Logo der Seiten zum Thema Ökosystem Erde

Das globale Ökosystem

Hintergrundinformationen

Die Erforschung der Atmosphäre
Vom Gewicht des Himmels bis zur Erklärung der Polarlichter

Die Erforschung der Luft ging eng mit der Entwicklung der modernen Physik und Chemie einher: Galileo Galilei entdeckte, dass Luft ein Gewicht hat, Joseph Black fand heraus, dass es mehr als eine Art von “Luft” (Gas) gab, Antoine Lavoisier entdeckte den Sauerstoff, John Tyndall und Svante Arrhenius entdeckten die Rolle des Kohlendioxid für das Klima der Erde und schließlich erklärte William Ferrel die Windsysteme der Erde. Mit der Erforschung der Elektrizität wurde dann die Ionosphäre entdeckt und wurden die Polarlichter erklärbar.

Das Gewicht der Luft

Als Galileo Galilei mit seiner Unterstützung für Kopernikus (>> mehr) ins Blickfeld der Inquisition geriet und seine Himmelsstudien einstellen musste, wandte er sich der Luft zu. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden nicht ganz so berühmt wie seine Beobachtungen des Himmels, doch Galilei war der erste Mensch, der das Gewicht der Luft gemessen hat. Dass Luft etwas wiegt, hatte er herausgefunden, indem er mit Hilfe eines Blasebalgs durch eine Spritze in eine ansonsten dichte Glasflasche Luft hineinpresste: die Flasche wurde schwerer. Das Gewicht der Luft ermittelte er, indem er die Flasche anstatt mit Luft zum Teil mit Wasser füllte und wog, anschließend die unter Überdruck stehende Luft abließ und wieder wog: die ausgetretene Luft musste dem Volumen des eingefüllten Wassers entsprechen; die Gewichtsdifferenz also dem Gewicht eines entsprechenden Volumens Luft. Galilei fand so heraus, dass das Gewicht der Luft etwa ein Vierhundertstel des Gewichts von Wasser betrug.

Aber Galilei glaubte, dass Luft im Himmel kein Gewicht habe. Hier irrte er, wie sein früherer Assistent Evangelista Torricelli nach seinem Tod zeigte. Die Idee dazu stammt von dem Genueser Philosophen Baliani, der die Tatsache, dass man mit einem Siphon Wasser über einen Berg fließen lassen konnte (heute vielleicht anschaulicher: Benzin mit einem Schlauch aus dem Tank absaugen kann), mit dem Druck der Luft auf das Wasser erklärte. Galilei widersprach: Ursache sei die Saugkraft des Vakuums, das durch das wegfließende Wasser entstehe. Torricelli prüfte dies mit unterschiedlich geformten Röhren, in denen ein unterschiedlich großes Vakuum eine unterschiedliche Saugkraft erzeugen sollte: es trat kein Unterschied im Anstieg des Wasser auf, das Vakuum konnte also nicht die Ursache sein. Das Ergebnis blieb aber umstritten, auch wenn es wenige Jahre später von Blaise Pascal in Frankreich bestätigt wurde.

Porträt des irischen Naturforschers Robert Boyle
Robert Boyle. Auszug eines Porträts von Johann Kerseboom, ca. 1689 (Quelle).

Die letzten Zweifler überzeugte erst der irische Naturforscher Robert Boyle, der mit der vom Magdeburger Bürgermeister Otto von Guericke erfundenen Luftpumpe experimentierte und zeigte, dass Torricellis Experiment in einer Glaskugel, in der ein Vakuum erzeugt wurde, nicht funktioniert: das Wasser stieg also tatsächlich durch den Luftdruck an. Erhöhte man den Luftdruck in der Glaskugel, stieg auch die Wassersäule im Schlauch. Damit war bewiesen, dass Luft auch “im Himmel” etwas wog. (Das heißt auch: Auf jedem von uns lastet das Gewicht einer Luftsäule; wir merken davon jedoch nichts, da unser Körper zum größten Teil nicht komprimierbar ist; und wo er es doch ist, ist er mit Luft gefüllt, deren Druck der Außenluft entspricht.)

Dass man Luft in eine Glasflasche pressen kann, bewies noch etwas: Im Gegensatz zu Wasser etwa ist Luft elastisch. Darauf beruht die Ausbreitung von Schall. Die Atmosphäre wirkt wie eine riesige Trommel, in der Schwingungen sich ausbreiten können – dass Schall im Vakuum nicht übertragen wird, ist ebenfalls eine Entdeckung von Boyle. Boyle wollte auch herausfinden, welche Rolle die Luft beim Fliegen spielt. Daher sperrte er Bienen und Vögel in eine Glaskugel und legte ein Vakuum an – worauf die Tiere immer starben. Diese Rätsel konnte er nicht lösen, ahnte aber, dass “die Bestandteile der Luft” (die zu der Zeit noch als Element galt) “verborgenere Qualitäten oder Kräfte” haben könnten...

Aus der Luft werden “Lüfte”

Stich des schottischen Naturforschers Joseph Black
Joseph Black. Auszug eines Stichs von William Ramsay, 1896 (Quelle)

In den ersten Jahrzehnten 18. Jahrhunderts entdeckte der englische Geistliche und Naturforscher Stephen Hales, dass feste Substanzen beim Erhitzen große Mengen “Luft” abgaben – ein Stück Eichenholz etwa das 216fache seines Volumens. Diese “Luft” sollte eigentlich aufgrund ihres Drucks das Eichenholz explodieren lassen, was sie aber nicht tat: da sie offenbar auf irgendeine Art fixiert war, nannte Hales sie “fixierte Luft”. Dass diese “fixierte Luft” andere Eigenschaften als die gewöhnliche Luft hatte, entdeckte Mitte des 18. Jahrhunderts der schottische Naturforscher Joseph Black: Leitete man die beiden Arten von Luft in Kalkwasser, nahm das Kalk die fixierte Luft auf, gewöhnliche Luft aber nicht (dies fand er heraus, indem er mit einer Luftpumpe die Luft unter einer Glocke entfernte und die Menge der aufsteigenden Luft in Kalkwasser und gewöhnlichem Wasser verglich). Damit entdeckte Black, dass es mehr als eine Art von Gas gibt – seine Art nannte er Hales zu Ehren “fixierte Luft”. Black entdeckte auch, dass fixierte Luft bei der Destillation entsteht, in der ausgeatmeten Luft enthalten ist und Verbrennungsvorgänge beendet: er hatte das Kohlendioxid entdeckt.

Die Entdeckung des Sauerstoffs

Die neuen “Lüfte” interessierten auch den englischen Priester und Naturforscher Joseph Priestley. Priestley, der ein Freund Josiah Wedgwoods war, der mit Matthew Boulton, James Watt, Erasmus Darwin und anderen die “Lunar Society” bildete und dessen wissenschaftliches Interesse mit der Erforschung der Elektrizität begann, wohnte ab 1767 in der Nähe einer Brauerei, und entdeckte, dass dort aus den Gärtanks fixierte Luft entwich – und dass diese in Wasser geleitet ein erfrischendes Getränk ergab – er hatte das Sodawasser erfunden. Im Jahr 1774 erhitzte er mercurius calcinatus (Quecksilberoxid) mit einem Brennglas und stellte fest, dass dabei eine “Luft” entstand, die Kerzen intensiver brennen ließ – er hatte, ohne es zu wissen, den Sauerstoff entdeckt. Zugleich fand Priestley heraus, dass eine Maus in einer geschlossenen Kammer überleben konnte, wenn er eine Pflanze in die Kammer stellte: die Luft blieb dann frisch.

Dass der Schlüssel zu diesen Phänomen der Sauerstoff war, wurde von dem französischen Chemiker Antoine Lavoisier entdeckt. Lavoisier glaubt nicht an die damals vorherrschende Theorie des Phlogiston, das von brennenden Substanzen abgegeben werden sollte: Sie konnte nicht erklären, warum die Asche vieler Substanzen schwerer war als die Substanz selbst. Als er Priestleys Arbeit las, begann er, die Verbrennung genauer zu untersuchen. Mit Verbrennungsexperimenten in Gläsern fand er heraus, dass die zusätzliche Substanz aus der Luft stammten musste – etwa ein Fünftel der Luft wurde von der verbrannten Substanz aufgenommen. Und er fand heraus, dass dieser Bestandteil der von Priestley bei der Erhitzung von Quecksilberoxid freigesetzte Stoff war – er nannte ihn Oxygen, “aus der Säure geboren”, da er in vielen Säuren vorzukommen schien. Damit war der Sauerstoff benannt; und Lavoisier prägte den Begriff “Oxidation” für Reaktionen, bei denen sich eine Substanz mit Sauerstoff verbindet (>> hier). Lavoisier begann, dieses Gas zu untersuchen: Ihn interessierten die Zusammenhänge zwischen dem Erlöschen von Kerzenflammen und dem Tod von Tieren in Luft ohne Sauerstoff. Gemeinsam mit dem Mathematiker Pierre-Simon Laplace ermittelte er, dass bei Meerschweinchen die Aufnahme von Sauerstoff, die Wärmeproduktion durch Bewegung und die Menge an erzeugter “fixierter Luft” zusammenhingen: Er erkannte, dass die Atmung ein Verbrennungsvorgang ist; der zwar stark verlangsamt abläuft, aber “der Verbrennung von Kohle vollkommen entspricht”. Tatsächlich hatte Lavoisier richtig erkannt, dass wir atmen, um den Brennstoff in unserer Nahrung verbrennen zu können.

Gleichzeitig hatten Priestley und Lavoisier bei ihren Experimenten auch den Stickstoff isoliert, die anderen vier Fünftel der Luft: Stickstoff bewirkt, dass nicht zu viel des hoch reaktiven Sauerstoffs in der Luft ist; bei einem zu hohen Sauerstoffanteil würde ein großer Teil der Erde in Flammen aufgehen. Auch Stickstoff geht in den Stoffwechsel ein: er ist ein Baustein der Proteine. (Lavoisier entdeckte auch, dass Wasser eine chemische Verbindung aus Wasserstoff und Sauerstoff ist und stellte das Prinzip der Massenerhaltung fest, nach der die Masse vor und nach einer chemischen Reaktion identisch ist – er gilt als einer der Väter der Chemie.)

Warum Mäuse in geschlossenen Kammern mit Pflanzen überleben konnten, entdeckte der holländische Arzt Jan Ingenhousz. Er bemerkte – was Priestley übersehen hatte – dass dies nur bei Licht funktionierte, bei Dunkelheit produzieren auch Pflanzen “fixierte Luft”, und erkannte, dass es das grüne Gewebe der Pflanzen war, das die Luft “reinigte”; er entdeckte also, dass Pflanzen Kohlendioxid aufnehmen, um daraus Nahrung herzustellen und dabei Sauerstoff erzeugen, und Tiere (sowie Pflanzen in der Nacht) Sauerstoff aufnehmen, um Nahrung zu verbrennen und dabei Kohlendioxid als Abfall erzeugen, also die Photosynthese und die Atmung (mehr >> hier). (Welche Rolle das Licht dabei spielte, erklärte 1804 der Schweizer Forscher Nicolas-Théodore de Saussure erstmals. Allerdings glaubte er, der freigesetzte Sauerstoff stamme aus dem Kohlendioxid, in den 1930er Jahren wurde gezeigt, dass es aus Wasser stammt, >> mehr.)

Kleine Menge, große Wirkung: Kohlendioxid in der Luft

Foto des irischen Physikers John Tyndall
John Tyndall. Auszug eines Fotos aus den 1880er Jahren, Fotograf unbekannt. (Quelle)

Kohlendioxid spielt nicht nur als Kohlenstoffquelle für Pflanzen eine unverzichtbare Rolle für das Leben, sondern spielt auch eine zentrale Rolle als Thermostat der Erde. Dieses erkannte Mitte des 19. Jahrhunderts der irische Physiker John Tyndall, der eine Erklärung für die von Louis Agassiz entdeckten Eisspuren (>> mehr) in den Alpen suchte. Wodurch, fragte er sich, war es so kalt geworden? Und wodurch hatte die Erde sich wieder erwärmt? Eine im Jahr 1824 erstmals veröffentlichte Berechnung des französischen Mathematikers Jean Baptiste Fourier, nach der die Erde wärmer war als aufgrund der Sonnenstrahlung eigentlich zu erwarten, hatte diesen vermuten lassen, dass ein Bestandteil der Luft Wärme auf der Erde festhält – Fourier prägte hierfür in Analogie zur Wirkung der Scheiben eines Treibhauses den Begriff “Glashauseffekt” (520). Tyndall wollte den hierfür verantwortlichen Bestandteil finden und sehen, ob Veränderungen in der Zusammensetzung der Luft die Temperaturschwankungen erklären konnten.

Dazu baute er einen “künstlichen Himmel” – und fand zunächst heraus, dass winzige Teilchen in der Luft blaues Licht am stärksten streuten – womit die Farbe des Himmels erklärt war (522). Vor allem aber fand er heraus, dass Kohlendioxid und Wasserdampf die Wärmestrahlung der Erde zurückhielten – eine “Decke” aus Gasen führt zu den lebensfreundlichen Temperaturen auf der Erde. Dabei spielt Kohlendioxid die Schlüsselrolle, da es sich schon in sehr kleinen Mengen auf die Temperatur auswirkt, und damit auch die Menge an Wasserdampf in der Luft beeinflusst – warme Luft kann mehr Wasserdampf enthalten als kalte Luft. Kleine Veränderungen des Anteils an Kohlendioxid könnten “all die Klimaveränderungen erklären, welche die Untersuchungen der Geologen erkennen lassen”. John Tyndall hatte die >> Treibhausgase entdeckt, die in der Atmosphäre die Rolle der Glasscheiben in einem Treibhaus übernehmen.

Diese Idee forderte den schwedischen Physiker und Chemiker Svante Arrhenius heraus. Arrhenius soll sich als Dreijähriger selbst das Lesen beigebracht, für seine 1884 verfasste Doktorarbeit, die ihn zum Mitbegründer der physikalischen Chemie machte, erhielt er 1903 den Chemie-Nobelpreis. Es wird oft berichtet, dass er nach einer Scheidung nach einer Ablenkung suchte, und die langwierigen und komplizierten Berechnungen der Rolle des Kohlendioxids als Ursache der Eiszeiten schienen ihm kompliziert genug, diese Ablenkung darzustellen. Sein Ergebnis, 1896 unter dem Titel "Ueber den Einfluss des Atmosphärischen Kohlensäurengehalts auf die Temperatur der Erdoberfläche" veröffentlicht (525): Eine Halbierung des Kohlendioxid-Gehalts in der Luft würde die Temperaturen um fünf Grad senken, genug, um eine Eiszeit auszulösen. Eine Verdoppelung würde dagegen eine massive Erwärmung auslösen, möglicherweise um bis zu fünf Grad.

Bereits damals stieg durch die Fabriken der Industriellen Revolution (mehr >> hier) der Gehalt an Kohlendioxid in der Luft an. Arrhenius hatte den schwedischen Geologen Arvid Högbohm angeregt, den geologischen Kohlenstoffeinfluss und die Rolle des Menschen zu untersuchen – was der getan und 1894 veröffentlicht hatte. Sein Ergebnis: Der Einfluss des Menschen erhöhte den Kohlendioxidanteil in der Atmosphäre um ein Tausendstel pro Jahr; eine Verdoppelung war damit in 1000 Jahren zu erwarten – kein Grund zur Sorge also. Außerdem wurden die Ergebnisse bald angezweifelt, etwa mit dem Argument, dass das Kohlendioxid von den Meeren aufgenommen würde und nicht in der Luft verbleib. Außerdem zeigten Laborergebnisse, dass eine steigende Kohlendioxid-Konzentration nicht zu steigender Wärmerückhaltung führt (526). Letzteres Argument wurde 1952 widerlegt: Bei den in den oberen Bereichen der Atmosphäre vorherrschenden Drücken und Temperaturen steigt bei zunehmender Konzentration die Wärmerückhaltung sehr wohl. Auch die Aufnahme in den Ozeanen wurde zweifelhaft, als klar wurde, dass die warme obere Schicht der Meere sich kaum mit kaltem Tiefenwasser mischt – was fehlte, waren eindeutige Messungen des Kohlendioxid-Gehalts in der Luft.

Dass es diese seit 1958 gibt, geht auf den amerikanischen Chemiker Charles Keeling zurück: Er schaffte es, ein Messgerät auf dem Mauna Loa auf Hawaii zu installieren – weitab von allen Industrieanlagen, die das Ergebnis verfälschen könnten. Die >> dort gemessene Kurve ist heute eine Ikone der Klimaforschung: Sie belegt, dass der Gehalt an Kohlendioxid in der Atmosphäre ständig ansteigt; dieser Anstieg gilt heute als die wichtigste Ursache des aktuellen >> Klimawandels.

Das System der Winde

Foto von William Ferrel
William Ferrel. Abbildung NOAA (Quelle)

Dass der Wind nicht ganz zufällig weht, dürften als erste die Seefahrer mit ihren Segelbooten geahnt haben. Christoph Kolumbus machte sich stetig wehende Ostwinde zu Nutze, um nach Amerika zu gelangen; Westwinde brachten ihn nach Europa zurück. Die Ostwinde waren so zuverlässig, dass sie im Englischen später trade winds (Handelswinde) genannt wurden. Die Erklärung für diese Winde fand William Ferrel, ein Bauernsohn, der sich sein ganzes Wissen als Autodidakt erarbeitete. Im Jahr 1855 stieß er auf ein Buch des Marineleutnants Matthew Fontaine, das Tabellen über Winde, Strömungen und Luftdrücke aus der ganzen Welt enthielt (sowie abenteuerliche Theorien über deren Entstehung). Auf dieser Basis entwicklte Ferrel seine Theorie: Er überlegte, wie sich eine drehende Erde auf Luftströmungen über ihr auswirkte – sie werden auf der Nordhalbkugel immer nach rechts und auf der Südhalbkugel immer nach links abgelenkt. (Dies kann man mit einem Filzstift und einer Orange nachvollziehen: Wenn man die Orange von Westen nach Osten dreht, hinterlässt ein von Nord nach Süd gezogener Stift eine nach Westen – vom Stift aus gesehen also nach rechts – abbiegende Linie.) Kombiniert mit dem Aufstieg warmer und dem Absinken kalter Luft entstanden geschlossene Kreise (siehe Abbildung >> hier), die Fontaines Daten erklären konnten; an der Erdoberfläche werden sie als auf Nord- und Südhalbkugel spiegelbildliche Passatwinde und Westwinde wahrgenommen. Mit der Ablenkung bewegter Luft hatte Ferrel zugleich auch erklärt, warum Stürme sich im Kreis bewegen – was viele nicht glauben wollten, bis es auf Satellitenbildern von Hurrikans eindeutig zu sehen war.

Ferrel irrte sich nur in einem Punkt: Den Westwinden standen keine Ostwinde in der Höhe entgegen. Ihren Antrieb entdeckte erst der amerikanische Pilot Wiley Post, der 1931 in acht Tagen und knapp 16 Stunden um die Welt flog und dem 1933 der erste Alleinflug um die Erde gelang: Dabei bemerkte er in 6.000 Metern Höhe einen Wind von Hurrikanstärke. Aber kaum jemand glaubte ihm. (Um die Existenz der Winde zu beweisen, entwickelt er den ersten Druckanzug, der es ihm erlauben sollte, lange genug in großen Höhen zu fliegen, um angesichts der erreichten Geschwindigkeit die Zweifler zu überzeugen – scheiterte aber bei mehreren Versuchen an technischen Problemen am Flugzeug.) Erst die amerikanischen B29-Bomber im zweiten Weltkrieg flogen hoch genug, um erneut die heute als Jetstreams bekannten Höhenwinde zu bemerken. Diese entstehen beiderseits des Westwindgürtels, wo zum einen abgelenkte tropische Luft auf kühlere Luft aus mittleren Breiten trifft (Subtropenjetstream) und zum anderen Luft aus mittleren Breiten auf kalte Polarluft (Polarfrontjetstream) – in beiden Fällen entsteht ein nach Osten gerichtetes, stabiles Starkwindband, dessen Lage vor allem im nördlichen Polarfrontjetstream sehr veränderlich ist. Die Jetstreams leiten gewissermaßen die Sturm- und Wetterfronten der Westwindzone um die Welt.

Die Schichtung der Atmosphäre

Seit 1892 zeichneten Wetterballons ein unerklärliches Phänomen auf: Die Temperatur in der Atmosphäre nahm, wie zu erwarten, mit zunehmender Höhe ab – ab etwa 10 Kilometer Höhe aber wieder zu. Weil sie den automatischen Messgeräten nicht trauten, startete das Aeronautische Observatorium in Berlin im Jahr 1901 einen bemannten Ballon, der bis in 10.500 Meter Höhe gelangte – Weltrekord! Aber auch die manuellen Messungen zeigten, dass die Temperatur wieder anstieg. Daraufhin entwickelte der Leiter des Observatoriums, Richard Assmann, die Schlussfolgerung, dass die Atmosphäre aus verschiedenen Schichten besteht, die sich in ihren Eigenschaften unterscheiden. Fast zeitgleich kam sein französischer Kollege Teisserenc de Bort zum gleichen Ergebnis und bezeichnete die untere Schicht als Troposphäre (von griech. Tropein = wenden, wegen der abnehmenden Temperatur), die darüber liegende Schicht als Stratosphäre (von latein. Stratum = Decke). Die Temperaturzunahme konnte jedoch erst nach der Entdeckung einer Ozonschicht in der Stratosphäre erklärt werden.

Die Entdeckung der Ozonschicht

Strahlungsspektrum der Sonne
Aktuelle Abbildung des Spektrums der Sonnenstrahlung am äußeren Rand der Atmosphäre und an der Erdoberfläche: Der Unterschied am linken Rand geht auf die Ozonschicht zurück. Quelle der Abbildung: Verändert auf Grundlage der Grafik im wikipedia-Stichwort “Sonnenstrahlung” (abgerufen 21.10.2007), erstellt von Benutzer Degreen, Copyright: cc-by-sa.

1881 begann der irische Chemiker W.N. Hartley, sich mit Ozon zu beschäftigen. Ozon besteht aus drei Sauerstoffatomen und schien noch reaktionsfreudiger als normaler Sauerstoff zu sein. Im gleichen Jahr maß er das an der Erdoberfläche ankommende Sonnenspektrum: Unterhalb einer Wellenlänge von 0,3 Mikrometern (ultraviolette Strahlung) endete das Spektrum schlagartig. Als er merkte, dass auch das Ozon ultraviolette Strahlen aufnahm, untersuchte er dessen Spektrum: Auch Ozon schneidet das ultraviolette Ende des Spektrums ab. So schloss er, dass Ozon in der höheren Atmosphäre vorkommen muss und dafür verantwortlich ist, dass keine kurzwellige ultraviolette Strahlung die Erde erreicht. Dieses Ozon konnte 1913 erstmals durch die französischen Physiker Charles Fabry und Henri Buisson nachgewiesen werden. Bei der Aufnahme der UV-Strahlung gibt es Wärmestrahlung ab, dies erklärte den Ende des 19. Jahrhunderts gemessenen Anstieg der  Temperatur in der Stratosphäre.

Eine elektrische Schicht

Angeregt von Heinrich Hertz’ Entdeckung der elektromagnetischen Wellen, entwickelt der Italiener Guglielmo Marconi Ende des 19. Jahrhunderts immer bessere Geräte zur drahtlosen Telegraphie; im Jahr 1901 gelang es ihm erstmals eine Funkverbindung über den Atlantik. Weite Funkverbindungen waren damals eigentlich nicht zu erklären, denn elektromagnetische Wellen breiten sich geradlinig aus: sie sollten eigentlich aufgrund der Erdkrümmung nicht derart große Entfernungen überbrücken können, sondern ins All hinausstrahlen. Aber Marconis Erfindung funktionierte, und später auch mit Sprache und Musik – der Kurzwellenfunk war erfunden. Die richtige Idee zur Erklärung dieses Rätsels hatten fast gleichzeitig der amerikanische Elektroingenieur Arthur Edwin Kennelly und der britische Mathematiker Oliver Heaviside: Es musste am Himmel eine Schicht geben, die Strom leitet, denn Hertz hatte gezeigt, dass Stromleiter elektromagnetische Wellen wie ein Spiegel reflektieren – auf diese Weise konnte sie trotz der Erdkrümmung große Entfernungen zurücklegen. Diese Kennelly-Heaviside-Schicht sollte über 20 Jahre später vom englischen Physiker Edward Victor Appleton entdeckt werden, der die Funktechnik als Funker im ersten Weltkrieg kennengelernt hatte: Er machte sich dabei die Tonschwankungen zu Nutze, die jeder Kurzwellenhörer kennt – er interpretierte sie als Überlagerungen direkter und indirekter Funkwellen. Mit dieser Erkenntnis konnte er die Höhe der reflektierenden Schichten berechnen und zeigen, dass es mehrere solche Schichten gab, deren unterste tagsüber durch die Sonneneinstrahlung gebildet wurde, und nachts nach oben wanderte und sich dabei auflöste (Radiowellen werden dann an einer höheren Schicht reflektiert, wodurch es weniger Störeinflüsse gibt und der Kurzwellenempfang besser wird). Bei einer Sonnenfinsternis im Jahr 1927 stellte er zudem fest, dass die Elektrisierung mit Lichtgeschwindigkeit geschah – er vermutete richtig, dass die kosmische Röntgenstrahlung hierfür verantwortlich sein müsse.

Die Erklärung der Polarlichter

Polarlichter gehören zu den beeindruckendsten Himmelserscheinungen. Sie treten vor allem jenseits des 60. Breitengrades auf, gelegentlich aber auch diesseits davon (wo sie so ungewohnt sind, dass sie oft noch über das Mittelalter hinaus als himmlische Unglücksboten galten). Der englische Naturforscher Edmond Halley, der Ende des 17. Jahrhunderts das Erdmagnetfeld erforschte, vermutete wohl als erster einen Zusammenhand zwischen Magnetfeld und Polarlichtern, konnte sich aber das Leuchten nicht erklären. Das Polarlichter selbstleuchtendes Gas sind, erkannte 1867 der schwedische Physiker Anders Jonas Ångström bei der spektroskopischen Untersuchung astronomischer Objekte. Den Zusammenhang fand 1896 der norwegische Physiker Kristian Birkeland heraus, der mit den kurz zuvor entdeckten Kathodenstrahlen experimentierte: Im Gegensatz zu Hertz’ elektromagnetischer Strahlung wurden diese von Magnetfeldern abgelenkt, und richtete man Kathodenstrahlen auf Magneten, die mit fluoreszierender Farbe beschichtet waren, entstand etwas ähnliches wie Polarlichter. Also könnte auch die Sonne Kathodenstrahlen ausstoßen, die vom Erdmagnetfeld zu den Polen gelenkt wurden und dort die Luft aufleuchten lassen. 1897 wurde entdeckt, dass Kathodenstrahlen aus Elektronenströmen bestehen, und Birkeland vermutete nun einen Zusammenhang zwischen den seit langem bekannten Sonnenflecken und dem Ausstoß von Elektronen, zumal Nordlichter häufig auf intensive Sonnenfleckenaktivität folgten. Zum Beweis baute er künstliche Modelle von Sonne (eine Glühkathode) und Erde (mit Magnetfeld) in eine Vakuumkammer – und erzeugte Polarlichter über Nord- und Südpol. Danach zog er für Monate in die Polarnacht und konnte anhand von Änderungen des Magnetfelds zeigen, dass beim Auftreten von Nordlichtern tatsächlich elektrische Ströme am Himmel flossen.

Foto des norwegischen Physikers Kristian Birkeland
Kristian Birkeland. Abbildung Los Alamos National Security, LLC (LANS) (Quelle)

Inzwischen hatte auch die >> Erforschung der Radioaktivität Fortschritte gemacht, und die Vermutung lag nahe, dass die Sonne neben Elektronen auch negativ geladene, radioaktive Teilchen abgab. Damit gewann Birkelands Forschung eine ganz neue Bedeutung, denn dann lenkte das Erdmagnetfeld auch diese radioaktiven Teilchen um die Erde herum. Aber erst im Jahr 1953 gelang es dem amerikanischen Astrophysiker James Van Allen mit einer aus einem Ballon heraus gestarteten Rakete Elektronen in der oberen Atmosphäre nachzuweisen; 1958 entdeckte er mit den ersten amerikanischen Satelliten Explorer I und Explorer III ein radioaktives Strahlungsfeld, das die Erde umgab (ihm zu Ehren als “Van-Allen-Gürtel” benannt). Heute, nach 50 Jahren Raumforschung mit Satelliten, wissen wir, dass die Sonne tatsächlich einen permanenten Strom geladener Teilchen (den “Sonnenwind”) abgibt. Und gelegentlich kommt es auf der Sonne zu einem Ausstoß einer Riesenwolke geladener Teilchen (ein “koronaler Massenauswurf”), die es entlang der Feldlinien bis zu den Polregionen schaffen, wo die Elektronen in der Ionosphäre absorbiert werden – dabei entstehen die Polarlichter. Dieser Ausstoß hängt, wie von Birkeland vermutet, irgendwie mit den Sonnenflecken zusammen – wie, ist auch heute noch unbekannt. Teilchen, die vom Magnetfeld der Erde “eingefangen” werden, bilden den Van-Allen-Gürtel.

Literaturtipp:

Diese Seite beruht weitgehend auf der Darstellung in dem hervorragenden Buch von >> Gabrielle Walker: Ein Meer von Luft.

Zurück zur Hauptseite:
>> Der große Luftozean – Die Atmosphäre

© Jürgen Paeger 2006 – 2019

Zurück zur Hauptseite:
>> Der große Luftozean – die Atmosphäre

Die Lunar Society war ein Kreis von Freunden, die die Welt verstehen und verändern wollten. Mit Erfolg: Watt und Boulton sollten die Industrielle Revolution befeuern (>> hier); Erasmus Darwin war ein Großvater Charles Darwins (>> hier). Der Name “Lunar Society” entstand, da die Männer sich jeweils am ersten Montag nach Vollmond trafen – so konnte der helle Mond ihren Rückweg beleuchten.

Literatur: Jenny Uglow: The friends who made the future. Faber and Faber 2002.