" (wie er sie nannte). 1675 schlug er vor, dass man die vom niederländischen Astronomen, Mathematiker und Physiker Christiaan Huygens 1656 erstmals gebaute Pendeluhr verwenden könne, um die Erdanziehung zu messen (die vorgeschlagene Messung führte der französische Astronom Jean Richer in Cayenne in der Nähe des Äquators durch; zeigte dass sie dort geringer ist als in Paris und somit die Erde nicht genau rund, sondern wie von Newton und Huygens vermutet am Äquator etwas dicker – oder an den Polen abgeflacht – ist). 1704 veröffentlichte Newton seine in den 1670er Jahren begonnenen Arbeiten zur Optik. In Bayern, England und Frank­reich waren mittlerweile nationale Wissenschaftsakademien entstanden und gaben Publikationen zu neuen Entdeckungen heraus, die nicht zu Ende gingen: so wurde im 18. Jahrhundert die Pflanzenwelt von Carl Linné systematisiert, und die Erforschung der Welt ging mit den wissen­schaft­lich geplanten Forschungsreisen von James Cook weiter. Die Akademien zeigten aber auch, dass sich die Autorität in Fragen der Wissenschaft von der Kirche (die noch 1633 Galileo Galilei zu lebenslanger Kerkerhaft verurteilen konnte) zu den Naturforschern verlagert hatte, deren 1620 von Francis Bacon beschriebene "empirische Methode" (Wissen muss auf Sinneserfahrung – Beobachtung und Experiment – beruhen, wobei Beobachtung die Nutzung von Instrumenten wie Fernrohr oder Mikroskop aber erlaubt) hatte sich gegenüber der Annahme, alles relevante Wissen sei bereits in der Bibel (und den von der Kirche anerkanntes Werken z.B. des Aristoteles) enthalten und daher reiche die Berufung auf Autoritäten, durchgesetzt. (Was aber nicht bedeutete, dass zu einer Trennung zwischen Religion und Naturwissenschaftlern kam: viele Natur­forscher verstanden ihre Anstrengungen als Weg, die göttliche Schöpfung zu verstehen.)

Ein neues Bild des Menschen

Der Buchdruck beflügelte aber nicht nur die Wissenschaften, sondern ermög­lichte auch den Druck der Bibel in den Volkssprachen: viele Menschen wollten die Bibel verstehen, die sie zu einem gottgefälligen Leben anleiten konnte. Unzählige Menschen lernten nur zu diesem Zweck sogar, zu lesen [920] – und stießen auf eine riesige Kluft zwischen dem, was in der Bibel stand und den Praktiken der römisch-katholischen Kirche. Vom Ablasshandel etwa, mit dem man sich mittels Zahlung einer Geldsumme von seinen Sünden freisprechen lassen konnte, war in der Bibel nicht die Rede, ebensowenig von Klöstern oder kirchlichen Grundherren. 1517 schlug ein  Mönch und Theologe an der Universtität Wittenberg, Martin Luther, 95 Thesen an die Schloßkirche von Wittenberg, in denen er den Ablass als einen Trick des Papstes, sich Geld zu beschaffen, bezeichnete; nur Gott, nicht der Papst, könne Sünden vergeben. Luther stieß auf offene Ohren und fand eine große Gefolgschaft. Im politisch zersplitterten Europa, wo neue Ideen mit gedruckten Flugschriften und Büchern leicht verbreitet werden konnten, da es keinen starken Zentralstaat gab, der diese Ideen unterdrücken konnte, vermochte die katholischen Kirche mit einer eigenen Reform nicht mehr zu verhindern, dass 1555 im Heiligen Römischen Reich die lutherische Lehre und die “protestantische” Kirche als gleichberechtigt anerkannt wurden. Reformatorische Bewegungen gab es auch außerhalb des Reichs: In der Schweiz entwickelte Calvin eine eigene Lehre; in Frankreich hießen ihre Anhänger “Hugenotten”, in England und Schottland “Puritaner”. Diese erneute religiöse Spaltung der Christenheit führte aber führte aber auch zu 100 Jahren Krieg in Europa (bis zum Dreißigjährigen Krieg 1618 bis 1648) und mindestens 300 Jahre religiöser Intoleranz und Verfolgung religiöser Minderheiten (die in manchen Regionen – etwa Nord­irland – bis heute anhält). (Nord-)Europa stand damit nicht allein: In China betonten Wang Yangmin und seine Anhänger am Ende der Ming-Zeit das “ange­borene Wissen” jedes Einzelnen (gegenüber dem Erwerb durch Studien der überlieferten konfuzianischen Schriften); in Indien entstand aus der Abkehr von traditionellen religiösen Riten die Sikh-Religion.

In Europa prägten aber zunehmend auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse das Alltagsleben, zuvorderst in der Medizin: Obwohl es bereits seit dem 12. Jahrhundert ausgebildete Ärzte und Apotheker gab, spielten diese insbe­son­dere in der ärmeren Bevölkerung keine große Rolle – die Dienste der Ärzte waren teuer und ihre Wirkung zweifelhaft. Im Krankheitsfall halfen Kranken­schwestern und der Priester. Jetzt wurden aber Ärzte nicht mehr an den Texten Galenos' ausgebildet, sondern Vesalius und andere (so Paracelsus, der die emprirische Methode in die Medizin einführte, und William Harvey, der 1628 den Blutkreislauf beschrieben hatte) schufen eine neue Grundlage für die Medizin. Das Vertrauen der Menschen in die "neue" Medizin wuchs schnell, Ende des 17. Jahrhunderts wandten sich bereits die meisten Menschen im Falle einer Krankheit an einen Arzt. Aber nicht nur in der mit den Naturwissen­schaften eng verbundenen Medizin änderte sich das Denken, im 17. und 18. Jahrhundert entstand in Westeuropa eine neue geistige Strömung, die Aufklärung: Alle Ansichten über Staat und Gesellschaft sollten überprüft werden, indem man sich seines eigenen Verstandes bediente.

Ein zentrales Werk der Aufklärung war die von 1751 bis 1772 in 26 Bänden erscheinende Encyclopédie, herausgegeben von Denis Diderot und Jean-Baptiste le Rond d'Alembert. Sie fasste das Wissen der damaligen Welt zusammen, "um es den nach uns kommenden Menschen zu überliefern". Dahinter stand ein neues Konzept – dass die Menschheit ihr Wissen ständig erweitert, um besser leben zu können. Das war die Idee des Fortschritts. So stellte sich etwa die Frage, was die von den Europäern neu entdeckten, vermeintlich "primitiven" Kulturen von den eigenen Gesellschaften unterschied. Der englische Philosoph Thomas Hobbes schrieb in seinen Leviathan von 1651, dass jeder Mensch "natürliche Rechte" habe, die er aber gegen andere durch­setzen müsse; daher müsse der Mensch im “Natur­zustand” einen Krieg aller gegen alle führen. Um diesen zu verhindern, sei in "entwickelten" Gesellschaften ein "Gesell­schaftsvertrag" entstanden, bei dem der Einzelne etwa auf das Recht, andere zu töten, verzichte. Dieser müsse aber durchgesetzt werden. Für Hobbes konnte nur eine übergeordnete, allmächtige Instanz Frieden und Sicher­heit garantieren: eine starke Monar­chie war daher für ihn die beste Form des Gemeinwesens; der Leviathan wurde daher zur wichtigen theoretischen Grund­lage des Absolutismus. Aber wir sind in der Aufklärung, auch Hobbes' blieb nicht unwidersprochen: der Philosoph John Locke etwa leitete auch Hobbes "natür­lichen Rechten" ab, dass das Volk einen König absetzen dürfe, der nicht die Rechte des Volkes verteidige, und lobte ausdrücklich Englands "Glorreiche Revolution" von 1688/89. (In England jedoch, wo sich der Absolu­tismus nie durchgesetzt hatte und seit 1215 [“Magna Charta Liberta­tum”] Fürsten, Bischöfe und Barone zu­stimmen mussten, wenn der König Steuern erheben wollte, konnten die Könige sich auch im 17. Jahrhundert bei einem erneuten Versuch, das Parlament zu entmachten, nicht durchsetzen – im Gegen­teil, seit der “Glorreichen Revolu­tion” und der in deren Folge 1689 vom neuen Königspaar anerkannten "Bill of Rights" konnte der König sein Heer nicht mehr einsetzen oder keine Steuern mehr erheben, ohne dass das Parlament zustimmte – faktisch war damit das Parlament Träger der Staatssouveränität.)

Vor allem die absolutistischen Fürsten lehnten solche Gedanken natürlich ab, aber die wohlhabend gewordenen Kaufleute (die unter der Steuerlast litten, die den Lebensstil der absolutistischen Fürsten und deren Kriege finan­zierten) fanden Gefallen daran. Und in Frankreich beeinflussten sie franz­ösische Denker wie Montesquieu, Voltaire und Rousseau, die die Ungleich­heiten in der Gesellschaft beklagten. Jean-Jacques Rousseau etwa entwickelte in seinem "Gesellschaftsvertrag" von 1762 die Idee, dass die Menschen direkt an der Regierung teilhaben müssten; der Staat könne nur das zu Recht einfordern, was dem allgemeinen Wille entspreche. Aufklärerische Gedanken flossen auch in die amerikanische Unabhängigkeitserklärung ein – dass die Kolonisten keinen Sitz im britischen Parlament hatten, widersprach ja der Bill of Rights von 1689 –, etwa das Recht des Volkes, Regierungen abzu­schaffen, welche die Einwilligung der Regierten verlieren (mit Volk waren aber nur die steuerzahlenden Bürger gemeint, nicht etwa die Sklaven, die auch viele Gründerväter als Eigentum hielten). Das Republikanische an der amerikanischen Unabhängigkeit hatte wiederum Auswirkungen auf Europa: Die Menschen hatten gesehen, wie man seine Rechte durchsetzen konnte – in Frankreich führte das zur Französischen Revolution.

Die Geschichte der einzelnen Regionen

China

Die späte Ming-Dynastie

Das Verbot des Außenhandels durch die Ming-Dynastie konnte nicht ganz durchgesetzt werden: es nahm zu vielen Händlern und Seeleuten die Lebensgrundlage, mancher machte als Schmuggler und "Pirat" weiter. Im Yangzi-Delta entstand eine große Textilindustrie, Die Seidenherstellung in Suzhou wurde ausgeweitet und weiter östlich Baumwolle im großen Stil angebaut und verarbeitet. Andernorts in Südchina entstanden Zentren der Papier-, Möbel-, Eisen- und Porzellanherstellung. Händler verbanden diese Zentren, und chinesische "Piraten" brachten die Waren nach Japan und auf die Philippinen. Dann tauchten auf den einst von China beherrschten Meeren neue "Piraten" auf: 1511 erreichten die Portugiesen Malakka (ein chinesisches Tributland) und 1517 Guangzhou, 1557 erhielten sie das Recht, sich in Macao niederzulassen. Den Ming kam das nicht ungelegen: längst reichten die Agrarsteuern nicht mehr aus, die Staatsausgaben zu decken. 1567 wurde der Seehandel wieder zugelassen. Als Spanien in den 1570er Jahren die Philippinen eroberte, brachten sie riesige Mengen Silber aus Südamerika nach Manila, wo sie chinesische Seide, Porzellan und Tee kauften, und seit 1581 mussten die Steuern in China mit Silber bezahlt werden. Die Spanier brachten auch neue Pflanzen mit: Mais, Tabak, Erdnüsse und Süßkartoffeln gelangten nach China. Mit der wirtschaftlichen Blüte wuchs auch die Bevölkerung weiter. Unter diesem Druck brach auch das Reiseverbot zusammen; mit billigerem Papier und Fortschritten in der Drucktechnik entstand erstmals ein breiter Buchmarkt.

Aber immer wenn der Kaiser nicht stark war, gewann nach der Abschaffung des Kanzleramtes persönliche Berater an Einfluss, an der Wende zum 17. Jahrhundert waren dies die Hofeunuchen, die auch die Steuern eintreiben sollten. Viele bereicherten sich dabei selbst, dem Staat fehlte bei aller Blüte der Wirtschaft Geld. 1592 und 1597 griffen Ming-Truppen im Tributstaat Chosŏn ein, in den der japanische Feldherr Hideyoshi einmarschiert war, was viel Geld kostete. Währenddessen konnte der Stammesfürst Nurhaci die Nachfolgestämme der Jurchen zu einer Föderation vereinen und ließ sich 1616 zu deren Kaiser wählen; 1618 erklärte er den Ming den Krieg. Bald kämpfte er auch mit Hilfe von Kanonen, die er von den Schweden erhalten hatten. 1636 eroberte die Föderation, die sich mittlerweile als Mandschu bezeichnete, unter Nurhacis Sohn Hong Taiji Chosŏn und begründeten die Qing-Dynastie, und fielen immer wieder ins Reich der Ming ein. Seit 1621 litt Nordchina zudem unter heftigen Bauernaufständen; und als 1644 die Mandschu die Große Mauer überwanden, waren die Bauern gerade in Peking eingedrungen und hatte der Kaiser sich in seinem Palast erhängt: Der Oberkommandierende der Mauer öffnete den Mandschu die Tore, schlug gemeinsam mit ihnen die Rebellen – und China hatte neue Herrscher.

Der Aufstieg der Qing-Dynastie

Es sollte 40 Jahre dauern, bis die Qing ganz China beherrschten. Bis 1662 schlugen sie mit Hilfe chinesischer Generäle die Ming-Anhänger in Südchina, bis auf einen, der sich nach Formosa (dem heutigen Taiwan zurückzog). Der zweite Kaiser Kangxi, der von 1661 bis 1722 regierte, entmachte die Generäle, die im Süden die Ming-Anhänger geschlagen hatten, nun aber de facto selbst regierten und gliederte 1683 die Insel Formosa erstmals in den Machtbereich von China ein. Er wies auch das expandierende Russland (mehr) und die westlichen Mongolen in die Schranken. Sein Enkel Qianlong (der von 1735 bis 1796 regierte) schlug mit der Vernichtung der Dsungaren 1754 bis 1759 die Westmongolen endgültig und beendete damit ein- für allemal die Gefahr durch nomadische Reiterheere aus den zentralasiatischen Steppen. 1751 machte er Tibet als Protektorat zum Teil des Reiches.

Den Qing-Kaisern gelang es, die Han-Chinesen, die 95 Prozent der Bevölkerung stellten, in die Staatsführung einzubinden; die Lokalverwaltung übernahmen diese vollständig. Wer ein Amt erhalten wollte, musste Prüfungen ablegen, die eine umfassende Kenntnis der klassischen konfuzianischen Schriften erforderten; die dem Kaiser unterstellten Beamten hatten die Staatsmacht inne und waren gleichzeitig die Intelligenz des Landes. Unter dem Einfluss dieser “Literatenbeamten” entstanden literarische Großunternehmen wie eine Enzyklopädie des chinesischen Wissens, die Veröffentlichung sämtlicher (48.000) Lieder der Tangzeit oder eine Bestandsaufnahme des klassischen chinesischen Schrifttums. Bezahlt wurden die Beamten und ihre Werke von den Bauern, denn diese allein trugen die Steuer- und Abgabenlast – viele Bauern wurden zu Tagelöhnern, weil sie diese etwa nach einer Missernte nicht tragen konnte. Das Problem verschärfte sich unter Qianlong, dessen riesiges Heer die Staatsfinanzen arg belastete (und unter dem die Korruption seitens der Verwaltung um sich griff). Handel und Industrie konnten daran nichts ändern: Zwar gab es eine riesige Textil-, Seiden- und Porzellanherstellung, aber diese wurde von einem ebenso riesigen Heer an billigen Arbeitskräften erbracht. Kaufleute waren gesellschaftlich nicht angesehen; wer im Handel zu Geld kam, kaufte daher Grundbesitz, um die Voraussetzung für eine Beamtenkarriere zu erfüllen.

Kaiser Kangxi hielt aber seine schützende Hand über die Jesuitenmissionare, die seit der Mingzeit in Beijing waren. Sie berieten ihn bei der Kriegsführung und unterrichteten ihn in Astronomie und Mathematik – hatten doch Himmelserscheinungen großen Einfluss auf das Gedeihen einer Dynastie. Umgekehrt wurde Europa von chinesischer Ästhetik (“Chinoiserien”) und Philosophie beeinflusst. Nach Kangxis Tod wurde das Christentum aber verboten. Der Handel mit den Europäern in Kanton wurde in beschränktem Umfang  fortgeführt; in Europa begehrte Luxusgüter wie Tee und Porzellan wurden mit Silber bezahlt, dass in China einen hohen Wert hatte, da damit Steuern bezahlt werden konnten. Im Jahr 1800 war China die asiatische Großmacht; hier lebten etwa 350 Millionen Menschen, mehr als ein Drittel der gesamten Weltbevölkerung. (Fortsetzung hier))

Japan

Im benachbarten Japan waren seit dem 14. Jahrhundert Regionalfürsten (Daimyo) immer mächtiger geworden. Diese bekämpften sich gegenseitig, so dass eine Zeit blutiger Bürgerkriege ausbrach. Ende des 16. Jahrhunderts gelingt es den beiden Feldherren Oda Nabunaga und Toyotomi Hideyoshi jedoch, das Land weitgehend wieder zu einigen; die endgültige Befriedung schafft der 1603 zum Shogun ernannte Tokugawa Ieyasu, der die Tokugawa-Dynastie begründet. Ieyasu macht Edo (das heutige Tokio) zur neuen Hauptstadt und kämpfte aus Furcht vor einer Invasion von Spaniern und Portugiesen auch gegen die Christen, und seine Nachfolger gingen immer erbarmungsloser gegen Europäer vor. Im Laufe der Jahre schottet sich Japan fast vollständig gegen ausländische Einflüsse ab – lediglich die Holländer, die den Shogun bei der Niederschlagung eines Christenaufstandes 1638 unterstützt hatten und deren Kolonie Niederländisch-Indien (das spätere Indonesien) weit genug entfernt war, um keine Gefahr darzustellen, durften auf einer Insel von Nagasaki einen Stützpunkt behalten. Um die Daimyo unter Kontrolle zu halten, führten die Tokugawa eine Residenzpflicht in Edo ein, Frauen und Kinder der Fürsten wurden so praktisch zu Geiseln. Diese Residenzpflicht führte aber zu einem Aufblühen von Edo, das mit über einer Millionen Einwohnern zur größten Stadt der Welt wurde und viele Händler und Handwerker ernährte.

Iran

Das persische Reich der Mongolen blieb nach der Eroberung durch Tamerlan von turkmenischen Stammesfürsten beherrscht. Der heutige Staat geht auf die 1501 von Schah Ismail begründete Dynastie der Safawiden zurück. Das 16. Jahrhundert war durch Kriege gegen die Osmanen geprägt, Schah Abbas I. schloss Frieden mit den Osmanen und machte 1598 Isfahan zur neuen Hauptstadt; das 17. Jahrhundert wurde zu einer Blütezeit, zumal auch europäische Staaten das Land als Verbündeten gegen die Osmanen sahen. Vor allem Isfahan zog Menschen aus Europa, Indien und China an und stand mit Paris und London auf einer Stufe (die Stadt gilt noch heute als Perle Irans). Aber dann gewannen schiitische Geistliche immer mehr Einfluss und drangsalierten religiöse Minderheiten – bis 1719 afghanische Sunniten rebellierten und 1722 Isfahan eroberten. Der Widerstand gegen die Eroberer brachte den Turkmenen Nader Schah an die Macht, der 1739 Delhi erobert (siehe unten), aber dann zum grausamen Zwangsherrscher und 1747 ermordet wurde. Das Land wurde erst Ende des 18. Jahrhunderts wieder geeinigt, als der Stamm der Kadscharen an die Macht kam, der 1788 Teheran zur Hauptstadt machte.

Indien: Aufstieg und Fall des Mogulreichs

Kanonen, die er von den Türken übernommen hatte, halfen im Jahr 1526 dem im afghanischen Kabul residierenden Mongolenführer Babur (der väterlicherseits von Timur und mütterlicherseits von Dschingis Khan abgestammt haben soll), in der Schlacht von Panipat das zahlenmäßig weit überlegene Heer des Sultans von Delhi zu schlagen. Sie halfen ihm auch, weitere Gebiete in Nordindien zu besetzen und dort das Mogulreich zu begründen. Dieses war eines von drei islamischen Reichen, die nunmehr die "Konkursmasse" von Dschingis Khans Mongolenreich verwalteten: das Osmanische Reich, des Safawidenreich und eben das Mogulreich. Der eigentliche Neuanfang begann hier unter Baburs Enkel Akbar (1542 – 1605), der 1556 (mit 13 Jahren) auf den Thron kam. Er machte sich mit dem Land vertraut und holte auch Hindus (die die große Mehrheit der Bevölkerung stellten) in seine Verwaltung; unter seiner Herrschaft befruchtete die arabische und persische Gedankenwelt die indische. Er führte das Mansab-System ein: vom Mogul ernannte Adelige trieben die Steuern ein und durften diese zum großen Teil behalten, mussten aber Soldaten und Pferde für die Kavallerie stellen. So wurden die lokalen Mächtigen in das System eingebunden. Seine Blütezeit erlebte das Mogulreich unter Akbars Enkel Shah Jahan (1592 – 1666), mit den stabilen islamischen Reichen in Asien belebte sich der Handel wieder, und das Mogulreich profitierte durchaus vom Handel mit den neu auftauchenden Portugiesen sowie später Holländern und Engländern (950). Shah Jahan erbaute Shahjahanabad als neue Hauptstadt des Reiches (heute ist sie das Zentrum von Old Delhi) und ließ dort Indiens größte Moschee erreichten. In Agra baute er für seine Lieblingsfrau Mumtaz Mahal (oder auch, um seine Zeitgenossen zu beeindrucken) aus weißem Marmor die bis heute weltbekannte Grabanlage Taj Mahal.

Im Süden des Mogulreichs hatten sich zwischenzeitlich drei Sultanate (Golconda, Bijapur und Ahmednagar) herausgebildet. 1633 schlug Shah Jahan das Sultanat Ahmednagar im zentralindischen Hochland; sein Nachfolger Aurangseb versuchte, die beiden anderen Sultanate zu unterwerfen. Dabei traf er auf einen neuen Feind, den Hindu Shivaji, der das Volk der Marathen geeinigt hatte, ein Hindureich errichten wollte und das Mogulreich in den Bergen des Hochlands in einen jahrelangen Guerillakrieg zwang, bei dem ihm seine Kanonen wenig nützten. Der Krieg zehrte an der Wirtschaftskraft des Mogulreichs, zumal das Steueraufkommen des kargen Hochlandes nicht mit dem der fruchtbaren Ebenen im Norden zu vergleichen war. Als 1707 Aurangsebs Sohn ihm mit 63 Jahren auf dem Thron folgte, hatte der nicht mehr die Kraft, die Situation zu retten. Obwohl er mit den Marathen Frieden schloss und ihnen das westliche Hochland überließ, begann der Zerfall des Mogulreichs in kleinere Regionalstaaten; der Großmogul war nahezu bedeutungslos geworden. Die Briten heizten die Konflikte je nach Interesse an oder befriedeten sie, und gehörten so zu den Profiteuren. Persien konnte die Grenze mit Indien bis an den Indus verschieben; im Osten Persiens entstand nach der Ermordung Nader Schahs (siehe oben) ein selbstständiges Königreich mit der Hauptstadt Kandahar, aus dem später Afghanistan hervorgehen sollte. Wirtschaftlich und handwerklich florierte Indien aber weiterhin, wodurch es auch ein beliebtes Ziel der europäischen Handelsschiffe blieb – weiße Baumwollstoffe etwa aus Bengalen wurden als Halbfertigprodukte an die Textildruckereien in England geliefert; die regionalen Machthaber wie der  Nawab (Fürst) von Bengalen hatten daher beträchtliche Macht. 1765 überließ der Nawab der britischen Ostindiengesellschaft die Verwaltung Bengalens, und so wurde diese zur Territorialmacht. Die Briten bauten vor allem unter dem neuen Generalgouverneur Richard Wellesley ihre Territorialherrschaft rasch aus und legten damit den Grundstock für das British Empire.

Das Osmanische Reich

Anfang des 16. Jahrhunderts befand sich die Balkanhalbinsel großteils in türkischer Hand (mehr), und die Ausdehnung ging noch weiter: 1516/17 fielen Aleppo, Damaskus und Kairo (und damit das syrisch-ägyptische Mamluken-Reich) und 1521 Belgrad in die Hand des Osmanischen Reichs. Unter Süleiman I. (“der Prächtige”) standen die Türken 1529 vor dem kaiserlichen Wien. Die Habsburger (siehe nächster Abschnitt) konnten Unterstützung aus ihrem Reich nur mobilisieren, indem sie den Protestanten (mehr) schrittweise rechtliche Gleichstellung gewährten, und daher kam es erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu einer christlichen Einheitsfront gegen die Osmanen: 1571 gewann die Flotte der “Heiligen Liga” die Seeschlacht von Lepanto im Golf von Korinth (die letzte große Seeschlacht, die mit geruderten Galeeren geschlagen wurde). Sie besiegelte die Aufteilung des Mittelmeeres in einen östlichen Teil, der von den Osmanen dominiert wurde, und einen westlichen, von den Christen dominierten Teil; der “lange Türkenkrieg” (1593 bis 1606) stoppte die türkische Militärmacht an Land. Dagegen brachten die Osmanen in dieser Zeit große Teile der arabischen Welt unter ihre Kontrolle – Nordafrika bis Algerien – die Eroberung Nordafrikas wurde maßgeblich durch Admiral Khair ad-Din (“Barbarossa”) begonnen, der den Spaniern, die nach der Vertreibung der Mauren aus Granada ihren heiligen Krieg nach Nordafrika trugen, ein verhasster Pirat war, von Süleiman I. aber zum Admiral gemacht wurde – und den Süden Arabiens bis in den Jemen. Nur die arabische Wüste und das Sultanat Marokko blieben unabhängig. Unter albanischen Großwesiren erstarkten die Osmanen Mitte des 17. Jahrhunderts wieder, und 1683 standen erneut türkische Truppen vor Wien. Sie wurden aber geschlagen, und wieder bildete sich unter dem Protektorat des Papstes eine “Heilige Liga”: In der Folge verlor das Osmanische Reich Serbien, die Walachei und Ungarn. Die Osmanen gerieten in die Defensive, verlor im 18. Jahrhundert drei Kriege gegen das frisch erstarkte Russland (hier) – schon die Niederlage im zweiten, dem “Türkenkrieg” 1768 bis 1774 zeigte, dass das Osmanische Reich keine Weltmacht mehr war. (Fortsetzung hier))

Europa

Das Haus Habsburg – und viele andere Mächte

Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation (Vorgeschichte hier) wurde im Jahr 1500 von Maximilian I. regiert, einem Angehörigen der ursprünglich Schweizer Adelsdynastie der Habsburger. Das große Reich lag in der Mitte Europas, aber die eigentliche Macht hatten die “Reichsstände” – Fürstentümer, Bistümer, Reichsstädte, Reichsklöster, Rittersitze etc. Der Kaiser verfügte über kein eigenes Reichsmilitär; und die Stände konnten jeweils entscheiden, ihn zu unterstützen – oder auch nicht. Wenn sie glaubten, eine Aktivität diente vor allem den Dynastieinteressen der Habsburger, verweigerten sie ihre Unterstützung schon einmal. 1516 heiratete Maximilians Sohn die Tochter der spanischen “katholischen Könige”; damit gehörte Spanien zum Reich der Habsburger, und diese erhielten so Zugang zum Silber aus Amerika. Maximilians Enkel Karl V., der von 1519 bis 1556 regierte, konnte behaupten, dass in seinem Reich die Sonne nicht unterging. Nachdem Karl abdankte, teilte sich die Dynastie in eine spanische und eine österreichische Linie; zur spanischen Linien gehörten Kastilien und Aragonien, Sardinien, Sizilien und Neapel, die Niederlande und der Nordwesten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation sowie seit 1580 auch Portugal; die österreichische Linie herrschte über Österreich, Ungarn und Böhmen. Aber die große Zeit der Habsburger war vorbei; ab dem 17. Jahrhundert gewannen zudem die Hohenzollern, ein anderes altes Fürstengeschlecht, in Brandenburg-Preußen an Bedeutung; und andere Länder kannten die neuen Waffen und die Techniken der Kriegsführung gut genug, um ein Gegengewicht bilden zu können.

Der wichtigste europäische Widersacher der Habsburger war Frankreich, das sich seit 1495 mit Spanien um die Herrschaft in Oberitalien stritt. Frankreich hatte während der Hugenottenkriege im 16. Jahrhundert eine Schwächephase, unter dem Bourbonen Heinrich IV. begann ab 1589 aber ein erneuter Aufstieg. In den Spanischen Niederlanden begann zudem Mitte des 16. Jahrhunderts ein Kampf um die Unabhängigkeit, der 1581 in die Unabhängigkeitserklärung der nördlichen sieben Provinzen (Utrechter Union) mündete, die aber erst nach einem achtzigjährigem Krieg im Jahr 1648 wirksam wurde. Auch England, ein alter Gegner Frankreichs – mit dem es 1337 bis 1453 einen "Hundertjährigen Krieg" geführt hatte – und daher eher auf Seiten der Spanier, wendete sich nach der Reformation von Spanien ab: so unterstützte die protestantische Elisabeth I. (Königin ab 1558) die calvinistischen Niederländer bei ihrem Freiheitskampf gegen Spanien. Der Aufstand der Niederländer legte aber den Hafen in Antwerpen, zentraler Umschlagplatz für englische Wolle und Wolltücher, nahezu lahm. Dadurch entwickelten die englischen Kaufleute zunehmend Interesse am neuen Fernhandel und rüsteten eigene Schiffe aus – weil aber die Welt vom Papst seit dem Vertrag von Tordesillas (mehr) unter Spanien und Portugal aufgeteilt war, wurden diese auch schwer bewaffnet. Nach englischer Auffassung begründeten erst Kolonien einen Besitzanspruch. Andere versuchten es erst gar nicht mit dem Handel, sondern verlegten sich – mitunter insgeheim von der Regierung unterstützt – gleich auf Piraterie, wie der als "Schrecken der Meere" gefürchtete Francis Drake. Damit wurde Spanien herausgefordert. Als dieses aber 1588 die Invasion Englands versuchte, schlug der inzwischen zum Vizeadmiral beförderte Drake die spanische Armada, womit er den englischen Aufstieg zur Seemacht einläutete. Im Mittelmeer, das mit der Entdeckung Amerikas, dem Aufschwung des Atlantikhandels und der Entdeckung des Seeweges nach Indien an Bedeutung für die europäischen Großmächte verloren hatte, blühten zwischen der christlichen und der osmanischen Welt gelegene Handelsplätze wie Genua, Venedig, Dubrovnik oder Split (wieder) auf; im Handel spielten die von der Inquisition aus Spanien und Portugal vertriebenen Juden eine wichtige Rolle, die Kontakte zu den ins Osmanenreich und nach Nordafrika gezogenen Juden gehalten hatten. Im Norden Europas konnte sich zudem ab 1611 Schweden unter Gustav II. Adolf als Regionalmacht herausbilden.

Auch die weitere Geschichte Europas war von Kriegen geprägt. Der Dreißigjährige Krieg (1618 bis 1648) etwa begann als Religionskrieg, dabei ging es aber immer auch um Machtfragen: Als die kaiserlichen (katholischen) Truppen unter Wallenstein das protestantische Norddeutschland erobert hatten, wandten sich auch katholische Fürsten gegen den Kaiser; während das katholische Frankreich die Schweden bei ihrem Kampf gegen die Deutschen um die Vormacht an der Ostsee unterstütze – Macht war oftmals wichtiger als Religion. Der Krieg, Hungersnöte und Seuchen verheerten (im wahrsten Sinne des Wortes) ganze Landstriche. Der Westfälische Friede, der ihn beendete, ordnete Europa neu: Die Schweizer Eidgenossenschaft und die Vereinigten Niederlande wurden unabhängig, Frankreich erhielt Lothringen und einen großen Teil des Elsass, Schweden Vorpommern und ein Gebiet zwischen den Mündungen von Weser und Elbe. Vor allem aber wurde die Macht des Kaisers weiter eingeschränkt und das Souveränitätsprinzip – Unverletzlichkeit der Grenzen und Nichteinmischung in innere Angelegenheiten anderer Staaten – festgelegt.

Mit dem Westfälischen Frieden und dem Souveränitätsprinzip wurde die Grundlage für das moderne internationale Staatensystem gelegt.

Der Siebenjährigen Krieg (1756 bis 1763) begann mit Preußens Einmarsch in das österreichische Schlesien, und wurde zu einem Krieg, an dem alle europäischen Großmächte beteiligt waren und in dem am Ende Frankreich und England auch um die Vorherrschaft in Nordamerika und Indien kämpften (ein Kampf, den England gewann – der Sieg ist die Grundlage dafür, dass in den USA heute englisch gesprochen wird und Indien zum Teil des British Empire wurde).

Das Zeitalter des Absolutismus – und die Französische Revolution

Das zerstrittene und geschwächte Deutsche Reich wurde von Frankreich als Führungsmacht in Europa abgelöst. Dort regierte seit 1643 Louis XIV., der “Sonnenkönig”. Er allein besaß die Macht im Staat; sein Prunk war einzig­artig (er ließ etwa die Schlossanlage von Versailles bauen). Viele Fürsten in Europa folgten dem französischen Vorbild und wollten kleine Sonnenkönige sein; den Preis zahlten – wie in Frankreich – vor allem die ausgepressten Bauern. Der Prunk des Sonnenkönigs und der Siebenjährige Krieg trieben Frankreich an den Rand des Ruins. Als Louis XIV. 1789 die Steuern erhöhen wollte, stellte sich die – nach 175 Jahren erstmals wieder einberufene – Versammlung der Generalstände quer. Die Vertreter des dritten Standes, des Volkes, erklärten sich zu Mitgliedern einer Nationalversammlung und schworen, sich zu treffen, bis Louis XIV. einer Verfassung zustimmte. Zwei Wochen später erstürmte das Volk von Paris die Bastille – aus einem Kampf für bürgerliche Freiheitsrechte wurde die Französische Revolution, in die – überraschend für die Eliten – die "kleinen Leute" und die Bauern eingriffen. Am 26. August 1789 nahm die Nationalversammlung die "Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte" an, die stark von Rousseaus "Gesellschaftsvertrag" beeinflusst war. Das hätte der Höhepunkt der Aufklärung sein können, aber die Revolution geriet außer Kontrolle: Als es nach dem Eingreifen der Preußen und der Habsburger zugunsten des Königs zu einer Radikalisierung kam, der König hingerichtet wurde und schließlich nach einer Zeit der Machtkämpfe die radikalen Jakobiner unter Robespierre an die Macht kamen, fingen diese an, ihre Vorstellungen gegen die als “Feinde der Revolution” gebrandmarkten Andersdenkenden mit Terror und Fallbeil durchzusetzen. Nachdem Robespierre verhaftet und selbst unter dem Fallbeil enthauptet wurde, gewann das Bürgertum wieder an Einfluss, konnte aber nicht für Frieden sorgen. Dies gelang erst einem Bürgerheer, das einen jungen General populär machte: Napoleon Bonaparte, der 1799 die Regierung stürzte, sich zum “Ersten Konsul” ernannte und die Revolution für beendet erklärte. Ihre Grundidee, dass jeder Mensch soviel wert sei wie ein anderer, sollte aber die sozialen Reformen im nächsten Jahrhundert antreiben.

Der Aufstieg der Mittelschicht

Schon vor dem 17. Jahrhundert waren manche Kaufleute reich geworden: aber war reich geworden war, kaufte sich zumeist ein Landgut und reihte sich so in den Adel ein. Nach 1600 änderte sich dies: es wurden einfach zu viele Menschen reich, als dass sie alle Landgüter kaufen konnten, und so blieben sie in den Städten, zeigten aber ihre gehobene Stellung in der Öffentlich­keit, etwa indem sie nach der neuesten Mode gekleidet in Theater- oder Opernaufführungen gingen. Nach dem großen Brand von London 1666 entstanden dreigeschossige Ziegelbauten (die 250 Jahre lang den Baustil prägten), die Häuser wurden mit großen Glasfenstern versehen und mit Gemälden, Musik­instrumenten, Bücher, Spiegeln eingerichtet; auf den Tischen standen Weingläser aus Venedig, auf den Schränken Vasen aus dem Fernen Osten; mancher unterhielt Kuriositätenkabinette mit exotischen Dingen aus fernen Ländern oder lange vergangenen Zeiten. Man trank Kaffee oder Tee, Schokolade und Orangensaft und schickte seine Söhne auf Universtitäten. Ende des 17. Jahrhunderts war der Anteil der oberen Mittelschicht etwa am englischen Nationaleinkommen etwa dreimal so hoch wie der das Adels. Die europäische Mittelschicht des 17. Jahrhunderts prägte einen materiellen Lebensstil, dem heute die meisten Menschen in den Industrieländern sowie die reicheren Schichten in den anderen Ländern folgen – und die meisten anderen träumen davon.

Dazu kamen weitere Veränderungen, die das Leben insbesondere der Mittel­schicht prägten: die im 14. Jahrhundert in Ungarn (wieder-)entdeckte gefederte Kutsche (980) beschleunigte mit dem Ausbau der Landstraßen und der Einführung von Postkutschen im 17. Jahrhundert den Austausch von Informationen und das Reisen. Außerdem erschienen die ersten Wochen­zeitungen (in Deutschland etwa 1615 die "Frankfurter Postzeitung", in Frankreich 1631 die "Gazette de France"), 1702 (in London) die erste Tageszeitung. Aus dem früher langsamen Tröpfeln neuer Nachrichten wurde damit ein stetiger Fluss.

Und Nordamerika? – siehe hier

Die Großmacht im Osten – Russland

Nach der Eroberung der ehemals mongolischen Khanate wollte Ivan IV. sich den Zugang zur Ostsee sichern und griff 1558 Livland an. Dort herrschten deut­sche Ordensherren über lettische und estnische Bauern, in Folge des Angriffs zerfiel das Land. Die anderen Ostseemächte wollten den sich  abzeichnenden russischen Machtzuwachs aber nicht hinnehmen oder bevorzugten westliche gegen­über russischen Herren und unterstellten sich Polen oder Litauen. So zog der Liv­ländische Krieg sich hin. Polen und Litauen, ohnehin in Personal­union verbunden, vertieften angesichts der Bedrohung durch Russland ihre Be­ziehung: 1569 vereinigten sie sich zum König­reich Polen-Litauen. Unterdessen war im Süden des Kerngebiets der einstigen Kiewer Rus' mit dem Krimkhanat ein Reich entstanden, das die Steppen nördlich des Schwarzen Meeres kon­trol­lierte. Um sich vor ihm zu schützen, hatten die Herrscher der nördlich gelegenen Regionen "freie Krieger" (turko-tartarisch kazakKosa­ken) in Dienst genommen, die in befestigten Siedlungen in den Ufer­wäldern und auf den Inseln der Flüsse wie Dnjepr, Don, Wilga und Terek lebten. Das konnte aber nicht verhindern, dass das Krimkhanat 1570 (auf Druck Polen-Litauens, das drohte, anderenfalls seine Tributzahlungen einzu­stellen) den einstigen Verbündeten Russland angriff: 1571 brannten die Krimtartaren Moskau fast voll­ständig nieder. 1572 besiegten russische Truppen aber in der Schlacht bei Molodi die Krimtartaren.

Die Kämpfe mit dem Krimkhanat schwäch­ten Russland jedoch im nach wie vor andauernden Livländischen Krieg, der sich bis 1583 hinzog; und am Ende verlor Russland nicht nur seine Eroberungen wieder, sondern auch seinen alte Ostsee-Zugang an der Newa-Mündung. Vor allem seit dem Tod der Zarin im Jahr 1860 – den Iwan IV. darauf zurückführte, dass sie vergiftet worden sei – ging er äußerst brutal mit politischen Gegnern um. Die Probleme im Livländ­ischen Krieg etwa lagen für ihn an Verrat; und mit seinem Umgang mit Ver­rätern verdiente er sich den Beinamen "der Schreckliche". Seine Kriege bluteten das Land aus. Die Kosten trugen vor allem die Bauern, von denen immer höhere Abgaben verlangt wurden. Um zu verhindern, dass sie sich der Zahlung entzogen, war ihnen nach und nach erschwert worden, ihr Land zu verlassen; Iwan IV. verbot es ihnen ganz. (Das waren erste Vorboten der im 17. Jahrhundert eingeführten Leibeigenschaft, bei der der Grundherr sie auch zu Frondiensten verpflichten konnte und sie seiner Gerichtsbarkeit unter­stellt waren.) Nach seinem Tod hinterließ Iwan IV. ein ausgeblutetes Land, das von Unruhen im Inneren und Angriffen von außen erschüttert wurde und an den Rand des Untergangs geriet. Die Wirren nutzte Polen-Litauen, das 1609 angriff und im Sommer 1610 Moskau besetzte; Schweden besetzte 1611 Nowgorod. Die mit der Besetzung Moskaus verbundene Gefahr, ein katholischer Teilstaat Polens zu werden, einte jedoch Geistliche, Adel, Kaufleute und einen Teil der Bauern und Kosaken, die sich mit Volksaufständen wehrten. 1612 gelang es einem Landwehraufgebot, die Polen aus Moskau zu vertreiben. Allerdings stan­den die Schweden noch in Nowgorod, und forderten als Gegenleistung für die Rückgabe, dass ein schwedischer Prinz zum russischen Zaren würde. Das kam allerdings für Russen nach dem Sieg über Polen nicht in Frage, sie wählten 1613 auf einer Landes­versammlung den erst 16-jährigen Michael Romanow (Michael I.) zum Zaren. Unter seiner Herrschaft und der seines Nachfolgers Alexei I. erholte sich Russland wieder. Mit Schweden schloss das Land – nach eine schwedische Belagerung Pskows zurückgeschlagen werden konnte – 1617 Frieden und erhielt Nowgorod zurück.

Währenddessen hatten die Könige von Polen-Litauen Teile der Kosaken, die am unteren Dnjepr lebten und sich zu größeren Verbänden zusammengeschlossen hatten, als reguläre Truppen in ihre Dienste genommen – auch, um die Gebiete der Ukraine, die zu einem wichtigen Ausfuhrgebiet für Getreide (das über Weichsel und Danzig nach Westeuropa verschifft wurde) geworden war, zu schützen. Allerdings verschärfte sich im 17. Jahrhundert durch die mit dem Getreideanbau verbundene Gutswirtschaft auch der Zugriff des polnischen Adels auf das Gebiet, und immer wieder erhoben sich freie Kosaken und Bauern gegen die polnisch-litauische Herrschaft. Zum großen Aufstand kam es 1648, als die freien Kosaken ein Bündnis mit dem Krimtartaren schlossen und die polnischen Truppen besiegten. Unter dem Aufstand litten nicht nur polnische Adelige und katholische Priester (die als Unterdrücker des orthodoxen Volks­glaubens galten), sondern auch viele Juden, die als Verwalter und Steuer­einzieher des polnischen Adels verhasst waren – der Aufstand war das erste große Judenmassaker Osteuropas. Er wurde mit einem Vertrag im Jahr 1649 be­endet, der den Kosaken großen Einfluss gab: Sie schufen einen als Hetmanat bezeichneten Herrschaftsverband ("Hetman" ist der Titel des Anführers des Kosakenheeres). Allerdings fand sich Polen-Litauen mit der faktischen Ab­trennung nicht ab, griff 1651 das Hetmanat erfolgreich an und stutzte dessen Autonomie. Die Kosaken baten daraufhin Alexei I. um Unterstützung und schwo­ren ihm 1654 in Perejaslaw den Treueeid. (Der Gehalt dieses Schwures ist bis heute umstritten: In der Sowjetunion wurde er 1954 als "Wieder­ver­einigung" gefeiert, ukrainische Historiker sehen ihn als Bündnis zweier unabhängiger Staaten. In jedem Fall hielten sich beide Seiten schon kurz darauf nicht an das Abkommen: Im russisch-polnischen Krieg, der als Folge des Treueeides ausbrach, wechselte das Hetmanat die Seiten; Russ­land hinge­gen schränkte die Autonomie der Kosaken ein. 1667 wurde das Het­manat im Ver­trag von Andrusovo geteilt: Das Gebiet links des Dnjepr sowie Kiew ging an Russland, das Gebiet rechts des Dnjepr an Polen-Litauen.)

Einen russischen Zugang zur Ostsee konnte aber auch Alexei I. nicht wieder­herstellen, das schaffte erst sein vierzehnter Sohn Peter I. ("der Große"), der 1682 Zar und Großfürst von Russland wurde. Da war er aber erst 10 Jahre alt, die allei­ni­ge Regierungsverantwortung übernahm er formell nach dem Tod seines Halbbruders Ivan V. im Jahr 1696. Schon 1695 hatte er versucht, Zu­gang zum Schwarzen Meer zu erhalten  und die türkische Festung Asow an der Mündung des Don angegriffen, was ihm aber erst in einem zweiten Feldzug 1696 – nachdem er im Eiltempo ein Flotte bauen lassen hatte – gelang. Um die Unter­stützung des Westen für seinen Kampf gegen die Türken zu gewinnen, sandte er 1697/98 eine "Große Gesandtschaft" in den Westen, an der er zum Teil inkognito teilnahm. Neben der politischen Mission interessierten im vor allem die technischen Errungenschaften des Westens, er wollte soviel lernen wie möglich. Auf dieser Reise entstand eine neue Idee: einen Zugang zur Ost­see zu gewinnen.

Der Ostseeraum war zu der Zeit fest in schwedischer Hand. Die Schweden finan­zierten mit Zöllen auf den baltischen Handel eine moderne Armee. Dänemark und Polen (mit dem Russland 1686 Frieden geschlossen hatte) unter­stützten Peter, gemeinsam griffen sie 1700 Schweden an. Das war der Beginn des Großen Nordischen Kriegs. Zunächst konnten die Schweden unter dem 18-jährigen Karl XII. den Angriff zurückschlagen. Dänemark schied schon 1700 aus der Allianz aus, Polen (und das in Personalunion mit ihm verbundene Sachsen) wurde bis 1706 von Schweden erobert. Peter I. begleitete den Krieg aber mit einem ambitionierten Modernisierungsprogramm, das Russland den westeuropäischen Mächten ebenbürtig machen sollte. 1703 stieß er an die Newa­mündung (und damit die Ostsee) vor. Dort ließ er die Peter-und-Paul-Festung er­richten; ab 1706 ließ wurde an dem Ort (wo sich ein guter Seehafen anlegen ließ) die neue Hauptstadt Sankt Petersburg erbaut. Zugleich wurde eine große Ostseeflotte aufgebaut. Am Ende hatte Peter I. (mit 400.000 Rekruten aus der Bauernschaft) ein ste­hen­des Heer nach west­lichem Vorbild und eine Flotte mit über 1.100 Schiffen. Nachdem Russland 1708 einen Feldzug Schwedens gegen Moskau vereiteln konnte, wollte Karl XII. Moskau von Süden her angreifen und suchte den Schulterschluss mit dem ukrainischen Hetmanat. Hetman Ivan Mazepa aus dem linksufrigen Hetmanat hatte noch 1703 mit dem Einverständnis Peters I. das Hetmanat am rechten Ufer besetzt, sich nach der Niederschlagung eines Kosakenaufstands im russischen Dongebiet (die Mazepa als Verstoß gegen das Abkommen von Perejaslaw sah) aber von Peter I. abgewandt und den Schweden Unterstützung zugesagt.

Die fiel aber nicht so stark aus wie erwartet - nicht alle Kosaken waren bereit, mit Protestanten aus dem Norden gegen den orthodoxen Zar zu kämpfen. Russland konnte 1709 die Schlacht bei Poltava gewinnen. Mazepa und seine Anhänger flohen ins Osmanische Reich; Peter I. nahm die Eroberungen im Ostseeraum wieder auf und eroberte Finnland, Livland und Estland. Am Ende des Krieges 1721 hatte Russland Schweden als führende nordische Großmacht abgelöst; Zar Peter I. nahm auch den in Europa gebräuchlichen Titel Kaiser an. Bereits 1712 war der Hof nach Sankt Petersburg umgezogen, was den Ab­schied von der Moskauer Tradition versinnbildlichte. Vielen gilt Peter I. als einer er bedeu­tend­sten Herrscher Russlands, der Russland wieder zur europäischen Großmacht machte. Andere sehen ihn kritischer und verweisen auf die vielen Opfer seiner Politik, zu denen insbesondere die russischen Bauern gehörten. Um den Bau von Sankt Petersburg, der Ostseeflotte und die Armee zu bezahlen, wurden ihre Abgaben erhöht, und sie mussten immer mehr Dienste unter unmenschlichen Umständen leisten – alleine beim Bau von Sankt Peters­burg sollen über 120.000 Menschen umge­kommen sein. 1723 wurde die Leib­eigenschaft der Bauern auch gesetzlich verankert.

Zur russischen Großmachtstellung trug auch bei, dass der lukrative sibi­rische Pelz­handel zum Staatsmonopol geworden war. Auch hier wurden weitere Fortschritte angestrebt: Von 1725 bis 1729 sowie 1733 bis 1743 erkundeten zwei große "Kamtschatka-Expeditionen" den Osten Sibiriens, seine Küste, Kamt­schat­ka und die Seewege nach Amerika und Japan. Geleitet wurden sie bis zu seinem Tod 1741 von dem dänischen Seefahrer Vitus Bering, nach dem die Meeresstraße zwischen Asien und Amerika benannt wurde. Im Süden und Südosten Sibiriens stellten sich dagegen die Burjaten am Baikalsee und die Mandschu am mitt­leren Amur der russischen Ausbreitung entgegen – 1727 legte ein zweiter Vertrag mit China die sibirisch-mongolische Grenze fest und schloss die Grenze. Der von 1760 bis 1770 erbaute "Große Sibirische Postweg" schuf eine Verbindung von Moskau nach Irkutsk, immer mehr Siedler (und seit Peter I. auch politische Verbannte) kamen daraufhin nach Sibirien. 1761 hatten russische Pelzjäger Alaska erreicht; 1799 erhielt die "Russisch-Amerika­nische Kompanie" das Handelsmonopol für Amerika und den Nordpazifik.

Das Königreich Polen-Litauen wurde hingegen durch die Kriege im 18. Jahr­hundert derart geschwächt, dass es ab 1768, nachdem Russland ab 1762 unter Kaiserin Katharina II. ("die Große") die Krisen nach dem Tod Peters I. im Jahr 1725 über­wunden hatte, unter russische Herrschaft geriet. In der Folge wurde es unter seinen Nach­barstaaten (Russland, Preußen, Habsburger Reich) aufgeteilt (Pol­nische Teilungen): 1796 war Polen von der europäischen Karte verschwunden. Die zu Polen-Litauen gehörenden Gebiete der Ukraine fielen zum Teil an das Habs­burger Reich (Galizien), z.T. an Russland (Wolhynien). Das linksufrige Hetmanat (wo das Amt des Hetman bereits 1764 abgeschafft worden war) wurde, nachdem Russland im russisch-türkischen Krieg 1768-1774 das Krim­khanat aus­geschaltet und die Dnjepr-Kosaken nicht mehr zum Schutz vor den Tarta­ren benötig­te, in das Russische Reich eingegliedert. Katharina II., die Anhängerin der Aufklärung war und an Peters Reformen anknüpfte, garan­tierte die Rechte des Adels (u.a. sein Monopol auf Grundbesitz), ließ aber einen von dem Donkosaken Jemeljan Pugatschow angeführten Bauernaufstand mili­tä­risch niederschlagen. Auch ihr Erbe ist umstritten, die einen halten sie für "die Große", die Russland weiter modernisierte; die anderen für eine Heuch­lerin, die z.B. die Leibeigenschaft auch auf die bis dahin freien Bauern im Gebiet der heutigen Ukraine ausweitete. Nach ihrem Tod 1796 wurde ihr Sohn Paul I. ihr Nachfolger, der jedoch 1801 ermordet wurde. Auf ihn folgte Pauls Sohn Alexander I. Im russisch-türkischen Krieg hatte Russland zudem Gebiete bis an den Kaukasus, dem Hochgebirge zwischen Schwarzen und Kaspischem Meer, erobert, 1801 wurde Ostgeorgien annektiert. Russland brauchte jedoch noch Jahrzehnte, um gegen heftigen Widerstand der meist muslimischen Bewohner auch den Westen des Kaukasus zu erobern (>> weiter).

Die Wurzeln der Industriellen Revolution (II)

Wirtschaftlich bewirkten die Reichtümer aus der neuen Welt in Nord- und Südeuropa sehr unterschiedliche Entwicklungen. Während in Spanien und Portugal nach der Vertreibung der Mauren zunächst mit dem Gold und Silber aus Amerika ein „goldenes Zeitalter“ begann, das durch prunkvolle Hof­haltung, den Bau von Kathedralen und prachtvoller Stadtpaläste gekennzeich­net war, wurde hiermit und vor allem mit Kriegen gegen Italien und Flandern der Reichtum langfristig verspielt. Im Nordwesten Europas – vor allen in den Ländern wie den Niederlanden und England, in denen nicht eine starke Feudaltradition neuen Ansätzen im Wege stand – gewannen dagegen kapital­istische Ansätze an Bedeutung und führten allmählich zu einem gesteigerten Interesse an produktiveren Methoden in Landwirtschaft und Gewerbe. Tech­nische Entwicklungen im englischen Gewerbe lösten im 18. Jahrhundert schließlich die Industrielle Revolution aus.

Warum Süd- und Nordeuropa (abgesehen von den unterschiedlich ausgeprägten Feudalstrukturen) so unterschiedlich mit den Reichtümern umgingen, ist eine heiß diskutierte Frage. Eine der frühesten und provokantesten Antworten gab der Soziologe Max Weber in seinem Buch „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“: Er sah die religiöse Erhöhung des Leistungs­prinzips und asketischer Elemente bei den Protestanten (insbesondere den Calvinisten) als Grundlage für das Auftreten eines Menschenschlages, der rational, ordnungsliebend und fleißig war. Wie geschaffen also für den Kapitalismus. Damit traf Weber sicherlich eine wichtigen Punkt, aber er­schöpfend ist die Analyse nicht: schließlich haben auch nicht-protestan­tische Länder wie Japan und China eine ähnliche Arbeitsethik entwickelt. Wirtschaftshistoriker wie David Landes haben noch eine andere Erklärung: Den Spaniern fiel der Reichtum in den Schoß, während die Nordeuropäer ihn sich erarbeiten mussten – “einen Lotteriegewinn auf den Kopf zu hauen fällt allemal leichter”. Leicht errungenes Geld kann für Landes ein Danaer­geschenk sein – es bringt kurzfristig Vorteil, später bezahlt man dafür. (Das ist der “Fluch der Rohstoffe” – die oft einem Lottogewinn gleichen und rohstoffreichen Ländern nicht immer Glück bringen. Ein Beispiel ist Nigeria, siehe z.B. hier.)

Was die Industrielle Revolution angeht, so muss nach David Landes auch der sehr unterschiedliche Umgang mit Wissen beachtet werden (siehe auch Die Wurzeln der Industriellen Revolution (I)): Die protestantischen Reformen beförderten eine Schriftkultur; von Protestanten wurde erwartet, dass sie die Bibel lasen, und sie förderten kritisches Denken: eine skeptische Haltung gegenüber den herrschenden Lehren ist aber eine Voraussetzung für wissenschaftliche Entdeckungen. In Spanien dagegen setzte sich nach der Vertreibung der Mauren die Inquisition durch, die Glauben, Denken und Wissen kontrollieren wollte: Protestanten wurden wie Juden und Mauren als Nichtchristen betrachtet. Ab 1558 stand auf die unerlaubte Einfuhr von Büchern die Todesstrafe; verboten waren auch alle Bücher protestantischer Autoren. Solcherart von der Entwicklung anderswo abgeschottet, verspielte Spanien den Vorsprung, den es zuvor dank jüdischer und maurischer Einflüsse besaß. Und nicht nur in Spanien spielte die katholische Kirche eine un­rühmliche Rolle: In Italien wurde im Jahr 1600 Giordano Bruno wegen seiner ketzerischen Ideen verbrannt, 1633 wurde Galileo Galilei verdammt. In Eng­land dagegen entstanden im 17. Jahrhunderts Clubs, in denen unter anderem neue Erkenntnisse, von denen man aus Zeitungen und Büchern erfuhr, diskutiert wurden.

Die Aufklärung führte schließlich auch zu einer geänderten Haltung zum Kapitalismus: Hatte zuvor etwa die christliche Morallehre die Anhäufung von Reichtum verurteilt, galt der Handel und der mit ihm geschaffene Wohlstand vielen Aufklärern als zivilisierende Kraft; Geschäft und Moral sahen sie nicht mehr als zwingenden Gegensatz. Der Markt, so sahen sie es, war ein besserer Weg als der Krieg, um Interessen zu vertreten, und war so für ein friedliches menschliches Zusammenleben fördernd. Seine noch heute bekannteste Formulierung fand diese Idee in Adam Smiths Schrift "Der Wohlstand der Nationen" (siehe Die industrielle Revolution).

Das Aufblühen der Wissenschaften und die Aufklärung führten in der Neuzeit nicht nur zu einem bunteren geistige Leben, sondern auch zu einem wortwörtlich bunteren Alltag: Aus den neuen Ländern kamen neue Farben. In Mexiko wurde aus einer auf Feigenkakteen lebenden Schildlaus der rote Farbstoff Karmin, ein Purpurersatz, hergestellt; aus Bengalen kam der blaue Farbstoff Indigo (indischer Indigo war viel leuchtender als das in Europa aus Färberwaid hergestellte Blau); aus Brasilien kam das Brasilholz, aus dem ein roter Farbstoff gewonnen wurde. Das vorindustrielle Textilgewerbe sollte es auch sein, das im 18. Jahrhundert eine Entwicklung mit einleitete, die das Ökosystem Erde stärker prägen sollte als alle Entwicklungen zuvor: die Industrielle Revolution.

Weiter mit:
Das Zeitalter der Industrie

oder

Hintergrund GeschichteDie Welt wächst zusammen (1800 bis 1945)

© Jürgen Paeger 2006 – 2022

Immanuel Kant, der wichtigste Denker der deutschen Auf­klärung, definierte diese so: “Aufklä­rung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstver­schuldeten Unmündig­keit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstan­des ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstver­schuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache dersel­ben nicht am Mangel des Verstandes, son­dern der Entschlie­ßung und des Mutes liegt, sich seiner ... zu bedienen.”

China schottete sich unter den Qing weiter vom Westen ab. 1793 schrieb Kaiser Qianlong an den englischen König: “Ich habe keine Verwendung für die Waren Euren Landes. Unser himm­lisches Reich be­sitzt alle Dinge im Überfluss, und ihm mangelt nichts inner­halb seiner Grenzen.” Den Handel in Kanton erlaube es nur, da “Tee, Seide und Porzellan ... unbedingte Notwen­digkeiten für euro­pä­ische Völkerschaf­ten und für Euch selbst” seien.

In Spanien und Portugal regierte ab 1580 Philipp II., der als katholischer als der Papst galt, Elisabeth I. war Protestantin und unterstützt die  Protestanten in den Niederlanden bei ihrem Kampf gegen Philipp II.; der Bourbone Heinrich IV. war Hugenotte, der zum katholischen Glauben übertreten musste, um König in Frankreich zu werden. Die Schweden wiederum waren Protestanten. Glaubens- und Machtfragen sollten im Dreißigjährigen Krieg ein nahezu undurchdringliches Gemisch bilden.

Eigentlich bedeutet Iwans Beiname Groznyj "der Stren­ge" oder "Ehr­furcht­gebietende", aber unabhängig davon: Historiker wie An­dreas Kappeler [984] sehen in der Tendenz der Moskauer Für­sten, ihre Macht über Land und Leute, die sie bereits als Grundherren hatten, auf den Staat zu übertragen, als wichtigste Wurzel der russischen Autokratie.

Berings Expeditions­schiff strandete 1741 auf der später nach ihm benannten Beringinsel. Dort entdeckte der deut­sche Natur­forscher Georg Wilhelm Stel­ler unter anderem eine Seekuh, die 8 Meter lang und 10 Tonnen schwer werden konnte. Ihr Fleisch half der Expedition, die fast ein Jahr auf der Insel blei­ben musste, beim Über­leben; aber ob­wohl "Stellers See­kuh" damals auf der Beringinsel sehr reichlich vorkam, wurde sie bis 1768 ausgerottet.

Dass die einst von Kalifornien bis nach Japan verbreitete Seekuh damals nur noch auf der Bering­insel vorkam, lag wohl an der Pelzjagd auf Seeotter: Diese fraßen Seeigel und schützen damit die Tangwälder der flachen Meere, die wiederum von Stel­lers Seekühen abge­weidet werden. Die Bejagung der See­otter ließ die See­igel zunehmen, was den Lebensraum von Stellers Seekuh schrumpfen ließ.