Das Zeitalter der Industrie

Der 5. UN-Klimareport

Arbeitsgruppe I1: Beobachtete Auswirkungen, zukünftige Risiken und Maßnahmen zur Anpassung

Im Jahr 2013 hat der Klimarat der Vereinten Nationen (IPCC) begonnen, seinen fünften Klimareport zu veröffentlichen. Der Klimareport fasst regelmäßig den Stand der weltweiten Klimaforschung zusammen. Arbeitsgruppe 1I hat im März 2014 die Untersuchungen über die bisher beobachteten Auswirkungen des Klimawandels, über mögliche zukünftige Folgen und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zusammengefasst. Die wesentlichen Ergebnisse sind im Folgenden dargestellt.

Bewertung der Risiken durch den Klimawandel

Thema der Arbeitsgruppe II ist die Bewertung der Risiken, die der - wie >> Arbeitsgruppe I gezeigt hat, im wesentlichen vom Menschen verursachte - Klimawandel verursacht, und der Möglichkeiten, diese Risiken durch Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels und zur Anpassung an den Klimawandel zu verringern. Die Anzahl der wissenschaftlichen Untersuchungen, auf denen der Bericht der Arbeitsgruppe II beruht, hat im Vergleich zu vorherigen Berichten der Arbeitsgruppe II (>> Bericht 2007) wesentlich erhöht, so dass der Arbeitsgruppe die Bewertung erleichtert wurde und die Betrachtungen ausgeweitet werden konnten. Der Bericht besteht aus drei Teilen: Der erste Teil untersucht die bisher beobachteten Auswirkungen des Klimawandels und die Anpassung hieran, der zweite Teil zukünftige Risiken und der dritte Teil Grundsätze einer wirkungsvollen Anpassung und die Zusammenhänge zwischen Anpassung, Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels und nachhaltige Entwicklung.

Beobachtete Auswirkungen

Der Klimawandel hat Auswirkungen auf allen Kontinenten und über die Weltmeere hinweg:

Abbildung stellt bereits heute nachweisbare weitverbreitete Auswirkungen des Klimawandels dar

Weitverbreitete Auswirkungen des Klimawandels. Die Abbildung stellt die verbreitetsten Auswirkungen auf physikalische, biologische und künstliche Systeme, den Beitrag des Klimawandels zu den Veränderungen sowie das Vertrauen in die Zuordnung des Beitrages des Klimawandels dar. Quelle der
Abbildung: IPCC: Climate Change 2014: Impacts, Adaptation, and Vulnerability. Summary for Policymakers,
Abb. SPM 2(a), eigene Übersetzung.

Gletscher schrumpfen weltweit in Folge des Klimawandels (hohes Vertrauen), und dieses verändert den Wasserhaushalt unterhalb der Gletscher (mittleres Vertrauen). Permafrostböden in hohen Breiten und großen Höhen tauen (hohes Vertrauen). Zahlreiche Tierarten haben aufgrund des Klimawandels ihr Verbreitungsgebiet, ihre Wanderungsmuster und ihre Wechselbeziehungen untereinander verändert (hohes Vertrauen); und auch wenn der Klimawandel bisher nur für das Aussterben weniger Arten verantwortlich zu machen ist (hohes Vertrauen), haben deutlich langsamere, natürliche Klimaänderungen in der Vergangenheit Ökosysteme verschoben und einen deutlichen Einfluss auf die Aussterberate gehabt (hohes Vertrauen).

Negative Auswirkungen auf die Ernteerträge sind häufiger als positive Auswirkungen (hohes Vertrauen). Positive Auswirkungen kommen überwiegend in hohen Breiten vor, aber auch hier ist unklar, ob sie die negativen Auswirkungen überwiegen (hohes Vertrauen). Global wurden Weizen- und Maiserträge durch den Klimawandel negativ beeinflusst (mittleres Vertrauen). Schnelle Preisschwankungen in Folge extremer Wetterlagen deuten an, dass die Marktpreise empfindlich auf Extremwetter - neben anderen Faktoren - reagieren (mittleres Vertrauen).

Die bisherigen Auswirkungen des Klimawandels auf die menschliche Gesundheit sind im Vergleich zu anderen Faktoren relativ gering und nicht ausreichend quantifiziert. Die Risiken, denen Menschen durch den Klimawandel ausgesetzt sind, hängen sehr wesentlich von nicht-klimatischen Faktoren ab, etwa dem Entwicklungsstand der Gesellschaft, in der sie leben (sehr hohes Vertrauen), aber auch von sozioökonomischen Prozessen innerhalb der Gesellschaft (etwa Diskriminierung aufgrund von Klassen, Geschlecht, Behinderung, ...). Aber die Verbreitung von Krankheitserregern und -überträgern hat sich durch den Klimawandel bereits verändert (mittleres Vertrauen).

Manche Ökosysteme, aber auch viele menschliche Systeme, sind durch Wetterextreme wie Hitzewellen, Fluten, Trockenheit, Tropenstürme und Wald- und Buschbrände gefährdet. Die Auswirkungen reichen von der Veränderung von Ökosystemen zur Unterbrechung der Produktion von Nahrungsmitteln und der Wasserversorgung und zu Schäden an Siedlungen und Infrastruktur. Besonders in armen Ländern verschärfen die Folgen des Klimawandels andere Probleme, vor allem für arme Menschen (hohes Vertrauen). Diese sind zum Beispiel besonders von Ernteausfällen und der Zerstörung von Siedlungen betroffen. Auch gewalttätige Konflikte verschärfen die Folgen des Klimawandels; sie schwächen die Fähigkeit zur Anpassung (mittlere Evidenz, große Übereinstimmung).

Anpassung

Während ihrer Geschichte hat die Menschheit sich immer wieder - mit mehr oder weniger großem Erfolg - an Klimaänderungen anpassen müssen. Auch der aktuelle Klimawandel wird vor allem bei Planungsprozesse - vor allem eingebunden in solche des Katastrophenschutzes und des Wassermanagements - bereits berücksichtigt. Die Untersuchungen hierzu beziehen sich vor allem auf solche Planungsprozesse, die Umsetzung und Wirksamkeit der Maßnahmen sind noch kaum untersucht. Bei den meisten bisherigen Anpassungsmaßnahmen handelt es sich um technische Anpassungsmaßnahmen; zunehmend wird aber auch die Bedeutung sozialer, institutioneller oder ökosystem-basierter Maßnahmen erkannt. So werden an Asiens Küsten Mangroven wieder aufgeforstet, in Mittel- und Südamerika natürliche Landschaften geschützt.

Zukünftige Folgen und Risiken

Zukünftig sieht der Bericht acht globale Schlüsselrisiken durch den Klimawandel, die allesamt mit großem Vertrauen ermittelt wurden:

  • Gefährdung von Leben, Gesundheit und Lebensgrundlagen der Bewohner niedrigliegender Küstenzonen und kleiner Inseln durch ansteigenden Meeresspiegel und Sturmfluten. (In manchen Regionen können die Kosten der Schäden und notwendiger Anpassungsmaßnahmen einige Prozent des Bruttosozialprodukts erreichen.)
  • Gefährdung von Leben, Gesundheit und Lebensgrundlagen vieler Stadtbewohner durch Überflutungen in manchen Regionen. (Der Anteil der Bevölkerung, der durch Überflutungen betroffen ist, wird mit steigender Erwärmung zunehmen. Hitzewellen, Luftverschmutzung, extreme Niederschläge, Landrutsche und Wassermangel stellen weitere Risiken dar. Durch Armut und fehlende Infrastruktur wird das Risiko erhöht.)

  • Zusammenbruch kritischer Infrastruktur wie Wasser- und Stromversorgung durch extreme Wettereignisse.
  • Erhöhtes Todes- und Krankheitsrisiko durch Hitzewellen, vor allem für verwundbare (arme) Stadtbevölkerungen und im Freien arbeitende Menschen. (Die negativen Folgen werden die positiven Folgen - weniger Kältetote - überwiegen; dazu kommen die gesundheitlichen Folgen erschwerter Nahrungsmittelversorgung.)
  • Erschwerte Nahrungsmittelversorgung durch Trockenheit, Überschwemmungen und Veränderung der Niederschlagsmuster. (Klimaänderungen werden schon bald das globale Muster der Nahrungsmittelerzeugung verändern und besonders arme Menschen von ihrem Land vertreiben. Die meisten Studien zeigen eine abnehmende Nahrungsmittelproduktion bei steigenden Temperaturen - und dies bei steigender Nachfrage. Eine Temperaturerhöhung über 4 Grad Celsius wurde die Ernährung der Weltbevölkerung ernsthaft gefährden; betroffen wären vor allem die niedrigen Breiten.)
  • Gefährdung der Lebensgrundlagen im ländlichen Raum durch unzureichende Versorgung mit Trinkwasser und Wasser zur Bewässerung. (Der Anteil der Menschen, der unter Wassermangel leidet, wird im 21. Jahrhundert mit steigender Erwärmung zunehmen. Das wird besonders die trockenen Subtropen treffen.)
  • Verlust von Ökosystemen an der Küste und im Meer und damit der Artenvielfalt und Leistungsfähigkeit der Ökosysteme, worunter vor allem Fischer in den Tropen und der Arktis leiden werden. (Hierzu trägt auch die Veränderung der räumlichen Verbreitung und das Aussterben von Arten bei höheren Temperaturen bei. Polare Ökosysteme und Korallenriffe werden zudem durch die zunehmende Versauerung der Meere geschädigt.)

  • Verlust von Süßwasser-Ökosystemen und der Dienstleistungen für die menschlichen Lebensgrundlagen.

Der Klimawandel wird auch Auswirkungen auf die zukünftige Entwicklung haben: Insbesondere steigende Nahrungsmittelpreise können die Armut zunehmen lassen; Menschen in besonders gefährdeten Regionen könnten zunehmend ihr Glück in der Auswanderung suchen. Auch Konflikte zwischen Staaten, insbesondere über schwindende Ressourcen wie Wasser oder Fischbestände, könnten zunehmen.

Wie groß das Risiko tatsächlich ist, hängt im wesentlichen von der künftigen Entwicklung der Emissionen von Treibhausgasen ab: Die Arbeitsgruppe verweist hier auf die sehr unterschiedlichen Folgen der verschiedenen Emissionsszenarien, die >> Arbeitsgruppe 1 untersucht hat. Je höher die Emissionen, desto größer ist auch das Risiko für eine "gefährliche, vom Menschen verursachte Störung des Klimasystems" (die mit der >>  UN-Klimarahmenkonvention eigentlich verhindert werden sollte).

Abbildung stellt die Abhängigkeit künftiger Temperaturänderungen von Treibhausgasemissionen und ihre Auswirkungen dar

Abhängigkeit der künftigen Temperaturzunahme von den Annahmen über zukünftige Emissionen ovn Treibhausgasen (links) und Zunahme der mit dem Klimawandel verbundenen Risiken mit zunehmender Temperatur (rechts). Ein nicht nachweisbares zusätzliches Risiko bedeutet, dass das Veränderungen nicht eindeutig dem Klimawandel zuzuschreiben sind; ein moderat zunehmendes Risiko heißt, dass Veränderungen nachweisbar und mit mindestens mittlerem Vertrauen dem Klimawandel zuzuschreiben sind; ein hohen Risiko bedeutet weitverbreitete und schwere Auswirkungen und ein sehr hohes Risiko bedeutet sehr schwere Auswirkungen. Quelle der Abbildung: IPCC: Climate Change 2014: Impacts, Adaptation, and Vulnerability. Summary for Policymakers, Assessment Box SPM 1, Abb. 1, eigene Übersetzung.

Aber auch beim "Klimaschutzszenario" RCP 2.6 bleibt ein Risiko, dass einige der oben genannten Folgen eintreten, bestehen (sehr hohes Vertrauen); das Ausmaß der notwendigen Anpassungsmaßnahmen wäre aber deutlich geringer.

Zukünftige Risiken vermindern

Um die zukünftigen Risiken des Klimawandels möglich beherrschbar zu halten, müssen sowohl Maßnahmen zur Anpassung an als auch zur Minderung des Klimawandels getroffen werden. Die Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels sind Thema der Arbeitsgruppe III; im Bericht der Arbeitsgruppe II werden Maßnahmen untersucht, die dazu dienen können, die Folgen des dennoch eintretenden Klimawandels erträglich zu halten.

Zu diesen gehören beispielsweise:

  • die Anlage von Deichen, Dämmen und anderen Strukturen, um die Küsten bei ansteigendem Meeresspiegel zu schützen; der Bau von Schutzräumen für Zyklone und Fluten und der Aufbau von Frühwarnsystemen;
  • die Einführung wassersparender Technologien (u.a. effiziente Bewässerung) in der Landwirtschaft; Zucht neuer, an den Klimawandel angepasster Nutzpflanzen; Bau von Speichern für Lebensmittel;

  • Maßnahmen zum Bodenschutz und zur Aufforstung von Wäldern; Pflanzen von Schattenbäumen und Begrünung von Dächern; Schutz von Feuchtgebieten und Artenvielfalt;
  • Verbesserter Zugang zu Bildung, Nahrung und Gesundheitsversorgung für den armen Teil der Weltbevölkerung.

Dabei gibt es nicht die wirksame Anpassungsmaßnahme, sondern je nach Situation müssen geeignete Maßnahmen ausgewählt werden. Am besten wirken Maßnahmen, bei denen Regierungen, Zivilgesellschaft, lokale Gemeinschaften und Haushalte zusammenarbeiten (hohes Vertrauen); dabei müssen lokales und traditionelles Wissen genutzt werden. Da Anpassungsmaßnahmen vor dem Hintergrund der Unsicherheit über künftige Entwicklungen umgesetzt werden, empfiehlt sich ein iteratives (sich schrittweise wiederholendes) Vorgehen: Die Wirksamkeit und Nebenwirkungen der Maßnahmen müssen regelmäßig analysiert und die Maßnahmen gegebenenfalls geändert und angepasst werden.

Über die Kosten der notwendigen Anpassungsmaßnahmen bestehen noch große Ungewissheiten; es deutet sich aber an, dass die bereitstehenden Mittel nicht ausreichend sind. Die Anpassungsmaßnahmen mildern aber nicht nur die Folgen des Klimawandels, sondern haben auch positive Nebenwirkungen: sie verringern den Energie- und Wasserverbrauch, tragen zu einer nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft sowie zum Erhalt natürlicher Ökosysteme bei.

Sehr wahrscheinlich (hohes Vertrauen) ist aber, das Anpassungsmaßnahmen alleine nicht ausreichen werden, die Folgen des Klimawandels erträglich zu halten.

Weitere Informationen

Der Bericht der Arbeitsgruppe 2 "Anpassung, Auswirkungen und Verwundbarkeit" und die offizielle Zusammenfassung "Summary for Policymakers" können in englischer Sprache als pdf-Datei auf der Webseite >> http://ipcc-wg2.gov/AR5/ heruntergeladen werden.

Weiter zu:
>> Teil 3: Minderung des Klimawandels

Zur Zusammenfassung des vorherigen >> 4. UN-Klimareport.

 

Klimawandel gefährdet die Funktionsfähigkeit der Ökosysteme

Eine empfehlenswerte Einführung zum Thema:

 Logo der Website "Den Klimawandel verstehen"

Weitere Seiten zum >> Klimawandel (Ökosystem Erde)

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© Text Jürgen Paeger 2014
© Abbildungen IPCC 2014: WG2-5AR

Der zweite Teil des 5. UN-Klimareports ("Impacts, Adaptation, and Vulnerability") wurde am 31.03.2014  veröffentlicht (2). Diese Zusammenfassung beruht im wesentlichen auf der Summary for Policymakers.

Zum >> dritten Teil.

Ein Syntheseband ist im November 2014 erscheinen

Um das Stand unseres Wissens zu dokumentieren, wurden die Aussagen im Klimareport entweder von dem Autorenteam qualitativ bewertet ("sehr geringes" bis "sehr hohes" Vertrauen) oder - wenn möglich - folgende quantitative Wahrscheinlichkeiten angegeben:

praktisch sicher:
99 -100 % Wahrscheinlichkeit

sehr wahrscheinlich: 90 - 100 %

wahrscheinlich:
66 - 100 %

unklar:
33 - 66 %

unwahrscheinlich:
0 - 33 %

sehr unwahrscheinlich:
0 - 10 %

besonders unwahrscheinlich:
0 - 1 %.

Verwendet werden auch extrem wahrscheinlich (95 - 100 %), eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich (> 50 - 100 %) und extrem unwahrscheinlich (0 - 5 %).

Diese Angaben aus dem Klimareport sind im nebenstehenden Text kursiv wiedergegeben.

Fakten wurden als solche - ohne Angabe von Vertrauen oder Wahrscheinlichkeiten - dargestellt.