Buchbesprechung
Al Gore: Eine unbequeme Wahrheit
Die drohende Klimakatastrophe und was wir dagegen tun können
Das Buch zum Film: Eine reich bebilderte, persönlich erzählte Darstellung der drohenden Klimakatastrophe. Mit Raumfahrt- und Satellitenfotos stellt Gore die Erde vor – und zeigt dann, dass wir Menschen das Ökosystem dieses Planeten spürbar beeinflussen können. Er berichtet, wie er Mitte der sechziger Jahre in einem Kurs von Professor Roger Revelle zum ersten Mal die Kurve sah, die die Kohlendioxid- Konzentration über Hawaii darstellte – und die einen klaren Anstieg zeigte (>> hier zur aktuellen Fassung dieser Kurve). Heute wird die Erde spürbar wärmer, sind die Veränderungen sichtbar, und Gore illustriert sie alle: Fotos vom schmelzenden Schnee am Kilimandscharo und von schrumpfenden Gletschern aus allen Teilen der Erde; von den immer stärker werdenden tropischen Stürmen über Atlantik und Pazifik, von denen einer New Orleans zerstörte; von Fluten in Asien und von der Trockenheit in Afrika (und immer wieder erläuternde Grafiken, wie diese mit dem Klimawandel zusammenhängen); über tauendes Schelfeis und durch auftauende Permafrostböden einstürzende Häuser in Sibirien, von ausbleichenden Korallenriffen bis zu Fotos von den Tieren, die durch den Klimawandel ausgestorben sind oder vom Aussterben bedroht sind. Und Gore illustriert auch, was noch kommen kann: Er zeigt Karten, wie die Niederlande, Peking oder Shanghai nach einem Anstieg des Meeresspiegels um 6 Meter aussehen würde. Auch wer schon vieles zuvor gesehen hat, diese Zusammenstellung bedrückt.
Die drohende Klimakatastrophe ist für Gore die Folge einer radikalen Veränderung des Verhältnisses unserer Zivilisation zum Ökosystem Erde, ausgelöst von drei sich gegenseitig verstärkenden Faktoren: Bevölkerungswachstum, technologische Revolution – und unsere Fähigkeit, Probleme zu verdrängen. Ohne Hoffnung ist Gore aber nicht: “Wir haben alle, was wir brauchen, um die Klimakrise zu lösen – ausgenommen vielleicht den Willen zum handeln.” Was dieser aber bewirken kann, illustriert er mit der Apollo-11-Mission: Wenn wir entschlossen sind, können wir auf dem Mond landen – jetzt müssen wir unsere Kreativität, Innovationskraft und Inspiration dazu einsetzen, die ökologischen Probleme der Erde zu lösen. Die letzten 17 Seiten des Buches zeigen, was jeder einzelne zur Lösung der Klimakrise tun kann.
In der Zusammenstellung von Abbildungen und erläuternden Grafiken ist das Buch offenbar aus Al Gores Diavortrag entstanden, mit dem er seit Jahren um die Welt reist. Es ist zu hoffen, dass es damit (und auch in der Folge des Films) Menschen erreicht, die andere Bücher nicht lesen. Schade finde ich, dass Gore bei allen persönlichen Einschüben nichts dazu sagt, woran die Umsetzung seiner Ideen in der Zeit scheiterte, als er 8 Jahre lang als Vizepräsident der USA der zweitmächtigste Mann der Welt war: Gore hat ja schon 1992 den Bestseller “Wege zum Gleichgewicht: Ein Marshallplan für die Erde” geschrieben; aber von einem der Apollo-11-Mission ähnelndem Umwelt- oder Klimaschutzprogramm der USA war auch damals nicht viel zu spüren. Die Lehren aus seiner Zeit als Vizepräsident wären sicherlich auch für die Lösung der Klimakrise interessant.
Al Gore: Eine unbequeme Wahrheit. Riemann Verlag, München 2006; 328 S., 19,95 €.
Al Gore hat inzwischen ein anregendes Buch über die Lösungsmöglichkeiten nachgelegt: Wir haben die Wahl. Ein Plan zur Lösung der Klimakrise. Riemann Verlag, München 2009; 416 S., 21,95 €.
Auch dieses Buch ist reich illustriert und bebildert, widmet sich aber dem, war er im ersten Buch nur kurz angerissen hat: den Lösungsmöglichkeiten. Empfehlenswert:
>> Literatur
© Jürgen Paeger 2006 – 2009