Das Zeitalter der Industrie

Der 5. UN-Klimareport

Synthesebericht 2014

Im Jahr 2013 hat der Klimarat der Vereinten Nationen (IPCC) begonnen, seinen fünften Klimareport zu veröffentlichen. Der Klimareport fasst regelmäßig den Stand der weltweiten Klimaforschung zusammen. Mit dem Synthesebericht vom November 2014, der die Ergebnisse der drei Arbeitsgruppen vereint und integriert, wurde der Bericht abgeschlossen. Die wesentlichen Inhalte sind im Folgenden dargestellt.

Beobachtete Änderungen und deren Ursachen

Die Erde hat sich an der Erdoberfläche von 1880 bis 2012 um 0,85 Grad Celsius erwärmt, die letzten drei Jahrzehnte waren jeweils wärmer als alle vorangegangenen Jahrzehnte.

Beobachtete Veränderung der Oberflächentemperatur der Erde 

Beobachtete Entwicklung der Oberflächentemperatur der Erde. Dargestellt sind die Jahresmittel (oben) und die Durchschnittswerte für das jeweilige Jahrzehnt; die Skala zeigt die Abweichung vom Durchschnittswert des Zeitraums 1986 bis 2005. Quelle der Abbildung: Abbildung 1.1 (a) aus IPCC: Klimaänderung 2014: Synthesebericht. Deutsche Übersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle, Bonn, 2016.

Bevor der 5. UN-Klimareport erschien, hatten "Klimawandel-Skeptiker" bereits das Ende des Klimawandels verkündet, da von 1998 bis 2012 die Erwärmung sich zu verlangsamen schien. Die Abbildung zeigt aber, dass es im Bereich von Jahren bis Jahrzehnten seit jeher zu erheblichen Schwankungen der mittleren Oberflächentemperaturen kommt; der geringere Zuwachs von 1998 bis 2012 lag unter anderem an einer kühleren Phase des Sonnenzyklus von 2000 bis 2009 und abkühlenden Wirkungen von Vulkanausbrüchen, und möglicherweise (mittleres Vertrauen, siehe Kasten rechts) auch an einer Wärmeumverteilung in den Ozean.

Die Erwärmung der Erdatmosphäre wurde von 1971 bis 2010 von nur 1 Prozent der gesamten aufgenommenen Energie verursacht; über 90 Prozent der Energie wurde im Ozean gespeichert.

Energieaufnahme im Klimasystem der Erde von 1971 bis 2010

Energieaufnahme im Klimasystem der Erde von 1971 bis 2010. Schätzung in Millionen Petajoule. Der obere Ozean ist der Ozean oberhalb von 700 m Wassertiefe, Tiefsee der Ozean darunter; Eis steht für Eisabschmelzung und Land für die kontinentale (Land-)Erwärmung. Quelle der Abbildung: Abbildung 1.2 aus IPCC: Klimaänderung 2014: Synthesebericht. Deutsche Übersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle, Bonn, 2016.

Seit Beginn der industriellen Zeit hat durch die Aufnahme von Kohlendioxid der Säuregehalt des Ozeans um 26 Prozent zugenommen; der globale Wasserkreislauf über dem Ozean hat sich verändert: Regionen mit hohem Salzgehalt (in denen Verdunstung überwiegt), sind salziger geworden; Regionen mit niedrigem Salzgehalt (in denen Niederschläge überwiegen), sind weniger salzig geworden: in den ohnehin trockenen Regionen ist des trockener geworden, in den feuchten Regionen feuchter.

Das arktische Meereis hat seit 1979 um 730.000 bis 1.070.000 Quadratkilometer pro Jahrzehnt abgenommen; in der Antarktis gibt es große regionale Unterschiede, hier hat es aber um 130.000 bis 200.000 Quadratkilometer zugenommen. Die Schneebedeckung der Nordhalbkugel der Erde ging zurück, ebenso wie die Permafrosttemperaturen und in der Folge in einigen Regionen Dicke und Ausdehnung des Permafrosts. Der Meeresspiegel ist von 1901 bis 2010 im 19 Zentimeter angestiegen, die Geschwindigkeit des Anstiegs nimmt zu: zuletzt lag sie bei 3,2 mm pro Jahr. Der Anstieg liegt an der thermischen Ausdehnung des wärmeren Wassers und dem Abschmelzen der Gletscher und Eisschilde.

Wichtigste Ursache dieser Veränderungen sind vom Menschen verursachte Emissionen von Treibhausgasen, vor allem von Kohlendioxid. Dessen Konzentration in der Atmosphäre ist so hoch wie seit mindestens 800.000 Jahren nicht mehr; die Hälfte der gesamten vom Menschen verursachten Kohlendioxid-Emissionen des Zeitraum von 1750 bis 2011 erfolgten in den letzten 40 Jahren.

Jährliche vom Menschen verursachte Kohlendioxid-Emissionen seit Mitte des 19. Jahrhunderts

Jährliche vom Menschen verursachte Kohlendioxid-Emissionen in Milliarden Tonnen Kohlendioxid/Jahr.  "Flaring" bezeichnet das Abfackeln von Gas z.B. bei der Ölförderung. Quelle der Abbildung: Abbildung 1.5 aus IPCC: Klimaänderung 2014: Synthesebericht. Deutsche Übersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle, Bonn, 2016.

Etwa 40 Prozent der Kohlendioxid-Emissionen sind in der Erdatmosphäre geblieben, der Rest wurde zu etwa gleichen Teilen von dem Ozean (der hierdurch saurer wurde, siehe oben) sowie Landvegetation und Böden aufgenommen. Die in der Luft gebliebenen Treibhausgase haben zu Veränderungen der Energie des Erdsystems beigetragen, die als Strahlungsantrieb bezeichnet werden. Der auf menschliche Aktivitäten zurückgehende Strahlungsantrieb von 1750 bis 2011 betrug insgesamt 2,3 (1,1 bis 3,3) Watt/m². Er setzt sich zusammen den (erwärmenden) Treibhausgasen und (abkühlenden) Aerosolen (ohne die der Strahlungsantrieb noch stärker ausgefallen wäre). Der Einfluss des natürlichen Strahlungsantriebs ist dagegen gering; Veränderungen der Sonneneinstrahlungen betrugen 2011 gegenüber 1750 nur zwei Prozent des gesamten Strahlungsantriebs.

Die vom Menschen verursachten Emissionen steigen, allen Minderungsaktivitäten zum Trotz, weiter, von 2000 bis 2010 um ca. 1 Milliarde Tonnen Kohlendioxid-Äquivalent pro Jahr; Kohlendioxid hatte daran einen Anteil von 78 Prozent, Methan von 16 Prozent, den Rest teilen sich andere Treibhausgase. Der Trend zur Dekarbonisierung (zurückgehende Kohlenstoffintensität der weltweiten Energieversorgung) hat sich von 2000 bis 2010 durch gestiegene Kohlenutzung umgekehrt. Es ist äußerst wahrscheinlich, dass mehr als die Hälfte des beobachteten Temperaturanstiegs seit 1951 auf diese vom Menschen verursachten Emissionen von Treibhausgasen zurückgehen.

Wahrscheinliche Bandbreiten der Erwärmung und der Beiträge verschiedener Ursachen

Wahrscheinliche Bandbreiten der Erwärmung und der Beiträge verschiedener Ursachen mit Unsicherheitsbereich von 5 bis 95 Prozent. Quelle der Abbildung: Abbildung 1.9 aus IPCC: Klimaänderung 2014: Synthesebericht. Deutsche Übersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle, Bonn, 2016.

Damit hat der Mensch mit seinen Aktivitäten auch zum Rückgang des arktischen Meereises seit 1979 beigetragen und die steigende Feuchtigkeit in der (wärmeren) Erdatmosphäre und die damit einhergehenden intensiveren Starkregen über Landregionen beeinflusst. Die Klimaänderungen beeinflussen weiter (mittleres Vertrauen) Quantität und Qualität von Wasserressourcen, die Veränderung von geographischer Verbreitung und Wanderungsmuster vieler Arten von Lebewesen (so etwa die Verlagerung der Verbreitungsgebiete von Meeresfischen polwärts und/oder in tiefere/kühlere Gewässer; Verlust von Warmwasserkorallen und deren Riffe) und häufigere/intensivere Ökosystemstörungen durch Dürren, Stürme, Brände oder Schädlingsausbrüche. Auch menschliche Systeme leiden: So hat der Klimawandel global die Erträge von Weizen und Mais negativ beeinflusst und (mittleres Vertrauen) zu einigen Phasen des raschen Anstiegs von Lebensmittel- und Getreidepreisen beigetragen. Die Eintrittswahrscheinlichkeit von Hitzewellen hat sich in einigen Regionen durch den Klimawandel mehr als verdoppelt; in Nordamerika und Europa hat die Häufigkeit und Intensität von Starkregen zugenommen. Extreme Meeresspiegel, z.B. bei Sturmfluten, haben seit 1970 zugenommen. Vor allem fehlende Daten (etwa im Fall von Dürren) oder komplexe Wechselwirkungen mit anderen Einflüssen (etwa im Fall von Überschwemmungen, die auch durch andere Aktivitäten des Menschen beeinflusst werden) führen nur zu geringem Vertrauen in Aussagen über die Auswirkungen des Klimawandels hierbei.

Besonders betroffen vom Klimawandel sind ohnehin (sozial, wirtschaftlich oder anderweitig) ausgegrenzte Menschen; klimabedingte Gefährdungen verschärfen andere Faktoren, vor allem für Menschen, die in Armut leben und haben dann negative Folgen für die Existenzgrundlagen dieser Menschen. Anpassungsmaßnahmen werden (vor allem bei bestehenden Programmen zum Katastrophenmanagement und der Wasserwirtschaft) geplant, global bleibt die Umsetzung bisher aber eher begrenzt.

Zukünftige Klimaänderungen, Risiken und Folgen

Wie sich der Klimawandel zukünftig entwickelt, hängt ganz wesentlich von den künftigen Emissionen von Treibhausgasen ab, insbesondere dem Treibhausgas Kohlendioxid. Im Klimareport wurden vier unterschiedliche Entwicklungen ("repräsentative Konzentrationspfade", RCP) betrachtet, die von konsequenten Verringerungen der Emissionen von Treibhausgasen bis hin zu ungebremsten Emissionen reichen. Risiken ergeben sich aus den Veränderungen im Erdsystem, die nach den Modellen der Klimaforscher mit den jeweiligen Emissionen verbunden sind, und den Verwundbarkeiten von Ökosystemen und menschlichen Gesellschaften.

Die Temperatur der Erdoberfläche wird in jedem Fall weiter ansteigen; dabei hängt die Temperaturerhöhung von der gesamten Kohlendioxid-Emission durch menschliche Aktivitäten ab. Nur bei dem Emissionsszenario mit konsequenten Verringerungen der Emissionen (RCP 2.6) wird sie am Ende des 21. Jahrhunderts wahrscheinlich weniger als 2 Grad Celsius betragen. Um die Erwärmung wahrscheinlich auf weniger als 2 Grad Celsius zu begrenzen, dürfen insgesamt nicht mehr als ca. 2.900 Milliarden Tonnen Kohlendioxid aus menschlichen Aktivitäten freigesetzt werden; bis 2011 waren bereit ca. 1.900 Milliarden Tonnen freigesetzt, so dass max. weitere 1.000 Milliarden Tonnen Kohlendioxid freigesetzt werden dürfen.

Anstieg der mittleren Temperatur der Erdoberfläche in Abhängigkeit von der Gesamtmenge an freigesetzem Kohlendioxid

Anstieg der mittleren Erdoberflächentemperatur in Abhängigkeit von der Gesamtmenge an Kohlendioxid, das durch menschliche Aktivitäten in die Atmosphäre freigesetzt wurde/wird. Schwarz dargestellt sind Messwerte, farbig dargestellt die Freisetzung, die aus den vier Emissionsszenarien folgt. Die farbige Fläche gibt den Unsicherheitsbereich an. Quelle der Abbildung: Abbildung 2.3 aus IPCC: Klimaänderung 2014: Synthesebericht. Deutsche Übersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle, Bonn, 2016.

Es ist praktisch sicher, dass heiße Temperaturextreme zunehmen werden. Die Erwärmung wird über mehrere Jahrhunderte anhalten, es sei denn, Kohlendioxid wird aus der Atmosphäre entnommen. Mit ansteigender Temperatur werden extreme Niederschlagsereignisse wahrscheinlich intensiver und häufiger, die mit dem El Niño in Zusammenhang stehende Variabilität der Niederschläge wird sich wahrscheinlich intensivieren. Der Ozean wird sich weiter erwärmen; und damit wird der globale Meeresspiegel weiter ansteigen, sehr wahrscheinlich sogar mit steigender Geschwindigkeit. Ebenfalls sehr wahrscheinlich wird das atlantische Förderband im 21. Jahrhundert schwächer werden – je nach Emissionsszenario zwischen 11 und 34 Prozent. Werden die Emissionen nicht gebremst, wird der Arktische Ozean vor der Jahrhundertmitte im September wahrscheinlich eisfrei sein. Die Aufnahme von Kohlendioxid, das vom Menschen freigesetzt wird, in den Ozean wird bis zum Jahr 2100 weitergehen, dadurch wird die Versauerung des Ozeans weiter ansteigen. Nur bei konsequenter Verringerung der Emissionen stellt sich nach der Jahrhundertmitte eine leichte Erholung ein.

Die Zunahme der Erwärmung erhöht das Risiko schwerwiegender Folgen. Zu den besonders schwerwiegenden Schlüsselrisiken gehören zerstörte Existenzgrundlagen durch Sturmfluten, Meeresspiegelanstieg und Küstenüberschwemmungen sowie durch extreme Hitzeperioden. Insbesondere niedrig gelegene Entwicklungsländer und einige Inseln werden mit sehr starken Auswirkungen konfrontiert sein. Auch Flusshochwasser werden zunehmen. Extremwetterereignisse können zudem Infrastruktur zerstören; der Klimawandel durch Ernährungs- und Wasserunsicherheit (in trockenen Regionen könnten Dürren zunehmen) ländliche Existenzen (insbesondere der Armen in diesen Regionen) gefährden. Die könnte eine zunehmende Vertreibung von Menschen aus ihrer Heimat zur Folge haben. Der Klimawandel kann zudem durch den Verlust von Ökosystemen zum Verlust von biologischer Vielfalt, Ökosystemfunktionen und -dienstleistungen beitragen. So löst Klimawandel Ökosystemverschiebungen und Artensterben aus; Korallenriffe sind etwa von der Versauerung des Ozeans betroffen, Verschiebungen der Vorkommen von Meeresfischen könnte die Produktivität der Meeresfischerei in tropischen Breiten verringern. Hohe Temperaturen, Dürren und Stürme können Ökosysteme an Land zerstören, und in diesen gespeicherten Kohlenstoff freisetzen, was den Klimawandel weiter antreibt.

Wenn die Emissionen nicht konsequent verringert werden, wird der Klimawandel über das Jahr 2100 hinaus andauern. Die hiervon ausgelösten Veränderungen haben ihre eigene Zeitskala, und können noch lange anhalten, nachdem die Oberflächentemperatur ein neues Gleichgewicht gefunden hat: so wird der Meeresspiegelanstieg praktisch sicher noch viele Jahrhunderte andauern. Da das Verhalten des Antarktischen Eisschildes noch zu wenig bekannt ist, wird wahrscheinlich der langfristige Meeresspiegelanstieg unterschätzt. Abrupter und unwiederbringlicher Eisverlust beim Grönländischen Eisschild und in der Antarktis mit erheblichem Anstieg des Meeresspiegels ist möglich, die Wahrscheinlichkeit kann aber nicht abgeschätzt werden.

Zukünftige Pfade für Anpassung, Minderung und nachhaltige Entwicklung

Die beiden wesentlichen Antworten auf den Klimawandel heißen Anpassung und Minderung: Anpassung bedeutet, Verwundbarkeit und Exposition gegenüber dem Klimawandel zu verringern; Minderung bedeutet, die Emissionen an Treibhausgasen zu verringern und/oder Senken (Aktivitäten, die Treibhausgase aus der Atmosphäre entfernen, wie z.B. Aufforstung) zu fördern. Beide können sich ergänzen: Anpassung wirkt schneller als die Minderung, kann alleine aber die Folgen des Klimawandels nicht abfangen, langfristig ist die Minderung wesentlich wirksamer. Bei der Entscheidung über die richtigen Maßnahmen ist zu beachten, dass diejenigen, die durch den Klimawandel am stärksten gefährdet werden, wenig zu den Treibhausgas-Emissionen beigetragen haben und beitragen: wenn die wichtigsten Verursachen nur ihre eigenen Interessen berücksichtigen, wird keine wirksame Minderung erfolgen. Die Verteilungseffekte, die der Klimawandel mit sich bringt, stellen auch ethische Fragen. Auch Anpassung und Minderung bringen Risiken mit sich, etwa der Fehlanpassung oder negative Nebeneffekte und wirtschaftliche Kosten kohlenstoffarmer Energieerzeugung (etwa zurückgehende Erträge aus dem Export fossiler Brennstoffe); im Unterschied zu den irreversiblen (unwiderruflichen) Folgen des Klimawandels sind diese aber geringer und durch Anpassung der Strategie beim Erkennen der Folgen leichter zu vermeiden; außerdem haben sie auch bedeutsame positive Nebeneffekte (bei kohlenstoffarmer Energieerzeugung etwa verminderte Luftverschmutzung).

Maßnahmen zur Anpassung (siehe auch Thema 4: Anpassung und Minderung) sind orts- und kontextspezifisch, es gibt also keine überall geeigneten Ansätze. Ohne Minderung ist ein weiteres Ansteigen der globalen Emissionen von Treibhausgasen zu erwarten, die meisten Szenarien gegen von 75 bis fast 140 Milliarden Tonnen Kohlendioxid-Äquivalent im Jahr 2100 aus (was etwa den Szenarien RCP6.0 und RCP8.5 in der Abbildung oben entspricht), was einer Temperaturerhöhung gegenüber der vorindustriellen Erde von 2,5 bis 7,8 Grad Celsius entspricht. Soll der Temperaturanstieg wahrscheinlich auf 2 Grad Celsius begrenzt werden, darf die Kohlendioxid-Äquivalenzkonzentration im Jahr 2100 nicht mehr als 450 ppm betragen (sollen 1,5 Grad Celsius nicht überschritten werden, dürfen 430 ppm nicht überschritten werden). Das erfordert eine Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen um 40 bis 70 Prozent bis zum Jahr 2050, und auf nahe Null bis 2100 (das 1,5 Grad-Ziel erfordert eine Verringerung um 70 bis 95 Prozent bis 2050). Das bedeutet erhebliche technische, wirtschaftliche und institutionelle Herausforderungen.

Globale Treibhausgasemissionen für unterschiedliche Konzentrationsniveaus und notwendiger Ausbau der kohlenstoffarmen Energieversorgung

Globale Treibhausgasemissionen (im Milliarden Tonnen Kohlendioxid-Äquivalent/Jahr) für unterschiedliche Konzentrationsniveaus und notwendiger Ausbau der kohlenstoffarmen Energieversorgung (in Prozent der Primärenergie) bei den Minderungsszenarien. Quelle der Abbildung: Abbildung 3.2 aus IPCC: Klimaänderung 2014: Synthesebericht. Deutsche Übersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle, Bonn, 2016.

 In vielen Szenarien wird vorübergehend eine Konzentration von 500 ppm überschritten, dann ist in der Regel die Verfügbarkeit und der verbreitete Einsatz von Bioenergie mit Kohlenstoffabscheidung und anderen CDR(Kohlendioxidentnahme, engl. Carbon Dioxide Removal)-Technologien nötig, um die Erwärmung auf maximal 2 Grad zu begrenzen, deren Verfügbarkeit ungewiss und deren Nutzung mit Risiken (das abgeschiedene Kohlendioxid muss sicher aus dem Kreislauf entfernt werden) verbunden ist. Die Kosten der Maßnahmen, die die Erderwärmung auf unter 2 Grad begrenzen, verringern das (zwischen 1,6 bis 3 Prozent pro Jahr angenommene) Wachstum um 0,06 (0,04 bis 0,14) Prozent pro Jahr. Verzögert sich der Beginn der Maßnahmen bis zum Jahr 2030, sind zwischen 2030 und 2050 wesentlich höhere Emissionsminderungen nötig, um die 2-Grad-Grenze nicht zu überschreiten, dazu kommen eine größere Abhängigkeit von CDR-Technologien und höhere Kosten. Die bisherigen Selbstverpflichtungen zur Emissionsminderung reichen nicht aus, die Temperaturerhöhung auf 2 Grad zu begrenzen.

Geoengineering als Strategie gegen den Klimawandel?

Vorsätzliche Maßnahmen, um das Klimasystem so zu ändern, dass die Folgen des Klimawandels gemildert werden, umfassen die Kohlendioxidentnahme (CDR) oder die Verringerung der absorbierten Sonnenenergie (Solar Radiation Management, SRM). In vielen betrachteten Szenarien werden Bioenergie mit Kohlendioxidabscheidung und -speicherung sowie Aufforstung berücksichtigt, haben aber einen zusätzlichen Flächenbedarf zur Folge. SRM ist ungetestet und wäre mit Unsicherheiten und Nebeneffekten behaftet; zudem würden bei einer Beendigung die Temperaturen sehr schnell ansteigen, was die betroffenen Systeme stärker belasten würde. Sie würden die Risiken räumlich und zeitlich neu verteilen, was Fragen der Gerechtigkeit und der internationalen Steuerung aufwirft.

Der Klimawandel bedroht natürliche Systeme und belastet insbesondere die Armen, damit ist er eine Bedrohung für eine gerechte und nachhaltige Entwicklung. Anpassung und Minderung sind daher auch für eine nachhaltige Entwicklung wichtig, können aber auch negative Nebeneffekte haben (z. B. Rückgang der biologischen Vielfalt und der Ernährungsvielfalt). Richtig geplant, haben sie aber erhebliche positive Nebeneffekte, etwa verbesserte Luftqualität, erhöhte Energiesicherheit, nachhaltige Forst- und Landwirtschaft und Schutz von Ökosystemen als Kohlenstoffspeicher und Lieferanten anderer Ökosystem-Dienstleistungen.

Anpassung und Minderung

Mit Anpassungs- und Minderungsmaßnahmen können die Folgen des Klimawandels gemindert werden, sie brauchen aber ein förderliches Umfeld. Wenn etwa energieintensive Lebensstile zunehmen oder Städte sich in gefährdeten Lebensräumen wie Küsten ausbreiten, kann die Verwundbarkeit auch zunehmen. Vor allem in Entwicklungsländern werden aufgrund fehlender finanzieller, technologischer und institutioneller Fähigkeiten notwendige Anpassungsmaßnahmen nicht ausreichend umgesetzt.

Zu den wichtigsten Maßnahmen zur Anpassung gehört etwa das Wassermanagement mit Einführung wassersparender Technologien, ein integriertes Küstenzonenmanagement und der Schutz von Lebensräumen, die vom Klimawandel gefährdet werden, vor nicht-klimatischen Faktoren wie Lebensraumveränderung oder Verschmutzung oder die Züchtung von Pflanzensorten, die an höhere Temperaturen und Dürren angepasst sind sowie die Verbesserung der Fähigkeit zur Katastrophenvorsorge. Bei den Maßnahmen zur Anpassung kann es positive wie auch negative Nebeneffekte geben, so schützt ein integriertes Küstenzonenmanagement gleichzeitig vor Tsunamis oder hilft ein verbessertes Gesundheitssystem nicht nur bei der Bewältigung von Hitzewellen, sondern auch von anderen Herausforderungen. Andererseits kann etwa der vermehrte Eintrag von Düngern und Pestiziden, um klimabedingte Ertragsrückgänge zu kompensieren, den Eintrag von Düngern und Pestiziden in die Umwelt erhöhen oder können Maßnahmen des Küstenzonenmanagements Küstenfeuchtgebiete zerstören.

Zu den wichtigsten Maßnahmen zur Minderung gehört der Ausstieg aus der Stromerzeugung mit fossilen Brennstoffen: alle Szenarien zur Begrenzung der Erderwärmung auf höchstens 2 Grad Celsius gehen von einer Verringerung der Kohlendioxidemissionen aus der Energieversorgung um 90 Prozent oder mehr zwischen 2040 und 2070 aus. Hinzu kommen Effizienzsteigerungen und Verhaltensänderungen, die den Energieverbrauch verringern, die Zeit für den Umstieg schaffen. Auch im Verkehr muss der Energieverbrauch deutlich sinken (hier stellen die Energiespeicherung und die geringe Energiedichte alternativer Energieträger eine Herausforderung für die Dekarbonisierung dar); im Gebäudesektor muss der globale Energieverbrauch stabilisiert werden und auch die Industrie muss Energie effizienter nutzen. Auch bei den Minderungsmaßnahmen gibt es mögliche positive und negative Nebeneffekte: Der Ausstieg aus fossilen Energieträgern mindert Luftverschmutzung und die Umweltfolgen des Kohlebergbaus, aber die Nutzung der Atomenergie bringt die Möglichkeit von Atomunfällen, die ungeklärte Entsorgung radioaktiver Abfälle mit sich, die Nutzung von Bioenergie kann zum Aufbau von großflächigen Monokulturen führen und damit Ökosystemdienstleistungen gefährden, außerdem sind negative Folgen für die Welternährung möglich. Neben der Energieversorgung und -nutzung können insbesondere Land- und Forstwirtschaft relevante Beiträge zur Minderung des Klimawandels leisten, etwa durch Aufforstung und nachhaltige Forstwirtschaft.

Da Treibhausgase sind in der Atmosphäre verteilen und lange dort verbleiben, ist eine internationale Zusammenarbeit zur Bekämpfung des Klimawandels notwendig. Das wichtigste Forum ist das UN-Rahmenübereinkommen über Klimaänderungen, das durch koordinierte nationale, regionale und lokale Aktivitäten ergänzt werden muss. Im Jahr 2012 unterlagen 67 Prozent der globalen Emissionen an Treibhausgasen nationalen Gesetzen oder Strategien, die haben aber bisher nicht zu einem substanziellen Rückgang der Emissionen geführt. So scheiterten etwa viele Bemühungen, Kohlendioxidemissionen über ein Emissionshandelssystem zu begrenzen, an zu lockeren Obergrenzen. Erfolgreich waren Subventionen für erneuerbare Energien, aber auch fossile Brennstoffe werden subventioniert, ihr Wegfall dürfte weitere Emissionsminderungen bewirken. Umweltwirksam sind auch die Einführung von Energieeffizienzstandards. Auch in Ländern ohne Klimaschutzprogramme gibt es subnationale Aktivitäten, etwa Netzwerke von Städten, die eine kohlenstoffarme Entwicklung anstreben. Zur Unterstützung der besonders betroffenen Entwicklungsländer sind die Übertragung von Technologien und Management-Verfahren wünschenswert.

Kohlendioxid-Emissionen nach Sektoren und andere Treibhausgase

Kohlendioxid-Emissionen nach Sektoren und andere Treibhausgase sektorengreifend in den Jahren 2010 und Projektion für die Jahre 2030, 2050 und 2100 für Basisszenarien und Szenarien, die zu einer Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre bei 430-480 ppm führen würden. Quelle der Abbildung: Abbildung SPM. 14 aus IPCC: Klimaänderung 2014: Synthesebericht. Deutsche Übersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle, Bonn, 2016.

Insgesamt wäre für eine wirksame Verringerung der Emissionen ein geändertes Investitionsmuster notwendig: Soll die atmosphärische Kohlendioxid-Konzentration nicht weiter ansteigen, darf weniger Geld in fossile Brennstofftechnologien fließen (-20 Prozent pro Jahrzehnt), die Investitionen in kohlenstofffreie Stromversorgung müssen sich verdoppeln. Auch die Investitionen in Energieeffizienz müssen deutlich ansteigen. Um negative Nebeneffekte möglichst zu vermeiden, sollte die nachhaltige Entwicklung als übergreifendes Konzept der Klimapolitik verstanden werden, damit diese nicht zu Lasten etwa der Umweltqualität oder der Ernährungssicherheit geht, sondern die positiven Nebeneffekte zur Verbesserung auch der sozialen und ökologischen Bedingungen nutzt.

Weitere Informationen

Die deutsche Übersetzung des Syntheseberichts ist auf der Webseite der deutschen IPCC-Koordinierungsstelle zum Download verfügbar: IPCC: Klimaänderung 2014: Synthesebericht. Deutsche Übersetzung durch Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle, Bonn, 2016 (pdf, 10 MB). Die offizielle englischsprachige Fassung kann auf der Website des IPCC hier heruntergeladen werden (pdf, 10 MB).

 

Klimawandel gefährdet die Funktionsfähigkeit der Ökosysteme

Weitere Seiten zum Klimawandel (Ökosystem Erde)

Zur Energiewende und zu den Strategien für die zukünftige Energieversorgung

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Übersicht Industriezeitalter

© Text Jürgen Paeger 2017
© Abbildungen IPCC: Klimaänderung 2014, deutsche Übersetzung

Der Syntheseband ist am 2. November 2014 erscheinen.

Zur Zusammenfassung der Berichte der jeweiligen Arbeitsgruppen:
Arbeitsgruppe 1
Arbeitsgruppe 2
Arbeitsgruppe 3

In den IPCC-Berichten wird die Unsicherheit und die Genauigkeit von Wahrscheinlichkeits-angaben genau dokumentiert. Unsicherheit entsteht zum Beispiel, wenn zu wenige Messungen vorhanden sind; das Vertrauensniveau wird in fünf Stufen ("sehr geringes", "gering", "mittel", "hoch", "sehr hoch") angegeben; Wahrscheinlichkeiten (in der Regel nur bei hohem oder sehr hohem Vertrauen) quantitativ beschrieben:

praktisch sicher:
99 -100 % Wahrscheinlichkeit

sehr wahrscheinlich: 90 - 100 %

wahrscheinlich:
66 - 100 %

etwa ebenso wahrscheinlich wie nicht:
33 - 66 %

unwahrscheinlich:
0 - 33 %

sehr unwahrscheinlich:
0 - 10 %

besonders unwahrscheinlich:
0 - 1 %.

Verwendet werden auch äußerst wahrscheinlich (95 - 100 %), eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich (> 50 - 100 %) und äußerst unwahrscheinlich (0 - 5 %).

Fakten wurden als solche - ohne Angabe von Vertrauen oder Wahrscheinlichkeiten - dargestellt.