Aus der Werkstatt

+++ Was so alles auf meinem Tisch liegt +++ 

 

Wie wir das 1,5-Grad-Ziel noch erreichen können

Nach dem Pariser Übereinkommen soll die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad, möglichst aber auf 1,5 Grad Celsius begrenzt werden. Damit Deutschland seinen Beitrag zu dem letzteren Ziel der Weltgemeinschaft leistet, dürften nach dem aktuellen Umwelt­gutachten 2020 nur noch höchstens 4.200 Mio. Tonnen Kohlendioxid emittiert werden. Ob dieses noch gelingen kann, hat das Wuppertal Institut im Auftrag von Fridays for Future untersucht. Die Antwort: Ja, grundsätzlich ist das noch möglich, aber die notwendigen Maßnahmen sind technisch und ökonomisch extrem anspruchsvoll und erfordern eine gesellschaftliche Bereitschaft zu massiven Veränderungen. So müsste Deutschland bis 2035 klimaneutral werden; und in den nächsten fünf bis sechs Jahren müssten die Kohlendioxid­emissionen um 60-70 Mio. Tonnen pro Jahr sinken (statt wie in den letzten Jahren um etwa 8 Mio. Tonnen pro Jahr). Einige Eindrücke, was hierzu nötig wäre: Jedes Jahr müssten 15 bis 40 GW (je nach realisierbaren Importen, z.B. von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien) an Windenergie- und Photovoltaikanlagen zugebaut werden, deutlich mehr als die aktuellen Planungen der Bundesregierung von 9 bis 10 GW pro Jahr. In der Industrie dürften ab sofort nur noch Anlagen installiert werden, die "Treibhausgas-Neutralitätskompatibel" (also mit dem Ziel der Klimaneutralität vereinbar sind). Der Autoverkehr muss deutlich reduziert werden, die Fahrzeugflotte möglichst vollständig elektrifiziert werden und die verbleibenden Verbrennungsmotoren auf synthetische Kraftstoffe versorgt werden. Die energetische Sanierung von Gebäuden muss deutlich (von heute 1 Prozent im Jahr auf 4 Prozent) beschleunigt werden.

Wuppertal Institut: Wie Deutschland bis 2035 CO2-neutral werden kann (mit Möglichkeit zum Download)


Der Stand bei der Biodiversität

Der schnelle Rückgang der Biodiversität auf der Erde ist neben dem Klimawandel die zweite einschneidende Veränderung, die zeigt, dass die Menschheit sich auf einem falschen Weg befindet (siehe auch Living Planet Report 2020), findet in der Öffentlichkeit aber viel weniger Aufmerksamkeit. Dabei wurde in Rio de Janeiro 1992 nicht nur die Klimarahmen­konvention beschlossen, sondern auch eine Biodiversitätskonvention. Jetzt ist der 5. Fortschrittsbericht ("Global Biodiversity Outlook 5") erschienen. Die Tendenz ähnelt dem, was wir auch bei der Bekämpfung des Klimawandels sehen: Keines der Aichi-Ziele (das Gegenstück zum Kyoto-Protokoll) wird erreicht werden, 6 (von den 20) Zielen werden zum Teil erreicht. Dabei ist bekannt, was getan werden muss, um die Entwicklung umzukehren: eine Ausweitung der Schutzgebiete, die Begrenzung des Klimawandels (der den Verlust an Artenvielfalt beschleunigt), Anwendung nachhaltiger Methoden insbesondere in Land- und Forstwirtschaft – und auch hier muss es schnell gehen, wenn die Trendwende noch recht­zeitig kommen soll. Auch bei der Biodiversität sagt uns die Wissenschaft also eindeutig: Wir rennen sehenden Auges mit voller Kraft in die falsche Richtung, und tun nicht viel mehr, als gelegentlich (wenn die Luft dafür reicht) darüber zu reden, dass die Richtung nicht stimmen könnte.

Convention on Biological Diversity: Global Biodiversity Outlook 5 (mit Möglichkeit zum Download der Berichts in verschiedenen Sprachen)


Auf der Suche nach einem Atommüll-Endlager

Mit der Entscheidung der Bundesregierung im Jahr 1987, den vom niedersächsischen Minister­präsidenten Ernst Albrecht vorgeschlagenen Standort in Gorleben für eine "Wieder­aufbereitungsanlage" für Atommüll vorzusehen, begann die bereits 1975 im oberbadischen Whyl und 1976 im schleswig-holsteinischen Brokdorf entflammte Anti-Atomkraft-Bewegung in Deutschland zu einer Massenbewegung zu werden: das ungelöste Problem, was mit den radioaktiven Abfällen aus Atomkraftwerken geschehen soll, gehörte zu den wichtigsten Kritikpunkten an der Nutzung der Atomkraft (>> Eine kleine Geschichte der Atomkraft). Mit dem Beschluss zum Ausstieg aus der Atomkraft ist das Problem natürlich nicht gelöst (es wird nur nach dem Abschalten des letzten Kraftwerks nicht mehr größer), und 2017 begann ein neues Verfahren für die Suche nach einem geeigneten "Endlager"-Standort, in dem die Abfälle "für den Zeitraum von einer Million Jahren" (Standortauswahlgesetz von 2017) sicher gelagert werden können. In einem ersten Schritt wurden von der mit der Standortauswahl beauftragten Bundesgesellschaft für Endlagerung aus geologischer Sicht potenziell geeignete Teilgebiete ermittelt, die nun mit weiteren Kriterien (Besiedlungsdichte, Naturschutz, Kulturdenkmäler, ...) weiter untersucht werden sollen. Ziel ist, bis 2031 einen geeigneten Standort für die "Endlagerung" gefunden zu haben und 2050 mit der Einlagerung zu beginnen.

Bundesgesellschaft für Endlagerung: >> Zwischenbericht Teilgebiete
(mit interaktiver Karte und Möglichkeit zum Download)


Klimawandel und Waldbrände in Kalifornien

US-Präsident Donald Trump machte bei seinem Besuch in den kalifornischen Waldbrand­gebieten im September 2020 eine unzureichende Pflege der Wälder (die sich zum großen Teil in Bundesbesitz befinden) für die Waldbrände verantwortlich. Tatsächlich wird seit langem darum gestritten, ob Unterholz in den Wäldern kontrolliert abgebrannt werden sollte, um größere Waldbrände zu verhindern (was früher durch kleinere Waldbrände geschah, die aufgrund der zunehmenden Siedlungsdichte heute oft bekämpft werden). Das Ausmaß der schon seit vielen Jahren zunehmenden Waldbrände (nicht nur in Kalifornien, sondern z.B. auch in Australien und Sibirien) erklärt dieses jedoch nicht. Aber der Klimawandel trägt, wie der Klimaforscher Stefan Rahmstorf in einem Beitrag auf spiegel online darstellt, mehr­fach hierzu bei: Auch wenn insgesamt durch den Klimawandel die Nieder­schläge zunehmen, erfolgt dies vor allem in ohnehin regenreichen Gebieten, trockene Regionen werden eher trockener – und Kalifornien leidet seit Jahren an anhaltender Trockenheit. Und unter hohen Temperaturen, die durch verstärkte Verdunstung die Trocken­heit noch verstärken. Rahms­torf verlinkt auf eine Studie, die zeigt, dass dieses die Hauptursache für die seit den Siebziger­jahren zunehmenden Waldbrände in Kalifornien ist. Dazu kommen Hinweise, dass aufgrund der Eisschmelze in der Arktis Wetterlagen zuneh­mend länger anhalten – aus einigen heißen Tagen werden daher leichter Hitzewellen.

In diesem Zusammenhang fand sich im Spiegel 40/2020 auch ein interessantes Interview mit dem Feuerforscher Stephen Pyne, der sich mit den – neben dem Klimawandel, den er wie Rahmstorf als Verstärker ansieht, so sei die Feuersaison in Kalifornien inzwischen einen Monat länger als früher – anderen Faktoren beschäftigt, die die Waldbrände fördern. Er wies darauf hin, dass es in den USA schon im 19. Jahrhundert bis in die 1930er Jahre große Waldbrände gegeben hat, die durch die Eisenbahn und die ihr folgende Abholzung der Wälder und die Besiedlung verursacht waren. Heute sind oftmals Stromleitungen (die Pyne an anderer Stelle die "Blitze des 21. Jahrhunderts" genannt hat) die Ursache der Feuer, aber auch die Siedlungsdichte im Inland, die zusammen mit in den kalifornischen Bergen oft starken Winden kontrollierte Feuer (die Pyne befürwortet) oftmals verhindert. Die ohnehin anstehende Erneuerung des Stromnetzes und die zunehmende Nutzung dezentral erzeugter erneuerbarer Energien sind für Pyne daher auch ein Weg, die Feuer zu bekämpfen. (Stephen Pyne hat 2019 einen fast schon philosophischen Beitrag über den Zusammenhang zwischen [den gezielten] Verbrennungsprozessen des Menschen und den [ungezielten] Feuern im Missoula Current geschrieben: California wildfires signal arrival of a planetary fire age, den er in seinem Buch Fire. A Brief History. 2. Aufl. 2019. University of Washington Press, näher untersucht.)


Fridays for Future-Stern

Der Stern hat seine Ausgabe 40/2020 gemeinsam mit Fridays for Future gestaltet und widmet sie ausschließlich dem Klimawandel. Damit ist ein Versprechen verbunden: "Die Marke Stern verpflichtet sich ab sofort, den Klimaschutz ... als eines unserer Schwerpunkt­themen zu verstehen" (Chefredakteurin Anna-Beeke Gretemeier im Editorial). Im Heft finden sich u.a. ein Darstellung der aktuellen Entwicklungen in der Klimakrise ("Jetzt. Und hier."), Eckart von Hirschhausen erläutert, warum durch die Klimakrise die Fortschritte der Vergan­gen­heit ("wir leben so reich, so satt, so sicher wie nie zuvor") auf dem Spiel stehen, prä­sentiert 15 Ideen für eine kühlere Zukunft, porträtiert indianische Aktivisten, die gegen die Zerstörung ihrer Heimat, der südamerikanischen Regenwälder kämpfen und dokumentiert ein Gespräch, in dem sich Ex-Greenpeace-Chef Thilo Bode und Annemarie Brotzki von "Extinc­tion Rebellion" über die richtigen Wege zum Kampf gegen den Klimaschutz unterhalten.


COVID-19 und Ökosystem Erde

Angesichts der COVID-19-Pandemie habe ich mir nochmal die Seiten zur Bevölkerungs­entwicklung im Agrar- und Industriezeitalter vorgenommen. Bei der Überarbeitung hat mir ein Büchlein von Christian McMillen (Pandemics. A Very Short History. Oxford University Press 2016) sehr geholfen. McMillen ist Geschichtsprofessor an der University of Virgina und betont zwei Entwicklungen: Infektionskrankheiten nehmen erstens zu, weil wir immer weiter in die Natur eindringen und es für Krankheitserreger ökologisch "sinnvoll" ist, von seltener werdenden Wildtiere auf den immer zahlreicher werdenden Menschen überzuspringen (was die natürlich nicht wissen, aber die Evolution belohnt eben die Erreger, die das aufgrund genetischer Veränderungen im Menschen überleben können). Von COVID-19 konnte McMillen 2016 noch nichts wissen, aber auch COVID-19 ist ein Erreger, der den Sprung von Tieren auf den Menschen geschafft hat. Der amerikanische Wissenschaftsjournalist David Quammen hat dazu im Zusammenhang mit COVID-19 gesagt: "Wenn man am Baum schüttelt, fällt eben auch mal etwas heraus". Und zweitens, dass der Kampf gegen viele Krankheiten an der sozialen Ungerechtigkeit auf der Welt gescheitert ist. Auch wenn Impfstoffe und Medikamente zur Verfügung standen, können diese in viele Ländern aus Geldmangel oder aufgrund eines unzureichenden Gesundheitssystem nicht konsequent angewendet werden – und mit Reisenden aus diesen Ländern kommen sie dann immer wieder zurück in die Länder, die sie "eigentlich" schon besiegt hatten. COVID-19 hat auch gezeigt, wie schnell sich im Zeitalter des Flugverkehrs eine Krankheit in der Welt ausbreiten kann. Wir sitzen alle in einem Boot, und was die globalen Probleme angeht, gibt es nur eine Menschheit.

Im Zusammenhang mit COVID-19 siehe auch:
David Quammen: We Made the Coronavirus Epidemic (New York Times)
David Quammen: The Pandemic, From the Virus's Point of View (New York Times)
(Quammen ist auch Autor des in diesem Zusammenhang lesenswerten Buches "Spillover: Der tierische Ursprung weltweiter Seuchen", Pantheon-Verlag, 3. Aufl. 2020.)

Zu den überarbeiteten Seiten:
Die Weltbevölkerung im Agrarzeitalter
Die Weltbevolkerung im Industriezeitalter


Auf dem Weg zu einem neuen Energiesystem

Titelgeschichte des "Economist" vom 17.9.2020 ist das sich abzeichnende neue Energiesystem: Die Autoren sehen mit Europas Plänen für einen "Green Deal" und Joe Bidens Plänen für der Decarbonisierung deutliche Zeichen für ein heranziehendes neues Energiezeitalter; das Ende des Ölzeitalters sei wahrscheinlich (Symbol dafür ist der Ölkonzern ExxonMobil, seit 1928 im US-Aktienindes Dow Jones vertreten war und jetzt herausgeflogen ist). Dieses sei gut so: Das neue Energiesystem vermeide sie schlimmsten Folgen des Klimawandels (fossile Brennstoffe sind für zwei Drittel der Treibhausgase verantwortlich), sei gesünder für den Menschen (jedes Jahr sterben 4 Millionen Menschen an den Folgen der maßgeblich von fossilen Brennstoffen verursachten Luftverschmutzung) und wirtschaftlich stabiler, da nicht von ungleich über der Welt verteilten Ressourcen (und einem Kartell, das über sie wacht) abhängig. Aber der neue Übergang zu dem neuen System birgt auch Risiken. Die Ölstaaten, in denen 900 Millionen Menschen leben, müssen neue Einkommensquellen finden, was viele Reformen erfordert; ihnen brechen aber gerade durch niedrige Ölpreise die Einnahmen weg. Die Welt könne auch in eine Abhängigkeit von China geraten, wo heute schon 72 Prozent aller Solarmodule, 69 Prozent aller Lithium-Ionen-Batterien und 45 Prozent aller Windräder gebaut würden. Ob Europa und die USA dagegen halten können, hänge von ihrem Engagement ab, das in den USA vom Widerstand mancher Republikaner gegen erneuerbare Energien gebremst werde. Und drittens könne der Umbau zu langsam erfolgen: bisher reichen die Investitionen in erneuerbare Energien nicht aus, um die Pariser Klimaziele zu erreichen.


Living Planet Report 2020

Zum dreizehnten Mal erschien im September 2020 ein aktueller "Living Planet Report" des WWF: In diesem alle zwei Jahre erscheinenden Bericht werden einige Kennzahlen darge­stellt, die zeigen, wie stark unser Planet bereits geschädigt ist: So zeigt der Bericht, dass 20.811 überwachte Wirbeltierbestände – Säugetiere, Vögel, Fische, Reptilien, Amphibien – aus aller Welt seit 1970 um 68 Prozent zurückgegangen sind, in Gewässern und Feucht­gebieten beträgt der Rückgang sogar 84 Prozent. Nach wie vor ist der "ökologische Fuß­abdruck" (Menge an verbrauchten Ressourcen, freigesetztes Kohlendioxid) pro Kopf in den Industrie-ländern wesentlich größer als in den Ländern des globalen Südens – und über­schreitet in der Summe deutlich die Tragfähigkeit der Erde. Auch die Wälder werden – allen Bekennt­nissen zur Aufforstung zum Trotz – weiter vernichtet; durch den Klimawandel werden Trockenzeiten und damit die Saison für Waldbrände zudem immer länger. Der Report untersucht auch, wie der Trend umgekehrt werden kann: besserer Naturschutz (Aus­weitung von Schutzgebieten, Wiederherstellung von Ökosystemen), nachhaltige Land­nutzung (Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft) sowie nachhaltiger Konsum (weniger Ver­schwendung landwirtschaftlicher Produkte, geringerer Anteil tierischer Kalorien in Ländern mit hohem Fleischkonsum) sind der Schlüssel.

WWF: Living Planet Report (mit Möglichkeit zum Download unten auf der Seite)


Die Erde hat sich um 1,1 °C erwärmt

Unter Federführung der Welt-Meteorologieorganisation (WMO) wurde Anfang September 2020 ein Zusammenstellung der neuesten Forschungen zum Klimawandel veröffentlicht: Der unter Beteiligung vieler Organisationen erstellte Bericht United in Science 2020 zeigt, dass die weltweiten Emissionen von Treibhausgasen weiterhin zunehmen; der durch die Corona-Pandemie erwartete Rückgang der Emissionen um 4 bis 9 Prozent wird den Anstieg der Treibhausgas-Konzentration in der Erdatmosphäre nur verlangsamen, aber nicht been­den. Die Konzentration von Kohlendioxid liegt mittlerweile bei 410 ppm. Die 5 Jahre von 2016 bis 2020 werden vermutlich die wärmsten 5 Jahre seit Beginn der Klimaaufzeichnungen sein, gegenüber der vorindustriellen Zeit dürfte die Temperatur um 1,1 Grad Celsius höher liegen. Bereits in den nächsten fünf Jahren könnte die Erwärmung (Wahrscheinlichkeit von 20 Prozent) die 1,5-Grad-Grenze (dem Ziel des Übereinkommens von Paris) erreichen. Soll das Ziel noch erreicht werden, sind dringende und gemeinsame Aktivitäten aller Länder erforderlich.

WMO: United in Science 2020 (mit Möglichkeit zum Download)


Umweltgutachten 2020

Alle vier Jahre erstellt der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), der seit 1972 die Bundesregierung zu Umweltfragen berät, sein "großes" Umweltgutachten. 2020 war es wieder soweit. Eins der Themen: Wie sollte Deutschlands Beitrag aussehen, damit die Ziele des Pariser Übereinkommens erreicht werden? Sein Vorschlag: Für Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Klimapolitik sollte ein Kohlendioxid-Budget, eine maximal noch auszustoßende Menge des wichtigsten Treibhausgases Kohlendioxid, festgelegt werden, an dessen Einhaltung die Klimapolitik gemessen werden kann. Wenn die Erderwärmung, wie in Paris vereinbart, auf deutlich unter 2 Grad Celsius begrenzt werden soll und unter der Annahme gleicher Emissionsrechte für jeden Mensch der Welt, betrüge ein solches Budget ab 2020 maximal 6.700 Millionen Tonnen Kohlendioxid (1,75 Grad Temperaturerhöhung), besser aber 4.200 Millionen Tonnen Kohlendioxid (1,5 Grad Temperaturerhöhung). Die sich aus dem deutschen Klimaschutzgesetz ergebenden Emissionen liegen etwa doppelt so hoch; bei einem gleichmäßigen Rückgang der Emissionen müsste Deutschland schon 2038 klimaneutral sein, um das maximale Budget einzuhalten (und nicht, wie angestrebt, 2050).

Sachverständigenrat für Umweltfragen: Umweltgutachten 2020 (mit Möglichkeit zum Download)


Vorschlag für ein europäische Klimaschutzgesetz

Als erste Maßnahme des europäischen Grünen Deals (siehe unten) wurde am 4.3.2020 von der EU-Kommission ein Vorschlag für ein Europäisches Klimagesetz vorgestellt. Mit einer Fortsetzung der bisherigen Klimapolitik würden die Treibhausgasemissionen bis 2050 gegenüber 1990 nur um 60 Prozent zurückgehen, in Übereinstimmung mit dem Pariser Übereinkommen haben sich das Europäische Parlament und der Europäische Rat jedoch zur Klimaneutralität der EU um Jahr 2050 verpflichtet. Das Klimaschutzgesetz soll die Lücke schließen und die Kommission zur Festlegung eines Zielpfades, der zur im Gesetz vorgegebenen Klimaneutralität führt, berechtigen. Dieser Zielpfad wird nach jeder der (alle 5 Jahre stattfindenden) weltweiten Bestandsaufnahmen zum Pariser Überabkommen überprüft werden; alle 5 Jahre sollen zudem die europäischen Fortschritte auf dem Zielpfad zur Klimaneutralität bewertet und ggf. zur Zielerreichung notwendige Maßnahmen ergriffen werden.

Vorschlag für das europäische Klimaschutzgesetz: EUR-LEX


Der europäische Grüne Deal

Der am 11.12.2019 vorgestellte „europäische Grüne Deal“ ist das Programm, mit dem die EU-Kommission die Wirtschaft und Gesellschaft in der EU so umgestalten will, dass im Jahr 2050 netto keine Treibhausgasemissionen mehr freigesetzt werden, Ressourcen deutlich effizienter genutzt und das Naturkapital der EU bewahrt und verbessert wird. Die Bezeich­nung stammt von dem in USA entwickelten „Green Deal“, der nach Roosevelts „New Deal“ (als Antwort auf die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre) benannt und für eine ökologi­sche Wende der Industriegesellschaft steht. Die Umgestaltung soll wie beim „New Deal“ mit massiven öffentlichen Investitionen und der Mobilisierung privaten Kapitals erfolgen. Zentrale Maßnahmen des europäischen Grünen Deals umfassen die Verschärfung der europäischen Klimaschutzziele für 2030 und 2050 (2030 sollten die Treibhausgasemissionen um mindestens 50 Prozent – möglichst 55 Prozent – gegenüber 1990 reduziert werden, 2050 soll die Klimaneutralität der EU erreicht sein; dazu werden Energieeffizienz und erneuerbare Energien gefördert) sowie die Mobilisierung der Industrie für eine saubere und kreislauforientierte Wirtschaft, der Erhalt und die Wiederherstellung der Ökosysteme und der Biodiversität sowie ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem.

Strategie der EU: Green Deal

Das amerikanische Original: Sunrise Movement


© Jürgen Paeger 2020

 

Titelseite des Berichts vom Wuppertal Institut CO2-neutral bis 2035

Titelseite des Biodiversity Outlooks 5

Karte der im Zwischenbericht Teilgebiete benannten Teilgebiete

Teilgebiete-Karte.
Grafik: Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH

Buchtitel: Stephen Pyne. Fire. A short history

Titelseite des Stern Nr. 40/2020

Titelseite Economist 17.9.2020

Titelbild Living Planet Report 2020

Titelbild United in Science Report 2020

Titelbild Umweltgutachten 2020