Das Zeitalter der Industrie

Der 4. UN-Klimareport

Arbeitsgruppe 1: Wissenschaftliche Grundlagen

Im Jahr 2007 hat der Klimarat der Vereinten Nationen (IPCC) seinen vierten Klimareport veröffentlicht. Der Klimareport fasst regelmäßig den Stand der weltweiten Klimaforschung zusammen. Arbeitsgruppe 1 hat den aktuellen Kenntnisstand über Klimaprozesse, die Antriebskräfte von Klimaänderungen, beobachtete Klimaänderungen und zur Abschätzung künftiger Klimaänderungen zusammengefasst.

Die Erde ist wärmer geworden

Erderwärmung: In den letzten 100 Jahren wurde die Erde um 0,74 °C wärmer

Beobachtete Änderung der durchschnittlichen Erdoberflächentemperatur seit Beginn der flächendeckenden Temperaturmessung. Die Punkte zeigen Jahreswerte, die schwarze Linie über ein Jahrzehnt gemittelte Durchschnittwerte und der blaue Bereich zeigt die Unsicherheiten an. Quelle der Abbildung: Climate Change 2007: The Physical Science Basis. Summary for Policymakers, eigene Übersetzung.

An der Erderwärmung besteht kein Zweifel mehr: Die Erde hat sich in den letzten 100 Jahren um 0,74 °C erwärmt; die Erwärmung in den letzten 50 Jahren dieses Zeitraums war fast doppelt so stark wie die in der ersten Hälfte; und elf der letzten zwölf Jahre gehören zu den 12 wärmsten Jahren seit Beginn der flächendeckenden Temperaturmessung im Jahr 1850. Auch die Ozeane wurden wärmer, und zwar mindestens bis in 3000 m Tiefe. Dabei haben sie über 80 Prozent der insgesamt durch den zunehmenden Treibhauseffektes entstandenen Wärme aufgenommen.

Veränderung des Wärmeinhalts der Weltmeere

Veränderung des Wärmeinhalts des Ozeans in den oberen 700 Meter nach drei verschiedenen Studien (schwarz, rot und grün dargestellt). Der graue Bereich bzw. der rote und grüne Balken geben die Unsicherheit (Standardabweichung) der jeweiligen Studie an. Abb. aus IPCC-Report 2007, Arbeitsgruppe 1, Seite 390, eigene Übersetzung.

Gebirgsgletscher und Schneebedeckung haben haben sowohl auf der Nord- als auch der Südhalbkugel der Erde abgenommen.

Diese Erderwärmung hat Folgen: Durch die Erwärmung dehnen die Ozeane sich aus, wodurch sie dazu beitragen, dass der Meeresspiegel ansteigt: Insgesamt stieg er im 20. Jahrhundert um 17 cm an; im Zeitraum von 1993 bis 2003 sogar um 3,1 mm pro Jahr. Neben den Ozeanen trugen schmelzende Gletscher, Eiskappen und polare Eisschilde zum Anstieg des Meeresspiegels bei. In Nordeuropa und im östlichen Nord- und Südamerika hat es mehr geregnet, im Mittelmeerraum; in der Sahelzone, in Südafrika und Teilen Südasiens ist es dagegen trockener geworden. Die Westwinde sind sowohl auf der Nord- als auch auf der Südhalbkugel stärker geworden. Die Häufigkeit von Starkregen hat zugenommen, Hitzewellen sind häufiger geworden und tropische Stürme wurden heftiger - ein klarer Trend zur Zunahme ihrer Häufigkeit ist dagegen nicht zu erkennen. Entgegen manchen Befürchtungen gibt es auch keinen Trend zum Rückgang des antarktischen See-Eises.

Eine Warnung aus der Klimageschichte: Untersuchungen zur Klimageschichte zeigen, dass es zumindest in den letzten 1.300 Jahren auf der Erde nie so warm gewesen ist wie heute. Vor 125.000 Jahren, als es während einer Warmzeit das letzte Mal in den Polarregionen für längere Zeit wärmer war als heute (um 3 - 5 °C), stieg der Meeresspiegel um 4 bis 6 Meter an - wahrscheinlich verursacht vom Tauen der Eisschilde auf Grönland und anderer arktischer Eisschilde. Die Antarktis könnte ebenfalls zum Anstieg beigetragen haben.

Die Verursacher der Erderwärmung

Die Energiebilanz des Klimasystems wird von Änderungen der Sonneneinstrahlung, der Konzentration von Treibhausgasen und Aerosolen in der Atmosphäre sowie der Beschaffenheit der Landoberfläche verändert. Der Einfluss der einzelnen Faktoren auf den Strahlungshaushalt wird als “Strahlungsantrieb” bezeichnet, ein positiver Strahlungsantrieb führt zu einer Erwärmung, ein negativer Strahlungsantrieb zu einer Abkühlung. Die aktuelle Kenntnis über den Einfluss der einzelnen Faktoren ist in der folgenden Abbildung dargestellt:

Was die Erderwärmung verursacht

Schätzung des Strahlungsantriebs verschiedener Faktoren im Jahr 2005. Die Linien geben die Bandbreiten an, zusätzlich sind die räumlichen Auswirkung des Faktors und das Ausmaß des wissenschaftlichen Verständnisses (AWV) dargestellt. Ganz unten die Abschätzung der Summe der vom Menschen verursachten Klimaveränderungen. Quelle der Abbildung: Climate Change 2007: The Physical Science Basis. Summary for Policymakers, eigene Übersetzung.

Diese Abbildung zeigt: Der größte Teil der Erderwärmung ist vom Menschen verursacht. Weitaus wichtigste Ursache sind Treibhausgase, die den Treibhauseffekt um 2,3 Watt pro m² erhöhten. Ohne die Aerosole in der Luft wäre die Erwärmung sogar noch stärker ausgefallen; aber diese haben einen abkühlenden Effekt auf das Klima. In der Summe hat der Mensch mit seinen Aktivitäten den Treibhauseffekt um 1,6 Watt pro m² verstärkt; Änderungen der Sonneneinstrahlung hatten dagegen seit 1750 nur eine Änderung von 0,12 Watt pro m² zur Folge. Dass die Erderwärmung auch ohne menschliche Aktivitäten stattgefunden hätte, ist nach Stand der Wissenschaft extrem unwahrscheinlich.

Das wichtigste vom Menschen freigesetzte Treibhausgas ist Kohlendioxid. Die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre ist von vorindustriellen 280 ppm auf 379 ppm im Jahr 2005 angestiegen. Dieser Wert übertrifft bei Weitem die natürliche Schwankungsbreite in den letzten 650.000 Jahren, die aus Eisbohrkernen bekannt ist und zwischen 180 und 300 ppm lag. Wichtigste Ursache dieses Anstieges ist die Verbrennung fossiler Brennstoffe - im Zeitraum von 2000 bis 2005 setzte sie jedes Jahr durchschnittlich 26,4 Milliarden Tonnen Kohlendioxid frei. Ebenfalls bedeutsam sind Änderungen der Landnutzung, die 5,9 Milliarden Tonnen Kohlendioxid pro Jahr freisetzen.

Zweitwichtigstes Treibhausgas ist Methan. Die Methankonzentration in der Atmosphäre ist von vorindustriellen 715 ppb auf 1774 ppb im Jahr 2005 angestiegen, ebenfalls weit über den Werten der letzten 650.000 Jahre, die zwischen 320 und 790 ppb schwankten. Ursachen für diesen Anstieg sind die Landwirtschaft und die Verbrennung fossiler Brennstoffe.

Zunahme der Kohlendioxidkonzentration Zunahme der Methankonzentration in der Erdatmosphäre

Konzentration der beiden wichtigsten Treibhausgase Kohlendioxid und Methan in der Erdatmosphäre in den letzten 10.000 Jahren bzw. im Detail seit 1750 (graue Kästen). Rechts ist die entsprechende Auswirkung auf den Strahlungshaushalt der Erde angegeben. Quelle: Climate Change 2007: The Physical Science Basis. Summary for Policymakers, eigene Übersetzung.

Wie das Klima auf die Treibhausgase reagiert: Eine Verdoppelung der vorindustriellen Konzentration von Kohlendioxid hätte nach den besten vorliegenden Daten eine Erwärmung um 3 °C zur Folge; wobei die wahrscheinliche Spanne 2 bis 4,5 °C beträgt und wesentlich höhere Werte nicht ausgeschlossen werden können. Die relativ große Spanne liegt vor allem daran, dass die Auswirkungen von Wolken auf den Strahlungshaushalt der Erde unsicher sind.

Zukünftige Erderwärmung

Welche weitere Erwärmung in Zukunft auf uns zukommt, hängt neben den Annahmen über die Temperaturerhöhung bei einer Kohlendioxid-Verdoppelung von den Annahmen über künftige Emissionen an Treibhausgasen und - davon abhängig - ihre künftige Konzentration in der Atmosphäre ab. Aber selbst wenn die Konzentration ab sofort gleich bliebe, würde die Temperatur weiter ansteigen - um 0,1 °C pro Jahrzehnt für die nächsten beiden Jahrzehnte, und danach langsamer (siehe Abb. unten, orange Linie). Dieser Anstieg liegt vor allem an der langsamen Reaktion der Ozeane auf die Treibhausgase. Gleichbleibende oder ansteigende Emissionen und der damit einhergehende Anstieg an Treibhausgasen in der Atmosphäre führen zu stärkeren Temperaturerhöhungen, für die meisten Szenarien liegen diese in den nächsten beiden Jahrzehnten 0,2 °C pro Jahrzehnt.

Danach unterscheiden sich die Emissionen je nach Emissionsszenario gewaltig:

Möglicher Verlauf der Erderwärmung im 21. Jahrhundert

Möglicher Verlauf der Erderwärmung im 21. Jahrhundert: Die farbigen Linien zeigen die Verläufe aus der Simulationen verschiedener Szenarien, die der IPCC im Jahr 2000 veröffentlicht hat (Special Report on Emission Scenarios [SRES]), der hellere Schatten die Spanne der Unsicherheiten. Die orange Linie zeigt den Verlauf bei gleichbleibenden Konzentrationen an Treibhausgasen. Die farbigen Zahlen in der Grafik stehen für die Anzahl der Simulationen, die den Kurven zugrundeliegen. Die grauen Balken rechts zeigen den Temperaturbereich für alle sechs SRES-Szenarien aus dem Jahr 2000, die Kürzel bezeichnen die jeweiligen Szenarien. Quelle: Climate Change 2007: The Physical Science Basis. Summary for Policymakers, eigene Übersetzung.

Je nach Szenario liegt die mögliche Erwärmung im 21. Jahrhundert zwischen 1,1 und 6,4 °C. Die niedrigste Temperaturerhöhung (1,1 - 2,9 °C, am wahrscheinlichsten 1,8 °C) würde eintreten, wenn durch schnellen Strukturwandel und die Einführung sauberer und effizienter Technologien der Anstieg der Treibhausgase auf etwa 600 ppm CO2e beschränkt würde (B1-Szenario, blaue Linie). Aber selbst wenn danach die Konzentration an Treibhausgasen nicht weiter ansteigen würde, würde die Temperatur wegen der Trägheit des Klimasystems im folgenden Jahrhundert um mindestens weitere 0,5 °C ansteigen. Dieses Szenario berücksichtigt allerdings keine weiteren expliziten Maßnahmen zum Klimaschutz (das heißt: bei Durchführung solcher Maßnahmen kann der Temperaturanstieg auch niedriger bleiben).

Den höchsten Temperaturanstieg (um 2,4 - 6,4 °C, am wahrscheinlichsten 4,0 °C) erwartet der IPCC, wenn bei anhaltendem Wirtschaftswachstum der Weg der Verbrennung fossiler Brennstoffe nicht verlassen wird (A1Fl-Szenario, rechter grauer Balken).

Absehbare Folgen der zukünftigen Erderwärmung

Die Folgen der Erderwärmung entsprechen in ihrem Muster den bereits heute zu beobachtenden Folgen, die Änderungen wären aber sehr wahrscheinlich größer: Die Erwärmung wird in nördlichen Breiten am stärksten sein; es wird weniger Schnee geben und das arktische und antarktische See-Eis wird zurückgehen - die Arktis könnte im Sommer eisfrei werden. Extreme Wetterlagen (Hitzewellen, Starkregen) werden zunehmen, und wahrscheinlich werden tropische Stürme (Taifune und Hurrikans) heftiger werden. Regenfälle werden in nördlichen Breiten zunehmen, in den Subtropen dagegen abnehmen. Die zum >> Globalen Förderband gehörende Meeresströmung im Atlantik wird sehr wahrscheinlich schwächer werden, ein “Umkippen” hält der IPCC im 21. Jahrhundert aber für sehr unwahrscheinlich. Allerdings sind bei Modellen weder Klima-Kohlenstoffkreislauf-Rückkoppelungen (>> mehr) noch Änderungen des Abschmelzen der Eisschilde berücksichtigt worden, da hierzu noch keine publizierte Literatur vorlag (Anmerkung: Dies bedeutet, dass die möglicherweise schlimmsten Folgen nicht untersucht worden sind).

Veränderung der Niederschläge durch den Klimawandel

Beispiel für die zukünftige Verteilung der Niederschläge im Winter (Dez. - Feb., links) und im Sommer (Jun. bis Aug., rechts), basierend auf dem A1B-Emissionsszenario (grüner Verlauf in der Abbildung oben). Veränderungen in Prozent. Weiße Flächen bedeuten, dass weniger als zwei Drittel der Studien zum gleichen Ergebnis - Abnahme oder Zunahme - kamen; gerasterte Flächen bedeuten, dass mehr als 90 Prozent der Studien zum selben Ergebnis kamen. Quelle: Climate Change 2007: The Physical Science Basis. Summary for Policymakers.

Durch den Temperaturanstieg wird auch der Meeresspiegel ansteigen - je nach Temperaturanstieg um 18 bis 59 Zentimeter bis Ende des Jahrhunderts. Da der Anstieg der Temperatur auch bei Stabilisierung der Treibhausgase aufgrund der Trägheit des Klimasystems weitergehen würde, würde auch der Meeresspiegel weiter ansteigen - alleine durch die Wärmeausdehnung um 0,3 bis 0,8 Meter im Jahr 2300. Dazu käme der Anstieg durch abtauendes Eis aus Grönland, der mehrere Meter betragen könnte (siehe oben, >> Eine Warnung aus der Klimageschichte). Über die Dynamik des Abtauens und seine Auswirkungen gibt es noch keinen Konsens unter den Wissenschaftlern, ebenso wenig über das Ausmaß durch Rückkoppelungen aus dem Klima - Kohlenstoffkreislauf - System (z.B. Freisetzung von Kohlendioxid aus tauenden Permafrostböden, die zu einer weiteren Temperaturerhöhung führt; siehe Anmerkung oben). Klar ist dagegen, dass die Meere durch gelöstes Kohlendioxid saurer werden: der pH-Wert wird voraussichtlich um 0,14 - 0,35 sinken.

Anmerkung:
Die kursiv dargestellten Angaben zur Wahrscheinlichkeit bedeuten:
- sehr wahrscheinlich: Wahrscheinlichkeit größer 90 Prozent
- wahrscheinlich: Wahrscheinlichkeit größer 66 Prozent
- sehr unwahrscheinlich: Wahrscheinlichkeit kleiner 10 Prozent
- äußerst unwahrscheinlich: Wahrscheinlichkeit kleiner 5 Prozent

Zum Download der Studie:
Der Bericht ist auf den Seiten des IPCC zum Herunterladen verfügbar: >> hier (englischsprachig; Zusammenfassung: Summary for Policymakers).
Eine deutsche Übersetzung des Zusammenfassungen ist >> hier (unten auf der Seite unter “Translations into non-UN languages”) zu finden.

>> Webseiten des IPCC
>> Hintergrundinformationen: Der IPCC und der UN-Klimareport

>> Zur Kurzfassung des Berichts der Arbeitsgruppe 2:
     Die Auswirkungen des Klimawandels
>> Zur Kurzfassung des Berichts der Arbeitsgruppe 3:
     Maßnahmen gegen den Klimawandel
>> Zur Zusammenfassung des Synthesebands

Zum aktuellen >> 5. UN-Klimareport.

Klimawandel gefährdet die Funktionsfähigkeit der Ökosysteme

Eine empfehlenswerte Website zum Thema:

 Logo der Website "Den Klimawandel verstehen"

Weitere Informationen zum Klimawandel auf Ökosystem Erde:
>> Klimawandel
>> Politik gegen den Klimawandel
>> Strategien gegen den Klimawandel

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© Text Jürgen Paeger 2006 - 2010
© Abbildungen IPCC 2007: WG1-4AR

Zum aktuellen >> 5. UN-Klimareport

Weitere Teile des 4. UN-Klimareports:
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> 3 Maßnahmen
   gegen den
   Klimawandel
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