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Vom Urknall zum Planeten Erde

Die Entwicklung des Universums

Wenn kein künstliches Licht stört, sind in einer klaren Nacht mit bloßem Auge im besten Fall drei- bis viertausend Sterne sichtbar. Manche „Sterne“ am Himmel sind in Wirklichkeit Mehrfachsysteme aus zwei, drei, vier, fünf oder sechs Sternen, andere ganze Galaxien – Galaxien sind Ansammlungen von Sternen, die sich gegenseitig durch ihre Schwerkraft beeinflussen und die um ein gemeinsames Zentrum kreisen. Diese Galaxien wiederum verteilen sich nicht völlig gleichmäßig im Universum, sondern sind in Gruppen, Galaxienhaufen und Superhaufen angeordnet.

Milchstraße, von der Erde aus betrachtet

Die Milchstraße, gesehen von der Erde aus. Das Foto wurde im Rahmen des ESO-GigaGalaxy Zoom Projects aus zahlreichen Einzelfotos von Serge Brunier zusammengesetzt. Auf der Website www.gigagalaxyzoom.org/ kann das Foto in großer Auflösung detailliert betrachtet
werden. © ESO/S. Brunier, Lizenz: >> c.c. 3.0

Aber auch, wenn der Sternenhimmel noch so prachtvoll ist: mit bloßem Auge sehen wir nur den kleinsten Teil aller Sterne. Alleine unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, enthält weit mehr als 100 Milliarden Sterne – und sie ist nur eine von mindestens 200 Milliarden Galaxien. Wenn wir uns den gesamten beobachtbaren Kosmos als eine Kugel von 20 Metern Durchmesser vorstellen, wäre die Milchstraße darin ein Staubkörnchen von etwa einem Zehntel Millimeter Durchmesser. In Wirklichkeit ist schon dieses „Staubkörnchen“ riesig, sein Durchmesser beträgt 100.000 Lichtjahre: Licht, das sich mit der Licht­geschwin­dig­keit von etwa 300.000 Kilometer pro Sekunde bewegt, bräuchte also 100.000 Jahre von einem Ende zum anderen. Das sind Dimensionen, die unser Vorstellungsvermögen bei weitem überfordern, aber immerhin konnten wir erforschen, wie es dazu gekommen ist.

Die Schwerkraft gibt dem Universum eine Struktur

Als 380.000 Jahre nach dem Urknall Wasserstoff und Helium entstanden waren, konnte die Schwerkraft eine neue Wirkung entfalten: Insgesamt blieb die auseinander treibende Kraft des Urknalls stärker – das Universum dehnt sich bis heute aus; aber in den Regionen, in denen das frühe Universum etwas dichter war, begann die Schwerkraft, Material zusammen­­zuziehen. Allerdings reicht die bekannte Materie nicht aus, um diese Strukturen zu bilden; diese Erkenntnis ist einer der Gründe, warum Astronomen die Existenz einer unbekannten Art von der Materie, der Dunklen Materie, vermuten: Diese habe mit ihrer Schwerkraft zum Zusammenballen von Dunkler Materie geführt, und normale Materie dabei mitgerissen. Dadurch entstanden hier im Laufe der Zeit Ansammlungen von Materie (die Astronomen sprechen von "Halos"). Die Dunkle Materie bildet den größten Anteil der Materie im Welt­raum, die sichtbaren Galaxien sind daher nur eine Art von “Schaumkronen auf dem Ozean der Dunklen Materie” (Günther Hasinger). Schon die ersten fotografischen Himmels­inventare gaben den Eindruck, dass die Galaxien eine schaumartige Struktur bilden: Es gibt dichte Bereiche (die Galaxienhaufen und Superhaufen), die durch Filamente verbunden sind, in denen sich weitere Galaxien finden. Zwischen diesen Strukturen sind riesige Leerräume eingeschlossen. Genaue dreidimensionale Untersuchungen mit Hilfe der Spektroskopie (die die Rotverschiebung zur Entfernungsbestimmung nutzt) bestätigten dieses Bild. Moderne Teleskope zeigen zudem, dass die Galaxien im Laufe der Zeit wachsen und sich entwickeln: Aus einfachen elliptischen Galaxien können “Sombrero-Galaxien” werden, die von einem Staubring umgeben sind, oder die großen Spiralgalaxien. Dabei können große Galaxien kleine “verschlucken” oder zwei Galaxien sich miteinander vereinigen: Auch der Himmel ist nicht beständig, alles fließt auch hier.

Spiralgalaxie

Spiralgalaxie NGC 1232, von oben gesehen. Auch
unsere Milchstraße ist eine solche Spiralgalaxie, die
wir jedoch von der Seite her sehen. © ESO,
Lizenz: >> c.c. 3.0

Das Leben der Sterne

Etwa 100 bis 200 Millionen Jahre nach dem Urknall begannen in einigen der ersten Galaxien­vorläufer besonders dichte Bereiche, unter dem Einfluss der Schwerkraft in sich selbst zusammenzufallen. Dabei wurden sie immer dichter und heißer; die Reibung der Teilchen aneinander erzeugte Hitze. Schließlich wurden Hitze und Druck so groß, dass die Abstoßung zwischen den positiv geladenen Atomkernen überwunden wurde: Es begannen Kern­­fusionen; die ersten Sterne entstanden. Kernfusionen sind auch die Energiequelle heutiger Sterne wie unserer Sonne: Zwei Wasserstoffatome verschmelzen zu einem Heliumatom; und dabei verlieren sie etwa 0,7 Prozent ihrer Masse, die als Energie freigesetzt wird (Masse wird zu Energie – sozusagen die Umkehrung der Materieentstehung nach dem Urknall). Die freigesetzte Energie aus den Fusionsreaktionen wirkt der Schwerkraft entgegen, so dass der Stern nicht weiter zusammenfällt, sondern erst einmal seinen Brennstoff verbraucht. 100 bis 200 Millionen Jahre nach dem Urknall also wurde das Universum hell: erleuchtet von den ersten Sternen. Diese haben vermutlich sehr große Massen gehabt, anders wäre eine Gas­wolke aus dieser Zeit nicht zu einem Stern zusammengefallen.

Die Lebensdauer eines Sternes hängt von seiner Größe ab: je größer der Stern, desto schneller verglüht er. Die riesigen Sterne der ersten Generation leuchteten nur ein paar hunderttausend bis maximal drei Millionen Jahre. Als der Wasserstoffvorrat verbraucht war, fehlte der Gegendruck der Kernfusionen, der Stern stürzte in sich zusammen. Damit stiegen aber Druck und Temperatur und bei über 10 Millionen Grad zündete die Kohlenstoffsynthese [440]. Kohlenstoff spielte eine große Rolle bei der weiteren Entwicklung des Univer­sums und auch eine große Rolle in der Geschichte des Lebens. Bei besonders massen­reichen Sternen überschritt die Temperatur sogar über 100 Millionen Grad, bei weiteren Kern­fusionen entstanden weitere, noch schwerere Elemente: Sauerstoff, Magnesium, Silizium und Eisen. Die Fusion von Eisen mit anderen Elementen setzt aber keine Energie mehr frei, sondern verbraucht welche, und damit verliert der Stern seine Energiequelle. Ohne diese bricht er unter der ungebremsten Schwerkraft zusammen, und die zusammen­gequetschte Masse vergeht in einer spektakulären kosmischen Atomexplosion: einer Supernova, die bis zu zehn Milliarden Mal so hell wie die Sonne werden kann. Dabei erreichen die Temperaturen mehrere Milliarden Grad; und dadurch werden die Elektronen des Eisens in die Atomkerne gepresst, aus den dort befindlichen Protonen werden Neutronen, die von den bis dahin gebildeten Atomkernen eingefangen werden – und die Neutronen können unter bestimmten Bedingungen wieder zu Protonen werden; so entstehen alle weiteren chemischen Elemente des Universums bis hin zum Uran, dem schwersten natürlich vorkommenden Element. Die Explosion schleudert diese Elemente quer durch den Raum. Übrig bleibt ein extrem masse­reicher, sogenannter Neutronenstern, dessen Kern aus Neutronen besteht und der von einer Hülle aus Eisen umgeben ist. Auch von zwei Neutronensterne kollidieren (was passiert, wenn diese aus zwei sich umkreisenden Sonnen entstanden sind), entstehen schwere Elemente. (Wenn der Rest noch mindestens drei Sonnenmassen, entsteht statt eines Neutronensterns ein Schwarzes Loch; dieses dürfte bei der ersten Sternengeneration häufig der Fall gewe­sen sein, weshalb sich Schwarze Löcher oft im Zentrum einer Galaxie befinden.) Die Ent­stehungsgeschichte der Elemente hat Spuren in der Zusammensetzung der Welt hinter­lassen: die Elemente kommen umso seltener vor, je größer ihre Masse ist (Eisen und Nickel fallen hier jedoch aus der Reihe, da sie einen außergewöhnlich stabilen Atomkernen besitzen), und Elemente mit gerader Ordnungszahl (Anzahl der Protonen im Atomkern, siehe hier) sind häufiger als solche mit ungerader Ordnungszahl.

Diese Mega-Sterne sind da entstanden, wo die höchste Materiedichte zu finden war; da diese mit ihrer Schwerkraft weiterhin Materie anzog, dürften sie in den Zentren der heutigen Galaxienhaufen gelegen haben. Nach ihrem Verglühen in einer Supernova hinterlassen sie eine Staub- und Gaswolke, in der jetzt bereits alle heute natürlich vorkommenden chemischen Elemente vorhanden waren. Da die ersten große Sterne alle ein kurzes Leben hatten, haben die Supernovae in der Frühzeit des Universums dieses mit chemischen Elementen angereichert. Die von ihnen zurückgelassenen Gas- und Staubwolken vereinigten sich bereits 500 bis 700 Millionen Jahre nach dem Urknall zu immer größeren "Sternen­inseln", den ersten Galaxien. In deren Zentrum verdichtete sich die Masse womöglich so stark, dass ohne den Umweg über eine Supernova neue, extrem massereiche Schwarze Löcher entstanden sein könnten. Vor 6 Milliarden Jahren waren wohl schon die meisten Galaxien und in diesen die Sterne der nächsten Generation entstanden (eine solche Region, in der Sterne entstehen, zeigt die Abbildung hier); wie bei den Sternen der ersten Genera­tion war dies eine Folge der unter dem Druck ihren eigenen Schwerkraft zusammenfallenden Materie.

Nebel (Universum)

Der Crab-Nebel ist der Überrest einer Supernova, die
in chinesischen historischen Quellen aus dem Jahr 1054
beschrieben wurde: Sie soll 23 Tage lang tagsüber
sichtbar gewesen sein und knapp zwei Jahre lang am
Nachthimmel. Abb.: NASA, ESA, J. Hester (Arizona
State University)

Diese Sterne der zweiten (oder dritten, vierten, ...) Generation unterschieden sich durch das Vorhandensein der schweren Elemente von denen der ersten Generation. Mit der Ent­stehung der Elemente begannen auch chemische Reaktionen zwischen diesen Elementen – bei chemischen Reaktionen interagieren nicht (wie bei Kernfusionen) die Atomkerne, sondern die Elektronenhüllen (mehr hier): Dadurch entsteht eine Vielzahl neuer chemischer Verbindungen. Die erste dürfte das Wasserstoffmolekül (gebildet aus zwei Wasserstoff­atomen) gewesen sein; nach den ersten Supernovae dann auch Moleküle wie Wasser, Stickstoffmoleküle, Ammoniak, Methan, Kohlenmonoxid und Kohlendioxid. Mit weiterer Abkühlung entstanden dann auch die ersten Mineralien. Die Folge: Sterne der nächsten Generationen konnten Planeten um sich haben – wie unsere Sonne. Und solche Sterne konnten dank der schweren Elemente auch kleiner sein; je kleiner Sterne sind, desto länger leuchten sie. Außerdem wirkte der in der ersten Sternengeneration entstandene Kohlenstoff als "Kühlmittel", und verlängerte das Leben der neuen Sterne noch einmal. Kleinere Sterne (wobei “klein” heißt: bis etwa 8 Mal so groß wie unsere Sonne) leben damit lange genug, um von der Schwerkraft beeinflusst zu werden und tragen damit zur Strukturierung der Galaxienhaufen und Galaxien bei; die Anziehung der Sterne unter­einander und durch das Schwerkraftzentrum der Galaxie erfolgt auf einer Spiralbahn, wodurch Spiralgalaxien wie die oben abgebildete entstehen können. Und sie enden nicht ganz so spektakulär in Supernovae wie die großen Sterne: sie werden zu „roten Riesen“, wenn am Ende ihrer Zeit der Wasser­stoff weitgehend aufgebraucht ist und der Stern kollabiert. Dabei steigen Druck und Tempe­ratur im Inneren an, wodurch sich Leuchtkraft und Durchmesser erhöhen und in einer Serie von Kernfusionen Elemente bis hin zum Eisen entstehen – die kleineren Sterne reichern das Universum also weiter mit chemischen Elementen, vom Kohlenstoff bis hin zum Eisen, an. Ist der Brennstoff verbraucht,  stößt der Stern seine verbleibende Wasserstoffhülle ab, das Zentrum kollabiert und wird zum “weißen Zwerg” – es sei denn, es kann Material von einem nahen Stern anziehen (wie in Doppel­stern­systemen möglich). In diesem Fall kann es zu einer Supernova des Typs 1a kommen – durch das neue Material beginnt die Hülle meist explosionsartig wieder zu brennen: auch hier erscheint am Himmel ein neuer Stern. Am Ende fällt der Stern unter seiner Schwerkraft zusammen und explodiert ähnlich wie bei einer Wasserstoffbombe, seine Bestandteile werden ins Weltall zerstreut.

Ein erstaunliches Universum

Gas- und Staubwolken, Sterne und Planeten sind zwar die anschaulichsten, aber nicht die einzigen Bestandteile des Universums. Die Kerne großer Sterne, die mit einer Supernova vergehen, enden, wie oben dargestellt, als Neutronensterne, wenn ihre Masse zwischen vier- bis achtmal und 20mal der Sonnenmasse entspricht. Neutronensterne sind derart dicht, dass ein Stück Neutronenstern groß wie ein Zuckerwürfel auf der Erde eine Milliarde Tonnen wiegen würde. Die meisten Neutronensterne sind Pulsare: Durch die Verdichtung drehen sie sich enorm schnell (wie ein Eistänzer, der die Arme anzieht, sich auch schneller dreht), und ihr Magnetfeld gibt pulsierende Signale ab – diese wurden erstmals 1967 als Radiosignale empfangen.

Wenn noch größere Sterne in einer Supernova kollabieren, werden ihre Kerne so dicht, dass nicht einmal Licht ihrer Anziehungskraft entkommen kann: diese Möglichkeit hatte schon 1915 der deutsche Astronom Karl Schwarzschild mit Hilfe von Albert Einsteins Feld­gleichungen rein theoretisch errechnet; Robert Oppenheimer hatte 1939 vermutet, dass dieses beim Kollaps eines großen Sternes auch real möglich sein müsste (460). Lange glaubte trotzdem kaum jemand an diese Theorie – bis die in den 1960er Jahren beginnende Erforschung des Weltalls mit Radio- und Röntgenteleskopen die Existenz extrem dichter Objekte im Zentrum der meisten Galaxien nachwies. 1964 (1965 veröffentlicht [462]) fand der englische Mathematiker Roger Penrose eine neue, einfachere Berechnungsmethode für Einsteins Gleichungen, die die systematische Erforschung von superdichten Himmels­erscheinungen erleichterte, für die 1967 der amerikanische Physiker John Wheeler den Begriff "Schwarzes Loch" prägte: Damit ist mehr gemeint als nur die Tatsache, dass nicht einmal Licht der Anziehungskraft eines solchen Objektes entkommen kann – aufgrund der in der Allgemeinen Relativitätstheorie aufgezeigten Zusammenhänge zwischen Schwerkraft und Zeit steht aus der Sicht eines Beobachters von außen bei einer bestimmten Schwerkraft auch die Zeit still – Ereignisse jenseits dieses "Ereignishorizonts" sind daher für einen Beobachter nicht sichtbar. Wie der Urknall sind Schwarze Löcher Singularitäten, die mit der heute bekannten Physik nicht verstanden werden und auch nicht direkt beobachtet werden können; ihre Erforschung mit Hilfe von Penroses Berechnungsmethode trieb vor allem der britische Physiker Stephen Hawking voran. Spätestens seit 2015 erstmals Gravitations­wellen, die auf die Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher zurückgehen, direkt nachge­wiesen werden konnten, gelten auch die Schwarzen Löcher als endgültig nachgewiesen.

Die meisten Forscher gehen heute davon aus, dass sich die Schwarzen Löcher, die sich im Zentrum der Galaxien gebildet haben, zu einem supermassereichen Schwarzen Loch vereinigt haben; ähnliches geschah demnach, wenn zwei Galaxien miteinander verschmel­zen. Einen solchen Giganten gibt es vermutlich auch im Zentrum unserer Milchstraße. Dieser, Sagittarius A* (abgekürzt Sgr A*), soll rund 4,3 Millionen Mal so schwer wie die Sonne sein (das Schwarze Loch im Zentrum unserer Nachbargalaxie, des Andromeda-Nebels, ist sogar rund 100 Millionen Mal so schwer wie die Sonne). In der Hoffnung, den "Ereignishorizont" von Sgr A* vermessen zu können (nach Einsteins Gleichungen dürfte er nicht kreisrund sein, sondern etwas zu einer Seite hin verzerrt), wurden 2017 neun Radioteleskope auf den ganzen Welt zusammengeschaltet, womit ein virtuelles Radio­teleskop fast so groß wie die Erde geschaffen wurde. Die gewonnenen Daten der ersten Messung werden zur Zeit ausgewertet.

Auch im Zentrum der 1963 entdeckten Quasare steckt ein Schwarzes Loch: Quasare sind extrem helle, weit entfernte Himmelskörper – sie werden als junge Galaxien interpretiert, die kollabiert oder mit anderen Galaxien verschmolzen sind und in deren Zentrum ein Schwarzes Loch riesige Materiemengen anzieht. Bevor die Materie in das Schwarze Loch stürzt, bewegt sie sich auf einer Art Spiralbahn auf das Loch zu. Dabei wird sie extrem erhitzt – und an dieser Strahlungsenergie wurden die Quasare entdeckt. Quasare sind im jungen Universum mit dichterer Masse entstanden, heute findet man sie vor allem weit von der Erde entfernt – ein weiterer Beleg für die Urknall-Theorie.

Dunkle Materie und dunkle Energie

Noch erstaunlicher als Schwarze Löcher mit ihrem Ereignishorizont sind aber andere Er­kennt­nisse: Die Schwerkraft der gesamten bekannten Materie im Universum – einschließlich der Schwarzen Löcher – reicht bei weitem nicht aus, um Galaxienhaufen zusammen­zuhalten. Auch dieses deutet, wie die Geburt der ersten Sterne, auf die dort schon erwähnte „Dunkle Materie“ hin. Diese ist unsichtbar, daher ihr Name; aber sie kann indirekt beobachtet werden: Die Dunkle Materie führt dazu, dass die Rotationsgeschwindigkeit in Galaxien nicht wie nach den Keplerschen Gesetzen erwartet zum Rand der Galaxie hin abnimmt, sondern etwa gleich bleibt; sie krümmt die Raumzeit und verzerrt daher das Licht dahinterliegender Galaxien zu Bögen (“Gravitationslinseneffekt”), aus deren Größe sich auf die Masse der “Linse” schließen lässt. Auch die Vermessung der kosmischen Hintergrund­strahlung ergab, dass die Masse damals viel höher war als jene, aus der die bekannte Materie des gesamten Weltalls besteht. So konnte man berechnen, dass Dunkle Materie mehr als 80 Prozent der gesamten Materie im Weltall ausmacht. Wie sie aufgebaut ist und aus welchen (vermutlich noch nicht bekannten) Elementarteilchen sie besteht, ist unbe­kannt; die Entdeckung geeigneter Kandidaten erhoffen sich die Physiker unter anderem vom europäischen Superbeschleuniger LHC (Large Hadron Collider) des europäischen Kern­forschungszentrums CERN bei Genf, der 2009 in Betrieb ging: mit seiner Hilfe sollen Protonen mit ungeheurer Geschwindigkeit kollidieren, wobei neue Teilchen (darunter, so hoffen die Teilchenphysiker, auch Teilchen der Dunklen Materie) entstehen. Eine andere Hoffnung auf einen Nachweis besteht darin, dass die Elementarteilchen in seltenen Fällen mit gewöhnlicher Materie wechselwirkt – etwa, wenn sie auf einen Atomkern trifft.

Dazu kommt noch ein anderes Ergebnis: Seit 1998 zeigten Messungen der Rotverschiebung von weit entfernten Supernovae-Explosionen und nach 2001 dann die Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung durch den WMAP-Satelliten, dass sich die Ausdehnung des Universums beschleunigt. Es scheint also eine der Wirkung der Gravitation entgegengesetzte Abstoßungskraft zu geben. Die hierfür mutmaßlich ursächliche Dunkle Energie (der Begriff wurde ist 1998 von dem amerikanischen Astrophysiker Michael Turner geprägt) ist ebenso rätselhaft wie die Dunkle Materie. Manche Modelle bringen sie mit der Vakuumenergie, deren Dichte auch in einem expandierenden Universum gleichbleibt und daher mit der Expansion zunimmt, in Verbindung (480).

Nach den aktuellsten Daten besteht das Universum zu 68 Prozent aus Dunkler Energie, zu 27 Prozent aus Dunkler Materie und nur zu fünf Prozent aus gewöhnlicher Materie (490). Die Dunkle Energie hat noch einen interessanten Seitenaspekt: Sie lässt sich nämlich mit  Albert Einsteins "kosmologischer Konstante" beschreiben, die ja eine von ihm vermutete Abstoßungskraft repräsentieren sollte. Seine "größte Eselei" könnte doch noch ein großer Erfolg werden...

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