Hintergrundinformation

Eine kleine Geschichte der Menschheit

Kolonialgeschichte der USA

Gemälde "Wahington crossing the Delaware", Emanuel Leutze 1851

George Washington führte die Kontinentalarmee der 13 englischen Kolonien im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg an,
Gemälde "Washington Crossing the Delaware", Emanuel Leutze 1871 (wikimedia commons, gemeinfrei).

Die Erschließung Nordamerikas

Die ersten Europäer in Nordamerika im Gefolge von Kolumbus waren die Spanier: von Mittelamerika (mehr) aus erreichten sie auch Nordamerika jenseits des Golfs von Mexiko. So suchte Hernando de Soto auf einer 1539 begonnenen Expedition in “La Florida” und im ganzen Südosten Nordamerikas nach Gold; neben 600 Soldaten brachte er 200 Pferde und 300 Schweine mit. Seine Truppe zog raubend, vergewaltigend und mordend durch das Land. Die schlimmsten Folgen hatten jedoch – die Schweine. De Soto berichtete noch von einem dicht bevölkerten Land mit riesigen Maisfeldern; als 1682 mit den Franzosen die nächsten Europäer den Mississippi hinab kamen, fanden sie hier kaum Menschen, dafür aber riesige Büffelherden. Offenbar hatten verwilderte Schweine aus De Sotos Herde Krankheiten auf Hirsche und Truthähne übertragen, die von hier aus ihren Weg zu den Ureinwohnern fanden. Nach manchen Schätzungen starben 96 Prozent der Ureinwohner, die Überlebenden schlugen sich beim Eintreffen der Franzosen als nomadische Jäger durch.

Die Franzosen waren aus dem Norden gekommen, wo sie an der nördlichen Ackerbaugrenze vor allem vom Pelzhandel lebten. Seit 1534 Jacques Cartier in den Sankt-Lorenz-Strom hineingesegelt war, handelten sie mit indianischen Jägern, bei denen sie vor allem Biberpelze eintauschten. Dabei entwickelte sich am ehesten eine Partnerschaft zwischen indianischen Jägern und Europäern, französische Händler heirateten oft Indianerinnen. Die ersten Handelsposten entstanden im Jahr 1600 am Sankt-Lorenz-Strom; 1608 wurde Québec durch den Entdecker Samuel de Champlain gegründet. Bis Ende des Jahrhunderts lebten 16.000 Europäer im Tal des Sankt-Lorenz-Stroms, wo auch die Briten 1670 die Hudson’s Bay Company gegründet hatten, um ebenfalls am Pelzgeschäft teilzuhaben. Die Rivalitäten zwischen Engländern und Franzosen führten auch in Nordamerika zu häufigen Auseinandersetzungen, so nahm der englische Pirat David Kirke 1629 Québec ein und konnte dort vier Jahre herrschen. Dank ihrer Verbindung zu den Indianern konnten die Franzosen sich aber zunächst halten. Nachdem die Pelztiere – neben Biber wurden auch Waschbären, Marder, Otter und Bären gejagt – am Sankt-Lorenz-Strom und am Hudson selten wurden, drangen die Franzosen nach Westen und Süden tief in das Innere Amerikas vor; ihre Kooperation mit den Indianern sollte später zu Konflikten mit englischen Siedlern führen. (Mehr zur Pelzjagd hier.)

Auch Holländer und Schweden waren in den heutigen USA vertreten: Für die holländische Ostindien-Kompanie hatte 1609 der Brite Henry Hudson den später nach ihm benannten Fluss befahren, an dem die 1621 (nach dem Vorbild der Ostindien-Kompanie) gegründete holländische Westindien-Kompanie 1624 das Fort Nieuw Amsterdam errichtete. Die Schweden erreichten 1638 unter dem zuvor im Dienst Westindien-Kompanie tätigen Peter Minuit das heutige Delaware, wo sie mit Fort Christiania die erste dauerhafte europäische Siedlung errichteten.

Die englischen Kolonien

Entscheidend für die nordamerikanische Geschichte wurden aber die englischen Kolonien. Im Dienste Englands hatte bereits John Cabot 1497 die Küste Nordamerikas erreicht, aber England begann erst unter Elisabeth I. ernsthaft, an der Erforschung – und Kolonialisierung – der neuentdeckten Länder teilzunehmen (mehr). Sir Walter Raleigh erkundete ab 1584 von der Karibik aus die Küste Nordamerikas, und bereits 1585 entstand die erste englische Siedlung auf der Insel Roanoke vor dem heutigen North Carolina, die allerdings aus noch unbekannten Gründen wieder verlassen wurde. Die erste erfolgreiche englische Siedlung auf amerikanischem Boden war das 1607 gegründete Jamestown im heutigen US-Bundesstaat Virginia.

Die Region am James River, einem südlichen Zufluss der Chesapeake-Bucht, war von sesshaften Powhatan-Indianern besiedelt, die hier Mais, Kürbis und Bohnen in Mischkultur anbauten, fischten, jagten und sammelten. Die Gärten der Indianer waren nicht eingezäunt, da es in Nordamerika keine Haustiere gab, die gehütet werden mussten. Aufgelassene Felder wurden der Natur überlassen, so dass hier wieder Wald aufkam. Um frisches Gras für Jagdwild zu fördern, brannten die Indianer regelmäßig den Unterwuchs der Wälder ab, die daher licht und parkartig waren. Erste Versuche von Spaniern und Engländern, sich in der Region anzusiedeln, waren durch Angriffe der Indianer beendet worden. Daher suchten die Siedler im Jahr 1607 eine Gegend, die ihnen unbesiedelt schien – wie sich bald herausstellte, aus gutem Grund: Im Sommer gab es hier kein frisches Wasser; Gezeitenwasser aus dem Meer drang bis in Höhe der Siedlung vor und verhinderte den Abfluss des Flusswassers. Bereits in den ersten Monaten starb fast die Hälfte der 104 Siedler, die meisten wohl an den Folgen verschmutzten oder versalzenen Wassers. Mit dem Winter wurde die Situation besser, aber die kranken Siedler hatten ihre Felder nicht bestellen können, und Ende Januar 1608 lebten nur noch 38. Sie überlebten wohl nur, weil der James River fischreich war – unter anderem lebten hier reichlich Störe – und weil es ihnen gelang, Nahrung von den Indianern zu erhalten. Im Laufe der folgenden Jahre trafen weitere Siedler aus England ein, aber Hunger blieb ein Problem – der Winter 1609/10 ging als „Hungerwinter“ in die Geschichte ein.

Die Indianer unternahmen dagegen zunächst keinen ernsthaften Versuch, die Siedler zu vertreiben. Vermutlich glaubten sie, das Problem werde sich durch die hohe Sterberate von selbst lösen; sie hatten aber die Rechnung ohne die ständig neu eintreffenden Siedler gemacht. Zu diesen gehörte der Farmer John Rolfe. Dieser baute 1612 als erster die in Mode geratene Tabakpflanze Nicotiana tabacum, deren Samen von der karibischen Insel Trinidad stammten, in Jamestown an. Bereits die Indianer hatten Tabak angebaut und geraucht, jedoch eine andere Art (N. rustica). Rolfes Tabak war auf dem Markt gefragt, so dass er im Gegensatz zum indianischen Tabak auf immer größeren Flächen angebaut wurde. Dafür nutzten die Siedler indianisches Land, das ihnen – obwohl regelmäßig abgebrannt – als ungenutzt erschien. Tabak laugt ohne Dünger den Boden sehr schnell aus, so dass regelmäßig neues Land abgeholzt und kultiviert werden musste. Dieses hatte zwei Folgen: Zum einen waren die Siedler in Jamestown die ersten, die (ab 1619) in Nordamerika Sklaven aus Afrika einsetzten, um die notwendige Arbeitskraft zum Roden der Wälder zur Verfügung zu haben. Zweitens ließen sie das Land nach der Nutzung nicht brach liegen, sondern von eingeführten Nutztieren beweiden. Diese verwilderten bald, und vor allem die Schweine machten sich auch über die (nicht eingezäunten) Gärten und Nutzpflanzen der Indianer her. Diese konnten die Schweine aber nicht wie zuvor die Wildtiere einfach töten, da sofort die Siedler mit Gewehren in der Hand Schadenersatz forderten.

So kam es dazu, dass die Siedler immer mehr Land nutzten, und den Indianern immer weniger blieb. Es ist eines der ungelösten Rätsel, warum die zahlenmäßig weit überlegenen Indianer die Siedler nicht einfach vertrieben, zumal vor der Erfindung des Repetiergewehrs Pfeil und Boden mindestens gleichwertige Waffen waren. Ein Angriff im Jahr 1622 tötete ein Drittel der Siedler, aber weitere ernsthafte Angriffe folgten nicht. Möglicherweise liegt dies an einer der von den Siedlern mitgebrachten Krankheiten: Malaria. Mitte des 17. Jahrhunderts war Malaria jedenfalls unter den Siedlern weit verbreitet. Aber diese hatten ihre Sklaven und ständigen Nachschub an Menschen aus England; die Indianer hatten daher keine Chance. Virginia wurde mit dem auf Sklavenarbeit basierenden Plantagensystem zum Vorläufer des Systems, das schließlich mit dem Baumwollanbau im 18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Wirtschaft im Süden der Vereinigten Staaten von Amerika beherrschen sollte.

Als „Väter des amerikanischen Volkes“ gelten jedoch weithin nicht die früh Sklaven haltenden Siedler von Jamestown, sondern die „Pilgerväter“, die Ende 1620 mit der "Mayflower" am Cape Cod in Massachusetts landeten und die Kolonie Plymouth gründeten. Bei ihnen handelte es sich um religiöse Dissidenten, die sich gegen "papistische" Einflüsse in der Church of England wendeten und vom Kalvinismus beeinflusst werden. Diese von der Kirche als Abtrünnige verfolgen "Puritaner" waren 1607 nach Holland geflohen und jetzt auf der Suche nach einem Ort, wo sie ihren Glauben leben konnten. Sie machten aber nur die Hälfte der Passagiere der Mayflower aus; die andere Hälfte waren von der Virginia Company angeworbene "normale" Auswanderer, die Land und Reichtum suchten. In der Region um Plymouth, die zuvor von Seeleuten als dicht besiedelt und gut verteidigt beschrieben wurden, war ein Großteil der indianischen Bevölkerung wenige Jahre zuvor durch eine Seuche – möglicherweise die Pest, die frühere Forschungsreisende oder frühere Siedler mitgebracht hatten – getötet worden und stellte keine ernste Bedrohung mehr dar. Aber auch diese Siedler wären zunächst fast verhungert, sie waren schlecht ausgerüstet und keine guten Jäger oder Bauern. Nur die Entdeckung – und Plünderung – eines indianischen Maisspeichers rettete sie im ersten Winter vor dem Hungertod; danach halfen Lachs aus den Flüssen, der im Winter an der Küste reichliche Kabeljau und die Unterstützung eines Indianers, der ihnen den Maisanbau zeigte, die Situation zu verbessern.

Damit begann der große Exodus der Puritaner: Die eigens gegründete Massachusetts Bay Company finanzierte 1630 vier Schiffe mit 1.000 Auswanderern; im selben Jahr gründete sie das heutige Boston. Bis 1640 trafen 20.000 Einwanderer in Neuengland ein, die – wenn auch mit Mais und Truthahn – Landwirtschaft nach europäischer Art betrieben und von denen viele mit Kabeljaufang und –handel (mehr hier) reich werden sollten. Die Siedler brachen ihre Krankheiten mit; und die Indianer wurden von immer neuen Seuchenausbrüchen betroffen, ab 1634 auch durch die Pocken (der einzigen Krankheit, die so gut bekannt war, dass sie mit Namen benannt wurden, bei den anderen Seuchen lässt sich aufgrund der ungenauen Beschreibungen kaum nachvollziehen, welche Krankheit wütete). Die Seuchen trafen auf eine Bevölkerung, die vorher keinen Kontakt mit diesen Krankheitserregern hatte – und töteten insgesamt weit mehr Indianer, als dies die blutrünstigsten Siedler hätten tun können. Dies ist einer der Hauptgründe, warum die Ureinwohner in Amerika so viel stärker als die Afrikas und Eurasiens unter dem Kolonialismus litten. (Die weißen Siedler fühlten sich durch die Seuchen freilich bestärkt in ihrem Glauben, dass Gott und Schicksal ihnen das Land zugedacht hatten; um ihm zu helfen, verteilten auch schon einmal mit Pocken infizierte Decken unter den Indianern.) Die Pocken verbreiteten sich nach 1634 entlang der Handelswege für Biberfelle, Gewehre und Alkohol, wo die Siedler auch entfernteren Indianervölkern in Kontakt kamen. Sie veränderten die Geschichte auch der einheimischen Völker: an den großen Seen konnten die Irokesen die Vorherrschaft über die stärker von den Pocken betroffenen Huronen gewinnen; die Anishinaabe-sprechenden Monsoni starben aus und überließen das Feld den Ojibwe, noch heute eines der größten Indianervölker Nordamerikas.

Wie viele Menschen lebten vor Kolumbus in Amerika?

Die Zahl der Ureinwohner vor der Ankunft der ersten Europäer ist eine der umstrittensten Fragen der amerikanischen Archäologie/Anthropologie, und die Antwort ist politisch heikel. Neue Forschungsergebnisse deuten auf eine Einwohnerzahl hin, die höher als in Europa war. Da bekannt ist, wie viele (oder besser: wie wenige) die Besiedlung durch die Europäer überlebten, bedeutet eine höhere ursprüngliche Einwohnerzahl eine höhere moralische Belastung der Besiedelungsgeschichte – und wird daher von manchem heftig abgelehnt. Zum anderen erschüttert sie das Bild vom “edlen Wilden”, denn sie bedeutet auch, dass die amerikanischen Ureinwohner die Landschaft viel intensiver nutzten als früher geglaubt.

Dafür allerdings sprechen viele Fakten. So ist etwa der Reichtum an Brasil-Holz in den Küsten-Regenwäldern, der Brasilien seinen Namen gab, für einen Urwald untypisch; mit häufigen Feuern durch eine dichte Indianer-Bevölkerung aber leicht zu erklären. Und auch in Nordamerika fanden die ersten Siedler parkartige Wälder vor, deren Unterwuchs regelmäßig abgebrannt wurde. Solche Befunde werden von manchen Umweltschützern angefeindet, die gerne ein Bild vom (ursprünglichen) Indianer als Umweltschützer und die Nutzung als schädlich für Naturlandschaft bewahren würden. Dabei ist auch das Bild von der damaligen Nutzung keineswegs ein Freibrief für heutige landwirtschaftliche Praktiken: Die Wirtschaftsweise  der Ureinwohner unterschied sich grundlegend von der heutigen; sie schufen eher Waldgärten und bauten Bäume statt einjähriger Pflanzen an. Selbst der Amazonas-Regenwald war für sie möglicherweise ein großer Garten (mehr hier) – auch davon könnte man ja etwas lernen. 

Auf die von den puritanischen Pilgervätern gegründete Massachussetts-Bay-Kolonie folgten weitere englische Kolonien: Maryland wurde 1634 von aus dem Gebiet der Massachusetts-Bay-Kolonie ausgeschlossenen englischen Katholiken gegründet, auf Rhode Island siedelten sich Auswanderer aus Massachusetts an, denen die Anführer der Kolonie zu fundamentalistisch und intolerant waren. 1664 übernahmen englische Kriegsschiffe und Milizionäre aus Massachusetts kampflos das holländische Nieuw Amsterdam, das in New York umbenannt wurde; ebenso eroberten sie 1655 die von den Holländern eingenommene ehemalige schwedische Kolonie in Delaware. Der Quäker William Penn gründete am Delaware River die Siedlung Philadelphia (altgr. für "Nächstenliebe"), wo Siedler mit Ureinwohnern friedlich zusammenleben sollten. Harte Winter und gelegentliche Missernten überstanden die Siedler auch aufgrund des Fischreichtums in den Flüssen, die noch nicht wie in Europa durch Sedimenteintrag aus der Landwirtschaft und den Bau von Wehren verändert waren; Lachse, Störe und Flussheringe kamen hier reichlich vor. Um 1700 lebten 250.000 europäische Siedler an der amerikanischen Ostküste, bis 1732 waren insgesamt 13 englische Kolonien in Nordamerika gegründet worden.

Die englischen Kolonien unterschieden sich deutlich voneinander: Während in Neuengland die Bevölkerung überwiegend englischstämmig und puritanisch geprägt war und mit religiös motiviertem Arbeitsethos von familiärer Landwirtschaft und vom Fischfang lebte, waren die mittleren Kolonien um New York religiös vielfältiger und das Leben weniger streng, sie lebten von Landwirtschaft in den Tälern des Hudson und des Delaware sowie von Handel und Gewerbe in Städten wie New York und Philadelphia. Im Süden bewirtschafteten reiche Pflanzer landwirtschaftliche Großbetriebe mit Sklavenarbeit. Im Westen der Kolonien waren Jäger, Pelzhändler und Holzfäller, aber auch Abenteurer und Flüchtlinge anzutreffen.

Mitte des 18. Jahrhunderts griff der Siebenjährige Krieg auch auf Nordamerika über: 1759 eroberten die Briten (wie die Engländer sich seit der Vereinigung mit Schottland im Jahr 1707 nannten) Québec, und im Jahr darauf Montreal von den Franzosen. Eine Rückeroberung gelang diesen nicht, da es den Briten immer wieder gelang, den Nachschub aus Frankreich an der Mündung des Sankt-Lorenz-Stroms abzufangen. Mit dem Friedensvertrag von Paris 1763 verzichtete Frankreich weitgehend auf seine Ansprüche in Kanada.

Der Weg zu den Vereinigten Staaten von Amerika

Das Mutterland England hatte den Kolonien lange weitgehend freie Hand gelassen. Eine zentrale Kolonialgesetzgebung gab es nicht, die Kolonien verwalteten sich weitgehend selbst. Das änderte sich, als in Europa wirtschaftliche Macht zunehmend als Voraussetzung für politische und militärische Macht gesehen wurde ("Merkantilismus"): die Kolonien wurden zunehmend als Rohstofflieferanten und Kunden für Manufakturwaren gedacht. Navigationsgesetze sollten in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts dafür sorgen, dass koloniale Produkte nur nach England geliefert und Fertigwaren nur aus englischen Häfen eingeführt wurden. Praktisch wurden diese Gesetze aber zunächst nicht umgesetzt. Erst als nach dem Siebenjährigen Krieg die britische Staatskasse leer war, versuchte England, seine Kolonie stärker an dessen Finanzierung zu beteiligen: Schon im Jahr 1733 war das Molassegesetz erlassen worden, das die Zuckereinfuhr aus der nichtbritischen Karibik mit Zöllen belegte – jetzt sollten diese wirklich kassiert werden. Für die inzwischen selbstbewussten Siedler – Neuengland war durch den Kabeljauhandel zur internationalen Handelsmacht geworden – waren diese Abgaben eine grundsätzliche Frage: Da sie an der Entscheidung über die Abgabe im Londoner Parlament nicht beteiligt waren, erkannten sie diese nach dem Motto no taxation without representation ("keine Besteuerung ohne Stimmrecht") nicht an. Britische Zolleintreiber wagten sich 1768 nur noch unter Militärschutz nach Boston. Auch versuchten die Briten, um weitere teure Indianerkriege zu vermeiden, die Siedler von den Indianergebieten im Westen fernzuhalten; der Kamm der Appalachen wurde als Siedlungsgrenze festgelegt. Solche politischen "Einmischungen" und andauernde Zoll- und Steuerstreitigkeiten führten 1773 zur Boston Tea Party – symbolisch als Indianer verkleidete Bürger Bostons warfen aus Protest gegen die britische Teesteuer drei Ladungen Tee von englischen Schiffen ins Hafenbecken. Britische Strafmaßnahmen, unter anderem die Schließung des Hafens von Boston, mündeten 1775 in Kämpfe zwischen amerikanischen Milizen und britischen Soldaten, die sich zum Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg ausweiteten.

Der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg

Am 4. Juli 1776 erklärten die Delegierten des Kontinentalkongresses (der Vertreterversammlung der 13 britischen Kolonien) ihre Unabhängigkeit von Großbritannien, neun der neuen Staaten gaben sich bis 1780 eine Verfassung. 1777 schlossen sie zudem eine Konföderation, einen "festen Freundschaftsbund". Militärisch scheiterten die Aufständischen allerdings bei ihrem Versuch, Montreal zu erobern und dann – wie sie hofften, mit französischer Hilfe – die Briten aus Kanada zu vertreiben. Im März 1776 gelang es ihnen unter der Führung von George Washington jedoch, Boston einzunehmen, worauf sich die britische Regierung zum Krieg entschloss. Mit 32.000 Mann, darunter 8.000 deutschen Söldnern (insgesamt sollten 30.000 deutsche Söldner, alleine 19.000 aus Hessen-Kassel, auf Seiten der Briten kämpfen), die auf Staten Island landeten, konnten die Briten im Herbst 1776 New York einnehmen. Der Krieg wurde zu großen Teilen auch ein Bürgerkrieg, in dem die von George Washington angeführten Rebellen auch gegen Amerikaner kämpften, die dem britischen König treu blieben. Bald wurden die Rebellen zunächst heimlich und ab 1778 offen von Frankreich (das sich für den Siebenjährigen Krieg zu rächen gedachte) und ab 1779 auch von Spanien unterstützt, und 1781, als die amerikanische Armee und ein französisches Expeditionskorps die Briten in der Schlacht von Yorktown in Virginia schlugen, gaben die Briten den Krieg praktisch auf. Die Friedensverhandlungen in Paris dauerten noch einmal fast zwei Jahre, aber 1783 erkannten die Briten die Unabhängigkeit ihrer 13 Kolonien an, die zu den Vereinigten Staaten von Amerika werden sollten. Die Briten traten das gesamte Gebiet zwischen Appalachen und dem Mississippi an die Vereinigten Staaten ab und räumten ihnen Fischfangrechte vor Neufundland und Neuschottland ein; nur Kanada nördlich der großen Seen blieb britisch.

Der Weg zu den USA

Dennoch gerieten die neuen Staaten nach ihrer Unabhängigkeit in eine Krise: die Amerikaner hatten mit ihrer Unabhängigkeit die Handelsrechte im Empire verloren und so wurden zunehmend britische Fertigwaren importiert, die Briten hinderten die Amerikaner aber am Export ihrer Waren nach Europa oder in die Karibik. Der Kontinentalkongress hatte keine Befugnisse, dem etwas – wie Importbeschränkungen – entgegenzusetzen, und die Briten spielten die einzelnen Staaten geschickt gegeneinander aus. So entstand ein Handelsdefizit, das drohte, die im Unabhängigkeitskrieg entstanden Schulden unbezahlbar zu machen. Die Krise führte auch zu Unruhe in den Staaten, so versuchten etwa in Massachusetts unzufriedene Farmer, ein staatliches Waffendepot zu erbeuten. 1787 entschied daher ein Verfassungskonvent, dass die Staaten eine handlungsfähige Zentralregierung bräuchten. Interessenskonflikte zwischen Süden und Norden – der Süden befürchtete etwa eine Mehrheit, die die Sklaverei ablehnte – machten die Diskussionen schwierig, aber nach fünf Monaten wurde die Verfassung angenommen. Die Vereinigten Staaten bekamen ein Präsidialsystem – ein starker Präsident sollte die Regierung führen, die auch das Recht erhielt, Steuern und Zölle zu erheben. Um sowohl den Interessen der großen als auch der kleinen Staaten entgegenzukommen, bestand der neu geschaffene Kongress aus zwei Parlamentskammern: In das Repräsentantenhaus wurden Abgeordnete entsprechend der Bevölkerungszahl entsendet, während im Senat jeder Staat unabhängig von der Bevölkerungszahl zwei Sitze enthielt. Die erforderliche Zustimmung von neun der 13 Staaten dauerte noch einmal ein Jahr (Gegner der Verfassung fürchteten,, dass über kurz oder lang die Staaten ihre Selbstständigkeit verlieren würden), aber am 30. April 1789 trat George Washington sein Amt als erster Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika (United States of America, USA) an. Im Dezember 1791 wurde die Verfassung um einen Grundrechtekatalog erweitert. Um die Schulden abzubauen, wollte Finanzminister Alexander Hamilton die Kriegsschulden, aber auch wesentliche Steuerrechte auf die Union übertragen – zum Ausgleich erreichten die gegenüber dieser Lösung skeptischen Südstaaten, dass nicht New York Hauptstadt der USA wurde, sondern eine neue Hauptstadt am Potomac in einem staatenfreien, dem Kongress direkt unterstellten Gebiet (District of Columia, D.C.) errichtet wurde. Zu Ehren George Washingtons heißt sie Washington, im November 1800 wurde das Weiße Haus als Amts- und Wohnsitz des Präsidenten eingeweiht.

Die Erschließung des amerikanischen Westens

Die Erschließung des amerikanischen Westens erfolgte in mehreren Wellen. Die erste Welle bestand aus den (überwiegend französischen) Waldläufern, Missionaren und Händlern, die oft als erste Weiße das Landesinnere bereisten. Ab 1780 verheerte zudem eine neue, diesmal von Mexiko-City ausgehende Pockenepidemie die USA – wieder traf sie insbesondere die indianischen Völker. Der mächtige, halbnomadische Prärie-Indianerstamm der Arikara verlor in seinen Siedlungen am Missouri-River etwa 80 Prozent der Bevölkerung; fortan dominierten hier die nomadischen Sioux-Völker. Mit den Landgewinnen nach dem Unabhängigkeitskrieg geriet der Westen in den Blick der USA, und mit der Aufnahme von Kentucky im Jahr 1792 und von Tennessee 1796 (beide waren von dem Jäger und Fallensteller Daniel Boone erkundet worden, dessen Berichte über fruchtbare Böden die Besiedelung ausgelöst hatten), dehnten sich die USA in Gebiete jenseits der Appalachen aus. Vor allem der dritte Präsident der USA, Thomas Jefferson, der aus einer Pflanzerfamilie in Virginia stammte, sah die USA als eine Nation unabhängiger Farmer, Pflanzer und Handwerker, der im Norden beginnenden Industrialisierung wollte er als Gegengewicht die Erschließung des Westens gegenüberstellen. 1803 konnten die Vereinigten Staaten im “Louisiana Purchase” die verbliebenen französischen Gebiete westlich des Mississippi für 60 Millionen Francs von Napoleon kaufen, der das Geld für seine Kriege in Europa brauchte. Das neu erstandene Gebiet war von Indianer besiedelt, die einerseits dort bleiben und “zivilisiert” werden sollten; andererseits konnten die Staaten aber auch Geld aus Landverkäufen gut brauchen, um ihre Schulden zu bezahlen – und so kam es zu einer Besiedlungswelle durch Viehbauern, die Grund und Boden erwarben. Jefferson begann, von einer Ausdehnung der USA bis zur Westküste zu träumen, und überzeugte den Kongress, eine Expedition an die Pazifikküste zu finanzieren. Geleitet wurde diese von Meriwether Lewis und William Clark; 1805 erreichte die Lewis-Clark-Expedition den Pazifik.

Im gleichen Jahr begann der Häuptling der Shawnee-Indianer, Tecumseh, die Indianerstämme im Nordwesten und Südosten gegen das weitere Vordringen der Siedler jenseits der Appalachen zu vereinen. Damit scheiterte er jedoch.  Aber als 1812 die Amerikaner den Briten, die bei ihrem Kampf gegen Napoleon immer wieder amerikanische Matrosen zum Dienst auf britischen Kriegsschiffen pressten, den Krieg erklärten (2. Unabhängigkeitskrieg), unterstützte Tecumsehs Koalition die Briten. Anfängliche Erfolge der Britisch-indianischen Truppen verhinderten, dass die Amerikaner Kanada erobern konnten; den Krieg konnten aber keine der beiden Parteien gewinnen, so dass am Ende 1815 weitgehend der Status vor Kriegsanbruch wieder hergestellt wurde. Allerdings wurden die meisten Handelsschranken aufgehoben, so dass die Amerikaner sich als Sieger sahen. Verlierer waren vor allem die Indianer, die weiteres Land verloren.

1819 konnten die USA von den Spaniern, die zunehmend mit Unruhen in Lateinamerika zu kämpfen hatten, für fünf Millionen Dollar Florida abkaufen. 1821 verzichtete Spanien auf alle Gebiete jenseits der Rocky Mountains, die nördlich von Kalifornien lagen, und in einem Vertrag mit den Briten einigten sich die USA auf eine gemeinsame Verwaltung dieses "Oregongebietes" und den 49. Breitengrad als Grenze zu Kanada. Indes bedrohte die Sklavenfrage die Einheit der USA: Als Missouri 1820 in die USA aufgenommen wurde, verlangte das Repräsentantenhaus ein Ende der Sklaverei, woraufhin der Senat die Aufnahme von Maine, das sich von Massachusetts abgespalten hatte, verweigerte. Mit dem Kompromiss, Maine als sklavenfreien und Missouri als Sklavenstaat aufzunehmen, wurde die Sklavenfrage noch einmal politisch neutralisiert und das Gleichgewicht zwischen Nord- und Südstaaten im Senat beibehalten. Ab 1824 bot das 1821 unabhängig gewordene Mexiko amerikanischen Einwandern kostenloses Land und die Staatsbürgerschaft in seiner dünn besiedelten Randprovinz Texas (so groß wie Deutschland, keine 4.000 Einwohner) an. Mit Erfolg – bald lebten in Texas mehr amerikanische Siedler als Mexikaner. Die Amerikaner boten Mexiko mehrfach den Kauf von Texas an, der Zuzug war unübersehbar zur Landnahme geworden. 1830 verboten die Mexikaner den Zuzug weiterer nordamerikanischer Einwanderer. Zu spät: ab 1832 kam es zu Kämpfen zwischen Siedlern und mexikanischen Soldaten, und nachdem Mexiko 1834 eine neue zentralistische Verfassung verabschiedete, die auch noch die Sklaverei verbot, erklärten die Siedler 1836 ihre Unabhängigkeit als "Republik Texas" (unter Präsident Sam Houston) und boten den USA ihren Beitritt an. Die fürchteten jedoch einen Krieg mit Mexiko und lehnten das texanische Ansinnen zunächst ab; die Nordstaaten fürchteten zudem eine Machtzunahme der Südstaaten.

1843 erreichte ein erster Planwagentreck das Oregon-Gebiet, und löste ein wahres „Oregon-Fieber“ im Norden aus – hatten doch Berichte von fruchtbarem Siedlungsland, reichen Fischgründen und guten Möglichkeiten zum Pelzhandel dort im Westen gekündet. So konnte die Oregon- mit der Texasfrage verknüpft werden: Oregon und Texas sollten in die USA einverleibt werden. Die USA kündigten die gemeinsame britisch-amerikanische Verwaltung von Oregon, und nahmen 1845 Texas auf. Während die Briten einen Krieg vermeiden wollten und eine Aufteilung Oregons entlang des 49. Breitengrads vorschlugen, was auch das eigentliche Ziel der Amerikaner war, führte die Ablehnung des amerikanischen Versuchs, auch noch die mexikanischen Provinzen Neumexiko und Kalifornien (für 30 Millionen Dollar) zu kaufen, zum Krieg. Im Mexikanischen Krieg, der bis 1848 dauerte, verlor Mexiko die beiden Provinzen an die USA und erkannten den Rio Grande als Grenze an. Dafür zahlten die USA 15 Millionen Dollar und übernahmen 3,25 Millionen mexikanische Schulden. Goldfunde in Kalifornien lösten kurz darauf eine Goldrausch aus, der derartig viele Goldsucher und Glücksritter nach Kalifornien lockte, dass die öffentliche Ordnung weitgehend zusammenbrach. Auch die Einwanderung aus Europa stieg deutlich an: Iren flohen vor der durch die Kartoffelfäule verursachte Hungersnot; Deutsche (vor allem aus der Pfalz und dem Hunsrück), Schweizer und Skandinavier vor knappem Land und Überbevölkerung, und aus England kamen in Folge der Industrialisierung arbeitslos gewordene Handwerker. Bis zum Jahr 1849 kamen drei Millionen Einwanderer in das Land.

Überall wurden mit dem Vorrücken der Siedler die Indianer vertrieben. 1830 hatte Präsident Andrew Jackson mit dem Indian Removal Act eine gesetzliche Grundlage geschaffen, die rund 120.000 Indianer, die noch im Osten lebten, auch gegen ihren Willen in Gebiete jenseits des Mississippi zu verbringen. Das traf vor allem die sesshaften Cherokee, Creek, Chicksaw, Choctaw und Seminolen; und obgleich die Cherokee mit ihrer Klage vor dem Verfassungsgericht (das sie als eigenständiges Volk anerkannte) recht bekamen, trieben die USA die Umsiedelung voran: von den Cherokee kamen auf dem fast 2.000 Kilometer langen Weg über 4.000 der 17.000 Stammesmitglieder um (die Cherokee nennen den Weg daher trail of tears, den "Weg der Tränen"), und das zugewiesene Land entsprach nur einem Drittel der aufgegebenen Fläche und war zudem weniger fruchtbar. 1837 bis 1840 hatte zudem eine erneute Pockenepidemie (Great Plains Smallpox Epidemic) den amerikanischen Westen verheert. Sie traf viele Indianervölker dort beinahe tödlich: die Mandan, Hidatsa, Arikara, Schwarzfuß-Indianer, Gros Ventre und Assiniboine. In den amerikanischen Prärien füllten die Lakota, Cheyenne und Arapaho die Lücke – die Indianervölker, auf die die Weißen später treffen sollten, waren das Ergebnis der von ihnen mitgebrachten Pocken. Ein anderes Opfer waren die Wälder, die für die Urbarmachung von Weide- und Ackerland fielen.

Unterdessen hatten sich die kulturellen Unterschiede zwischen den Staaten der USA noch verschärft: Im Nordosten schritt die Industrialisierung voran, die mittlerweile zum Finanzzentrum gewordene New Yorker Wall Street investierte in Fabriken und Infrastruktur – 1825 war mit der Fertigstellung des Eriekanals beispielsweise New York über den Hudson und den Eriesee mit den Siedlungsgebieten im Westen verbunden worden. Ab 1830 begann der Eisenbahnbau in den USA, der Chicago zu einem zentralen Knotenpunkt machte. Der Mittlere Westen versorgte die Metropolen im Osten mit Nahrungsmitteln, die Landwirtschaft wurde mechanisiert (John Deere stellte 1857 bereits 10.000 Stahlpflüge her), blieb aber von Familienbetrieben dominiert – nur jeder zweite Betrieb hatte überhaupt Angestellte. Im Süden wurde dagegen der wie der Tabakanbau auf Sklavenarbeit beruhende Baumwollanbau stark ausgeweitet, so dass Baumwolle zum wichtigsten Exportgut wurde. Aber im Norden prangerten Reforminitiativen jetzt die Sklaverei (die im britischen Empire schon 1833 verboten worden war) zunehmend an, und Abgeordnete aus den Nordstaaten hatten den Mexikanischen Krieg als Komplott gesehen, mit dem die Südstaaten ihren Einfluss ausweiten wollten. So hatte der Abgeordnete Abraham Lincoln den Einmarsch in Mexiko als "rechtswidrige Aggression" verurteilt. Den Wandel der Einstellung großer Teile der Bevölkerung zeigte – und beförderte – der Erfolg von Harriet Beecher Stowes 1952 erschienenes Buch "Onkel Toms Hütte", das den Menschenhandel mit Schwarzen als Barbarei darstellte.

Der amerikanische Bürgerkrieg

Als 1860 mit Abraham Lincoln ein erklärter Gegner der Sklaverei – dem deren Ende allerdings kein Herzensanliegen war und der gar keine Initiative zu ihrer Abschaffung begann – zum Präsidenten gewählt wurden, erklärten 11 Südstaaten ihren Austritt aus der Union und schlossen sich 1861 zu einer Konföderation zusammen. Lincoln hoffte eigentlich auf ein freiwillige Rückkehr der Südstaaten, aber als diese unbewaffnete Proviantboote der Union an der Einfahrt zur Bucht von Charleston angriffen, verstand er den Angriff als Kriegserklärung: der amerikanische Bürgerkrieg (1861 bis 1865) hatte begonnen. Kaum jemand rechnete mit einem langen Krieg: Dem Norden galt der Süden als bevölkerungsarm und rückständig, die Südstaatler gingen davon aus, dass die Geschäftsleute im Norden bei anhaltenden geschäftlichen Einbußen schon für ein Ende des Krieges sorgen würden. Sie sollten sich irren; vor allem der Kampf um die Einheit der Union (weniger für die Abschaffung der Sklaverei, die nicht jeder Unionssoldat befürwortete) mobilisierte nach ersten Siegen der Konföderierten im Norden dann im zunächst kaum vorbereiteten Norden doch erhebliche Truppen, und Schlachten bei Gettysburg, Vicksburg und Chattanooga wendeten 1863 das Kriegsglück zugunsten der Nordstaaten. Als General Sherman im Jahr darauf einen Vernichtungsfeldzug durch Georgia startete, den die Südstaaten unter General Lee nicht aufhalten konnten, kapitulierten diese am 9. April 1865. Die Einheit der USA war wieder hergestellt, hatte aber 750.000 Soldaten das Leben gekostet – in keinem Krieg des 19. Jahrhundert sollten mehr Menschen sterben. Die Kapitulation des Südens führte zur Befreiung der Sklaven, die aber kein Land erhielten und daher wirtschaftlich von den weißen Pflanzern abhängig blieben – oder sich als bettelarme Lohnarbeiter in den Fabriken des Nordens ausbeuten lassen konnten. Im Süden entstanden zudem rassistische Geheimorganisationen wie der Ku-Klux-Klan, der jegliche gesellschaftliche Veränderung zur Not mit Lynchjustiz verhindern wollte. Der Krieg sollte aber auch die Industrialisierung befördern: Der französische General Gribeauval war nämlich auf die Idee gekommen, Gewehre mit austauschbaren Teilen herzustellen, um beschädigte Waffen weiter nutzen zu können. Hiervon hatte Thomas Jefferson während seiner Zeit als Botschafter in Frankreich erfahren, und brachte die Idee nach Amerika. Trotz der damals höheren Kosten bauten die Amerikaner Waffen mit standardisierten Austauschelementen – die Grundlage des „amerikanischen Fabrikwarensystem“, das Basis für die spätere Fließbandproduktion war.

Amerika war nach dem Bürgerkrieg zu weiten Teilen zerstört, aber seinen Ruf als Land der unbegrenzten Möglichkeiten hat dieses nicht geschadet. Schon 1865 begann der Bau einer transnationalen Eisenbahnstrecke, die den Osten mit dem Pazifik verbinden sollte, und bereits 1869 war diese fertiggestellt. Jetzt begann auch die große Zeit der Cowboys, Viehhirten, die Herden von Rindern aus Texas zu den Märkten im Norden trieben. Siedler, die sich ihnen mit Zäunen in den Weg stellten, wurden bekämpft – es entstand der Mythos vom Wilden Westen. Allerdings endete diese Zeit schon dreißig Jahre später, als die mittlerweile über 300.000 Kilometer an Eisenbahntrassen die Viehtreiber überflüssig machten und die Regierung es schaffte, für Recht und Ordnung zu sorgen. Während des Bürgerkriegs waren auch die Indianerkriege weitergegangen – nicht alle Indianer fügten sich der oben beschriebenen Indianerpolitik kampflos. Nachdem 1864 in Montana Gold gefunden wurde, legten die USA einen Weg durch das Gebiet, das sie zuvor den Prärieindianern zugewiesen hatte, worauf diese sich wehren. 1876 gelang den Indianern unter der Führung von Sitting Bull und Crazy Horse am Little Big Horn ein letzter Sieg gegen die Truppen der USA.

Die Besiedelung des Westens veränderte die Natur weiter. Ausgebrochene Pferde hatten bereits zu Zeiten des Unabhängigkeitskrieges dazu geführt, dass es wieder Herden wilder Mustangs gab, die ganz Nordamerika besiedeln sollten. Damit machten die Siedler wieder gut, was die ersten Menschen in Nordamerika angerichtet hatten: Das eigentlich in Amerika entstandene Pferd, das sich von hier aus nach Eurasien verbreitet hatte, war vor 13.000 Jahren ausgestorben – kurz nach der Ankunft des Menschen; vermutlich wurde es diese ausgerottet. Typischer war aber die Vernichtung der Natur, für die Wandertaube und Bisons standen. Die Wandertaube war mit Kolonien von Millionen Vögeln ein Weltwunder der Natur, das die Fruchtbarkeit Nordamerikas symbolisierte – selbst die Siedler konnten diese Art erst ausrotten, als 1870 der Hinterlader erfunden wurde. Am prominentesten ist aber der Bison, der ab 1830 an den Rand des Aussterbens getrieben wurde. Noch zu Anfang des Jahrhunderts lebten wohl 30 bis 40 Millionen Bisons in den Grasländern der Great Plains, die durch diese intensive Beweidung und Düngung durch Urin und Kot überhaupt erst bestehen konnten. Daher hingen von ihnen andere Pflanzenfresser ab, Millionen Gabelböcke, Hirsche, Elche und Bighornschafe; und natürlich die Fleischfresser, wie Wölfe – und die Prärieindianer. Die Vernichtung der Bisons erfolgt anfänglich für die Pelze, später oftmals nur noch für die Zungen oder rein zum Vergnügen – aus Eisenbahnwaggons heraus. 1884 konnten dann nur noch 300 Bisonhäute in den Osten geliefert werden; nur 600 Bisons überlebten das Gemetzel. Im Gefolge starben auch die Wölfe fast aus. Und die Prärieindianer, deren Lebensweise sich mit der Übernahmen von Pferd und Gewehr grundlegend verändert hatte und die so – wie sich am Little Big Horn gezeigt hatte – zum ernsthaften Gegner der Weißen bei der Eroberung des Landes geworden waren, verloren ihre wichtigste Nahrungsquelle. Derart geschwächt, endeten die Indianerkriege 1890 mit dem Massaker am Wounded Knee in Süddakota, wo die US-Kavallerie 300 unbewaffnete Männer, Frauen und Kinder ermordete (wofür sie auch noch Tapferkeitsmedaillen erhielt). Im Jahr 1900 lebten nur noch 240.000 Indianer in den USA. Im späten 19. Jahrhundert wurde auch der Höhepunkt der Vernichtung der Wälder erreicht: sie fielen nicht mehr nur für die Urbarmachung von Acker- und Weideland, sondern für die Holzproduktion, die zum (nach der Baumwolle) zweitwichtigsten Wirtschaftszweig der USA wurde. Von den 2,5 Millionen Quadratmetern Waldland in den östlichen USA waren 1920 nur noch vier Prozent ungenutzt.

Die Erschließung des Westens machte die USA mit den riesigen Flächen zum Vorreiter der Mechanisierung und Industrialisierung der Landwirtschaft. Diese begleitete eine Industrialisierung der USA, die diese, die über weit höhere Vorräte an fossilen Energieträgern verfügte als Europa, zur Weltmacht machen sollte.

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Auf dem Weg zur Weltmacht: Die Industrialisierung der USA

© Jürgen Paeger 2006 – 2021

Die bekannteste Geschichte aus Jamestown ist wohl die von Pocahontas, der Tochter des Anführers der Powhatan-Indianer: Sie soll sich in den in Gefangenschaft geratenen Siedler John Smith verliebt haben und ihn vor der Hinrichtung gerettet haben – was nur Smith selbst bezeugte und was heute als wenig wahrscheinlich gilt: Pocahontas war damals erst 10 bis 12 Jahre alt.

Aber sechs Jahre später wurde Pocahontas als Geisel genommen, um sie gegen gefangene  Weiße auszutauschen, was die Indianer verweigerten. Pocahontas wurde daraufhin getauft und mit John Rolfe verheiratet, mit dem sie zwei Jahre später nach London reiste: Die exotische "Indianerprinzessin" sollte Werbung für die neuen Kolonien machen. Kurz vor ihrer Rückreise verstarb sie, erst um die 20 Jahre alt, vermutlich an Pocken oder einer Lungen-krankheit.

Das Leben Daniel Boones diente James Fenimore Cooper als Vorbild für seinem Romanhelden "Lederstrumpf" Nathaniel Bumppo.