Hintergrundinformation
Eine kleine Geschichte der Menschheit
Die beiden großen Weltkriege
(1914 – 1945)
Anfang des 20. Jahrhundert war die Welt
soweit zusammengewachsen und verfügte über derartige technische
Möglichkeiten, dass die Menschheit auch globale Katastrophen
auslösen konnte. Einen Vorgeschmack gab der
Erste Weltkrieg, in dem erstmals mit industriellen Methoden
getötet wurde (Abbildung: Soldatenfriedhof von Douaumont bei Verdun,
auf dem 16.142 Soldaten begraben sind. Im Beinhaus sind weitere
130.000 unbekannte Soldaten bestattet. Ausschnitt aus einem Foto von
Stephan Brunker, aus
wikipedia, abgerufen 8.2.2009, Lizenz:
GNU-FDL).
Der erste Weltkrieg
Die
Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien löste eine
Kettenreaktion aus: Russland, das sich als Schutzmacht der Slawen
sah, trat in den Krieg ein, was wiederum für Deutschland den
Bündnisfall auslöste. Deutschland hatte Österreich-Ungarn zuvor im
Falle eines Angriffs auf Serbien "volle Unterstützung" zugesagt
hatte; dieser Blankoscheck gilt als eine wesentliche Ursache, warum
ein eigentlich lokaler Konflikt zum Weltkrieg werden konnte und
begründet Deutschlands besondere historische Verantwortung für
diesen Krieg. Jetzt fürchtete Deutschland jedoch einen
Zweifrontenkrieg. Daher wollte es (dem "Schlieffen-Plan" folgend)
Frankreich ausschalten, bevor die Russen ihre Truppen vollständig
mobilisiert hatten. So erklärte Deutschland auch Frankreich den
Krieg. Für einen schnellen Sieg über Frankreich musste das neutrale
Belgien überrannt werden. Die belgische Neutralität wurde von
Großbritannien garantierte, das daraufhin ebenso in den Krieg
eintrat. So waren innerhalb weniger Tage alle europäischen
Großmächte in den Krieg verstrickt.
Bei Beginn des Krieges glaubten viele noch an einen schnell zu Ende
gehenden “Blitzkrieg”; stattdessen wurde er zur “Urkatastrophe des
20. Jahrhunderts”. Die Hoffnung auf einen Blitzkrieg stützte sich
auf die Errungenschaften der
Industriellen Revolution: Lastwagen konnten Truppen und
Nachschub viel schneller als in früheren Kriegen befördern. Aber
es kam ganz anders: Maschinengewehre, die 600 Kugeln pro Minute
feuern konnten, mähten die Soldaten zu Tausenden um. Die Gewehre
waren aber schwer, sie mussten vor Gebrauch aufgebaut und von zwei
Soldaten bedient werden: sie waren keine Angriffs-, sondern
Verteidigungswaffen. Dazu kam die Artillerie: leichte Feldgeschütze
konnten bis zu 30 Granaten pro Minute abfeuern, schwere Geschütze
wie Krupps "Dicke Bertha" Dutzende Kilometer weit schießen und
Bunkermauern durchschlagen. Gegen diese Waffen gab es für die
Soldaten nur einen Schutz: sie verschanzten sich in Gräben und
hinter Wällen. Der Krieg wurde zum Stellungskrieg; der kleinste
Geländegewinn wurde mit Tausenden von Toten bezahlt. Schon in
Belgien trafen die Deutschen auf unerwartet heftigen Widerstand; und
bald war absehbar, dass es zum Zweifrontenkrieg kommen würde, den
die deutschen Militärs vermeiden wollten, weil er nicht zu gewinnen
war. Einen Plan B hatten sie aber nicht, und die hohe Zahl an
Kriegsopfern machte auch Verhandlungen unmöglich – die Toten sollten
nicht umsonst gestorben sein. So wurde der Krieg fortgesetzt und
nahm totale Züge an: In der Schlacht von Verdun wurden 700.000
Soldaten verwundet oder getötet (in der Gedenkstätte Ossuaire
[Beinhaus] de Douaumont wurden die Knochen von 130.000 nicht
identifizierten Soldaten beigesetzt, Abbildung);
noch heute ähnelt die Natur dort einer kraterüberzogenen
Mondlandschaft. In der Schlacht an der Somme 1916 starben sogar über
eine Million Soldaten. Auch an der Ostfront und während der Schlacht
au der türkischen Halbinsel Gallopoli verschanzten sich die Soldaten
monatelang in Gräben; dort starben insgesamt sogar mehr Menschen als
an der Westfront.
Unterdessen war der Krieg zum Weltkrieg geworden: Frankreich
mobilisierte 500.000 Mann aus seinem Kolonialreich, vor allem aus
Westafrika und Algerien; Großbritannien zog 1,4 Millionen Inder zum
Kriegsdienst heran; und die britischen Dominions Australien,
Neuseeland, Kanada und Südafrika stellten weitere 1,2 Millionen
Soldaten; sie bildeten gemeinsam mit Russland die "Entente". Noch
1914 hatte Japan dem Deutschen Reich den Krieg erklärt (und
gemeinsam mit Australien und Neuseeland die ostasiatischen Kolonien
um Deutsch-Neuguinea und das chinesische "Pachtgebiet" Kiautschou
besiegt), das Osmanische Reich und 1915 Bulgarien waren an der Seite
Deutschlands und Österreich-Ungarns in den Krieg eingetreten; diese
Kriegspartei wurde als "Mittelmächte" (aufgrund der geografischen
Lage Deutschlands und Österreich-Ungarns) bezeichnet. Italien,
Portugal, Rumänien und Griechenland traten ebenfalls in den Krieg
ein, und schließlich 1917 die USA und China sowie einige
südamerikanische Staaten.
Um den Stellungskrieg zu überwinden, hatte Deutschland bereits im
April 1915 erstmals Giftgas eingesetzt, wenige
Monate später folgten Briten, Franzosen und Russen. Aber es waren
andere technische Entwicklungen, die den Krieg entscheiden sollten:
1916 brachten die Briten die ersten Panzer nach Frankreich, und
diesen sollte es schließlich gelingen, die Front zu durchbrechen.
Dazu kamen die Flugzeuge, die zuerst zur Aufklärung, später auch zur
Bombardierung des Feindes genutzt wurden. Dabei wurde auch vor
dem Bombenkrieg auf Städte nicht zurückgeschreckt, Deutschland
begann 1914 mit Abwürfen über Antwerpen und später über Paris und
London. Einer Handelsblockade gedachte Deutschland mit
U-Boot-Angriffen zu begegnen, stellte diese aber ein, nachdem sie
die Lusitania mit 1.200 Menschen an Bord versenkten, darunter über
100 Amerikaner. 1917 nahm Deutschland den U-Boot-Krieg wieder auf,
um Großbritannien den Nachschub abzuschneiden. Der kam aber auch
aus den USA, und Angriffe auf US-Frachter lösten den Kriegseintritt
der Amerikaner aus. Dieser sollte kriegsentscheidend sein:
Amerikaner, Briten und Franzosen organisierten jetzt ihren Nachschub
an Öl, Panzern und Flugzeugen gemeinsam; damit waren sie in der
Materialschlacht überlegen. Das Zarenreich Russland trug dazu wenig
bei: Seine westlichen Teile waren besetzt, seine Kommandeure waren
unfähig (bis zu ein Viertel der Soldaten wurden unbewaffnet an die
Front in den sicheren Tod geschickt) und das Volk lebte bei
miserabler Versorgungslage im Elend.
Dabei hatten Adel und Bürokratie schon in der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts erkannt, dass Russland hinter West- und Mitteleuropa
mit seiner Industrialisierung zurückzubleiben drohte (>> mehr).
Aber die Veränderungen blieben halbherzig; und die militärischen
Niederlagen sowie die schlechte Versorgung der Städte mit
Nahrungsmitteln während des Ersten Weltkriegs ließen das Ansehen des
Zaren (seit 1894 war dies Nikolaus II.) weiter sinken. Die Februarrevolution
1917 in Petrograd (wie Sankt Petersburg seit 1914 hieß) beendete die
Zarenherrschaft. Aus dem Vorkriegsparlament Duma wurde eine
Regierung gebildet, daneben traten Arbeiterräte (Sowjets); beide
blockierten sich gegenseitig. Im Oktober 1917 putschten sich die Bolschewiki
um Wladimir Lenin und Leo Trotzki an die Macht: Der
Grundbesitz wurde zur Neuverteilung eingezogen, Beamtentum und
Dienstgrade in der Armee abgeschafft, die Fabriken unter die
Kontrolle von Arbeiterräten gestellt und die Gerichte von
Revolutionstribunalen abgelöst. Um ihre Macht zu sichern,
schlossen die Bolschwiki im Dezember einen Waffenstillstand mit
Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich, im März 1918 folgte der Frieden
von Brest-Litowsk, mit dem Russland große Gebiete im Westen
und Süden – im Baltikum und der Ukraine – verlor. Estland, Lettland
und Litauen wurden unabhängig. In der Ukraine hatte schon im Juni
1917 ein Bauernkongress die Unabhängigkeit gefordert; eine im
Herbst erklärte Unabhängigkeit als Teil einer russischen Föderation
akzeptierten die Bolschewiki aber nicht und schickten die Rote
Armee. Daraufhin hatte die Ukraine im Januar 1918 ihre vollständige
Unabhängigkeit erklärt, und fand Unterstützung bei den
Mittelmächten, die sich Getreidelieferungen aus einer unabhängigen
Ukraine erhofften. Ab März 1918 gab es also erstmals einen modernen
ukrainischen Staat.
Der Frieden von Brest-Litowsk änderte aber nichts am Ausgang des
Krieges: Erst zwangen alliierte Verbände im September Bulgarien in
die Kapitulation; einen Monat später gab die neue osmanische
Regierung auf; Österreich-Ungarn zerfiel – Jugoslawien [3036]
und die Tschechoslowakei erklärten im Oktober ihre Unabhängigkeit;
und an der Westfront durchbrachen die Alliierten mit Hilfe der
amerikanischen Panzer endgültig die deutsche Linie. Im November
1918 unterzeichneten schließlich Deutschland und seine Verbündeten
den Waffenstillstand. Am Ende des Ersten Weltkriegs standen über
8,5 Millionen tote und 21 Millionen verwundete Soldaten sowie acht
Millionen Kriegsgefangene und Vermisste; dazu kommen das Sterben,
Leiden und Hungern der Zivilbevölkerung (die Zahl der zivilen
Toten ist schwer zu erfassen, vermutlich betrug sie noch einmal 5
Millionen). Das Massensterben war vollkommen sinnlos: Eine Lösung
hatte der Krieg für keines der Vorkriegsprobleme gebracht.
Die Zeit zwischen den Kriegen
Die Pariser Friedenskonferenz und ihre Folgen
Die Friedensbedingungen wurden in der Pariser Friedenskonferenz von
den Siegermächten festgelegt – ohne Sowjetrussland: Lenins
Vorstellungen von einer kommunistischen Umgestaltung der Welt waren
mit den Vorstellungen der anderen Siegermächte zu weit entfernt.
Auch Frankreich, das vor allem Deutschland entmachten wollte, und
die USA, deren Präsident Wilson von einer gleichberechtigten,
demokratischen Völkerfamilie träumte, hatten sehr unterschiedliche
Vorstellungen, fanden aber einen Kompromiss. Dem Deutschen Reich und
seinen Verbündeten wurde die alleinige Kriegsschuld zugesprochen; im
Versailler Vertrag verpflichtete sich das Deutsche
Reich, hohe Reparationszahlungen zu leisten, abzurüsten und verlor
unter anderem Elsass-Lothringen an Frankreich und (nach einer
Volksabstimmung) Teile Oberschlesiens an Polen. Das Osmanische
Reich verlor im (niemals in Kraft getretenen) Vertrag von Sèvres
alle nichttürkischen Gebiete, Konstantinopel wurde unter
internationale Kontrolle gestellt. Nach Kriegen mit Griechenland,
das sich die ihm zugesprochenen Gebiete in Westanatolien sichern
wollte, aber von den Türken geschlagen wurde, wurden im Vertrag von
Lausanne neue Grenzen festgelegt, und 1923 wurde die Republik
Türkei ausgerufen. Unter seinem ersten Präsidenten,
Mustafa Kemal Atatürk, wurde das Land zu einem säkularen, an Europa
orientiertem Staat. Österreich verlor unter anderem Südtirol
bis zum Brenner. Außerdem wurde einer Idee Wilsons folgend der Völkerbund
gegründet, der zukünftig bei Konflikten zwischen Staaten vermitteln
und so den Frieden dauerhaft sichern sollte. Allerdings wurden die
Friedensverträge von den USA nicht ratifiziert, die daher selbst
auch nie Mitglied im Völkerbund wurden. Das Fehlen dieser treibenden
Kraft, und von Möglichkeiten, gefasste Entschlüsse auch
durchzusetzen, verhinderten, dass der Völkerbund die in ihn
gesetzten Hoffnungen erfüllen konnte – er blieb ein Forum der
kleinen und mittleren Mächte.
Der Nahe Osten
Für die arabischen Provinzen des Osmanischen Reichs wurden in der
Konferenz der Siegermächte von San Remo 1920 Mandate (das heißt, die
Verantwortung für die Verwaltung) an Frankreich (Syrien und Libanon)
und Großbritannien (Palästina beiderseits des Jordan und
Mesopotamien [Irak]) zugesprochen und 1922 vom Völkerbund
ratifiziert; Ägypten wurde hingegen weitgehend unabhängig. In
Palästina, wo seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der
Folge zunehmenden Antisemitismus' Juden aus Europa und Russland
siedelten, sollten diese eine Heimstatt erhalten. Um diese auf das
Gebiet westlich des Jordan zu beschränken, wurde Transjordanien 1921
abgetrennt. Eine verstärkte jüdische Zuwanderung konnte angesichts
der beschränkten Ressourcen in Palästina aber nicht ohne
Auswirkungen auf die arabische Bevölkerung bleiben, die wiederholt
gegen die aus ihrer Sicht zu hohen Einwanderungsquoten protestierte;
und als die Machtübernahme der Nazis
in Deutschland die Einwanderung noch beschleunigte, verloren die
Araber ihren Glauben an eine Verhandlungslösung: 1936 begann ein
Aufstand mit Generalstreik, der von den Briten bis 1939 brutal
niedergeschlagen wurde. Um die Araber aber angesichts des
heraufziehenden Zweiten Weltkriegs nicht in die Arme der Deutschen
zu treiben, wollten die Briten dann die Einwanderung beschränken –
was für beide Seiten inakzeptabel war: die Araber wollten eine
Stopp, die Juden angesichts von Pogromen wie der
"Reichskristallnacht" eine höhere Quote. Radikale Zionisten
erklärten Großbritannien sogar zum Feind.
Im Irak hatten die Briten es mit Spannungen zwischen reichen
Landbesitzern, osmanisch ausgebildeten Stadtbewohnern, Schiiten,
Sunniten und Kurden zu tun; der eigentliche populäre König Faisal
wurde nicht akzeptiert, da von den Briten eingesetzt. Die Kosten für
die Verwaltung des Landes übertrafen nach Meinung vieler den Nutzen;
1930 einigten sich Großbritannien und der Irak auf eine durch
Verträge eingeschränkte Unabhängigkeit. Ähnlich erging es
Frankreich: Im Libanon musste seit 1925 ein Aufstand der Drusen mit
massiver Gewaltanwendung unterdrückt werden, nach der irakischen
Unabhängigkeit kam es in Syrien 1936 zu einem Generalstreik; ein
Gesetzentwurf zur Unabhängigkeit Syriens und des Libanon wurde in
Frankreich aber 1939 unter dem Eindruck des heraufziehenden Zweiten
Weltkriegs abgelehnt.
Sowjetunion und Stalin-Diktatur
In Russland hatten gegenrevolutionäre Gruppen vor allem in den
Randgebieten des Landes mit Unterstützung der Allierten nach dem
Frieden von Brest-Litowsk einen Bürgerkrieg gegen die Bolschewiki
begonnen. Auch die unabhängige Ukraine wurde zum Schauplatz dieses
Bürgerkrieges. Hier hatte die deutsche Militärbehörde, als die
erhofften Getreidelieferungen ausgeblieben waren, die Regierung
abgesetzt und ein neues Hetmanat unterstützt. Dieses war wiederum
im Dezember 1918 nach dem Abzug der Deutschen von der ukrainischen
Opposition gestürzt worden. Nach dem Zusammenbruch
Österreich-Ungarns hatte eine im November 1918 in Lemberg
proklamierte Westukraine sich im Januar 1919 der unabhängigen
(Ost-)Ukraine angeschlossen; allerdings wollte Polen, das sich
ebenfalls für unabhängig erklärt hatte, den Verlust Galiziens
nicht hinnehmen und griff die Ukraine an, während Kiew in der
Ostukraine im Februar erneut von dem Bolschewiki besetzt wurde. Am
Ende erhielt Polen auf der Pariser Friedenskonferenz die Anerkennung
seiner Unabhängigkeit und Galizien; die Rote Armee konnte (nachdem
sie zweimal wieder aus Kiew vertrieben worden war) die Westukraine
unter ihre Kontrolle bringen. Im Vertrag von Riga wurde die Grenze
zwischen Polen und Russland endgültig festgelegt; die Ukraine hatte
ihre Unabhängigkeit wieder verloren. Auch Georgien, das sich 1918
für unabhängig erklärt hatte, wurde 1921 von der Roten Armee
besetzt. Auch anderswo konnten die Bolschewiki den Bürgerkrieg mit
hemmungslosen Gewalteinsatz – geschätzt sieben bis acht Millionen
Menschen kamen in ihm ums Leben, die Bevölkerung Petrograds sank von
2,2 Millionen auf 700.000 – gewinnen.
Industrie und Landwirtschaft lagen am Boden; Hungersnöte nach dem
Ende des Bürgerkriegs forderten weitere fünf Millionen Opfer. Als
Reaktion auf Aufstände von Bauern und Matrosen (Kronstädter
Aufstand) wurden 1921 in Landwirtschaft und Kleinindustrie wieder
Privatbesitz zugelassen ("Neue Ökonomische Politik"), die Macht der
Kommunistischen Partei aber zementiert. Ende 1922 wurde die Union
der sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR), kurz Sowjetunion,
gegründet. Dieser gehörten auch die Ukraine und Georgien
(bis 1936 mit Armenien und Aserbaidschan als Teil der
Transkaukasischen SSR) an. Nachdem Lenin sich nach zwei
Schlaganfällen aus der Politik zurückzog (er starb 1924), schaltete
der Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen
Partei, Josef Dschugaschwili, bekannt geworden als Stalin
("der Stählerne"), seine Gegner – vor allem Lenins Weggefährten und
Bürgerkriegsheld Leo Trotzki – aus und wurde ab 1927 zum
Alleinherrscher der Sowjetunion. Mit dem ersten Fünfjahresplan von
1927 endete die Neue Ökonomische Politik; Stalin wollte mit
Industrialisierung und Kollektivierung der Landwirtschaft den
Sozialismus erzwingen. Dazu gehörte der Aufbau einer
Schwerindustrie (mehr).
Russland war kaum von der Weltwirtschaftskrise betroffen, was dem
Ansehen Stalins und des kommunistischen Wirtschaftssystems zu Gute
kam: Im Westen fragte sich mancher, ob die freie Marktwirtschaft
wirklich besser war. Den Preis dafür zahlten die Bauern: Ab 1929
beschleunigte sich ihre Eingliederung in Kollektivwirtschaften
(genossenschaftlich [Kolchosen] und staatlich [Sowchosen]
organisiert); wer sich widersetzte, wurde deportiert.
Manche Bauern zerstörten lieber ihr Gerät und schlachteten ihre
Tiere, als sie sich wegnehmen zu lassen. Die landwirtschaftliche
Produktion brach ein; und um die Versorgung der Industriestädte zu
sichern, erhöhte Stalin die Quote des Getreides, das abgeliefert
werden musste. Sie wurde, obwohl 1932 auch noch schlechtes Wetter
dazukam, brutal durchgesetzt. Zum Teil wurde selbst das
Saatgetreide für das nächste Jahr von staatlichen Suchtrupps
mitgenommen. Wieder kam es zu einer einer Hungersnot, diesmal vor
allem in den fruchtbaren Schwarzerdegebieten, in den das Getreide
erzeugt wurde. bekam dies nicht, erneute Hungersnöte kosteten etwa
fünf Millionen Menschen – vor allem in der Ukraine und Kasachstan –
das Leben [3052].
Millionen Bauern verließen ihre Land, gingen in die Städte und
suchten Arbeit in der Industrie. Jegliche Kritik wurde aber mit
“Säuberungsaktionen” unterbunden; diese kosteten weitere 1,5
Millionen Menschen das Leben und brachte Millionen Menschen in
Straf- und Arbeitslager, wo noch einmal mehr als eine Millionen
Menschen unter unmenschlichen Umständen starben – die Straf- und
Arbeitslager wurden gezielt in den unwirtlichen Regionen im Norden
und Sibirien angelegt, um die Rohstoffe dort auszubeuten. (Um die
Lager zu füllen, wurden den Regionen Zielvorgaben für die Zahl der
zu "enthüllenden" Verräter und Saboteure gemacht; gewünschte
Geständnisse wurden durch Folter erzwungen.) Die Hungersnot endete
erst, als Stalin 1933 – wohl aus Angst, ein Zusammenbrechen der
Ukraine könnte die ganze Sowjetunion gefährden – Getreide in die
Ukraine schickte; der Terror ging weiter.
Gleichzeitig wurde in Moskau eine Metro eröffnet, deren Stationen
Kathedralen glichen: die Welt sollte sehen, dass die Sowjetunion
den Anschluss geschafft hatte. (Den Hunger und die Straflager
wollte die Welt dagegen nicht sehen: die Linken nicht, weil für sie
grundsätzlich alle schlechten Nachrichten aus der Sowjetunion nur
kapitalistische Propaganda sein konnten; die Rechten nicht, weil sie
Gewalt als politisches Mittel etwa gegen streikende Arbeiter oder
aufsässige Kolonialvölker für vertretbar hielten und selber
einsetzten.)
Mao Zedong und die chinesische Revolution I
In China hatte der erste Weltkrieg nicht viel
geändert, das Land litt vor allem auf dem Land weiterhin unter den
Kriegen, mit denen warlords sich gegenseitig bekämpften.
1926 hatte sich die Kuomintang im südchinesischen Kanton wieder
etabliert, und Sun Yatsens Nachfolger Chiang Kai-shek begann
gemeinsam mit der 1921 gegründeten Kommunistischen Partei Chinas
(KPCh) einen Feldzug, um China wieder zu vereinen. Dieser gemeinsame
Feldzug kam nur auf Druck der Sowjetunion zustande, die den
chinesischen Genossen eine Einheitsfront mit der Kuonmintang
befahlen. Im Unterschied zur Sowjetunion setzten die chinesischen
Kommunisten aber nicht auf die zahlenmäßig schwache Arbeiterschaft
als revolutionäre Klasse, sondern auf den Bauern. Sie versuchten
daher, unter den Bauern kommunistische Gruppen zu organisieren und
diese zum Aufstand zu bewegen. Das funktionierte auch, und den
Truppen der Einheitsfront gingen Bauernaufstände voraus, die teils
spontan waren, teils von einem Politbüromitglied der KPCh, Mao
Zedong, angezettelt wurden. Diese Bauernaufstände
spalteten Kuomintang und KPCh, die nie miteinander warm geworden
waren: 1927 kündigte Chiang Kai-shek die Allianz mit der KPCh auf
und begann, diese erbittert zu bekämpfen. Die Auseinandersetzungen
wurden zu einem Bürgerkrieg, der – mit einer
Unterbrechung – bis 1949 dauern sollte. Chiang Kai-sheks
Nationalregierung saß in Nanking, konnte in den Folgejahren ihre
Herrschaft über den Westen und Süden Chinas ausdehnen und strebte
eine Modernisierung Chinas an. Mao Zedong, der aus dem Politbüro der
KPCh ausgeschlossen wurde, setzte weiter auf die unzufriedenen
Bauern auf dem Land und gründete in der Provinz Jiangxi die erste
chinesische Sowjetregierung. Als Japan 1931/32 die Mandschurei
besetzte (hier), erklärte die Provinz
Japan den Krieg; und forderte damit auch Chiang Kai-shek heraus, der
die Kommunisten für eine größere Gefahr als Japan hielt – 1934
riegelte er Jiangxi ab. Mao entschloss sich zum Durchbruch, am 16.
Oktober 1934 begann der “Lange Marsch”, der 86.000
Mann – Soldaten, Parteifunktionäre und Lastenträger – zu Fuß über
10.000 Kilometer erst nach Westen, dann nach Norden, über Berge und
durch Sümpfe schließlich in die Provinz Shaanxi im Norden führte, wo
noch 8.000 Mann, darunter Mao Zedong, ankamen. Chiang Kai-sheks
Truppen blieben ihnen auf den Fersen, aber schließlich meuterten
sie: Sie wollten nicht gegen die Kommunisten, sondern gegen Japan
kämpfen. Kuomintang und KPCh bildeten erneut eine Einheitsfront,
1937 begann der Chinesisch-Japanische
Krieg).
Der gewaltlose Kampf um die Unabhängigkeit –
Indien
In Indien hatte 1920 der Rechtsanwalt Mohandas (genannt “Mahatma”)
Gandhi die Führung des Indischen Nationalkongress
übernommen, der sich seit 1885 für die Unabhängigkeit Indiens
einsetzte. Gandhi, der fünf Jahre zuvor aus Südafrika zurückgekehrt
war, rief dazu auf, britische Waren zu boykottieren; er spann selbst
regelmäßig Baumwolle und ein Lendenschurz aus weißem Tuch wurde zu
seinem Markenzeichen (Winston Churchill verhöhnte ihn später als
"halbnackten Fakir"). Gandhi setzte, beeinflusst von Lew Tolstoi und
Henry David Thoreau, auf "zivilen Ungehorsam" (er
selbst nannte die Kampagne Satyagraha –
"Macht der Wahrheit"); Gandhi war davon überzeugt, dass
einhunderttausend Briten auf Dauer ohne die Hilfe der dreihundert
Millionen Inder das Land nicht regieren könnten. Unter Gandhi gewann
die Bewegung erheblich an Bedeutung, zumal ein Massaker, bei dem
britische Soldaten 1919 beim Goldenen Tempel der Sikhs in Amritsar
hunderte demonstrierende Inder, darunter viele Frauen und Kinder
getötet hatten, die Inder radikalisierte. Gandhis “zivile
Ungehorsam” schloss die Übertretung ungerechter Gesetze ein, lehnte
aber weiterhin Gewalt ab. Er gilt seither als Musterbeispiel des
gewaltlosen Widerstands. Ein Beispiel war der “Salzmarsch” von 1930:
Aus Protest gegen das Salzmonopol der Briten zog Gandhi mit zum
Schluss 2.500 Anhängern zur Küste und sammelte dort Salz – die
Briten reagierten mit einer Verhaftungswelle.
Mit einer Kampagne des gewaltlosen
“zivilen Ungehorsams” trug Mahatma Gandhi dazu
bei, dass Indien 1947 unabhängig wurde. (Foto: Der Salzmarsch (hier)
von 1930; Fotograf unbekannt, aus wikipedia.
Public Domain)
Der Salzmarsch fand aber schon ohne die Muslime statt. Gandhi war
Hindu, wollte aber einen säkularen Staat. Aber um die Inder zu
einen, beschwor er immer wieder die mythischen Zeiten, in denen
Indien vom Hindu-Gott Rama regiert wurde. Bei den indischen
Muslimen, die bereits 1906 ihre eigene Liga gegründet hatten, wuchs
daher das Misstrauen gegen Gandhi. Immerhin gewährten die Briten mit
dem India Act von 1935 dem Land Provinzialwahlen: bei
diesen Wahlen im Jahr 1936 gewann der Nationalkongress unter dem
neuen Präsidenten Jawaharlal Nehru (der eng mit
Gandhi zusammenarbeitete) bei Provinzialwahlen 7 von 9 Provinzen,
die Muslimliga war der große Verlierer. Deren Präsident Mohammed
Ali Jinnah begann daraufhin immer stärker, auf die
Gründung eines unabhängigen Muslimstaates hinzuarbeiten.
(Wie es in Indien weiterging, steht hier.)
Die Weltwirtschaftskrise
Die Kriegsanstrengungen der Siegermächte waren zu einem guten Teil
aus den USA finanziert worden. Außerdem hatten die USA und
Lateinamerika ihre Wirtschaftsproduktion ausgeweitet, um die
Ausfälle in Europa auszugleichen. Als hier die Wirtschaft nach dem
Krieg langsam wieder anlief, kam es allmählich zu einem Überangebot
– die Preise fielen. In den USA gingen immer mehr Unternehmen pleite
und entließen ihre Mitarbeiter; Landwirte konnten ihre Kreditzinsen
nicht mehr zahlen. Im Oktober 1929 kam es zu einem Börsenkrach. Da
auch viele Anleger ihre Aktien über Kredite finanziert hatten, zogen
die USA ihre Kredite aus Europa zurück, um die Banken zu retten –
und machten die Krise damit zur Weltwirtschaftskrise. In den USA
waren 1932/33 etwa ein Viertel der arbeitsfähigen Bevölkerung
arbeitslos (und ohne jede staatliche Unterstützung), viele gingen
als Wanderarbeiter nach Kalifornien (wo sie auf die Farmer trafen,
die der
Dust Bowl aus der Großen Ebene vertrieben hatte). In
Deutschland stieg die Zahl der Arbeitslosen bis Ende 1930 auf 5
Millionen (ebenfalls etwa 25 Prozent). Die Folgen der
Weltwirtschaftskrise sollten sowohl dem Kommunismus als auch dem
Faschismus Rückenwind verleihen.
Die Geburt des Faschismus
Italien gehörte zu den Siegermächten, aber das Land war am Ende des
Krieges wirtschaftlich und finanziell ruiniert; seine Gewinne in der
Friedensregelung entsprachen nicht seinen Erwartungen. Dagegen
protestierte die nationalistische Rechte im Land, und nach einem
“Marsch auf Rom” beauftragte der König deren Anführer Benito
Mussolini mit der Regierungsbildung. Bis Ende 1926 baute
er seine Macht zu einer diktatorischen aus; Italiens Bedeutung
wollte er mit Gewalt ausweiten: “Nur der Krieg bringt alle
menschlichen Energien zur Anspannung und drückt den Völkern, die
die Tugend haben, dem Krieg ins Gesicht zu sehen, das Siegel des
Adels auf.”
Auch in Deutschland wurde der Kriegsausgang als Demütigung
angesehen. Nach der Novemberrevolution (in Kiel
weigerten sich Matrosen, wie von der Marineleitung angeordnet in
einem letzten Gefecht gegen England glorreich unterzugehen;
innerhalb weniger Tage folgte hierauf die Bildung von Soldaten- und
Arbeiterräten in ganz Deutschland) und der hierauf folgenden
Abdankung des Kaisers war die Weimarer Republik
entstanden; deren politische Orientierung blieb aber umstritten
(Stichworte: Spartakusaufstand, Münchener Räterepublik,
Kapp-Putsch). Außenpolitische (Ruhrkrise 1923) und innenpolitische
Probleme (Inflation)
schwächten sie zusätzlich. Der wirtschaftliche Niedergang und das
soziale Elend als Folge der Weltwirtschaftskrise führten
schließlich zu den ersten Wahlerfolgen der von Adolf
Hitler angeführten NSDAP, die 1932 mit 37,3 Prozent zur
stärksten Partei im Reichstag wurde. Sie versprach eine scheinbar
einfache Lösung für die deutschen Probleme: die Expansion nach
Osten. Dort sah sie Lebensraum für die "gesunde deutsche Familie"
mit vielen Kindern. 1933 wurde Hitler Kanzler einer Koalition mit
anderen rechten Parteien; und als 1934 der Reichspräsident Paul von
Hindenburg starb, wurde Hitler faktisch Alleinherrscher. In
Deutschland begann die Verfolgung der politischen Opposition, der
Juden (vom ersten Boykott jüdischer Geschäfte im April 1933 bis
zur Reichspogromnacht 1938, die die völlige Entrechtung der Juden
einleitete), die Unterdrückung der Gewerkschaften und die
Errichtung von Konzentrationslagern; Gesetze konnten von der
Regierung ohne Zustimmung des Reichstags erlassen werden.
Innenpolitisch begann mit Autobahnbau und Rüstungsproduktion aber
ein wirtschaftlicher Aufschwung, der dem Regime die Zustimmung (oder
zumindest die schweigende Tolerierung) einer breiten Mehrheit der
Bevölkerung sicherte. Außenpolitisch war Hitler entschlossen, den
Versailler Vertrag auszuhebeln und ließ keinen Zweifel an den
Mitteln; 1936 verfügte er: “I. Die deutsche Armee muss in vier
Jahren einsatzfähig sein. II: Die deutsche Wirtschaft muss in vier
Jahren kriegsfähig sein.” Das war kein Gerede: Im März 1936
besetzten deutsche Truppen das Rheinland, im März 1938 marschierten
sie in Österreich ein und im Oktober in den deutschsprachigen Teil
der Tschechoslowakei.
Vorzeichen des Zweiten Weltkriegs
Wie Italien und Deutschland fühlte sich auch Japan in der
Nachkriegsordnung zu kurz gekommen, insbesondere das Scheitern
seines Anliegens, einen Antirassismus-Artikel in die Satzung des
Völkerbundes aufzunehmen, wurmte das Land. Auch hier führte dieses –
und wirtschaftliche Krisen von 1927–1932 – zu einem Erstarken der
Nationalisten. 1931/32 besetzte Japan die Mandschurei,
es war der erste Versuch, die Nachkriegsordnung militärisch zu
ändern. Die Siegermächte wollten noch unter dem Eindruck der
Kriegsfolgen den Frieden wahren und hofften, mit Konzessionen die
unzufriedenen Staaten zufrieden stellen zu können; und der
Völkerbund konnte gegen den Angriff nur protestieren – andere
Mittel hatte er nicht. Diese Politik funktionierte nicht: Japan trat
aus dem Völkerbund aus, schloss 1936 ein Vertrag mit
Nazi-Deutschland und reagierte 1937 auf die Bildung der
chinesischen Einheitsfront mit dem Einmarsch in Peking. Damit
begann der Japanisch-Chinesische Krieg, der zum
Vernichtungsfeldzug wurde (Schätzungen liegen bei 20 Millionen
Toten, vor allem Zivilisten) und nach Pearl Harbor als
“Pazifikkrieg” zum Bestandteil des zweiten Weltkriegs werden sollte
(siehe unten).
In Spanien war 1936 nach der Militärrevolte
General Francos ein Bürgerkrieg ausgebrochen, in dem Deutschland und
Italien auf Seiten Francos eingriffen. Die westeuropäischen
Republiken hielten sich jedoch zurück, nur die UdSSR (und Verbände
von Freiwilligen aus vielen Ländern) unterstützten die Republik.
Deutschland führte mit der Bombardierung ziviler Ziele wie der Stadt
Guernica eine neue Stufe der Grausamkeit in den Krieg ein. Dass die
UdSSR über ihr Engagement in Spanien zunehmenden Einfluss erhielt,
verschreckte aber die Westmächte. Zur Münchener Konferenz 1938, auf
der die Westmächte den Deutschen entgegenkommen wollten und auf der
sie ihnen das überwiegend deutschsprachige Sudetenland in der
Tschechoslowakei zugestanden, wurde die UdSSR nicht eingeladen.
Diese Spaltung nutzte Deutschland: Hitler bot Stalin einen Nichtangriffspakt
an, der am 23. August 1939 unterzeichnet wurde. In einem geheimen
Zusatzprotokoll teilten sie Polen in deutsche und sowjetische
Interessengebiete auf. Damit fühlte sich Hitler vor einem
Zweifrontenkrieg geschützt und konnte zur Tat schreiten.
Der Zweite Weltkrieg
Am 1. September 1939 überfiel die deutsche Wehrmacht Polen. Die
Beschwichtigungspolitik war damit auch in Europa gescheitert, und
am 3. September erklärten Großbritannien und Frankreich Deutschland
den Krieg, und Präsident Roosevelt (der dies aufgrund der
Neutralitätsgesetze nicht tun konnte) versicherte den Westmächten
die Solidarität der USA. Doch zunächst konnte Deutschland Polen als
Staat vernichten, besetzte 1940 Norwegen und Dänemark und begann
(die Niederlande, Luxemburg und Belgien überrennend) eine Offensive
gegen Frankreich; nach gut einem Monat war Paris eingenommen und
einen Monat später unterzeichnete Marschall Pétain einen
Waffenstillstand. Die deutsche “Blitzkriegs-Strategie” schien
aufzugehen, nur Großbritannien war noch nicht geschlagen. Am 17.
September 1939 war auch die Sowjetunion in "ihren" Teil Polens
einmarschiert und hatte in der Folge viele der nach der Revolution
verlorenen Gebiete aus dem Zarenreich wie die baltischen Staaten
sowie Bessarabien und die Nordbukowina (beide Teile des historischen
Fürstentums Moldau, aus denen nun die Moldauische SSR gebildet
wurde) erobert. Stalin begründete letztere mit der Schutz der dort
lebenden Ukrainer und Weißrussen vor einem deutschen Einmarsch,
belieferte Deutschland aber gleichzeitig mit Rohstoffen und
Lebensmitteln.
Trotzdem begann Hitler, nachdem im Westen mit der Niederlage im
Luftkrieg gegen England kein schneller Sieg möglich war und in
Umsetzung des Traums vom Lebensraum im Osten das “Unternehmen
Barbarossa”, die Niederwerfung der Sowjetunion. Im Juni 1941 begann
(ohne Kriegserklärung) der Feldzug. Unterdessen hatte Japan die
Niederlage Frankreichs und der Niederlande genutzt, deren Kolonien
zu besetzen und sich im September 1940 mit dem “Dreimächtepakt”
Deutschland und Italien angeschlossen. Während sich in China vor
allem die Truppen im kommunistischen Norden noch gegen Japan
wehrten, rückten im Juli 1941 japanische Truppen in Saigon ein.
Daraufhin verhängten die USA ein Handelsembargo gegen Japan, dass
das Land vom Ölnachschub abschnitt. Um die Amerikaner zu zwingen,
dieses Ölembargo aufzuheben, trat Japan am 1. Dezember offiziell in
den Krieg ein; am 7. Dezember griff es die amerikanische
Pazifikflotte, die in Pearl Harbor auf Hawaii lag, an. Gleichzeitig
begann eine japanische Offensive gegen Hongkong, Singapur, die
Philippinen und Thailand. Der Krieg war endgültig zum
Weltkrieg geworden, zumal nach dem Angriff auf Pearl Harbor die
Amerikaner in ihn eintraten.
Unterdessen war die Wehrmacht, der es anfänglich immer wieder
gelungen war, sowjetische Verbände einzukesseln, bis vor die Tore
Moskaus gelangt. Hier kam der Vormarsch aber ins Stocken – unter
anderem, da ihr Treibstoffnachschub mit dem Verbrauch auf den
schlechten russischen Straßen nicht mitkam. Zudem hatten die
Sowjettruppen gelernt und ließen sich nicht mehr einkesseln. Dafür
funktionierte in den eroberten Gebieten die Strategie der
“Ausrottung”, die vor allem die jüdische Bevölkerung und die
“kommunistische Intelligenz” traf; diese verordnete Gewalt gegen die
Zivilbevölkerung führte zu einer Spirale aus Gewalt und Gegengewalt,
die den ganzen Krieg prägen sollte (und am Ende auf die deutsche
Bevölkerung selbst zurückfiel). So beschloss Hitler im Winter 1941,
Leningrad (wie Sankt Petersburg/Petrograd seit 1924 hieß) nicht zu
erobern, sondern zu belagern, um die Bevölkerung nicht versorgen zu
müssen. Die Blockade wurde bis Januar 1944 aufrechterhalten, sie
kostete über eine Million Menschen das Leben. 1942 konnte
Deutschland in Osteuropa und Nordafrika noch einmal Siege feiern,
ein Vorstoß gegen Stalingrad scheiterte jedoch. Die Schlacht von
Stalingrad im Winter 1942/43, die den deutschen Marsch in den
Kaukasus beendete, brachte die Wende in Russland: Die
Sowjetsoldaten sollten die Deutschen bis zum April 1945 bis nach
Berlin treiben, wobei die Deutschen versuchten, im Land so viel
Schaden wie möglich anzurichten (“verbrannte Erde”); und auch die
Sowjetsoldaten angesichts des deutschen Verhaltens die deutsche
Zivilbevölkerung nicht schonten.
Auch in Nordafrika wendete sich Ende 1942 das Blatt, im Mai 1943
mussten sich die letzten Deutschen und Italiener in Nordafrika
ergeben. Im Juli 1943 landeten britische und amerikanische Truppen
auf Sizilien, Mussolini wurde verhaftet und am 3. September
vereinbarten die Alliierten und Italien einen Waffenstillstand.
Unterdessen war durch den strategischen Bomberkrieg der Alliierten
der Krieg auch in Deutschland angekommen, Treibstoffnachschub und
Kriegswirtschaft wurden schwer beeinträchtigt. Auch die Briten und
Amerikaner versuchten zudem nun – wie zuvor Deutschland (Warschau,
Rotterdam, Coventry) – die Moral der Bevölkerung durch
Flächenbombardements zu zerstören; erstes Opfer dieser Strategie
war die Stadt Hamburg, am 13./14. Februar 1945 starben in Dresden
25.000 Menschen. Deutschland versucht, dem mit der Propaganda vom
“Totalen Krieg” und der “Wunderwaffe”, der V2-Rakete, etwas
entgegenzusetzen. Am 6. Juni 1944 war jedoch die Landung der
Westalliierten in der Normandie erfolgt, im März 1945 überquerten
sie den Rhein; im Januar 1945 begann die Rote Armee ihre
Großoffensive und erreichte im April Wien und Berlin: Im Mai 1945
kapitulierte Deutschland, der Krieg in Europa war vorbei.
Die Japaner hatten weder die Hafenanlagen noch das Erdöllager von
Pearl Harbor vernichtet, und so schwamm die amerikanische
Pazifikflotte bald wieder. Bereits 1942 konnte sie in der Schlacht
bei den Midway-Inseln erste Erfolge gegen Japan verzeichnen. Wie
technisiert der Krieg inzwischen war, wird daran erkennbar, dass die
Flugzeugträger, von denen die Angriffe ausgingen, sich außer
Sichtweite voneinander befanden. Die technische Überlegenheit der
Amerikaner gab den Ausschlag, das Kaiserreich war zum Untergang
verdammt. Es setzte aber auf die japanische Kriegerethik
(“Bushido”), den “heldenhaften” Kampf notfalls bis in den Untergang.
Sie setzten auf Kamikaze-Flieger, die sich in Selbstmord-Aktionen
mit ihren Flugzeugen auf feindliche Schiffe und Stellungen stürzten;
und alleine die Schlacht um die Insel Okinawa im Frühjahr 1945
kostete 120.000 Menschen (darunter 1.500 Kamikaze-Piloten) das
Leben. Ganze Schulklassen sprangen lieber von den Klippen ins Meer,
als sich den Amerikanern zu ergeben. Derartiger Fanatismus ließ die
Amerikaner vor einer Invasion auf den Hauptinseln zurückschrecken:
Obwohl Japan kampfunfähig und viele Japaner kapitulationswillig
war, gab Kaiser Hirohito Anweisung, seine Insignien bis zum letzten
Blutstropfen zu verteidigen: so endete der Krieg erst nach den
Abwürfen der Atombomben von
Hiroshima und Nagasaki am 6. und 9. August 1945. Am 10. August
schickte Hirohito ein Kapitulationsangebot an die Alliierten.
Im Zweiten Weltkrieg starben mehr als 52 Millionen Menschen, davon
etwa 25 Millionen Zivilisten (die Zahl ist nicht genau bekannt und
die Schätzungen schwanken). 27 Millionen Tote hatte alleine die
Sowjetunion zu beklagen. Von den Kriegstoten waren mindestens sechs
Millionen Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns –
Behinderte, Zigeuner, Homosexuelle und zahlenmäßig besonders
bedeutsam: Juden. Viele weitere Millionen Menschen blieben
dauerhaft versehrt. Und über 50 Millionen Europäer verloren ihre
Heimat: Durch die Zwangsumsiedelung von Polen, die Deportation von
Volksdeutschen und “unzuverlässigen Völkern” nach Sibirien durch
Stalin, die Zwangsrekrutierung von Millionen “Fremdarbeitern” für
die deutsche Kriegswirtschaft und am Ende mehr als zwölf Millionen
Vertriebene und Flüchtlinge. Weitere 2,5 Millionen Menschen
überlebten die Flucht nicht. Viele europäische und asiatische
Großstädte wie Hamburg, Warschau oder Manila waren zerstört.
Besonders betroffen war Osteuropa, wo sowohl die deutschen als aus
die sowjetischen Truppen "verbrannte Erde" hinterlassen hatten.
Auch Industrieanlagen und insbesondere Verkehrswege waren schwer
beschädigt: in Frankreich waren etwa Eisenbahn und Handelsflotte nur
noch zu 35 Prozent betriebsfähig, auch die Industrieproduktion
erreichte 1945 nur 35 Prozent des Vorkriegswerts. 1946/1947 mussten
in Europa ca. 100 Millionen Menschen mit 1.500 Kilokalorien pro Tag
oder weniger auskommen: Es herrschten Hunger, Kälte und elementare
Not.