Hintergrundinformation

Eine kleine Geschichte der Menschheit

Die beiden großen Weltkriege

(1914 – 1945)

Beinhaus von Douaumont bei Verdun

Anfang des 20. Jahrhundert war die Welt soweit zusammengewachsen und verfügte über derartige technische Möglichkeiten, dass die Menschheit auch globale Katastrophen auslösen konnte. Einen Vorgeschmack gab der Erste Weltkrieg, in dem erstmals mit industriellen Methoden getötet wurde (Abbildung: Soldatenfriedhof von Douaumont bei Verdun, auf dem 16.142 Soldaten begraben sind. Im Beinhaus sind weitere 130.000 unbekannte Soldaten bestattet. Ausschnitt aus einem Foto von Stephan Brunker, aus wikipedia, abgerufen 8.2.2009, Lizenz: GNU-FDL).

Der erste Weltkrieg

Die Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien löste eine Kettenreaktion aus: Russland, das sich als Schutzmacht der Slawen sah, trat in den Krieg ein, was wiederum für Deutschland den Bündnisfall auslöste. Deutschland hatte Österreich-Ungarn zuvor im Falle eines Angriffs auf Serbien "volle Unter­stützung" zugesagt hatte; dieser Blankoscheck gilt als eine wesentliche Ursache, warum ein eigentlich lokaler Konflikt zum Weltkrieg werden konnte und begrün­det Deutschlands besondere historische Verantwortung für diesen Krieg. Jetzt fürchtete Deutschland jedoch einen Zweifrontenkrieg. Daher wollte es (dem "Schlieffen-Plan" folgend) Frankreich ausschalten, bevor die Russen ihre Truppen vollständig mobilisiert hatten. So erklärte Deutschland auch Frank­reich den Krieg. Für einen schnellen Sieg über Frankreich musste das neutrale Belgien überrannt werden. Die belgische Neutralität wurde von Großbritannien garantierte, das daraufhin ebenso in den Krieg eintrat. So waren innerhalb weniger Tage alle europäischen Großmächte in den Krieg verstrickt.

Bei Beginn des Krieges glaubten viele noch an einen schnell zu Ende gehenden “Blitzkrieg”; stattdessen wurde er zur “Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts”. Die Hoffnung auf einen Blitzkrieg stützte sich auf die Errungenschaften der Industriellen Revolution: Lastwagen konnten Truppen und Nachschub viel schnel­­ler als in früheren Kriegen befördern. Aber es kam ganz anders: Maschinen­gewehre, die 600 Kugeln pro Minute feuern konnten, mähten die Soldaten zu Tausenden um. Die Gewehre waren aber schwer, sie mussten vor Gebrauch aufgebaut und von zwei Soldaten bedient werden: sie waren keine Angriffs-, sondern Verteidigungswaffen. Dazu kam die Artillerie: leichte Feldgeschütze konnten bis zu 30 Granaten pro Minute abfeuern, schwere Ge­schüt­ze wie Krupps "Dicke Bertha" Dutzende Kilometer weit schießen und Bunker­mauern durch­schlagen. Gegen diese Waffen gab es für die Soldaten nur einen Schutz: sie verschanzten sich in Gräben und hinter Wällen. Der Krieg wurde zum Stellungs­krieg; der kleinste Geländegewinn wurde mit Tausenden von Toten bezahlt. Schon in Belgien trafen die Deutschen auf unerwartet heftigen Widerstand; und bald war absehbar, dass es zum Zweifrontenkrieg kommen wür­de, den die deutschen Militärs vermeiden wollten, weil er nicht zu gewinnen war. Einen Plan B hatten sie aber nicht, und die hohe Zahl an Kriegsopfern machte auch Verhandlungen unmöglich – die Toten sollten nicht umsonst ge­storben sein. So wurde der Krieg fortgesetzt und nahm totale Züge an: In der Schlacht von Verdun wurden 700.000 Soldaten verwundet oder getötet (in der Gedenkstätte Ossuaire [Beinhaus] de Douaumont wurden die Knochen von 130.000 nicht identifizierten Soldaten beigesetzt, Abbildung); noch heute ähnelt die Natur dort einer kraterüber­zogenen Mondlandschaft. In der Schlacht an der Somme 1916 starben sogar über eine Million Soldaten. Auch an der Ostfront und während der Schlacht au der türkischen Halbinsel Gallopoli verschanzten sich die Soldaten monatelang in Gräben; dort starben insgesamt sogar mehr Menschen als an der Westfront.

Unterdessen war der Krieg zum Weltkrieg geworden: Frankreich mobilisierte 500.000 Mann aus seinem Kolonialreich, vor allem aus Westafrika und Algeri­en; Großbritannien zog 1,4 Millionen Inder zum Kriegsdienst heran; und die britischen Dominions Australien, Neuseeland, Kanada und Südafrika stellten weitere 1,2 Millionen Soldaten; sie bildeten gemeinsam mit Russland die "Entente". Noch 1914 hatte Japan dem Deutschen Reich den Krieg erklärt (und gemeinsam mit Australien und Neuseeland die ostasia­tischen Kolonien um Deutsch-Neuguinea und das chinesische "Pachtgebiet" Kiautschou besiegt), das Osmanische Reich und 1915 Bulgarien waren an der Seite Deutschlands und Österreich-Ungarns in den Krieg eingetreten; diese Kriegspartei wurde als "Mittelmächte" (aufgrund der geografischen Lage Deutschlands und Österreich-Ungarns) bezeichnet. Italien, Portugal, Rumänien und Griechenland traten ebenfalls in den Krieg ein, und schließlich 1917 die USA und China sowie einige südamerikanische Staaten.

Um den Stellungskrieg zu überwinden, hatte Deutschland bereits im April 1915 erstmals Giftgas eingesetzt, wenige Monate später folgten Briten, Franzosen und Russen. Aber es waren andere technische Entwicklungen, die den Krieg entscheiden sollten: 1916 brachten die Briten die ersten Panzer nach Frank­reich, und diesen sollte es schließlich gelingen, die Front zu durchbrechen. Dazu kamen die Flugzeuge, die zuerst zur Aufklärung, später auch zur Bombar­dierung des Feindes genutzt wurden. Dabei wurde auch vor dem  Bombenkrieg auf Städte nicht zurückgeschreckt, Deutschland begann 1914 mit Abwürfen über Antwerpen und später über Paris und London. Einer Handelsblockade gedachte Deutschland mit U-Boot-Angriffen zu begegnen, stellte diese aber ein, nach­dem sie die Lusitania mit 1.200 Menschen an Bord versenkten, darunter über 100 Amerikaner. 1917 nahm Deutschland den U-Boot-Krieg wieder auf, um Groß­britan­nien den Nachschub abzuschneiden. Der kam aber auch aus den USA, und Angriffe auf US-Frachter lösten den Kriegseintritt der Amerikaner aus. Dieser sollte kriegsentscheidend sein: Amerikaner, Briten und Franzosen organisierten jetzt ihren Nachschub an Öl, Panzern und Flugzeugen gemeinsam; damit waren sie in der Materialschlacht überlegen. Das Zarenreich Russland trug dazu wenig bei: Seine westlichen Teile waren besetzt, seine Kommandeure waren unfähig (bis zu ein Viertel der Soldaten wurden unbewaf­fnet an die Front in den sicheren Tod geschickt) und das Volk lebte bei miserabler Versorgungslage im Elend.

Dabei hatten Adel und Bürokratie schon in der ersten Hälfte des 19. Jahr­hunderts erkannt, dass Russland hinter West- und Mitteleuropa mit seiner Industrialisierung zurückzubleiben drohte (>> mehr). Aber die Veränderungen blieben halb­herzig; und die militärischen Niederlagen sowie die schlechte Versorgung der Städte mit Nahrungsmitteln während des Ersten Weltkriegs ließen das Ansehen des Zaren (seit 1894 war dies Nikolaus II.) weiter sinken. Die Februar­revolution 1917 in Petrograd (wie Sankt Petersburg seit 1914 hieß) beendete die Zarenherrschaft. Aus dem Vorkriegsparlament Duma wurde eine Regierung gebildet, daneben traten Arbeiterräte (Sowjets); beide blockierten sich gegenseitig. Im Oktober 1917 putschten sich die Bolschewiki um Wladimir Lenin und Leo Trotzki an die Macht: Der Grundbesitz wurde zur Neuverteilung eingezogen, Beamtentum und Dienstgrade in der Armee abgeschaf­ft, die Fabri­ken unter die Kontrolle von Arbeiterräten gestellt und die Ge­richte von Revolutions­tribunalen abgelöst. Um ihre Macht zu sichern, schlos­sen die Bolschwiki im Dezember einen Waffenstillstand mit Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich, im März 1918 folgte der Frieden von Brest-Litowsk, mit dem Russland große Gebiete im Westen und Süden – im Baltikum und der Ukraine – verlor. Estland, Lettland und Litauen wurden unabhängig. In der Ukraine hatte schon im Juni 1917 ein Bauernkongress die Unab­hängigkeit ge­fordert; eine im Herbst erklärte Unabhängigkeit als Teil einer russischen Föderation akzeptierten die Bolschewiki aber nicht und schickten die Rote Armee. Daraufhin hatte die Ukraine im Januar 1918 ihre vollständige Unab­hängig­keit erklärt, und fand Unterstützung bei den Mittelmächten, die sich Getreide­lieferungen aus einer unabhängigen Ukraine erhofften. Ab März 1918 gab es also erstmals einen modernen ukrainischen Staat.

Der Frieden von Brest-Litowsk änderte aber nichts am Ausgang des Krieges: Erst zwangen alliierte Verbände im September Bulgarien in die Kapitulation; einen Monat später gab die neue osmanische Regierung auf; Österreich-Ungarn zerfiel – Jugoslawien [3036] und die Tschechoslowakei erklärten im Oktober ihre Unabhängigkeit; und an der West­front durchbrachen die Alliierten mit Hilfe der amerikanischen Panzer end­gültig die deutsche Linie. Im November 1918 unterzeichneten schließlich Deutschland und seine Verbündeten den Waf­fen­stillstand. Am Ende des Ersten Weltkriegs standen über 8,5 Millionen tote und 21 Millionen verwundete Soldaten sowie acht Millionen Kriegsgefan­ge­ne und Vermisste; dazu kommen das Sterben, Leiden und Hungern der Zivil­bevöl­kerung (die Zahl der zivilen Toten ist schwer zu erfassen, vermutlich betrug sie noch einmal 5 Millionen). Das Massensterben war vollkommen sinnlos: Eine Lösung hatte der Krieg für keines der Vorkriegsprobleme gebracht.

Die Spanische Grippe

Im März 1918 brach in einem Ausbildungslager auf der Militärbasis Fort Riley im US-amerikanischen Kansas eine Seuche aus, an der in wenigen Tage mehr als 500 Männer erkrankten. Von hier gelangte sie zu anderen Militär­einrichtun­gen, von denen mit Truppentransporten an die Westküste Frankreichs, von dort aus quer durch Europa bis nach Nordafrika und Indien und im Juli erreichte sie China und Australien. Auf diese erste Welle folgte im August 1918 und im Winter 1919 noch eine zweite und dritte Welle; am Ende waren an der an der "Spanischen" Grippe mindestens 50 Millionen Menschen gestorben [3040]. Das waren mindestens dreimal soviel wie im Ersten Weltkrieg; nach dem Schwarzen Tod war dies die schlimmste Pandemie, die die Menschheit bisher erlebt hat.

Am schlimmsten war Indien betroffen, wo geschätzt 18 Millionen Menschen starben. Auffällig war, dass in Indien (wie auch in den anderen Gebieten) anders als sonst bei der regelmäßigen "Herbstgrippe" nicht in erster Linie alte Menschen starben, sondern vor allem junge Erwachsene. Da der Auslöser nicht bekannt, wurde über die Ursachen wild spekuliert – in Italien etwa wurde vermutet, die Spanische Grippe könne auf deutsche Chemiewaffe zurückgehen. Wie sich später zeigen sollte, ging die Spanische Grippe tatsächlich auf einen neuen Virenstamm zurück – es handelte sich um eine Vogelgrippe, die (möglicherweise auf dem Umweg über Schweine) auf den Menschen übergesprungen war; wahrscheinlichster Entste­hungsort der Seuche waren die USA [3042]. Der Ausbruch, um die vom Ersten Weltkrieg ohnehin sehr belasteten Menschen nicht noch weiter zu verunsichern, zunächst herunter­gespielt (außer im neutralen Spanien, wo die Presse bald berichtete – was den Eindruck hervorrief, die Seuche sei zuerst in Spanien ausgebrochen, was ihr ihren irre­führenden Namen verschaffte). Medikamente oder Impfstoffe gegen die Seuche gab es ohnehin nicht, und das Verschweigen führte dazu, dass die damals einzig wirksame Maßnahme gegen die vorwiegend durch Tröpchen­infektion übertragene Seuche (Hygiene: Abstand halten - Hände waschen - Atemmaske tragen) viel zu spät einsetzte. So konnte die Spanische Grippe die entlegensten Orte der Welt erreichen (in Westsamoa wurde sie zum Beispiel mit einem Schiff aus Neuseeland eingeschleppt – obwohl beide Länder zum British Empire gehörten, hatte niemand die Samoaner gewarnt, nachdem die Seuche in Neuseeland ausgebrochen war. Mehr als jeder fünfte Inselbewohner starb). 

Auch bakterielle Folgeinfektionen, die auch bei der Spanischen Grippe oft auftraten, wurden oft nicht ausreichend behandelt, da viele Ärzte aufgrund des Krieges an der Front waren. Man kann nur spekulieren, wie viele Menschen nicht an der Spanischen Grippe gestorben wären, wenn diese Grippepandemie nicht im Ersten Weltkrieg ausgebrochen wäre, wie viele der Grippetoten also eigentlich den Toten des Ersten Weltkriegs zugerechnet werden müssten.

Die Zeit zwischen den Kriegen

Die Pariser Friedenskonferenz und ihre Folgen

Die Friedensbedingungen wurden in der Pariser Friedenskonferenz von den Sieger­mächten festgelegt – ohne Sowjetrussland: Lenins Vorstellungen von einer kommunistischen Umgestaltung der Welt waren mit den Vorstellungen der anderen Siegermächte zu weit entfernt. Auch Frankreich, das vor allem Deutschland ent­machten wollte, und die USA, deren Präsident Wilson von einer gleichberech­tig­ten, demokratischen Völkerfamilie träumte, hatten sehr unterschiedliche Vorstellungen, fanden aber einen Kompromiss. Dem Deutschen Reich und seinen Verbündeten wurde die alleinige Kriegsschuld zugesprochen; im Versailler Vertrag verpflichtete sich das Deutsche Reich, hohe Repara­tions­zahlungen zu leisten, abzurüsten und verlor unter anderem Elsass-Lothringen an Frankreich und (nach einer Volksabstimmung) Teile Ober­schlesiens an Polen. Das Osmanische Reich verlor im (niemals in Kraft getretenen) Vertrag von Sèvres alle nicht­türkischen Gebiete, Konstantinopel wurde unter internationale Kontrolle gestellt. Nach Kriegen mit Griechen­land, das sich die ihm zugesprochenen Gebiete in Westanatolien sichern wollte, aber von den Türken geschlagen wurde, wurden im Vertrag von Lausanne neue Grenzen festgelegt, und 1923 wurde die Republik Türkei ausgerufen. Unter seinem ersten Präsidenten, Mustafa Kemal Atatürk, wurde das Land zu einem säkularen, an Europa orientiertem Staat. Österreich verlor unter anderem Südtirol bis zum Brenner. Außerdem wurde einer Idee Wilsons folgend der Völkerbund gegründet, der zukünftig bei Konflikten zwischen Staaten vermitteln und so den Frieden dauerhaft sichern sollte. Allerdings wurden die Friedensverträge von den USA nicht ratifiziert, die daher selbst auch nie Mitglied im Völkerbund wurden. Das Fehlen dieser treibenden Kraft, und von Möglichkeiten, gefasste Entschlüsse auch durchzu­setzen, verhinderten, dass der Völkerbund die in ihn gesetzten Hoffnungen erfüllen konnte – er blieb ein Forum der kleinen und mittleren Mächte.

Der Nahe Osten

Für die arabischen Provinzen des Osmanischen Reichs wurden in der Konferenz der Siegermächte von San Remo 1920 Mandate (das heißt, die Verantwortung für die Verwaltung) an Frankreich (Syrien und Libanon) und Großbritannien (Palästina beiderseits des Jordan und Mesopotamien [Irak]) zugesprochen und 1922 vom Völkerbund ratifiziert; Ägypten wurde hingegen weitgehend unabhängig. In Palästina, wo seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Folge zunehmenden Antisemitismus' Juden aus Europa und Russland siedelten, sollten diese eine Heimstatt erhalten. Um diese auf das Gebiet westlich des Jordan zu beschränken, wurde Transjordanien 1921 abgetrennt. Eine verstärkte jüdische Zuwanderung konnte angesichts der beschränkten Ressourcen in Palästina aber nicht ohne Auswirkungen auf die arabische Bevölkerung bleiben, die wiederholt gegen die aus ihrer Sicht zu hohen Einwanderungsquoten protestierte; und als die Machtübernahme der Nazis in Deutschland die Einwanderung noch beschleu­nigte, verloren die Araber ihren Glauben an eine Verhandlungslösung: 1936 begann ein Aufstand mit Generalstreik, der von den Briten bis 1939 brutal niedergeschlagen wurde. Um die Araber aber angesichts des heraufziehenden Zweiten Weltkriegs nicht in die Arme der Deutschen zu treiben, wollten die Briten dann die Einwanderung beschränken – was für beide Seiten inakzeptabel war: die Araber wollten eine Stopp, die Juden angesichts von Pogromen wie der "Reichskristallnacht" eine höhere Quote. Radikale Zionisten erklärten Groß­britannien sogar zum Feind.

Im Irak hatten die Briten es mit Spannungen zwischen reichen Landbesitzern, osmanisch ausgebildeten Stadtbewohnern, Schiiten, Sunniten und Kurden zu tun; der eigentliche populäre König Faisal wurde nicht akzeptiert, da von den Briten eingesetzt. Die Kosten für die Verwaltung des Landes übertrafen nach Meinung vieler den Nutzen; 1930 einigten sich Großbritannien und der Irak auf eine durch Verträge eingeschränkte Unabhängigkeit. Ähnlich erging es Frank­reich: Im Libanon musste seit 1925 ein Aufstand der Drusen mit massiver Gewaltanwendung unterdrückt werden, nach der irakischen Unabhängigkeit kam es in Syrien 1936 zu einem Generalstreik; ein Gesetzentwurf zur Unabhängigkeit Syriens und des Libanon wurde in Frankreich aber 1939 unter dem Eindruck des heraufziehenden Zweiten Weltkriegs abgelehnt.

Sowjetunion und Stalin-Diktatur

In Russland hatten gegenrevolutionäre Gruppen vor allem in den Randgebieten des Landes mit Unterstützung der Allierten nach dem Frieden von Brest-Litowsk einen Bürgerkrieg gegen die Bolschewiki begonnen. Auch die unab­hängige Ukraine wurde zum Schauplatz dieses Bürgerkrieges. Hier hatte die deutsche Militärbehörde, als die erhofften Getreide­lieferungen ausgeblieben waren, die Regierung abgesetzt und ein neues Het­manat unterstützt. Dieses war wiederum im Dezember 1918 nach dem Abzug der Deutschen von der ukraini­schen Opposition gestürzt worden. Nach dem Zusammenbruch Österreich-Ungarns hatte eine im November 1918 in Lemberg proklamierte Westukraine sich im Januar 1919 der unabhängigen (Ost-)Ukraine angeschlossen; allerdings wollte Polen, das sich ebenfalls für unabhängig erklärt hatte, den Verlust Gali­zi­ens nicht hinnehmen und griff die Ukraine an, während Kiew in der Ostukraine im Februar erneut von dem Bolschewiki besetzt wurde. Am Ende erhielt Polen auf der Pariser Friedenskonferenz die Anerkennung seiner Unabhängigkeit und Galizien; die Rote Armee konnte (nachdem sie zweimal wieder aus Kiew ver­trie­ben worden war) die Westukraine unter ihre Kontrolle bringen. Im Vertrag von Riga wurde die Grenze zwischen Polen und Russland endgültig festgelegt; die Ukraine hatte ihre Unabhängigkeit wieder verloren. Auch Georgien, das sich 1918 für unabhängig erklärt hatte, wurde 1921 von der Roten Armee besetzt. Auch anderswo konnten die Bolschewiki den Bürgerkrieg mit hemmungslosen Gewalteinsatz – geschätzt sieben bis acht Millionen Menschen kamen in ihm ums Leben, die Bevölkerung Petrograds sank von 2,2 Millionen auf 700.000 – gewinnen.

Industrie und Landwirt­schaft lagen am Boden; Hungersnöte nach dem Ende des Bürgerkriegs forderten weitere fünf Millionen Opfer. Als Reaktion auf Auf­stände von Bauern und Matro­sen (Kronstädter Aufstand) wurden 1921 in Land­wirtschaft und Kleinindustrie wieder Privatbesitz zugelassen ("Neue Ökonomi­sche Politik"), die Macht der Kommunistischen Partei aber zementiert. Ende 1922 wurde die Union der sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR), kurz Sowjet­union, gegründet. Dieser gehörten auch die Ukraine und Georgien (bis 1936 mit Armenien und Aserbaidschan als Teil der Transkaukasischen SSR) an. Nachdem Lenin sich nach zwei Schlaganfällen aus der Politik zurückzog (er starb 1924), schaltete der Generalsekretär des Zen­tral­­komitees der Kommu­nistischen Partei, Josef Dschugaschwili, bekannt geworden als Stalin ("der Stählerne"), seine Gegner – vor allem Lenins Weggefährten und Bürger­kriegs­held Leo Trotzki – aus und wurde ab 1927 zum Alleinherrscher der Sowjet­union. Mit dem ersten Fünfjahresplan von 1927 endete die Neue Ökonomi­sche Politik; Stalin wollte mit Industrialisierung und Kollektivierung der Landwirtschaft den Sozialismus erzwingen. Dazu gehörte der Aufbau einer Schwer­industrie (mehr). Russland war kaum von der Weltwirtschaftskrise be­troffen, was dem Ansehen Stalins und des kommunis­tischen Wirtschafts­systems zu Gute kam: Im Westen fragte sich mancher, ob die freie Marktwirtschaft wirklich besser war. Den Preis dafür zahlten die Bauern: Ab 1929 beschleu­nig­te sich ihre Einglie­derung in Kollektiv­wirt­schaften (genossenschaftlich [Kolchosen] und staatlich [Sowchosen] organi­siert); wer sich wider­setzte, wurde deportiert.

Manche Bauern zerstörten lieber ihr Gerät und schlachteten ihre Tiere, als sie sich wegnehmen zu lassen. Die landwirtschaftliche Produktion brach ein; und um die Versorgung der Industriestädte zu sichern, erhöhte Stalin die Quote des Getreides, das abgeliefert werden musste. Sie wurde, obwohl 1932 auch noch schlechtes Wetter dazukam, brutal durch­gesetzt. Zum Teil wurde selbst das Saatgetreide für das nächste Jahr von staatlichen Suchtrupps mitgenommen. Wieder kam es zu einer einer Hungers­not, diesmal vor allem in den fruchtbaren Schwarzerdegebieten, in den das Getreide erzeugt wurde. bekam dies nicht, erneute Hungersnöte kosteten etwa fünf Millionen Menschen – vor allem in der Ukraine und Kasachstan – das Leben [3052]. Millionen Bauern verließen ihre Land, gingen in die Städte und suchten Arbeit in der Industrie. Jegliche Kritik wurde aber mit “Säuberungs­aktionen” unterbunden; diese kosteten weitere 1,5 Millionen Menschen das Leben und brachte Millio­nen Menschen in Straf- und Arbeitslager, wo noch einmal mehr als eine Millionen Menschen unter unmenschlichen Umständen starben – die Straf- und Arbeitslager wurden ge­zielt in den unwirtlichen Regionen im Norden und Sibirien angelegt, um die Rohstoffe dort auszubeuten. (Um die Lager zu füllen, wurden den Regionen Zielvorgaben für die Zahl der zu "enthüllenden" Verräter und Saboteure gemacht; gewünschte Geständnisse wurden durch Folter erzwungen.) Die Hun­gers­not endete erst, als Stalin 1933 – wohl aus Angst, ein Zusammenbrechen der Ukraine könnte die ganze Sowjetunion gefährden – Getreide in die Ukraine schickte; der Terror ging weiter.

Gleich­zeitig wurde in Moskau eine Metro eröffnet, deren Stationen Kathe­dra­len glichen: die Welt sollte sehen, dass die Sowjetunion den Anschluss ge­schafft hatte. (Den Hunger und die Straflager wollte die Welt dagegen nicht sehen: die Linken nicht, weil für sie grundsätzlich alle schlechten Nach­richten aus der Sowjetunion nur kapitalistische Propaganda sein konnten; die Rechten nicht, weil sie Gewalt als politisches Mittel etwa gegen streikende Arbeiter oder aufsässige Kolonialvölker für vertretbar hielten und selber einsetz­ten.)

Mao Zedong und die chinesische Revolution I

In China hatte der erste Weltkrieg nicht viel geändert, das Land litt vor allem auf dem Land weiterhin unter den Kriegen, mit denen warlords sich gegenseitig bekämpften. 1926 hatte sich die Kuomintang im südchinesischen Kanton wieder etabliert, und Sun Yatsens Nachfolger Chiang Kai-shek begann gemeinsam mit der 1921 gegründeten Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) einen Feldzug, um China wieder zu vereinen. Dieser gemeinsame Feldzug kam nur auf Druck der Sowjetunion zustande, die den chinesischen Genossen eine Einheitsfront mit der Kuonmintang befahlen. Im Unterschied zur Sowjetunion setzten die chinesischen Kommunisten aber nicht auf die zahlenmäßig schwache Arbeiterschaft als revolutionäre Klasse, sondern auf den Bauern. Sie ver­suchten daher, unter den Bauern kommunistische Gruppen zu organisieren und diese zum Aufstand zu bewegen. Das funktionierte auch, und den Truppen der Einheitsfront gingen Bauernaufstände voraus, die teils spontan waren, teils von einem Politbüromitglied der KPCh, Mao Zedong, angezettelt wurden. Diese Bauernaufstände spalteten Kuomintang und KPCh, die nie miteinander warm ge­worden waren: 1927 kündigte Chiang Kai-shek die Allianz mit der KPCh auf und begann, diese erbittert zu bekämpfen. Die Auseinander­setzungen wurden zu einem Bürgerkrieg, der – mit einer Unterbrechung – bis 1949 dauern sollte. Chiang Kai-sheks National­regierung saß in Nanking, konnte in den Folgejahren ihre Herrschaft über den Westen und Süden Chinas ausdehnen und strebte eine Modernisierung Chinas an. Mao Zedong, der aus dem Politbüro der KPCh ausge­schlossen wurde, setzte weiter auf die unzufriedenen Bauern auf dem Land und gründete in der Provinz Jiangxi die erste chinesische Sowjet­regierung. Als Japan 1931/32 die Mandschurei besetzte (hier), erklärte die Provinz Japan den Krieg; und forderte damit auch Chiang Kai-shek heraus, der die Kommunis­ten für eine größere Gefahr als Japan hielt – 1934 riegelte er Jiangxi ab. Mao entschloss sich zum Durchbruch, am 16. Oktober 1934 begann der “Lange Marsch”, der 86.000 Mann – Soldaten, Parteifunktionäre und Lastenträger – zu Fuß über 10.000 Kilometer erst nach Westen, dann nach Norden, über Berge und durch Sümpfe schließlich in die Provinz Shaanxi im Norden führte, wo noch 8.000 Mann, darunter Mao Zedong, ankamen. Chiang Kai-sheks Truppen blieben ihnen auf den Fersen, aber schließlich meuterten sie: Sie wollten nicht gegen die Kommunisten, sondern gegen Japan kämpfen. Kuomintang und KPCh bildeten erneut eine Einheitsfront, 1937 begann der Chinesisch-Japanische Krieg).

Der gewaltlose Kampf um die Unabhängigkeit – Indien

In Indien hatte 1920 der Rechtsanwalt Mohandas (genannt “Mahatma”) Gandhi die Führung des Indischen Nationalkongress übernommen, der sich seit 1885 für die Unabhängigkeit Indiens einsetzte. Gandhi, der fünf Jahre zuvor aus Südafrika zurückgekehrt war, rief dazu auf, britische Waren zu boykottieren; er spann selbst regelmäßig Baumwolle und ein Lendenschurz aus weißem Tuch wurde zu seinem Markenzeichen (Winston Churchill verhöhnte ihn später als "halbnackten Fakir"). Gandhi setzte, beeinflusst von Lew Tolstoi und Henry David Thoreau, auf "zivilen Ungehorsam" (er selbst nannte die Kampagne Satyagraha – "Macht der Wahrheit"); Gandhi war davon überzeugt, dass einhunderttausend Briten auf Dauer ohne die Hilfe der dreihundert Millionen Inder das Land nicht regieren könnten. Unter Gandhi gewann die Bewegung erheblich an Bedeutung, zumal ein Massaker, bei dem britische Soldaten 1919 beim Goldenen Tempel der Sikhs in Amritsar hunderte demonstrierende Inder, darunter viele Frauen und Kinder getötet hatten, die Inder radikalisierte. Gandhis “zivile Ungehorsam” schloss die Übertretung ungerechter Gesetze ein, lehnte aber weiterhin Gewalt ab. Er gilt seither als Musterbeispiel des gewaltlosen Widerstands. Ein Beispiel war der “Salzmarsch” von 1930: Aus Protest gegen das Salzmonopol der Briten zog Gandhi mit zum Schluss 2.500 Anhängern zur Küste und sammelte dort Salz – die Briten reagierten mit einer Verhaftungswelle.

Mahatma Gandhi auf dem Salzmarsch 1930

Mit einer Kampagne des gewaltlosen “zivilen Ungehorsams” trug Mahatma Gandhi dazu bei, dass Indien 1947 unabhängig wurde. (Foto: Der Salzmarsch (hier) von 1930; Fotograf unbekannt,  aus wikipedia. Public Domain) 

Der Salzmarsch fand aber schon ohne die Muslime statt. Gandhi war Hindu, wollte aber einen säkularen Staat. Aber um die Inder zu einen, beschwor er immer wieder die mythischen Zeiten, in denen Indien vom Hindu-Gott Rama regiert wurde. Bei den indischen Muslimen, die bereits 1906 ihre eigene Liga gegründet hatten, wuchs daher das Misstrauen gegen Gandhi. Immerhin gewährten die Briten mit dem India Act von 1935 dem Land Provinzialwahlen: bei diesen Wahlen im Jahr 1936 gewann der Nationalkongress unter dem neuen Präsidenten Jawaharlal Nehru (der eng mit Gandhi zusammenarbeitete) bei Provinzialwahlen 7 von 9 Provinzen, die Muslimliga war der große Verlierer. Deren Präsident Mohammed Ali Jinnah begann daraufhin immer stärker, auf die Gründung eines unabhängigen Muslimstaates hinzuarbeiten.
(Wie es in Indien weiterging, steht hier.)

Die Weltwirtschaftskrise

Die Kriegsanstrengungen der Siegermächte waren zu einem guten Teil aus den USA finanziert worden. Außerdem hatten die USA und Lateinamerika ihre Wirtschafts­produktion ausgeweitet, um die Ausfälle in Europa auszugleichen. Als hier die Wirtschaft nach dem Krieg langsam wieder anlief, kam es allmählich zu einem Überangebot – die Preise fielen. In den USA gingen immer mehr Unternehmen pleite und entließen ihre Mitarbeiter; Landwirte konnten ihre Kreditzinsen nicht mehr zahlen. Im Oktober 1929 kam es zu einem Börsenkrach. Da auch viele Anleger ihre Aktien über Kredite finanziert hatten, zogen die USA ihre Kredite aus Europa zurück, um die Banken zu retten – und machten die Krise damit zur Weltwirtschaftskrise. In den USA waren 1932/33 etwa ein Viertel der arbeits­fähigen Bevölkerung arbeitslos (und ohne jede staatliche Unterstützung), viele gingen als Wanderarbeiter nach Kalifornien (wo sie auf die Farmer trafen, die der Dust Bowl aus der Großen Ebene vertrieben hatte). In Deutschland stieg die Zahl der Arbeitslosen bis Ende 1930 auf 5 Millionen (ebenfalls etwa 25 Prozent). Die Folgen der Weltwirtschaftskrise sollten sowohl dem Kommunismus als auch dem Faschismus Rückenwind verleihen.

Die Geburt des Faschismus

Italien gehörte zu den Siegermächten, aber das Land war am Ende des Krieges wirtschaftlich und finanziell ruiniert; seine Gewinne in der Friedens­regelung entsprachen nicht seinen Erwartungen. Dagegen protestierte die nationalis­tische Rechte im Land, und nach einem “Marsch auf Rom” beauftragte der König deren Anführer Benito Mussolini mit der Regierungsbildung. Bis Ende 1926 baute er seine Macht zu einer diktatorischen aus; Italiens Bedeu­tung wollte er mit Gewalt ausweiten: “Nur der Krieg bringt alle menschlichen Energien zur Anspan­nung und drückt den Völkern, die die Tugend haben, dem Krieg ins Gesicht zu sehen, das Siegel des Adels auf.”

Auch in Deutschland wurde der Kriegsausgang als Demütigung angesehen. Nach der Novemberrevolution (in Kiel weigerten sich Matrosen, wie von der Marine­leitung angeordnet in einem letzten Gefecht gegen England glorreich unter­zugehen; innerhalb weniger Tage folgte hierauf die Bildung von Soldaten- und Arbeiter­räten in ganz Deutschland) und der hierauf folgenden Abdankung des Kaisers war die Weimarer Republik entstanden; deren politische Orientierung blieb aber umstritten (Stichworte: Spartakusaufstand, Münchener Räterepub­lik, Kapp-Putsch). Außenpolitische (Ruhrkrise 1923) und innen­politische Probleme (Inflation) schwächten sie zusätzlich. Der wirtschaft­liche Nieder­gang und das soziale Elend als Folge der Weltwirtschaftskrise führten schließ­lich zu den ersten Wahlerfolgen der von Adolf Hitler ange­führten NSDAP, die 1932 mit 37,3 Prozent zur stärksten Partei im Reichstag wurde. Sie versprach eine scheinbar einfache Lösung für die deutschen Probleme: die Expansion nach Osten. Dort sah sie Lebensraum für die "gesunde deutsche Familie" mit vielen Kindern. 1933 wurde Hitler Kanzler einer Koalition mit anderen rechten Parteien; und als 1934 der Reichspräsident Paul von Hinden­burg starb, wurde Hitler faktisch Alleinherrscher. In Deutsch­land begann die Verfolgung der politischen Opposition, der Juden (vom ersten Boykott jü­disch­­er Geschäfte im April 1933 bis zur Reichspogromnacht 1938, die die völlige Entrechtung der Juden einleitete), die Unterdrückung der Gewerk­schaften und die Errichtung von Konzentrationslagern; Gesetze konnten von der Regierung ohne Zustimmung des Reichstags erlassen werden. Innenpolitisch begann mit Autobahnbau und Rüstungsproduktion aber ein wirtschaftlicher Aufschwung, der dem Regime die Zustimmung (oder zumindest die schweigende Tolerierung) einer breiten Mehrheit der Bevölkerung sicherte. Außenpolitisch war Hitler entschlossen, den Versailler Vertrag auszuhebeln und ließ keinen Zweifel an den Mitteln; 1936 verfügte er: “I. Die deutsche Armee muss in vier Jahren einsatzfähig sein. II: Die deutsche Wirtschaft muss in vier Jahren kriegsfähig sein.” Das war kein Gerede: Im März 1936 besetzten deutsche Truppen das Rheinland, im März 1938 marschierten sie in Österreich ein und im Oktober in den deutschsprachigen Teil der Tschechoslowakei.

Vorzeichen des Zweiten Weltkriegs

Wie Italien und Deutschland fühlte sich auch Japan in der Nachkriegsordnung zu kurz gekommen, insbesondere das Scheitern seines Anliegens, einen Anti­rassismus-Artikel in die Satzung des Völkerbundes aufzunehmen, wurmte das Land. Auch hier führte dieses – und wirtschaftliche Krisen von 1927–1932 – zu einem Erstarken der Nationalisten. 1931/32 besetzte Japan die Mandschu­rei, es war der erste Versuch, die Nachkriegsordnung militärisch zu ändern. Die Sieger­mächte wollten noch unter dem Eindruck der Kriegsfolgen den Frie­den wahren und hofften, mit Konzessionen die unzufriedenen Staaten zufrieden stellen zu können; und der Völkerbund konnte gegen den Angriff nur protes­tie­ren – andere Mittel hatte er nicht. Diese Politik funktionierte nicht: Japan trat aus dem Völkerbund aus, schloss 1936 ein Vertrag mit Nazi-Deutsch­land und reagierte 1937 auf die Bildung der chinesischen Einheits­front mit dem Einmarsch in Peking. Damit begann der Japanisch-Chinesische Krieg, der zum Vernichtungs­feldzug wurde (Schätzungen liegen bei 20 Million­en Toten, vor allem Zivil­isten) und nach Pearl Harbor als “Pazifikkrieg” zum Bestandteil des zweiten Weltkriegs werden sollte (siehe unten).

In Spanien war 1936 nach der Militärrevolte General Francos ein Bürgerkrieg ausgebrochen, in dem Deutschland und Italien auf Seiten Francos eingriffen. Die westeuropäischen Republiken hielten sich jedoch zurück, nur die UdSSR (und Verbände von Freiwilligen aus vielen Ländern) unterstützten die Repub­lik. Deutschland führte mit der Bombardierung ziviler Ziele wie der Stadt Guernica eine neue Stufe der Grausamkeit in den Krieg ein. Dass die UdSSR über ihr Engagement in Spanien zunehmenden Einfluss erhielt, verschreckte aber die Westmächte. Zur Münchener Konferenz 1938, auf der die Westmächte den Deutschen entgegenkommen wollten und auf der sie ihnen das über­wiegend deutschsprachige Sudetenland in der Tschechoslowakei zugestan­den, wurde die UdSSR nicht eingeladen. Diese Spaltung nutzte Deutschland: Hitler bot Stalin einen Nichtangriffspakt an, der am 23. August 1939 unterzeichnet wurde. In einem geheimen Zusatzprotokoll teilten sie Polen in deutsche und sowjetische Interessengebiete auf­. Damit fühlte sich Hitler vor einem Zweifrontenkrieg geschützt und konnte zur Tat schreiten.

Der Zweite Weltkrieg

Am 1. September 1939 überfiel die deutsche Wehrmacht Polen. Die Beschwich­tigungs­politik war damit auch in Europa gescheitert, und am 3. September erklärten Großbritannien und Frankreich Deutschland den Krieg, und Präsident Roosevelt (der dies aufgrund der Neutralitätsgesetze nicht tun konnte) ver­sicherte den Westmächten die Solidarität der USA. Doch zunächst konnte Deutsch­land Polen als Staat vernichten, besetzte 1940 Norwegen und Dänemark und begann (die Niederlande, Luxemburg und Belgien überrennend) eine Offen­sive gegen Frankreich; nach gut einem Monat war Paris eingenommen und einen Monat später unterzeichnete Marschall Pétain einen Waffenstillstand. Die deutsche “Blitzkriegs-Strategie” schien aufzugehen, nur Großbritannien war noch nicht geschlagen. Am 17. September 1939 war auch die Sowjetunion in "ihren" Teil Polens einmarschiert und hatte in der Folge viele der nach der Revolution verlorenen Gebiete aus dem Zarenreich wie die baltischen Staaten sowie Bessarabien und die Nordbukowina (beide Teile des historischen Fürs­ten­tums Moldau, aus denen nun die Moldauische SSR gebildet wurde) erobert. Stalin begründete letztere mit der Schutz der dort lebenden Ukrainer und Weiß­russen vor einem deutschen Einmarsch, belie­ferte Deutschland aber gleich­zeitig mit Rohstoffen und Lebensmitteln.

Trotz­dem begann Hitler, nachdem im Westen mit der Niederlage im Luftkrieg gegen England kein schneller Sieg möglich war und in Umsetzung des Traums vom Lebensraum im Osten das “Unternehmen Barbarossa”, die Nieder­werfung der Sowjetunion. Im Juni 1941 begann (ohne Kriegserklä­rung) der Feldzug. Unter­dessen hatte Japan die Nieder­lage Frankreichs und der Nieder­lande genutzt, deren Kolonien zu beset­zen und sich im September 1940 mit dem “Dreimächte­pakt” Deutschland und Italien angeschlossen. Während sich in China vor allem die Truppen im kommunistischen Norden noch gegen Japan wehrten, rückten im Juli 1941 japanische Truppen in Saigon ein. Daraufhin verhängten die USA ein Handels­embargo gegen Japan, dass das Land vom Ölnachschub abschnitt. Um die Ameri­ka­ner zu zwingen, dieses Ölembargo aufzuheben, trat Japan am 1. Dezem­ber offiziell in den Krieg ein; am 7. Dezember griff es die amerikanische Pazifik­flotte, die in Pearl Harbor auf Hawaii lag, an. Gleichzeitig begann eine japanische Offensive gegen Hong­kong, Singapur, die Philippinen und  Thailand. Der Krieg war endgültig zum Weltkrieg geworden, zumal nach dem Angriff auf Pearl Harbor die Amerikaner in ihn eintraten.

Unterdessen war die Wehrmacht, der es anfänglich immer wieder gelungen war, sowjetische Verbände einzukesseln, bis vor die Tore Moskaus gelangt. Hier kam der Vormarsch aber ins Stocken – unter anderem, da ihr Treibstoffnach­schub mit dem Verbrauch auf den schlechten russischen Straßen nicht mitkam. Zudem hatten die Sowjettruppen gelernt und ließen sich nicht mehr einkes­seln. Dafür funktionierte in den er­oberten Ge­bieten die Strategie der “Aus­rottung”, die vor allem die jüdische Bevölke­rung und die “kommunistische Intelligenz” traf; diese verordnete Gewalt gegen die Zivilbevölkerung führte zu einer Spirale aus Gewalt und Gegengewalt, die den ganzen Krieg prägen sollte (und am Ende auf die deut­sche Bevölkerung selbst zurückfiel). So be­schloss Hitler im Winter 1941, Leningrad (wie Sankt Peters­burg/Petrograd seit 1924 hieß) nicht zu erobern, sondern zu belagern, um die Bevölkerung nicht versorgen zu müssen. Die Blockade wurde bis Januar 1944 aufrechterhal­ten, sie kostete über eine Million Menschen das Leben. 1942 konnte Deutsch­land in Osteuropa und Nord­afrika noch einmal Siege feiern, ein Vorstoß gegen Stalingrad scheiterte jedoch. Die Schlacht von Stalingrad im Winter 1942/43, die den deutschen Marsch in den Kaukasus beendete, brachte die Wende in Russ­land: Die Sowjetsoldaten sollten die Deutschen bis zum April 1945 bis nach Berlin treiben, wobei die Deutschen versuchten, im Land so viel Schaden wie möglich anzurichten (“ver­brannte Erde”); und auch die Sowjetsoldaten an­gesichts des deutschen Verhaltens die deutsche Zivilbevölkerung nicht schon­ten.

Auch in Nordafrika wendete sich Ende 1942 das Blatt, im Mai 1943 mussten sich die letzten Deutschen und Italiener in Nordafrika ergeben. Im Juli 1943 landeten britische und amerikanische Truppen auf Sizilien, Mussolini wurde verhaftet und am 3. September vereinbarten die Alliierten und Italien einen Waffenstillstand. Unterdessen war durch den strategischen Bomberkrieg der Alliierten der Krieg auch in Deutschland angekommen, Treibstoffnachschub und Kriegswirtschaft wurden schwer beeinträchtigt. Auch die Briten und Amerika­ner versuchten zudem nun – wie zuvor Deutschland (Warschau, Rotterdam, Coventry) – die Moral der Bevölkerung durch Flächenbombardements zu zer­stören; erstes Opfer dieser Strategie war die Stadt Hamburg, am 13./14. Februar 1945 starben in Dresden 25.000 Menschen. Deutschland versucht, dem mit der Propaganda vom “Totalen Krieg” und der “Wunderwaffe”, der V2-Rakete, etwas entgegenzusetzen. Am 6. Juni 1944 war jedoch die Landung der West­alliierten in der Normandie erfolgt, im März 1945 überquerten sie den Rhein; im Januar 1945 begann die Rote Armee ihre Großoffensive und erreichte im April Wien und Berlin: Im Mai 1945 kapitulierte Deutschland, der Krieg in Europa war vorbei.

Die Japaner hatten weder die Hafenanlagen noch das Erdöllager von Pearl Har­bor vernichtet, und so schwamm die amerikanische Pazifikflotte bald wieder. Bereits 1942 konnte sie in der Schlacht bei den Midway-Inseln erste Erfolge gegen Japan verzeichnen. Wie technisiert der Krieg inzwischen war, wird daran erkennbar, dass die Flugzeugträger, von denen die Angriffe ausgingen, sich außer Sichtweite voneinander befanden. Die technische Überlegenheit der Amerikaner gab den Ausschlag, das Kaiserreich war zum Untergang verdammt. Es setzte aber auf die japanische Kriegerethik (“Bushido”), den “heldenhaften” Kampf notfalls bis in den Untergang. Sie setzten auf Kamikaze-Flieger, die sich in Selbstmord-Aktionen mit ihren Flugzeugen auf feindliche Schiffe und Stellungen stürzten; und alleine die Schlacht um die Insel Okinawa im Früh­jahr 1945 kostete 120.000 Menschen (darunter 1.500 Kamikaze-Piloten) das Leben. Ganze Schulklassen sprangen lieber von den Klippen ins Meer, als sich den Amerikanern zu ergeben. Derartiger Fanatismus ließ die Amerikaner vor einer Invasion auf den Haupt­inseln zurückschrecken: Obwohl Japan kampf­unfähig und viele Japaner kapitu­lationswillig war, gab Kaiser Hirohito An­weisung, seine Insignien bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen: so endete der Krieg erst nach den Ab­wür­fen der Atombomben von Hiroshima und Nagasaki am 6. und 9. August 1945. Am 10. August schickte Hirohito ein Kapitulationsangebot an die Alliierten.

Im Zweiten Weltkrieg starben mehr als 52 Millionen Menschen, davon etwa 25 Millionen Zivilisten (die Zahl ist nicht genau bekannt und die Schätzungen schwanken). 27 Millionen Tote hatte alleine die Sowjetunion zu beklagen. Von den Kriegstoten waren mindestens sechs Millionen Opfer des nationalsozialis­tischen Rassenwahns – Behinderte, Zigeuner, Homosexuelle und zahlenmäßig besonders bedeutsam: Juden. Viele weitere Millionen Menschen blieben dauer­haft versehrt. Und über 50 Millionen Europäer verloren ihre Heimat: Durch die Zwangsumsiedelung von Polen, die Deportation von Volksdeutschen und “unzuver­lässigen Völkern” nach Sibirien durch Stalin, die Zwangsrekrutierung von Millionen “Fremdarbeitern” für die deutsche Kriegswirtschaft und am Ende mehr als zwölf Millionen Vertriebene und Flüchtlinge. Weitere 2,5 Millionen Menschen überlebten die Flucht nicht. Viele europäische und asiatische Groß­städte wie Hamburg, Warschau oder Manila waren zerstört. Besonders betroffen war Osteuropa, wo sowohl die deutschen als aus die sowjetischen Truppen "ver­brannte Erde" hinterlassen hatten. Auch Industrieanlagen und insbe­sondere Verkehrswege waren schwer beschädigt: in Frankreich waren etwa Eisenbahn und Handelsflotte nur noch zu 35 Prozent betriebsfähig, auch die Industrieproduktion erreichte 1945 nur 35 Prozent des Vorkriegswerts. 1946/1947 mussten in Europa ca. 100 Millionen Menschen mit 1.500 Kilo­kalorien pro Tag oder weniger auskommen: Es herrschten Hunger, Kälte und elementare Not.

Der Holocaust

Der Völkermord an rund 6 Millionen Juden, der seit 1941 – und seit 1942 auch mit industriellen Methoden – mit dem Ziel der Vernichtung aller Juden im deutschen Herrschaftsbereich durchgeführt wurde, war nach dem Krieg und bis weit in die 1970er Jahre in Deutschland ein weitgehend verdrängtes Thema. Das änderte sich 1979 mit der Ausstrahlung der vierteiligen US-Serie "Holocaust" in Deutschland: Obwohl diese nach heftigem Widerstand vor allem von CDU-Politikern und der Drohung des Bayerischen Rundfunks, bei einer Ausstrahlung im Ersten Fernsehprogramm der ARD auszusteigen und eine andere Sendung zu zeigen, nur im Dritten Programm und nicht direkt nach der Tages­schau, sondern erst um 21.00 Uhr gezeigt wurde, sahen über 20 Milli­onen Menschen mindestens eine Folge, etwa die Hälfte von ihnen alle vier Folgen. Die meisten Zuschauer gaben anschließend an, Neues über den National­sozialismus gelernt zu haben, etwa über die Grausamkeit der Judenverfolgung (31 %), über Konzentrations­lager oder die "Endlösung" (je 22 %). Mit der Ausstrahlung begann eine intensive Auseinandersetzung über den National­sozialismus, auch und vor allem in Familien.

Die Serie führte auch dazu, dass die bis dahin von CDU/CSU und FDP befür­wortete Verjährung von NS-Massenmorden im Juli 1979 mit den Stimmen einer kleinen Gruppe von christlich-liberalen Abgeordneten aufgehoben wurde. In den USA, wo die Serie 1978 zuerst ausgestrahlt worden war, berief Jimmy Carter eine Kommission ein, die über eine Holocaust-Gedenkstätte nachdenken sollte (das Nachdenken führte zum 1993 ein Washington eröffneten United States Holocaust Memorial Museum); auch in Deutschland wurden in der Folge einige Gedenkstätten neugebaut oder ausgestaltet. Dennoch blieb die Deutung in Deutschland lange umstritten, insbesondere konservative Kreise ver­suchten noch bis in die 1990er Jahre, ihn mit dem – angeblich tabuisierten – Leiden der deutschen Vertriebenen gleichzusetzen.

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Nachkriegsordnung, Kalter Krieg und Umweltbewegung (1945 – 1991)

© Jürgen Paeger 2006 – 2022

Den Ausdruck “Urkata­strophe des 20. Jahrhunderts” hat nach dem zweiten Weltkrieg der US-Diplomat und Histo­riker George F. Kennan geprägt.
Mit der Oktober­revolution, die vom Ersten Weltkrieg mit ausgelöst wurde, begann die Spaltung in kapitalistische und kommunistische Welt; auf die Folgen des Vertrages von Versailles führen viele Historiker die Machtübernahme von Hitler und damit den Zweiten Weltkrieg zurück.

Bolschewiki bedeutet “Mehrheitler”; der Begriff entstand, als auf dem zweiten Parteitag der Arbeiterpartei diejenigen die Mehrheit erhielten, die einen Umsturz in Russland forderten. Ihnen gegenüber standen die “Men- schewiki” (Minder- heitler), die auf Reformen setzten.

“Es war notwendig, des Fes zu beseiti­gen, der auf unseren Köpfen saß wie ein Zeichen der Unwis­senheit, des Fana­tismus, des Hasses auf den Fortschritt der Zivilisation, und an seine Stelle den ... Hut zu setzen und unter anderem dadurch zu zeigen, dass zwischen der tür­kischen Nation und der großen Familie der Zivilisation kein Unterschied in der Denkweise bestand.” (Atatürk, der mit einem “Gesetz über das Tragen von Hüten” Turban und Fes aus dem öffentlichen Leben verbannte)

Die Terrormethoden in den sowjetischen Straflagern werden in Aleksandr Sol­schenizyns drei­bändigem Werk “Der Archipel Gulag” detailliert be- schreiben. 

Faschismus kommt von ital. fascio, was eigentlich “Bund” bedeutet. Namens­gebend für die Bewegung wurde Mussolinis “fascio di combattimento” (Kampfbund), bald wurde das Wort zum Oberbegriff für alle Varianten dieser Richtung, die nationalistische und sozialistische Ideen verschmolz und sich zu Gewalt und diktatorischer Machtausübung be­kannte.

Die von der japa­nischen Armee auf ihrem Vormarsch in der Stadt Nanjing verübten Gräueltaten wurden zum Synonym für japanische Kriegsverbrechen: Über 100.000 Chine­sen wurden auf teils bestialische Art um­gebracht, etwa indem sie als lebendige Objekte bei Bajo­nett­übungen benutzt oder lebendig verbrannt wurden.

Deutschland erfand auch den industriel­len Massenmord: Ab dem September 1941 wurden in den Gas­kam­mern der Konzen­tra­tionslager von Auschwitz Menschen geplant mit dem Gift Zyklon B vergast. Dieses Morden sollte die seit Frühjahr 1941 geplante “End­lösung der Juden­frage” – ihre Aus­rottung – beschleu­nigen. Siehe auch >> hier