Das Zeitalter der Industrie

Der 4. UN-Klimareport

Arbeitsgruppe I1I: Maßnahmen gegen den Klimawandel

Im Jahr 2007 hat der Klimarat der Vereinten Nationen (IPCC) seinen vierten Klimareport veröffentlicht. Der Klimareport fasst regelmäßig den Stand der weltweiten Klimaforschung zusammen. Arbeitsgruppe 3 hat die aktuellen Kenntnisse über wissenschaftliche, technische, wirtschaftliche und soziale Aspekte des Klimaschutzes - also der möglichen Maßnahmen gegen den Klimawandel - zusammengefasst.

Was gegen den Klimawandel hilft

Einsparpotenzial verschiedener Technologien (Kohlendioxidemissionen)

Kurz- und mittelfristiges (links) und langfristiges (rechts) Einsparpotenzial verschiedener Technologien aus vier verschiedenen Untersuchungen. Die farbigen Balken zeigen das Einsparpotenzial für eine Zielvorgabe von 650 ppm CO2e (siehe Text), die schraffierten Balken für eine Zielvorgabe von 490 bis 540 ppm. Kurz- und mittelfristig bieten Energieeinsparung und erneuerbare Energien sowie Fortschritte bei anderen Treibhausgasen die größten Möglichkeiten, langfristig gewinnt auch die Kohlenstoffabscheidung und -speicherung erhebliche Bedeutung. Quelle: Climate Change 2007: Mitigation of Climate Change, Summary for Policymakers, eigene Übersetzung.

Die Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen

Zwischen 1970 und 2004 ist der weltweite Ausstoß an Treibhausgasen um 70 Prozent von 28,7 auf 49 Milliarden Tonnen CO2e gestiegen; der des wichtigsten Treibhausgases Kohlendioxid um 80 Prozent - im Jahr 2004 machte Kohlendioxid 77 Prozent der gesamten Treibhausgase aus. Den höchsten Anteil an diesem Anstieg hatte die Energieversorgung (deren Ausstoß trotz gestiegener Energieeffizienz um 145 Prozent anstieg, die bessere Effizienz wurde durch Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum also mehr als ausgeglichen). Danach folgt der Verkehr mit einem Anstieg von 120 Prozent.

Wenn die gegenwärtige Politik nicht geändert wird, ist bis zum Jahr 2030 mit einem weiteren Anstieg um 25 bis 90 Prozent (um 9,7 bis 36,7 Milliarden Tonnen CO2e) zu rechnen; beim Kohlendioxid könnte der Anstieg sogar 45 bis 110 Prozent betragen. Dies ergibt sich sowohl aus den Szenarien, die der IPCC im Jahr 2000 zu verschiedenen Wachstums- und Technologienentwicklungen untersucht hat (je nach Annahmen ergeben sich die oben genannten Werte), als auch aus neueren Untersuchungen. Die Emissionen pro Einwohner in den Entwicklungsländern werden mit 2,8 bis 5,1 t CO2/Kopf im Jahr 2030 niedriger bleiben als in den Industrieländern (9,6 bis 15,1 t CO2/Kopf). Um den Anstieg der Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre zu beenden, müssen die Emissionen irgendwann zurückgehen (das heutige Niveau führt ja zu einem stetigen Anstieg). Je eher dieser Rückgang beginnt, desto niedriger wird die Konzentration bleiben - die Maßnahmen der nächsten ein bis zwei Jahrzehnte entscheiden also darüber, wie warm die Erde wird.

Kurz- und mittelfristige Maßnahmen zur Emissionsminderung

Es gibt eine ganze Reihe wirtschaftlicher Maßnahmen, die den Ausstoß an Treibhausgasen verringern könnten. Welche Maßnahme wirtschaftlich ist, hängt davon ab, welchen Preis man für die Vermeidung einer Tonne Kohlendioxid-Äquivalent ansetzt: Bei einem Preis von 50 US-$/t CO2e etwa ließen sich bis 2030 13 bis 26 Milliarden Tonnen CO2e vermeiden; etwa 6 Milliarden Tonnen sogar durch Maßnahmen, die netto einen Gewinn erbringen (aufgrund verschiedener Barrieren aber zur Zeit nicht umgesetzt werden). Dabei ist die Lösung nicht in einem einzigen Sektor oder in einer einzigen Technologie zu finden, sondern viele Maßnahmen tragen zum Gesamtergebnis bei. Einige Schlüsseltechnologien sind in der folgenden Tabelle aufgeführt:

 

Energie Verbesserte Effizienz bei der Energieerzeugung und -verteilung; Übergang von Kohle auf Gas; erneuerbare Energiequellen; Kraft- Wärmekoppelung.
Transport Effizientere Fahrzeuge; Hybridautos; Biotreibstoffe; Verlagerung von Verkehr auf die Schiene und auf öffentliche Verkehrssysteme; bessere Verkehrsplanung.
Gebäude Effiziente Beleuchtung und Tageslichtnutzung; effizientere elektrische Geräte; bessere Wärmedämmung; passive und aktive Solarenergienutzung für Heizung und Kühlung; alternative Kühlflüssigkeiten.
Industrie Effizientere Stromnutzung; Wärmerückgewinnung; Materialrecycling und -wiederverwendung; prozessspezifische Technologien.
Landwirtschaft Verbessertes Management zur Erhöhung der Kohlenstoffspeicherung im Boden; verbesserter Reisanbau; verbesserte Nutzung von Stickstoffdünger; erhöhte Energieeffizienz
Forstwirtschaft (Wieder-)Aufforstung, verringerte Entwaldung, Nutzung von Forstprodukten als Ersatz für fossile Brennstoffe
Abfallwirtschaft Methanrückgewinnung; Abfallverbrennung zur Energienutzung; Kompostierung organischer Abfälle, Abfallminimierung

Bis zum Jahr 2030 kommen weitere Technologien auf den Markt; so werden erneuerbare Energiequellen weiter verbessert werden und solare Stromerzeugung dürfte wirtschaftlich werden; Biotreibstoffe der zweiten Generation werden erwartet und die Energieeffizienz dürfte besser werden.

Die Maßnahmen, die nötig wären, um den Anstieg der Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre auf 445-535 ppm CO2e zu begrenzen, würden im schlimmsten Fall das durchschnittliche weltweite jährliche Wirtschaftswachstum um 0,12 Prozent reduzieren (wobei die regionalen Auswirkungen größer sein können). Die Maßnahmen hätten aber weitere positive Auswirkungen, wie weniger Luftverschmutzung und verbesserte Energiesicherheit, die unabhängig vom Klimaschutz ohnehin Investitionen erfordern würden. Ebenso haben Investitionen in Energie-Infrastruktur in Entwicklungsländern und die Erneuerung der Infrastruktur in den Industrieländern eine langfristige Auswirkung auf den Klimaschutz; oft ist eine Investition in bessere Energieeffizienz wirtschaftlicher als eine in neue Kraftwerke - und reduziert neben dem Klimawandel auch die Luftverschmutzung und schafft Arbeitsplätze. Der Ausbau der Atomenergie wird aufgrund von Sicherheitsbedenken, der Gefahr der Verbreitung von Atomwaffen und des ungelösten Abfallproblems beschränkt bleiben. Neben Technologien können auch Änderungen des Lebensstils zum Klimaschutz beitragen, etwa durch Konsummuster, die Wert auf den Ressourcenschutz legen; in der Industrie können Managementinstrumente organisatorische Hemmnisse beim Klimaschutz überwinden.

Langfristiger Klimaschutz

Um den Anstieg der Erdtemperatur auf 2 bis 2,4 °C zu begrenzen, dürfte die Konzentration an Treibhausgasen 445 bis 490 ppm CO2e nicht überschreiten: Die Wende bei der Emission von Treibhausgasen müsste spätestens bis zum Jahr 2015 eingeleitet werden. Bis zum Jahr 2050 müssten die Emissionen um 50 bis 80 Prozent zurückgehen. Alle anderen Szenarien führen zu einem höheren Temperaturanstieg. Das Ziel kann erreicht werden, wenn heute die bereits verfügbaren Technologien angewendet werden und in Zukunft dann diejenigen, deren Verfügbarkeit in den nächsten Jahrzehnten erwartet wird. Neben Energieeffizienz spielen bei der Begrenzung auf dem oben genannten niedrigen Niveau vor allem kohlenstofffreie Energiequellen eine entscheidende Rolle, in Zukunft auch die Abscheidung von Kohlendioxid aus den Abgasen von Kraftwerken. Damit kohlenstofffreie Energiequellen ihre angenommene Rolle auch wirklich spielen können, müssen Forschung und Entwicklung in diesem Bereich verstärkt werden. Die Kosten für die notwendigen Maßnahmen entsprechen auch langfristig beim anspruchsvollsten Szenario (Stabilisierung bei 445-535 ppm CO2e) einem um 0,12 Prozent reduziertem Wirtschaftswachstum. Diesen Kosten müssen die Risiken einer weltweiten Temperaturerhöhung gegenübergestellt werden (vgl. hierzu >> Arbeitsgruppe 2).

Klimapolitik

Der Klimapolitik stehen zahlreiche Instrumente zur Verfügung, um die notwendigen Emissionsreduzierungen zu erreichen. Eines der wichtigsten: Der Ausstoß von Treibhausgasen muss Geld kosten. Ein Preis von 20 bis 50 US-$ pro Tonne Kohlendioxid-Äquivalent würde viele Optionen wirtschaftlich lohnend machen; Subventionen von fossilen Brennstoffen schaden dagegen dem Klima. Daneben können Regierungen etwa mit Steuererleichterungen oder strengen Standards die Anwendung effizienter Techniken fördern und mittels Technologietransfer die Anwendung moderner Techniken auch in anderen Ländern fördern.

Auch eine grundsätzliche Entscheidung für eine nachhaltige Entwicklung (von der der Klimaschutz ein Bestandteil ist) hätte positive Auswirkungen auf den Klimawandel, etwa der verbesserte Schutz von Wäldern. Ebenso erleichtert der Klimaschutz die nachhaltige Entwicklung, etwa durch verringerte Emissionen und größere Energiesicherheit. In anderen Sektoren müssen die Alternativen sorgfältig geplant werden, sonst könnten z.B. Biotreibstoffe auf Kosten der Ernährungssicherheit gewonnen werden.

Zum Download der Studie:
Der Bericht ist auf den Seiten des IPCC zum Herunterladen verfügbar:
>> hier
Eine deutsche Übersetzung des Zusammenfassungen ist >> hier (unten auf der Seite unter “Translations into non-UN languages”) zu finden.

>> Webseiten des IPCC

>> Hintergrundinformationen: Der IPCC und der UN-Klimareport

>> Zur Kurzfassung des Berichts der Arbeitsgruppe 1:
     Wissenschaftliche Grundlagen
>> Zur Kurzfassung des Berichts der Arbeitsgruppe 2:
     Auswirkungen des Klimawandels
>> Zur Zusammenfassung des Synthesebands

Zum aktuellen >> 5. UN-Klimareport.

Klimawandel gefährdet die Funktionsfähigkeit der Ökosysteme

Eine empfehlenswerte Website zum Thema:

 Logo der Website "Den Klimawandel verstehen"

Weitere Informationen zum Klimawandel auf Ökosystem Erde:
>> Klimawandel
>> Politik gegen den Klimawandel
>> Strategien gegen den Klimawandel

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© Text Jürgen Paeger 2006 - 2010
© Abbildungen IPCC 2007: WG3-4AR

Zum aktuellen >> 5. UN-Klimareport

Weitere Teile des 4. UN-Klimareports:
> 1 Grundlagen
> 2 Auswirkungen
> Zusammenfassung