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Das globale Ökosystem

Die Lebensräume des Ozeans

Das Meer

Das Meer nimmt über sieben Zehntel der Oberfläche der Erde ein –  das sind 361 Millionen Quadratkilometer. Obwohl wir die drei großen Ozeane Pazifik, Atlantik und Indischer Ozean unterscheiden (und offiziell auch den Arktischen Ozean und das Südpolarmeer als eigene 

Die Ozeane der Erde

Die Ozeane – oder besser: der Ozean (siehe Text) – der Erde.

Ozeane anerkennen), ist das Meer ein zusammenhängendes, riesiges Ökosystem; die Ozeane sind durch Meeresströmungen verbunden. Eher müsste man zwischen Oberflächen- und Tiefenwasser unterscheiden, die sich nur in weit kleinerem Ausmaß vermischen. Die meisten von uns kennen das Meer vor allem aus dem Urlaub; und beim Schnorcheln und Tauchen kann man einen ersten Eindruck der fremdartigen Welt erhalten, die hier verborgen ist. Was den Lebensraum Ozean kennzeichnet, sind 1,37 Milliarden Kubikkilometer Salzwasser: über 97 Prozent des Wassers auf der Erde – es würde ausreichen, eine glatte Erde rundum mit 2.500 Metern Wasser zu bedecken. Das Meerwasser hat einen Salzgehalt von durchschnittlich 35,3 g Salz pro Liter; das gelöste Salz würde eine 36 Meter hohe Salzschicht rund um die Erde ergeben. Das Salz stammt vom Festland, es wird von der Erosion aus Gestein und anderen Oberflächen herausgelöst und ins Meer gespült. Bei der Verdunstung bleibt es zurück, bis sich im Meerwasser ein Gleichgewicht zwischen ausfallendem und eingebrachten Salz einstellt; das ausfallende Salz bleibt im Sediment des Meeresbodens.

Die Reise der "HMS Challenger" und ihre Nachfolger

1872 lief die britische Dampfkaravelle “HMS Challenger” unter Leitung des schottischen Zoologen Wyville Thomson im südenglischen Sheerness aus, um im Auftrag der britischen Admiralität die Weltmeere zu erkunden: Sie sollte die Meerestiefe ausloten, die Meeresböden untersuchen, Strömungen verfolgen und die Tierwelt aus der Tiefsee erforschen. Knapp 70.000 Seemeilen legte das Schiff zurück: Von England über den Atlantik in die Karibik, nach Bahia in Brasilien, über den Südatlantik zum Kap der Guten Hoffnung und weiter in die antarktische Polarregion, und von dort über Australien, Neuseeland, Neuguinea und die Philippinen nach Japan. Von dort ging es über Tahiti, durch die Magellanstraße und über die Kapverden und Spanien zurück nach England. Mit den Tiefseelotungen entdeckte die Challenger den Mittelatlantischen Rücken (>> hier), sammelte über 10.000 Tiere und Pflanzen, darunter 4.500 unbekannte Arten. Die Challenger-Expedion bewies auch, dass es in großer Tiefe Tiere gab (was bis dahin auf Unglauben stieß). Die Reise gilt als Begründung der Ozeanographie (Meereskunde).

 Die deutsche Tiefseeforschung begann 1898/1899 mit einer von dem Leipziger Zoologen Carl Chun geleiteten Fahrt des umgebauten Postdampfers “Valvidia” in den Atlantik, deren Auswertung erst 1940 abgeschlossen war. 1930 stoßen der amerikanische Zoologe William Beebe und der Tiefseetaucher und Erfinder Otis Barton mit einer von ihnen entwickelten Tauchkugel vor den Bermudas 400 Meter in die Tiefsee vor; 1960 erreichen schließlich der Schweizer Ingenieur Jacques Piquard und der bei der US-Marine beschäftigte amerikanische Meeresforscher Don Walsh mit dem Tauchboot “Trieste” den Grund des Marianengrabens – mit 10.911 Metern Tiefe bis heute der Tieftauchrekord.

Da die Erdoberfläche nicht glatt ist, schauen große Teile der Kontinente aus dem Wasser heraus (ein kleiner Teil von ihnen ist unter der Wasseroberfläche verborgen, dieser untergetauchte Rand der Kontinente wird Kontinentalschelf genannt). Die Ozeane sind durchschnittlich 3.730 Meter tief. Ein großer Teil besteht aus 3.000 bis 5.000 Meter tiefen Meeresbecken; sie werden von der riesigen Gebirgskette der Mittelozeanischen Rücken durchzogen, an der neue ozeanische Kruste aus dem Erdinneren austritt (>> Plattentektonik), und von den Tiefseegräben an den Subduktionszonen, wo die ozeanische Kruste unter die kontinentale Kruste taucht – diese sind über 6.000 Meter tief, die tiefste Stelle sogar über 11.000 Meter.

Mit dem Festland sind die Meere durch den >> Wasserkreislauf verbunden; aus den Meeren verdunsten jedes Jahr 434.000 Kubikkilometer Wasser, von denen netto 36.000 Kubikkilometer als Regen oder Schnee auf dem Festland fallen. Die riesige Wassermenge der Ozeane beeinflusst ebenfalls das >> Klima auf dem Festland; Wasser speichert Wärme viel besser als Luft, und daher wirken Ozeane temperaturausgleichend: Ozeanisches Klima ist durch kühle Sommer und milde Winter gekennzeichnet; das kontinentale Klima im Inneren der Kontinente durch heiße Sommer und strenge Winter. Außerdem transportieren die Ozeane Wärme: Durch Winde angetrieben und von der Erddrehung abgelenkt, entstehen kreisförmige Wirbel des Oberflächenwassers (auf der Nordhalbkugel im Uhrzeigersinn, auf der Südhalbkugel andersherum, siehe >> hier), die warmes Wasser vom Äquator weg und kaltes Wasser zum Äquator hin transportieren. Unter der Oberfläche verborgen gibt es eine weiteres System an Meeresströmen, das globale Förderband: Salzreiches Wasser aus warmen Regionen kühlt im Nordatlantik ab, sinkt in die Tiefe und zirkuliert durch alle drei großen Ozeane; erst im Pazifik steigt es wieder auf und gelangt über warme Oberflächenströme zurück in den Atlantik. Dieser Meeresstrom übertrifft die Wassermenge aller Flüsse um ein zig-faches, zu diesem System gehört auch der Golfstrom: Ohne ihn wäre das Frühjahr in Paris klimatisch wie auf Neufundland.

 Das globale Förderband

Das “globale Förderband”, die wichtigste Tiefseeströmung für das Erdklima (blau: Tiefenströmungen, rot: Oberflächenströmungen). Die gelben Punkte markieren die Orte des Absinkens kalten Wassers .

Wasser ist für Licht nur beschränkt durchlässig, unter 200 Meter ist es im Ozean fast vollständig dunkel. Die >> Fotosynthese kann daher nur im oberen Bereich stattfinden; und dieses beeinflusst auch die Verteilung der anderen Lebewesen. Das Leben hat im Meer begonnen; die heutige Artenvielfalt der Meere ist aber noch wenig bekannt – neben den einigermaßen erforschten Küstengewässern und den Bereich des flachen Wassers über dem Kontinentalschelf weiß man einiges über die die lichtdurchflutete obere Zone des offenen Ozeans; die dunklen tieferen Zonen sind aber noch weitgehend unerforscht. Erst seit wenigen Jahrzehnten weiß man, dass sich auch hier artenreiche und hochinteressante Lebensräume finden, etwa an den steil abfallenden Kontinentalhänge, den mittelozeanischen Rücken und in den Tiefseebecken – und sogar in den Tiefseegräben.

Ökologisch unterscheidet sich das Meer grundlegend von den Landökosystemen: Während dort die Verteilung der Lebensräumen wesentlich von der Verfügbarkeit von Sonnenenergie und Wasser abhängt (>> Die Lebensräume des Festlands), sind im Ozean Nährstoffe die entscheidenden Faktoren, vor allem Phosphor und Stickstoff. Daher sind die tropischen Meere größtenteils “blaue Wüsten”; raue Meere, in denen aufsteigende Meeresströmungen Nährstoffe liefern, dagegen reiche Lebensräume. Den so ganz anderen Lebensbedingungen entsprechen auch Tiere und Pflanzen, die ganz anders sind als die an Land: Die wichtigsten Pflanzen der Meere sind einzellige Algen, die so klein sind, dass sie mit bloßem Auge unsichtbar sind. Da sie so klein sind, schweben sie im Wasser und nutzen das Licht der oberen Wasserschichten, die von der Sonne beschienen werden. Die Formenvielfalt der Pflanzenwelt im Meer ist ohne Hilfsmittel kaum zu eralhnen; dagegen ist die Tierwelt bereits auf den ersten Blick äußerst arten- und formenreich: Nur in den Ozeanen gibt es zum Beispiel festsitzende Tiere, ermöglicht durch die Strömungen, die ihnen das Futter zutreiben. Manche von ihnen erinnern an Blumen –  etwa die Korallenpolypen.

Lebensraum Ozean

Schema der Lebensräume in den Ozeanen. Abbildung nach DER SPIEGEL 7/2006, Seite 140/141 und Raven et al., Environment (1993).

Besonders produktiv sind die flachen Küstengewässer über dem Festlandssockel (auch Schelfmeer genannt): Hier strömt Wasser, das auf dem Festland Minerale aus dem Boden und aus Gesteinen auswaschen konnte, in die Meere; durch Meeresströmungen werden die Nährstoffe in den offenen Ozean getragen. Im flachen Wasser und im oberen Bereich des offenen Ozeans, wo genug Sonnenlicht vorhanden ist, produzieren winzige Meerespflanzen, das Phytoplankton, Jahr für Jahr 20 Milliarden Tonnen Biomasse – dabei nehmen sie mindestens so viel Kohlendioxid auf wie alle Wälder der Erde zusammen. Von den Pflanzen leben winzige Tiere (das Zooplankton), von diesen wiederum Schwarmfische wie Sardinen und Heringe; und von diesen dann größere Raubfische wie Thunfische, die ihrerseits Beute für Haie sind: Die enorme Produktivität ermöglicht lange Nahrungsketten, und die bewirken die biologische Vielfalt des Meeres. Wo dann noch aufsteigende Meeresströmungen (“upwellings”) Sedimente und damit weitere Mineralstoffe nach oben bringen, entstehen die reichsten Fischgründe; etwa auf dem Kontinentalschelf vor Neufundland (>> mehr), aber auch an den Küsten von Namibia, Mauretanien, Peru und Kalifornien. Die produktivsten Lebensräume des Meeres liegen alle in flachen Gewässern: an der Küste, wie Wattenmeer und Mangrovenwälder, die beide besonders vom Nährstoffreichtum an Flussmündungen profitieren; oder auch auf versunkenen Inseln, wie der artenreichste Lebensraum der Ozeane überhaupt, die tropischen Korallenriffe.

Die großen Lebensräume des Meeres

Felsenküste

An der produktiven Küste liegt aber auch einer der härtesten Lebensräume der Meere: Die Felsenküste in der Gezeitenzone. Bei einsetzender Flut schlagen hier tonnenschwere Brecher auf die Küste ein, während der Ebbe steigt durch die Verdunstung der Salzgehalt in den Wasserbecken – kann bei Regen aber auch fallen. Oder der Lebensraum fällt gleich ganz trocken. Dennoch leben hier Tiere in großer Zahl: Miesmuscheln, Austern, Seepocken, Seeigel, ... Sogar Fische wie die Grundel leben hier. Der Grund: Die Gezeiten bringen reichlich Nahrung mit sich. Spezielle Anpassungen ermöglichen den Tieren das Überleben: So können Muscheln und Seepocken im Inneren eine Wasservorrat speichern, zum Schutz von den Brechern haben Seepocken eine Art Zement entwickelt, um sich an die Felsen zu heften. Wer es in diesem Lebensraum aushält, hat noch einen Vorteil: viele Feinde halten es nicht aus.

Die Felsenküste wird unter Wasser oft von Kelpwäldern gesäumt: Kelp (auch Seetang genannt) sind Braunalgen, deren blattartige Wedel bis zu 60 Meter lang werden können. Kelpwälder gedeihen besonders, wenn reichlich Nährstoffe vorhanden sind; dann kann sich ihre Biomasse jedes Jahr vervielfachen – und einer reichen Tierwelt Nahrung bieten, die vor allem abgerissen Pflanzenpartikel aus dem Wasser filtert. Reicher und produktiver ist die Küste jedoch, wenn der Untergrund nicht hart ist:

Wattenmeer

Das Wattenmeer liegt im Gezeitenbereich der gemäßigten Klimazonen; und wir finden diesen Lebensraum vor unserer Haustier: Das Wattenmeer der Nordsee ist weltweit mit Abstand das größte. Auf den ersten Blick scheint das Wattenmeer eine eintönige Sand- und Schlickfläche, nur durchzogen von gewundenen Abflussrinnen. Der Sand und Schlick stammen zum größten Teil vom Festland, er wird durch Flüsse oder den Wind ins Meer gebracht; nur auf einigen Stellen bilden Seegräser einen erkennbaren Pflanzenbewuchs. Der leblose Eindruck täuscht aber: Im Wattenmeer leben riesige Mengen an winzigen Kiesel-, Geißel- und Blaualgen; von diesem pflanzlichen Plankton lebt das tierische Plankton und viele wirbellose Tiere, von diesen Würmer, Muscheln, Garnelen und Fische, und am Ende der Nahrungskette stehen Vögel, Seehunde – und der Mensch. Für Garnelen, Krebse und Fische des offenen Meeres dient das Wattenmeer als Kinderstube; viele Watvögel, Enten und Gänse finden hier ein Brut-, Nahrungs-, Rast- oder Überwinterungsgebiet – an den großen Vogelschwärme wird der biologische Reichtum im Wattenmeer am leichtesten sichtbar.

Leben im Wattenmeer: der Sandpierwurm

Beim genauen Hinsehen kann man den unscheinbaren Anteil der Tierwelt des Watts leicht erkennen: Alle Tiere hinterlassen unverkennbare Spuren, die oft sehr spezielle Anpassungen an den Lebensraum Wattenmeer verraten. So beim Sandpier- oder Wattwurm: Zu erkennen ist er an Trichtern im Sand, die neben sandfarbigen Kotschnüren liegen. Der Wurm lebt in einem U-förmigen Gang, der beide verbindet; er treibt mit Körperbewegungen Atemwasser durch diesen Gang, das von der vor im liegenden Sandsäule gefiltert wird; den durch das Filtern mit Plankton angereicherten Sand frisst der Wurm; die erste Anpassung. Alle 30 bis 40 Minuten steigt er rückwärts an die Oberfläche – er muss wieder ein Stückchen Kotschnur absondern. Darauf warten Strandkrabben, Schollen, Möwen oder Austernfischer: Packt aber einer der Räuber zu, bricht das Schwanzende ab; die zweite Anpassung – der Schwanz wächst in kurzer Zeit nach, der Wurm hat überlebt.

In den oberen Bereichen, die nur noch bei besonders hohen Fluten vom Meer erreicht werden, bilden sich Salzmarschen: Der Regen kann zwischen den seltenen Fluten immer wieder etwas Salz auswaschen, dadurch nimmt die Vielfalt sichtbarer Pflanzen zu; und auch an Flussmündungen, in Deutschland etwa von Elbe und Weser, bilden sich oberhalb des Wattenmeers fruchtbare Marschländer; auch hier zieht das reiche Nahrungsangebot große Vogelscharen an.

Mangroven

Die Mangrovenwälder sind das tropische Gegenstück des Wattenmeeres; sie kommen in der Gezeitenzone der Subtropen und vor allem der Tropen vor. Schon allein durch das Vorhandensein von Bäumen ist dieser Lebensraum noch artenreicher als das Wattenmeer; das ausgedehnte Wurzelwerk hält das Sediment fest und sammelt damit Nährstoffe an. Auch die Mangroven stellen eine Kinderstube für Fische, Garnelen und Krebse dar. Die größten Mangrovenwälder finden sich an den Mündungen der großen tropischen Flüsse: am Sambesi, Amazonas, Mekong und Kongo; an der übrigen Küste hängt ihre Ausdehnung vom Küstenverlauf ab – insgesamt sind 60 bis 75 Prozent der tropischen Küsten von Mangrovenwäldern bewachsen. Mangrove ist der Sammelbegriff für etwa 50 bis 55 verschiedene Baumarten, die sich an den Lebensraum der Gezeitenzone angepasst haben; als Anpassung an das instabile Sediment fällt vor allem ein weit ausladendes Wurzelwerk auf, bei manchen Arten wird dieses noch durch Luftwurzeln ergänzt, die gegen die Sauerstoffarmut im Schlick entstanden sind; und „versteckt“ in biochemischen Mechanismen finden sich verschiedene Wege, Salz auszuscheiden. Die hohe Salzkonzentration des Meerwassers würde ohne diese Anpassung den Wurzeln Wasser entziehen, erst spezielle Mechanismen ermöglichen den Pflanzen das Überleben im Meer. Eine andere Anpassung ist die Fortpflanzung: Bei manchen Arten entwickeln sich die Jungpflanzen noch am Baum und sind schwimmfähig; schließlich fallen sie ins Wasser und treiben dort, bis sie an einem geeigneten Ort wurzeln könne.

Das dichte Wurzelwerk der Mangroven bietet den Meeresorganismen zahllose kleine Lebensräume, und es schützt die Küste vor der Erosion besonders bei tropischen Stürmen – so sind etwa beim Tsunami rund um den Indischen Ozean im Jahr 2004 hinter Mangroven deutlich weniger Schäden aufgetreten. Mehr noch: durch die Sedimentablagerung führen die Mangroven im Laufe der Zeit sogar zur Landgewinnung. Die aus dem Wasser ragende Baumschicht bietet nicht nur Wasservögeln einen Brutplatz, sondern auch Landtieren einen Lebensraum: So kommen selbst Affen zum Krabbenfang in die Mangrovenwälder. Der Lebensraum Mangrovenwald ist ähnlich produktiv wie die tropischen Regenwälder. Zudem sind Mangrovenwälder sehr effektive Kohlenstoffsenken, das heißt, sie binden dauerhaft Kohlendioxid aus der Luft. Mangrovenwälder sind vor allem durch Garnelenzuchten gefährdet; so sind in Malaysia in den letzten 50 Jahren etwa die Hälfte aller Mangrovenwälder für diese Farmen vernichtet worden.

Tropische Korallenriffe

Noch artenreicher sind schließlich die tropischen Korallenriffe: Eine größere Zahl von Pflanzen- und Tierstämmen gibt es in keinem anderen Lebensraum auf der Erde; etwa 90.000 Arten sind aus den Korallenriffen bisher beschrieben. Korallenriffe sind die größten Bauwerke auf der Erde – das Great Barrier Reef vor Australien erstreckt sich über 2.300 Kilometer. Auch Atolle sind Korallenriffe, die sich an den Flanken unterseeischer Vulkane ansiedelten, wodurch sie ringförmig wurden. Baumeister der Korallenriffe waren – meist nur wenige Millimeter große – Polypen, die über Jahrtausende Kalk ausschieden. Die Korallenpolypen leben meist in Symbiose mit Algen: Die Algen ernähren sich von Stoffwechselprodukten der Polypen und liefern ihnen dafür Zucker, die sie mittels Fotosynthese aufbauen. Und sie verändern die innere Chemie der Polypen so, dass die Kalkproduktion erleichtert wird.

Korallenriff vor Hawaii

 Korallenriff vor den nordwestlichen Hawaii-Inseln. Korallenriffe sind einer der
artenreichsten Lebensräume der Meere. Foto: James Watt, >> NOAA.

Korallenriffe bieten eine Vielzahl von Lebensräumen und beherbergen daher viele Arten. Rund 100.000 sind beschrieben; die Schätzungen der tatsächlichen Artenzahl reicht von 500.000 bis zu zwei Millionen. Entsprechend herrscht ein intensiver Wettbewerb um Raum und Nahrung. Dabei haben die Organismen der Korallenriffe ein Arsenal an chemischen Stoffen entwickelt, das diesen Lebensraum zu einem viel versprechenden Ort für die Suche nach nützlichen Naturstoffen machen. Zum Teil gehen auch die bunten Farben der Tiere, für die die tropischen Korallenriffe berühmt sind, auf diese Stoffe zurück: manche Tiere warnen mit leuchtenden Farben vor Giften. Bei anderen Arten täuschen die Farben auch nur: Fische nehmen Farben anders wahr als Menschen – für uns bunte Tiere können daher im Riff in Wirklichkeit bestens getarnt sein.

Offenes Meer

92 Prozent der Primärproduktion im Meer geht auf das pflanzliche Plankton zurück – auf Cyanobakterien, Kieselalgen und Panzergeißler. In der oberen Schicht der Ozeane, die von der Sonne durchdrungen wird (die in den klarsten Gebieten bis zu 200 Meter dick ist), bauen sie riesige Mengen an organischer Substanz auf. Dabei hängt das Wachstum des Planktons vor allem vom Vorhandensein von Nährstoffen ab, und findet daher vor allem in den produktiven Schelfmeeren (siehe >> oben) oder über der Schelfkante (wo der Festlandssockel zur Tiefsee abfällt) statt, wenn hier nährstoffreiches Wasser aus der Tiefe aufsteigt – dies ist oft an den Westküsten der Kontinente der Fall, etwa vor der Küste Perus. (An ihrer Westseite lenken Kontinente die Oberflächenströmungen nach Norden ab, wo sie dann vom Südostpassat erfasst werden, so kommt es hier zum Aufstieg des Tiefenwassers.) Ähnliches geschieht aber auch vor Inseln oder an untermeerischen Bergen, daher gibt es eine sehr unterschiedliche Verteilung der Nährstoffe im Ozean. Die Vielfalt des pflanzlichen Planktons zeigt, dass es im Ozean eine Vielfalt von unterschiedlichen Habitaten und ökologischen Nischen geben muss; diese sind noch kaum erforscht – obwohl etwa für die Regulierung des Klimas von großer Wichtigkeit, denn je nach Artenzusammensetzung wird ein unterschiedlich großer Anteil des durch die Fotosynthese oder die Bildung von Kalkschalen gebundenen Kohlendioxids im Meer zurückgehalten.

Bekannt ist aber, dass es nicht nur mehr pflanzliches Plankton gibt, je nährstoffreicher das Wasser ist, sondern dass die Arten auch größer sind – so groß, dass sie direkt von großen Arten des tierischen Planktons oder von Fischlarven gefressen werden können. Da auf jeder Ebene der Nahrungskette ein Großteil der Energie verloren geht (siehe >> hier), sind kurze Nahrungskette gut für den Energietransfer hin zum Fisch: Nährstoffreiche Gewässer sind daher besonders reich an Fischen.

Viele Arten des tierischen Planktons verbringen den Tag in der Tiefe, wo sie vor Fischen geschützt sind – hier werden sie jedoch von Kalmaren gejagt. Wo es viel Plankton gibt, können Fische in riesigen Schwärmen vorkommen. Schwarmfische sind zum Beispiel Heringe, Sardinen und Sardellen. Diese Schwärme sparen Energie beim Schwimmen und schützen die Fische zudem: Manche Angreifer können in den Schwärmen offenbar keine Fische mehr erkennen, und manche Arten können mit einer Wolke kleiner Bläschen, offenbar das Ortungssystem von Walen stören und so entkommen – die Bläschen erzeugen sie, indem sie Gas aus ihrer Schwimmblase ablassen.

Aber die Angreifer können auch selbst die Schwarmstrategie nutzen, etwa Makrelen, die Schwärme umzingeln und mit Angriffen in die Mitte des Beuteschwarms die Fische in die Mäuler der wartenden Artgenossen treiben. Diese Raubfische werden von großen Räubern wie Thunfischen und Haien gejagt; an der Spitze der Nahrungskette stehen die großen Zahnwale wie der Pottwal. Mantarochen, manche Haie und die Bartenwale leben direkt von den Planktonschwärmen.

Wie schlecht wir den Leben im offenen Meer kennen, macht der omnibusgroße Koloss-Kalmar deutlich: Als im Jahr 2004 nach jahrzehntelanger Suche das zweite lebende Exemplar dieser Art gefilmt wurde, galt dies als Sensation – dabei kann der Koloss-Kalmar nicht selten sein, denn er stellt im südlichen Ozean drei Viertel der Nahrung der Pottwale. (Die schwer verdaulichen Tintenfischschnäbel erlauben Rückschlüsse auf Art und Größe der vom Wal verzehrten Tintenfische; ein Pottwal frisst etwa 1.000 Tintenfische am Tag.) 

Perfekte Jäger mit Imageproblemen: Haie

Weißer Hai

Weißer Hai bei Isla Guadalupe, Mexiko. Foto: Terry Goss. Aus >> wikipedia, Lizenz: >> GNU FDL 1.2.  

Haie haben unbestreitbar ein Imageproblem, spielen aber eine wichtige ökologische Rolle in marinen Ökosystemen wie Korallenriffen: Sie fressen kranke und schwache Fische und regulieren die Zahl anderer Fleischfresser – so dass Algenfresser überleben können. Biologen, die Haie erforschen, staunen über die perfekte Anpassung dieses großen Jägers: eine perfekte Stromlinienform, die ihnen energiesparendes Schwimmen ermöglicht, ebenso wie ihre Haut (Sportschwimmer können seit ein paar Jahren Schwimmkleidung nutzen, die der Haifischhaut nachgebildet ist). Was das Image angeht, könnten wir es spätestens seit Hans Hass’ Buch „Wie Haie wirklich sind“ besser wissen; Haiforscher bezeichnen sogar den Weißen Hai als „verspielt“! An manchen Orten verdient man mit Haien sogar Geld: Auf den Bahamas, wo Tauchen ein Multimilliarden-Dollar-Geschäft ist, ist ein Hai in einem gesunden Ökosystem bis zu 200.000 US-$ an Tourismuseinnahmen wert.

Jedes Jahr sterben etwa 10 Menschen durch Haie – aber mindestens 100 Millionen Haie durch Menschen. Die meisten Haie müssen sterben, um Flossen für Haifischflossensuppe zu liefern. Oftmals werden den lebendigen Tieren die Flossen abgetrennt und Tiere dann in das Meer zurück geworfen – da sie ohne Flossen nicht schwimmen können, bedeutet dies ihren qualvollen Tod. Diese Praxis heißt „finning“ – wie müsste wohl unser Image bei den Haien sein? Von den 428 Hai-Arten sind heute etwa 100 vom Aussterben bedroht.

http://www.sharkproject.org: Webseite der weltgrößten Organisation zum Schutz der Haie

Tiefsee

Die Tiefsee beinhaltet mehr als eine Millionen Kubikkilometer Wasser und ist damit mit Abstand der größte Lebensraum der Erde –  der über zwei Drittel der gesamten Biosphäre umfasst. Nur ein Bruchteil davon ist bislang erforscht, und erst in den letzten Jahrzehnten entdeckten die Meeresforscher, dass es hier  interessante Lebensräume gibt: An den Kontinentalhängen wurden Kaltwasserkorallenriffe (auch Tiefwasserriffe genannt) gefunden; im Gegensatz zu den tropischen Korallenriffe leben die Korallen von Plankton, das sie mit ihren Tentakeln einfangen. Diese Ökosysteme sind noch kaum erforscht, werden aber bereits zerstört: durch Bodenschleppnetze, die seit etwa 1985 in der Hochseefischerei in Tiefen bis zu 1.500 Metern eingesetzt werden.

An den mittelozeanischen Rücken wurden Hydrothermalquellen entdeckt, darunter die vulkanischen „Schwarzen Raucher“, die entstehen, wenn Meerwasser in porösem Gestein oberhalb von Magmakammern erhitzt wird und mit Temperaturen von über 400 °C (aufgrund des hohen Drucks trotzdem flüssig bleibend) nach oben schießt. Beim Kontakt mit dem kalten Bodenwasser flocken mineralische Stoffe aus und bilden im Laufe der Zeit kaminartige Schlote. Ähnlich entstehen etwas abseits der eigentlichen Gräben, wo das Wasser nur noch 90 Grad Celsius warm ist, weiße Türme aus Kalziumkarbonat (als lost city, “versunkene Stadt” bekanntgeworden). In beiden Fällen muss das Leben hier ohne Sonnenenergie auskommen und basiert auf chemischer Energie – Bakterien nutzen den Schwefelwasserstoff aus den Quellen, um organische Verbindungen herzustellen. Andere Arten leben von diesen Bakterien, oder leben mit ihnen in Symbiose. Diese Lebensräume ähneln der Umgebung, in der möglicherweise das Leben entstanden ist (>> Das Leben), und wimmeln von bizarren Lebensformen.

In den Tiefseebecken gibt es Schlammböden, in denen mehrere Tausend Arten meist winziger Organismen von der organischen Substanz leben, die nach ihrem Absterben aus den oberen Zonen zu Boden sinkt. Diese Schlammböden machen 60 Prozent der Erdoberfläche aus, ihre Vielfalt ist noch wenig erforscht; möglicherweise sind hier Millionen von Arten noch unentdeckt. Auf dem Böden leben Schlangensterne, Seeigel und Seegurken, die organische Reste fressen, aber auch riesige, bis zu 25 Zentimeter (!) große Amöben.

Im offenen Wasser der Tiefsee leben die Organismen entweder von dem, was von oben herabrieselt, dem sogenannten Meeresschnee, oder von anderen Tieren. Viele Tiere sind hier zur Tarnung lichtdurchlässig, andere nutzen Licht, um Beute anzulocken: Die Tiefseeangelfische leben mit Leuchtbakterien in Symbiose. Damit lockt er Beute direkt vor sein Maul. Auch viele andere Organismen erzeugen Licht, etwa um damit ihre Körperumrisse aufzulösen oder Angreifer abzuschrecken.

Arktis und Südpolarmeer

Zu den Lebensräumen des Meeres gehört auch die Arktis: Während die Antarktis ein weitgehend von Eis bedeckter Kontinent ist; umfasst die Arktis neben den nördlichsten Bereichen Kanadas, Russlands und Skandinaviens vor allem den eisbedeckten Arktischen Ozean. Hier finden sich wichtige Fischgründe: Seelachs in der Beringsee und Kabeljau in der Barentssee; zudem leben auf dem Eis verschiedene Robbenarten und Eisbären. Im Südpolarmeer rund um die Antarktis ist vor allem der antarktische Krill bemerkenswert, ein garnelenähnliches Krebstierchen: Er ist die Hauptnahrung für Wale, Robben, Tintenfische und Pinguine; seine Biomasse ist nach Schätzungen größer als die das Menschen. Krill lebt vom pflanzlichen Plankton; dieses kann im Winter sogar in Hohlräumen

Arktis    Antarktis

Arktis (links) und Antarktis (rechts).

vor allem an der Unterseite des Meereises leben. Daher findet das tierische Plankton und der Krill sogar im Winter viel Nahrung. Eine reiche Artenvielfalt findet sich auch auf dem Meeresboden, die Organismen leben von herabfallendem Material aus den oberflächennahen Schichten.

Literatur:
Wer Zugriff auf ältere Exemplare (der internationalen englischsprachigen Ausgabe) des National-Geographic-Magazins hat – Abonnenten haben dies auch im Internet –, findet dort zwei sehr schöne Beiträge über Seeleoparden, die – wie der Eisbär in der Arktis – an der Spitze der Nahrungskette in der Antarktis stehen sowie über Kaiserpinguine:
- National Geographic November 2006 – Leopard Seals: Deadly Beauty
- National Geographic November 2012 – Escape Velocity.

Die Arktis gehört zu den Lebensräumen, die besonders stark vom >> Klimawandel betroffen sind, mehr dazu >> hier.

 Empfehlenswerte Websites

Aktuelle Nachrichten zum Zustand der Weltmeere auf der Website Naturwunder Erde.

Google Ocean: Google Earth bietet mit “Google Ocean” auch die Möglichkeit die Weltmeere zu erkunden; zahlreiche Partner ergänzen die Seiten mit weiteren Informationen.

Census of Marine Life: Der “Census of Marine Life” ist eine internationale Initiative, die weitgehend unbekannte Artenvielfalt der Weltmeere und seine Lebensräume zu erforschen. Die Seite bietet eine Beschreibung des Projektes, weiterführende Informationen, Presseberichte, Neuigkeiten und anderes (englischsprachig).

Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung: Webseite des wichtigen deutschen Meeresforschungsinstituts, das seinen Schwerpunkt auf Arktis und Antarkis hat und das Forschungsschiff Polarstern betreibt.

Weiter mit:
>> Lebensräume II (Das Festland)

 Zum Lebensraum Ozean siehe auch:
>> Die Verschmutzung der Ozeane (Das Zeitalter der Industrie)
>> Die Überfischung der Weltmeere

Weitere Seiten zum Ökosystem Erde:
>> Übersicht
>> Die Erde als Ökosystem
>> Boden
>> Wasser
>> Luft
>> Klima

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© Jürgen Paeger 2006 – 2021

Eisbären könnten zu den Opfern des Klimawandels gehören, mehr dazu >> hier.