Das Zeitalter der Landwirtschaft

Anmerkungen & Quellen

Die Entstehung der Landwirtschaft

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006: Nicht alle Autoren teilen die Einschätzung, dass es den frühen Bauern schlechter ging als den Wildbeutern. Hansjörg Küster (Am Anfang war das Korn. C. H. Beck, München 2013) schreibt etwa, dass Leben in einer bäuerlichen Siedlung wäre kalkulierbarer und sicher­er gewesen, unter der Bedingung, dass es dort genügend Vorräte gab (Seite 71). Die Hinweise auf Mangelernährung an Skelette und Zähnen früher Bauern zeigen aber, dass diese Bedingung oftmals wohl nicht erfüllt war. Der Historiker Yuval Noah Harari bezeichnet in seiner "Kurzen Geschichte der Menschheit" die Vorteile des bäuerlichen Lebens daher als "Ammenmärchen" – Bauern arbeiteten mehr als die Jäger und bekämen zum Dank eine ärmere Kost – für Harari ist die landwirtschaftliche Revolution sogar der "größte Betrug der Geschichte". Ausführlich dargestellt wird das (bessere) Leben der Jäger und Sammler auch in James Suzman: Sie nannten es Arbeit, C. H. Beck Verlag 2021.

008: Tom Standage: Der Mensch ist, was er isst. Artemis & Winkler 2010, S. 28.

012: Auch diese Annahme wird mitunter bezweifelt. Zwischen Westasien und China gab es bereits früh in der Geschichte Handel und damit auch die Möglichkeit eines Informationsflusses – es kann also tatsächlich nicht ausgeschlossen werden, dass die Landwirtschaft in China eine Folge der westasiatischen Landwirtschaft ist. Wenn die Kultivierung von Pflanzen in Ostasien bereits vor der Besiedelung Amerikas stattgefunden hätte, könnte auch das dortige Wissen mit den Menschen gewandert sein – und angeblich 14.000 bis 15.000 Jahre alte fossile Reiskörner, die 2003 in Südkorea gefunden wurden, lassen auch dieses möglich erscheinen. Die weitaus meisten Archäologen und Biologen denken aber, dass die Landwirtschaft mehrfach unabhängig voneinander entstanden ist.

014: Das lagt nicht nur an den zunehmenden Temperaturen. Wie die Analyse von Eisbohr­kernen aus Grönland zeigte, stieg am Ende der letzten Eiszeiten auch der Kohlendioxid-Gehalt in der Luft an, und davon profitieren insbesondere C3-Pflanzen (siehe die Seite über die Fotosynthese), zu denen Roggen, Weizen und Hülsenfrüchte gehören, die sich auf Kosten anderer Pflanzenarten ausdehnten.

016: David R. Montgomery: Dreck. Warum unsere Zivilisation den Boden unter den Füßen verliert (oekom-Verlag 2010).

020: Vor dem Beginn der Landwirtschaft waren die Dörfer des Natufien 0,2 bis 0,3 Hektar groß, vor 9.000 Jahren bereits 2 bis 3 Hektar. Archäologen bezeichnen die Zeit ab 9.500 v. Chr., als Einkorn, Gerste, Emmer und Hülsenfrüchte angebaut wurden, als "vorkeramisches Neolithikum". Der ältere Abschnitt A dauerte bis 8.600 v. Chr., der jüngere Abschnitt B von 8.600 v. Chr. bis 6.200 v. Chr., in diesem Abschnitt wurden statt runder rechteckige Häuser gebaut, vor allem aber Ziegen und Schafe als Haustiere gehalten. Quellen: Marcel Mazoyer und Laurence Roudart: Histoire des agricultures du monde, Éditions du Seuil, Paris 2002, S. 106; Hermann Parzinger: Vor- und Frühgeschichte. In: Geschichte der Welt – Die Welt vor 600. C.H. Beck 2017.

Vor 8.200 Jahren begann dann in der Region die Herstellung von Keramik (das "keramische Neolithikum" der Archäologen): durch Brennen wurden Tongefäße dicht und hielten dauerhaft, damit wurde die Aufbewahrung von Lebensmitteln einfacher. Sie waren so dauerhaft, dass einige Gefäße bis heute überdauerten und Archäologen wichtige Hinweise geben: diese unterscheiden anhand der Keramik und ihrer Verzierungen verschiedene Kulturen (ob unterschiedliche Keramik auch andere Unterschiede bedeuten, ist jedoch eine ganz andere Frage).

022: Diesen schönen Ausdruck habe ich von Yuval Noah Harari: >> Eine kurze Geschichte der Menschheit. Meist ist einfach von "Überfluss-Hypothese" die Rede.

026: Diesen schönen Ausdruck habe ich von James Suzman: Sie nannten es Arbeit. C.H. Beck 2021.

030: Malthus ging davon aus, dass die Erträge der Landwirtschaft linear, die Bevölkerung aber "geometrisch" (exponentiell) wuchs, so dass unweigerlich ein Ausgleich durch Hungers­nöte erfolgen müsse. Angesichts der schnell steigenden Bevölkerungszahl in Großbritannien zu seiner Zeit befürchtete er eine anstehende "Korrektur", also Hungersnot. Das brachte ihn zu seiner Zeit den Ruf eines unverbesserlichen Pessimisten ein, zumal die Hungersnot (auf­grund von Produktivitätsfortschritten, die Malthus nicht vohersah) nicht eintraf. Aber der Begriff "Malthusianische Falle" für Produktivitätsfortschritte, die durch Bevölkerungs­wachs­tum aufgezehrt werden, hatte Bestand. Und auch, wenn keine Hungersnot eintrat, erklären Malthus' Überlegungen, warum es den Menschen im Zeitalter der Landwirtschaft trotzt steigender Produktivität nicht besser ging. Die Überlegungen Malthus, der 1805 den ersten Lehrstuhl für politische Ökonomie in England erhielt und ein enger Freund David Ricardos war, trugen dazu bei, dass "Knappheit" zum zentralen, von der Ökonomie zu lösenden Problem wurden.

040: Jacques Cauvin. Quelle: Marcel Mazoyer und Laurence Roudart: Histoire des agricultures du monde, Éditions du Seuil, Paris 2002, S. 111, siehe auch: http://en.wikipedia.org/wiki/Jacques_Cauvin.

Die Entstehungsgebiete der Landwirtschaft

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110: Vaughan, D. A. et al. (2008): The evolving story of rice evolution". Plant Science 174 (4): 394–408. doi:10.1016/j.plantsci.2008.01.016.

112: Huang, X. et al. (2012): A map of rice genome variation reveals the origin of cultivated rice. Nature 490: 497-501. doi:10.1038/nature11532.

114: Mark Kurlansky: Salt. A World History (Jonathan Cape 2002)

Der Siegeszug der Landwirtschaft

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310: David Abulafia (2013): Das Mittelmeer. Frankfurt, S. Fischer Verlag, S. 39.

314: David Abulafia (2013): Das Mittelmeer. Frankfurt, S. Fischer Verlag, S. 38, 40.

320: Myrdal, Janken und Morell, Mats (ed.) (2011): The Agrarian History of Sweden. Lund, Nordic Academic Press.

330: Gangal, Kavita et al. (2014): The Near-Eastern Roots of the Neolithic in South Asia, PLoS ONE, 9 (5): e95714, doi:10.1371/journal.pone.0095714.

360: Völker, die Bantusprachen sprechen, einer Untergruppe der Niger-Kongo-Sprachen, die auf ein Proto-Niger-Kongo zurückgehen, das vermutlich vor über 10.000 Jahren in Westafrika entstanden ist. Die Bantu besitzen aber kein nationales Zusammengehörigkeitsgefühl, das Wort bedeutet einfach “Mensch”.

Die Entwicklung der Landwirtschaft

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1060: Zahlen aus Mortimer, Ian: Zeiten der Erkenntnis. München 2015.

Die Folgen der Landwirtschaft

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708: Die Energieüberschüsse, die die Menschheit mit der Landwirtschaft erzeugte, gingen zuerst in Monumentalbauten wie die Steinkreise von Stonehenge oder die Kultanlage am Göbekli Tepe, und als sie für eine dauerhafte Versorgung ausreichten, dann im immer größere Dörfer und Städte. Man könne aus der Geschichte der Menschheit den Schluss ziehen, dass Entstehung der Städten und Großstädten überall dort, wo eine ausreichende Produktivität erreichte wurde, fast ebenso unvermeidlich gewesen sei wie die Entstehung des Lebens als Folge der Entropie, schreibt dazu der Anthropologe James Suzman (Sie nannten es Arbeit, C.H.Beck 2021).

714: Das kann aber auch täuschen: Auch die Bantu-Kulturen in Zentral-, Ost- und Südafrika verfügten über gleich große Wohnungen, waren aber alles andere als egalitär. Nur war hier die Größe der Rinderherde der Maßstab, an dem Wohlstand gemessen wurde. (James Suzman. Sie nannten es Arbeit, C.H.Beck 2021).

740: Der Begriff stammt und die Darstellung zu dem Thema beruht auf Yuval Noah Harari: Eine kurze Geschichte der Menschheit.

760: Eine kurze Geschichte der Menschheit, S. 131.

770: Die ersten europäischen Besucher der mesopotamischen Palastruinen erkannten die Keilschrift nicht einmal als Schrift, sondern hielt sie für Verzierungen. Die Wiederentzifferung der Keilschrift, die sich ja im Laufe der Zeit verändert hat und zudem in verschiedenen Sprachen und Dialekten geschrieben war, ist eine der großen wissenschaftlichen Leistung des 19. Jahrhundert.

Ernährung, Gesundheit, Bevölkerung

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404: Tom Standage: Der Mensch ist, was er isst. Artemis & Winkler 2010, S. 29.

406: Essen im Zweistromland und im alten Ägypten. In: Brockhaus Horizonte: Essen ist Leben. F.A. Brockhaus/wissenmedia 2012, Seite 36-37.

408: John Krebs: Food. A Very Short Introduction. Oxford University Press 2013, S. 14.

410: Größe der Ackerbauern in der Türkei und Griechenland: Tom Standage, a.a.O. S. 30.

412: Die Rolle des Salzes als erstem internationalem Handelsgut hat Mark Kurlansky in seinem Buch "Salt. A World History" (Jonathan Cape 2002) herausgearbeitet. Die deutsche Ausgabe des Buches ist leider nur noch antiquarisch erhältlich. Aus diesem Buch stammen auch die Aussagen über die Entstehung der Sojasauce (Seite 19 f. in der Vintage Taschenbuchausgabe 2003) und die Gründung von Sfax (Seite 46).

414: Stefan Riedel: Edward Jenner and the history of smallpox and vaccination. Proc (Bayl Univ Med Cent), Jan. 2005, 18 (1), S. 21–25. doi: 10.1080/08998280.2005.11928028.

416: Gareth Williams: Angel of Death: The Story of Smallpox. Palgrave Macmillan 2010.

420: Spyrou, Maria et al: Analysis of 3800-year-old Yersinia pestis genomes suggests Bronze Age origin for bubonic plague. Nature Commununications 2018, 9, S. 2234.

430: aerzteblatt.de: Masernvirus älter als angenommen. 3.1.2020.

432: Public Health Foundation and US Center of Disease Control and Prevention (CDC): Epidemiology & Prevention of Vaccine-Preventable Diseases – “The Pink Book”. 9. Auflage. S. 131–144, Measels (PDF; 830 kB).

442: Giacomo Maria Paganotti, Claudia Palladino, Mario Coluzzi: Der Ursprung der Malaria. Spektrum der Wissenschaft Nr. 3/2004, S. 82-89.

480: Dass die Syphilis aus Amerika stammt, geht auf den spanischen Arzt Ruy Días de Isla zurück, der berichtete, bei den Männern von Kolumbus' erster Amerikareise eine bis dahin neuartige Krankheit behandelt zu haben, deren Beschreibung der Syphilis entsprach. Die Krankheit breitete sich in anderen spanischen Hafenstädten und dann (im damals zu Aragonien) gehörenden Neapel aus, wo sich 1495 französische Soldaten bei der Belagerung der Stadt ansteckten – und als die Söldner sich nach dem Rückzug der französischen Truppen in ganz Europa verstreuten, verbreiteten sie die Syphilis mit sich. Für diese Theorie spricht, dass es eine vergleichbare Welle an Syphilis nie zuvor gegeben hatte. Allerdings gibt es auch (nicht immer unumstrittene) Spuren früherer Syphilis-Fälle in Europa. Denkbar ist daher auch, dass es die Syphilis schon vor Kolumbus in Europa gab, und Kolumbus' Männer nur einen besonders infektiösen Bakterienstamm nach Europa brachten. Die Folgen wären dieselben: Seither ist die Syphilis eine weltweit verbreitete, ansteckende Geschlechtskrankheit.

Die ersten Staaten

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Ägypten: Der Text wurde im April 2020 auf der Grundlage von Karen Radner: Die frühen Hochkulturen Ägyptens und Vorderasiens (in: C.H. Beck und Harvard UP: Geschichte der Welt: Die Welt vor 600, S. 263 – 416) und SPIEGEL Geschichte Ausg. 2/2020 "Das alte Ägypten" überarbeitet.

530: Tutanchamun war, als er Pharao wurde, allerdings erst acht oder neun Jahre alt. Daher haben wahrscheinlich Priester und Beamte großen Einfluss auf ihn gehabt. Er starb bereits etwa 9 Jahre später, also als Teenager (woran, ist ungeklärt). Berühmt wurde er, als im Jahr 1922 der britische Ägyptologe Howard Carter im "Tal der Könige" westlich von Theben sein nahezu unversehrtes Grab fand. Zu den berühmtesten Fundstücken gehört eine goldene Totenmaske. Der größte Teil der Fundstücke aus dem Grab soll künftig in dem zurzeit (2022) noch in Bau befindlichem "Großem Ägyptischen Museum" beim Pyramiden­komplex von Gizeh ausgestellt werden. (Eine sehr schöne grafische Darstellung des Grabes und eine Beschreibung seiner Entdeckungs­geschichte findet sich im National Geographic Ausgabe November 2022.)

540: Es ist schwer, hierüber genaue Angaben zu finden. Belegt ist aber der rund 4.400 Jahre alte Hafen mit Kaianlagen in Lothal, siehe wikipedia: Lothal.

Griechenland und Römisches Reich: Der Text wurde im März/April 2020 auf Grundlage von Hans-Joachim Gehrke: Die Welt der klassischen Antike (in C.H. Beck und Harvard UP: Geschichte der Welt: Die Welt vor 600, S. 417 – 596) überarbeitet.

550: David Abulafia (2013): Das Mittelmeer. Frankfurt, S. Fischer Verlag, S. 51.

560: Es ist umstritten, ob Karthago oder Rom mehr Schuld an diesem Krieg tragen: Die einen gehen davon aus, dass Karthago die Niederlage im ersten Punischen Krieg nicht vergessen hatte und Revanche suchte; die anderen nehmen an, dass Karthago für Rom im Westen zu stark wurde, zumal Rom selber Interesse an den rohstoffreichen Regionen auf der Iberischen Halbinsel hatte.

568: Der Spiegel Nr. 47, 19.11.2022, S.106-111: Von wegen Barbaren! Bericht über den aktuellen Stand der Forschung zur Varusschlacht und über die Germanen.

Eine andere Welt: China – Die Darstellung der chinesischen Geschichte beruht im wesentlichen auf Jacques Gernet: Die chinesische Welt. Frankfurt: Suhrkamp 1988 und Kai Vogelsang: Geschichte Chinas. Stuttgart: Reclam 2013 (3. Aufl.).

574: Vogelsang, Seite 33 ff.

576: siehe Vogelsang, Seite 57 ff.

Von der Zeitenwende bis zur Renaissance

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602: Der Spiegel Nr. 47, 19.11.2022, S.106-111: Von wegen Barbaren! Bericht über den aktuellen Stand der Forschung zur Varusschlacht und über die Germanen.

604: Da noch keine DNA des Erregers gefunden wurde, ist nicht sicher, dass die Antonin­ische Pest tatsächlich eine Pockenepidemie war. Die Vermutung beruht im Wesentlich auf der Beschreibung der Symptome durch den Arzt Galenos von Pergamon (dt. Galen), der ab 161 in Rom tätig war. Die Antoninische Pest wütete nicht nur in Rom, sondern in großen Teilen des Römischen Reichs – vom Nahen Osten und Ägypten bis hin zur Arabischen Halb­insel, in Griechenland, Italien und Zentral- und Westeuropa – und, wie das Beispiel der Markomannen zeigt, darüber hinaus.

610: Dass das Ausmaß der Christenverfolgung im römischen Reich in späteren, insbe­son­de­re christlichen Darstellung deutlich übertrieben dargestellt wurde, zeigt Catherine Nixey in ihrem Buch "The Darkening Age: The Christian Destruction of the Classical World" (Mac­mil­lan 2017; dt. "Heiliger Zorn", Deutsche Verlags-Anstalt 2019). Bei den ersten Christen­verfolgungen ging es zudem nicht gegen die christliche Religion, sondern gegen die Weige­rung der Christen, an den Götterfesten teilzunehmen, die für gute Beziehungen zu den Göt­tern und damit das Wohlergehen der Gemeinschaft sorgen sollten: diese wurde schlicht als unsozial empfunden. So setzte die Christenverfolgung unter Decius ein, als die Christen sich weigerten, das von Decius geforderte reichsweite Opfer an die römischen Götter und den Kaiser selbst zu erbringen; dessen Verweigerung durch viele Christen wurde von den Römern als Akt der Illoyalität gewertet.

612: Wer hierüber mehr wissen will, dem sei das Buch von Catherine Nixey empfohlen: The Darkening Age: The Christian Destruction of the Classical World" (Mac­mil­lan 2017; dt. "Heiliger Zorn", Deutsche Verlags-Anstalt 2019). Fanatische Christen schreckten auch nicht vor Morden zurück: Es begann in der ersten Hälfte des 4.Jh. mit den "Soldaten Christi" (Agnostikern), die in Nordafrika als Milizien durch die Lande zogen und ihre Opfer mit Knüppel zusammenschlugen und dann sterben ließen. Da ihre Gewalt aber auch Kirchen­angehörige traf, zeigte sich die Kirche entsetzt; später griff sie selber zur Gewalt: So hatten in Alexandria in der zweiten Hälfte des 4. Jh. unter Bischof Theophilos fanatische Christen begonnen, die verbleibenden "Heiden" zu terrorisieren (und 391 den Tempel der "heidnischen" Stadtgottheit Serapis zerstört); unter seinem noch fanatischeren Nachfolger Kyrill (der bis heute als Heiliger und Kirchenvater gilt) wurde beispielsweise 415 die "heid­nische" Mathematikerin und Astronomin Hypatia von Kyrill anhängenden christlichen Milizen entkleidet, ihr mit Hilfe von Scherben aus zerschlagenen Tongefäßen am lebendigen Leibe die Haut abgezogen (und nach einigen Berichten auch die Augen ausgestochen); nach ihrem Tod wurde ihr Körper in Stücke gerissen und auf einem Scheiterhaufen verbrannt.

614: David M. Wagner u. a. 2014: Yersinia pestis and the Plague of Justinian 541–543 AD: a genomic analysis. The Lancet. Infectious Diseases. 14 (4), S. 319–326. DOI: 10.1016/ S1473-3099(13)70323-2.

620: Kai Vogelsang: Geschichte Chinas. Stuttgart: Reclam 2013 (3. Aufl.), Seite 183. Auf diesem sehr lesenswerten Buch beruhen große Teile der Darstellung der chinesischen Geschichte auf dieser Seite.

622: siehe Vogelsang, Seite 191.

624: Die im 17. Jahrhundert veröffentlichte "Geschichte der Drei Reiche" von Luo Guanzhong erzählt von dieser Zeit und dieser Schlacht. Er gilt als einer der vier klassischen Romane Chinas und ist noch heute sehr populär ("Jeder Chinese kennt diesen Roman" [Vogelsang, S.195]), 2008 wurde er verfilmt. Einer der Helden, Guan Yu, ein Kampfgefährte Liu Beis, wird noch heute als Gott des Krieges und Schützer des Volkes (wie immer das zusammenpasst ...) in Zehntausenden Guandi-Tempeln, davon 1.600 offiziellen, verehrt.

626: Sie lieferte den Stoff für die "Reise nach Westen" von Wu Cheng'en, einem weiteren der vier klassischen Romane und noch heute eine der Hauptquellen für die Kultur Indiens und Zentralasiens in dieser Zeit.

627: Da die konfuzianische und daoistische Literatur eine wichtige Rolle in der Ausbildung der Beamten, die die Tang von den Sui übernahmen, spielte, war dies natürlich auch eine Einengung des Spielraums bei ihrer Auslegung: sie wurde nunmehr staatlich kontrolliert. Taizong ließ auch konfuzianische Tempel (!) errichten; die Konfuzius-Verehrung nahm wie die Verehrung daoistischer und buddhistischer Götter religiöse Züge an.

628: Damit kein falscher Eindruck entsteht: Chang'an war, wie zuvor schon Luoyang, eine am Reißbrett geplante Stadt und spiegelte eine strenge Ordnung wieder. Die quadratischen, nach Gewerben und Herkunft getrennten Wohnblöcke waren von Mauern umgeben, die Tore wurden nachts versperrt. Wer ohne Genehmigung nach der Sperrstunde auf den Straßen erwischt wurde, wurde mit 20 Stockhieben bestraft – in gewisser Weise ähnelte das Leben dem in einer Militärkaserne. Im damaligen China machte Stadtluft eher nicht frei. Erst ab dem 8. Jahrhundert wurden die Städte freizügiger (was mit der Mongolenherrschaft wieder endete).

630: Wu Zhao (auch als Wu Zetian bekannt), eine Konkubine seines Vaters, war von Gaozong nach dessen Tod als seine eigene Konkubine in den Palast zurückgeholt worden und schaffte es 655, dass Gaozong sich scheiden ließ und sie heiratete. 660 übernahm sie nach einem Schlaganfall Gaozongs dann selbst die Regierung und brachte nach seinem Tod 683 nacheinander zwei ihrer Söhne auf den Thron, bis sie ihn 690 selber bestieg. Der Tang-Adel, der nach dem Tod Gaozongs gegen Wu Zhao rebellierte, wurde mit Hilfe einer Geheimpolizei brutal unterdrückt. "Niemand, so heißt es, der in ihre Verliese in Luoyang geworfen und der grauenhaften Folter ihrer Schergen ausgesetzt wurde, sei lebend wieder herausgekommen." (Vogelsang, S. 260).

634: Das um 600 herum erfundene Porzellan war ein im Rest der Welt vielbestauntes chinesisches Wunder: sein Geheimnis war der hochreine Ton Kaolin, der mit Feldspat vermischt und bei 1.300 °C gebrannt wurde. Auf den Schiffsrouten zwischen Südchina und Basra am Persischen Golf entwickelte sich ab dem 10. Jahrhundert eine regelrechte „Porzellanroute“, auf der Millionen Gefäße in den Westen gelangten. Erst 1708 gelang es Johann Friedrich Böttger, einem an der Goldherstellung gescheiterten Alchimisten am Hof August des Starken, weißes Porzellan aus Kaolin herzustellen – 1710 wurde die Meißener Porzellanmanufaktur gegründet.

636: Hinter dem Begriff "Reitervölker" müssen nicht unbedingt ethnische Gruppen stehen: die zentralasiatischen Nomaden waren in Weidegemeinschaften organisiert, und diese schlossen sich gelegentlich zu zumeist zeitlich begrenzten Zweckgemeinschaften zusammen, die nach ihrem Anführer oder ihrer Herkunft benannt wurden (Ewald Frie: Die Geschichte der Welt, Seite 171 f.).

640: Klaus Wilhelm: Das Reich der Dschungelstädte. Bild der Wissenschaft 12/2016, Seite 44–49. Wilhelm zitiert hierzu den australischen Archäologen Damian Evans von der École française d'Extrême-Orient in Paris.

650: Erste Quelle ist der chinesische Offizier Du Huan, der als Kriegsgefangener in das islamische Reich gelangte, aber 762 nach Kanton zurückgelangte und das Buch "Bericht meiner Reisen" verfasste, in dem er über das Land Molin berichtet, in dem die Menschen schwarz sind. Er erwähnt auch die Existenz von Christen und Muslimen; möglicherweise war er in Äthiopien.

Eine lohnenswerte Lektüre zu Afrika im Mittelalter ist François-Xavier Fauvelle: Das goldene Rhinozeros. Afrika im Mittelalter. C.H. Beck 2017.

Nordeuropa: Gut zu lesen ist Engelbrecht, Michael: Eine kurze Geschichte der Nordischen Welt. Gmeiner-Verlag 2019. (Das Buch enthält zudem auch einige nordische Rezepte, deren Nachkochen und Probieren die Begegnung mit der nordischen Kultur auf das angenehmste vertiefen.)

654: Mark Kurlansky: Kabeljau. Der Fisch, der die Welt veränderte. List Taschenbuch Verlag 2000.

655: Ob es Rjurik tatsächlich gab, und wer er war, ist umstritten: seine Existenz geht auf die Nestorchronik zurück, der ältesten Darstellung der Geschichte des ostslawischen Rus', die jedoch erst Anfang des 12. Jahrhunderts von einem Mönch des Wydubizki-Klosters in Kiew zusammengestellt wurde. Demnach wurde Rjurik als Fürst "von der anderen Seite des Meeres" von miteinander verfeindeten ostslawischen Stämmen gerufen, um Frieden zwischen ihnen zu stiften. Die hier dargestellte Ansicht – nach der Rjurik ein Wikinger war – ist die Mehrheitsmeinung, aber nicht unumstritten; für andere Forscher ist er eine mytische, aber keine reale Gestalt. Aber die (germanischen) Namen seiner Nachfolger Oleg und Igor belegen, dass die ersten Herrscher der Kiewer Rus' Wikinger waren. 

656: Rus' ist sowohl die von der ursprünglichen Bezeichnung der Eroberer aus dem Norden (vermutlich von einer finnischen Bezeichnung für "Ruderer") abgeleitete (Selbst-) Bezeichnung der ostslawischen Völker als auch des historischen Gebiets in Osteuropa, in dem diese die Mehrheit bildeten. (Von Ausländern wurden sie auch oft lateinisch Rutheni, und das Gebiet Ruthenien genannt. In Deutschland wurde das Gebiet früher auch Russland genannt, was jedoch wegen der Verwechslungs­gefahr mit dem heutigen Russland unglücklich ist – das heutige Russland ist neben Weiß­russland und der Ukraine nur einer der Staaten, in dem Ostslawen die Bevölkerungs­mehrheit bilden.)

657: In der russischen Geschichtsschreibung wird der Fürst Wladimir, in der Ukraine Wolodymir genannt. Wolodimer ist die in mittelalterlichen Quellen häufigste Schreibweise. Ein "Heiliger" war er sicher nicht, so gelangte er an die Macht, indem er seinen Bruder ermordete; den Beinamen verdankte er alleine der Tatsache, dass er sich 988 von Priestern aus Konstantinopel taufen ließ und das Land zum östlichen Vorposten der Christenheit machte.

660: Der Begriff „Kapitalismus“ wurde einst als Kampfbegriff geprägt (der Sozialist Wilhelm Liebknecht etwa schimpfte 1872 auf den „Moloch des Kapitalismus“) und viele Ökonomen bevorzugen daher den Begriff „Marktwirtschaft“. Aber Kapitalismus bedeutet mehr als Marktwirtschaft, das Zusammenwirken der Beteiligten über Märkte und Preise ist nur ein, aber alleine nicht ausreichendes Merkmal des Kapitalismus. Neuere Definitionen (etwa Kocka 2013) verweisen etwa auf die Bedeutung des Kapitals für das kapitalistische Wirtschaften: Gewinne werden reinvestiert, um in Zukunft weitere (noch höhere) Gewinne zu erzielen. Gewinne und Verluste werden zudem Individuen (natürlichen oder juristischen Personen wie Unternehmen) zugeschrieben. In einem „kapitalistischen System“ müssen nach Kocka kapitalistische Prinzipien zudem eine gewisse Dominanz besitzen und über die Wirtschaft hinaus andere gesellschaftliche Bereiche prägen. (Literatur: Kocka, Jürgen: Geschichte des Kapitalismus. C.H. Beck 2013.)

Vgl. Akira Iriye und Jürgen Osterhammel: Geschichte der Welt 1350 -1750: Weltreiche und Weltmeere, S. 696 ff.: "Das lateinische Europa". C.H.Beck 2014.

676: Demnach hätten sich bei Klimaerwärmungen die Populationen der Mongolischen Wüstenrennmaus, ein natürlicher Wirt des Pesterregers, stark vermehrt und ausgebreitet. Von dieser seien die Flöhe dann auf Ratten, einen anderen Wirt, übergesprungen, und die Ratten seien z.B. mit Handelsschiffen nach Europa und in die islamische Welt gelangt.
(Christian McMillen: Pandemics. A Very Short Introduction. Oxford University Press 2016.)

680: Den "Beweis" hatte 1348 ein Foltergericht in Savoyen erbracht: Nachdem man ihnen Arme und Beine gebrochen und die Finger zerquetscht hatte, gaben elf angeklagte Juden zu, Brunnen und Quellen vergiftet zu haben – mit einer Mischung aus Spinnen, Kröten, Schlangen und dem Blut von Christenherzen, die ihnen von Boten des maurischen Königs von Granada überbracht worden sei. (QAnon lässt grüßen ...)

Die Unterwerfung der Welt ...

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830: Erster Vizekönig und Gouverneur der neu entdeckten Gebiete war Kolumbus – das die Könige ihm derart weitreichende Zusagen gemacht haben, zeigt für manche Historiker, das auch die Spanier nicht wirklich an den Erfolg von Kolumbus' Mission geglaubt haben. Ab 1503 wurden die spanischen Eroberungs- und Entdeckungsfahrten dann von der Casa de Contratación in Sevilla (Andalusien) koordiniert; im Kronrat bildete sich ab 1516 als Beratungsgremium ein "Indienrat" (Consejo de Indias) heraus, der 1524 zu einer offiziellen, dem König direkt unterstellten Institution wurde. Dieser ernannte auch die Vizekönige und Gouverneure in den ab 1535 gegründeten Vizekönigreichen.

850: Der "vorkoloniale" Sklavenhandel war aber wesentlich vielfältiger als der durch die Europäer: Wahrscheinlich wurden Sklaven schon immer auch misshandelt und gequält, aber oft gehörten Sklaven auch zur Familie, für Außenstehende wäre es schwierig gewesen, zu erkennen, wer Sklave war und wer nicht. Dann heirateten die Sklaven mitunter auch Kinder der Familie; und es gab immer auch die Möglichkeit, freigelassen zu werden. In der Karibik und Amerika wurden Sklaven vor allem für die Feldarbeit gesucht, so dass vor allem gesunde junge Männer gefragt waren; und weil die Plantagen Profite machen mussten, gab es etwa kaum die Möglichkeit, aus der Sklaverei herauszukommen.

852: Es entstand der sogenannte "transatlantische Dreieckshandel": Die Sklaven wurden mit europäischen Waren wie Stoffen, Tuchen, Gewehren, Schießpulver, Eisen etc. bezahlt, in den Kolonien gegen Rohwaren wie Zucker oder Gold und Silber verkauft, die dann in Europa wieder gegen Fertigwaren getauscht wurden.

880: Hans-Heinrich Nolte: Geschichte Russlands. Reclam Sachbuch. 3. Auflage 2012.

Die erste Globalisierung

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910: Hierfür standen William Petty und Gregory King, siehe Mariana Mazzucato: Wie kommt der Wert in die Welt. Frankfurt/New York 2019 (Seite 46).

920: Mortimer, Ian: Zeiten der Erkenntnis. München 2015.

950: Indien, das keine eigenen Silbervorkommen hatte, erhielt beispielsweise durch diesen Handel derartig viel Silber, dass es Silberrupien als Währung in Umlauf bringen konnte.

980: Gefederte Reisewagen gab es schon bei den Römern, die Technik ging aber offenbar wieder verloren. Die Federung wurde im 14. Jh. im ungarischen Kocs erneut erfunden, das Wort Kutsche leitet sich aus dem ungarischen "Kocsi", "aus Kocs" ab.

984: Andreas Kappeler: Russische Geschichte. C.H.Beck Wissen, 7., aktualisierte Auflage 2016

Die Vereinigung der Menschheit

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Yuval Noah Harari: Eine kurze Geschichte der Menschheit. München: DVA 2013 (insb. Teil 3: Die Vereinigung der Menschheit).

J.R. McNeill & William McNeill: The Human Web. A Bird's-Eye View of World History. New York: W.W. Norton & Company 2003.

Handel: Jürgen Kocka: Geschichte des Kapitalismus. München: Beck 2013.

Handel in China: Kai Vogelsang: Geschichte Chinas. Stuttgart: Reclam 2013 (3. Aufl.).

"Welten in sich, ...": Vogelsang, Seite 15.

© Jürgen Paeger 2006 – 2022